Styria vs. ORF/ÖVP

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sie styria haut auf regierung und orf - was is da passiert?

Aus der Presse:

ORF: In der Geiselhaft der Politik

VON HORST PIRKER

Medien-Diskussion. Der Verleger-Präsident über Zwangsgebühren, Bedarfsgesetzgebung und die Sorge um den ORF.

Im österreichischen Medienmarkt ist 2005 alles im Rahmen geblieben; Konti nuität war angesagt. 2006 wird anders. Ein Wahljahr steht ins Haus; nicht nur das Parlament wird neu gewählt und die Regierung neu bestellt, sondern auch die Führung des größten Medienunternehmens des Landes, des öffentlich-rechtlichen ORF. Das aktualisiert ein Fundamentalproblem des heimischen Medienwesens, das unter der Chiffre "duales Prinzip" läuft und suggeriert, hier handle es sich um eine Art Naturgesetz. In Wahrheit verbirgt sich dahinter ein Konzept des mehr oder weniger aufwendig getarnten Zugriffs der jeweils regierenden Partei(en) auf die - noch - größte "Medienorgel" des Landes.

Die größte politische Wirksamkeit entfaltete diese Orgel natürlich, solange sie alleine spielen konnte, und folgerichtig war Österreich jenes Land in Europa, den vormaligen Osten miteingerechnet, in dem sich das Monopol des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens am längsten hielt. Ein unablässig wachsender Finanzbedarf des staatlichen Riesen zwang dazu, immer neue Geldquellen zu erschließen, bis hin zur völligen Kommerzialisierung. Mit einer Ausnahme: das Gebührenmonopol im Wert von hunderten Millionen Euro blieb unangetastet. Verständlich. Was wäre auch die größte und schönste Politorgel, wenn ihr die "Luft", pardon, das Geld ausginge.


Einige medienpolitische "Gutmenschen", die offensichtlich die verheerenden Folgen der totalen Kommerzialisierung für den Öffentlich-Rechtlichen erkannten, versuchten, mit einer Reform des ORF-Gesetzes zurückzurudern; der Erfolg reichte gerade bis zum darauf folgenden ORF-Budget, das auch eine saftige Gebührenerhöhung nicht mehr retten konnte. Reform der Reform also.


Damit ist auch die Zukunft des ORF geklärt. Sein öffentlich-rechtliches Antlitz wird wieder bis zur völligen Unkenntlichkeit hin verhüllt werden. Trotzdem oder vielmehr gerade deshalb wird der ORF weiter Marktanteile verlieren. Und wieder unabhängig davon wird der ORF immer noch mehr Geld brauchen. Die nächste Gebührenerhöhung, freilich nach der Wahl, wird nur eine kurze Atempause schaffen; die Schere zwischen dem schwächelnden Markterfolg und den steigenden Kosten geht immer weiter auf.


Eher über kurz als über lang landet der ORF mitten in der Gebühren-Diskussion: "Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Programm tatsächlich dem des kommerziellen privaten Rundfunks zunehmend angleichen würde, liefe er Gefahr, seinen Programmauftrag zu verfehlen und somit auch seine Legitimation zu verlieren", formuliert der Mainzer Europa- und Medienrechtler Dieter Dörr in "Media Perspektiven" (7/2005). Und er geht noch einen Schritt weiter, wenn er schreibt: "Von manchen Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird in diesem Zusammenhang angeführt, dass eine Boulevardisierung des Programms zwar bedauerlich, aber unvermeidlich sei, um die Zuschauer-Akzeptanz zu erhalten. Dies ist mitnichten der Fall. Eine Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils und die Betonung des klassischen Rundfunkauftrages können den Zuspruch der Seher und Hörer stärken."


Ähnlich die Einschätzung von Otto Graf Lambsdorff, einer der profiliertesten Persönlichkeiten der deutschen Politik des 20. Jahrhunderts, in einem Interview für die "Welt": "Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben den Staatsauftrag, Programminhalte anzubieten, die vom werbefinanzierten Fernsehen und Rundfunk nicht angeboten werden können. Sie haben (. . .) die Verpflichtung zur Grundversorgung aller Bürger, jenseits der Vermarktbarkeit (. . .). So die Theorie. Die Praxis sieht mittlerweile anders aus. Die Öffentlich-Rechtlichen (. . .) haben sich (. . .) der Orientierung der Formate an Einschaltquoten, Platzierung von Sendungen und Werbung nach Zielgruppenpräferenz längst unterworfen. Was die Verantwortlichen nicht hindert, gleichzeitig (. . .) Subventionen zu kassieren."


Das mit dem Kassieren von Subventionen, eigentlich müsste man sagen: von Gebühren, könnte sich rasch aufhören, wenn der weitgehend machtpolitisch motivierte Missbrauch des Öffentlich-Rechtlichen auf nationaler Ebene den Langmut und die Geduld der Brüsseler Instanzen überstrapaziert. So hat die für Medien zuständige Kommissarin Viviane Reding festgestellt, dass es offensichtlich sei, "dass die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter aus öffentlichen Ressourcen den im Binnenmarkt als Normalfall vorausgesetzten freien Wettbewerb (. . .) verzerrt".


Auf den Punkt bringt es der Kölner Rundfunkökonom Martin Stock: "Halten die Anstalten zum Kommerz zu wenig Abstand und tauchen sie zu tief in die Sphäre der Seichtheit und Boulevardisierung ein, so müssen sie damit rechnen, dass ihnen die Legitimation für Gebührenfinanzierung im politischen Raum über kurz oder lang aberkannt wird." Ins "Österreichische" übersetzt das der Verfassungsrechtler Christoph Grabenwarter, wenn er feststellt, "dass mit stärkerer Annäherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an den privaten Rundfunk (. . .) die legitimatorische Basis für die Rechtfertigung von Privilegierungen schmäler wird". Er weist damit auf eine Art "Doppelmühle" hin, die erstmals in der Deutlichkeit die Gefahren der herrschenden Gegengeschäfts-Pragmatik zwischen Gesetzgebung und ORF adressiert: Nicht nur die Unterwerfung unter das Quotendiktat durch den ORF selbst gefährdet dessen Finanzierung, sondern auch die von einer zu vordergründigen und zu schnell verstandenen wirtschaftlichen Notwendigkeit getriebene, sukzessive Nivellierung des gesetzlichen Anspruchs durch den Gesetzgeber.


Fazit: Der ORF befindet sich nach wie vor in der Geiselhaft der Politik, die ihn für den Machterhalt zu brauchen glaubt und ohne jeden "Genierer" benützt. Ob das den ORF seiner langfristigen Perspektiven beraubt, ist den jeweils Regierenden gleichgültig; die nächste Wahl liegt immer näher. Der ORF kann sich im Gegenzug auf eine Bedarfsgesetzgebung verlassen; hat er - finanziellen - Bedarf, werden die Gesetze in seinem Sinn angepasst. Die Höhe der Gebühren darf der ORF - atypisch in Europa - selbst festlegen.


Das zusammengerechnet macht den ORF austauschbar - und er wird auch ausgetauscht. Man kann förmlich zusehen, wie die Marktanteile erodieren.


Diese Entwicklung könnte den privaten Medienveranstaltern egal oder sogar recht sein, wenn sie dieses grausame "Spiel" bis zu seinem Ende nicht quasi zwischenfinanzieren müssten. Wenn nämlich das größte Medienunternehmen des Landes seinen Wettbewerb gegen die Privaten mit hunderten, unverdienten Gebührenmillionen und praktisch ohne gattungsspezifische Beschränkungen führen kann, dann verzerrt das den Wettbewerb. Gegen diesen Zustand ist unablässig aufzutreten - im Sinne der wünschenswerten mittel- und langfristigen Überlebensfähigkeit des Öffentlich-Rechtlichen in Österreich. Wenn man ihn für eine Bereicherung hält, muss man seine Rahmenbedingungen auch so gestalten, dass er nachhaltig überlebensfähig bleibt.


Das heißt zuallererst, er muss sauber und ohne Augenzwinkern öffentlich-rechtlich positioniert werden, um seine Unverwechselbarkeit und damit Unaustauschbarkeit zu gewährleisten. Dazu gehört, wie Wolfgang Clement in der "Zeit" feststellte, ein Programm im Sinne einer ausgewogenen "Grundversorgung der Bevölkerung mit Information und Unterhaltung durch Hörfunk, Fernsehen und programmbegleitende Multimediadienste (. . .), und zwar frei von kommerziellen Interessen und staatlichen Einflussnahmen". Dazu gehören Werte "wie Menschenwürde, soziale Verantwortung, Pluralismus, Föderalismus, Kultur, Demokratie", schreibt Thomas Gruber. Dazu gehört, dass kommerzielle Aktivitäten wie Sponsoring, Product Placement oder so genannte "Kooperationen" überhaupt ausbleiben. Und Werbung muss unzweifelhaft kenntlich gemacht werden; die Grenze zwischen Journalismus, PR und Werbung ist zu achten, in allen Medien, ganz besonders aber bei den öffentlich-rechtlichen.


Kritikwürdige staatliche Intervention macht in Österreich traditionell auch vor den Printmedien nicht Halt. Da tritt zunächst einmal die Republik selbst - in Europa einzigartig - mit einer eigenen Tageszeitung in Wettbewerb zu den sonst ausnahmslos marktwirtschaftlich strukturierten und geführten Unternehmungen. Das wird verschärft durch die Tatsache, dass der Staat auch hier, analog zum ORF, sein Medium, in diesem Fall seine Tageszeitung, durch gesetzliche Vorkehrungen massiv privilegiert. Im Fall der staatlichen Tageszeitung wird im Wesentlichen die Wirtschaft über Zwangsveröffentlichungen zur Kasse gebeten.


Die andere erwähnenswerte Intervention des Staates bei den Printmedien ist die Presseförderung. Ihr Gesamtvolumen ist übrigens geringer als die zwanghafte Mittelzuweisung an die der Republik gehörende Tageszeitung alleine und sie erreicht gerade einmal rund zwei Prozent dessen, was die Republik Österreich ihren zwei eigenen, den staatlichen Medien zukommen lässt.


Für 2006 sind weitere Zeitungsgründungen, insbesondere im Segment der Tageszeitungen, angekündigt, und zwar sowohl im bewährten als auch im neuen Geschäftsmodell. Das ist einerseits eine zusätzliche Belastung des schon einigermaßen strapazierten medialen Gefüges, andererseits aber wird die vielleicht gelegentlich etwas gemütlich daherkommende Gattung Zeitung durch die Intensivierung des Wettbewerbs emotional aufgeladen, was den Printmedien gut tun könnte.


Ein schweres Jahr also, an dessen Beginn wir stehen. Und ein spannendes wohl auch.
 
AW: styria vs. orf/övp

Nicht Styria vs. ORF sondern eher Pirker feat. ORF GI?

Klingt für mich wie der Positionierungsversuch von Pirker als Kandidat mit ÖVP Background und Unabhängigkeit, den die SPÖ eher akzeptieren möchte als Monika "ich geh mit Pröll und Konrad jagen" Lindner.

Liest sich ja fast wie ein Arbeitsprogramm...
 
AW: styria vs. orf/övp

<zynismus>na glaubst du, mit pröll und konrad jagen gehen ist lustig? das ist bitte harte arbeit... <\zynismus>
 
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