AW: Talkradio 1000MIKES
Mit etwas Abstand habe ich mir die Nummer jetzt noch einmal angeschaut und stelle (erneut) fest: Kein Internetradio, kein Stream, sondern ein Audio-Blog.
Das ZDF sieht es ja genauso.
- Qualität: 24 kbps, 8 kHz, Mono.
- Sendeplan: Keiner.
- Stream: Keiner.
- On-Air-Design, Jingles, Hinweise auf andere Sendungen mit festen Terminen: Nicht vorhanden.
- Durchgängige Sendung, ggf. mit Wiederholungen: Keine.
- Möglichkeiten, sich ohne Telefon einzuklinken: Nicht vorhanden.
Was also kann ich tun?
Auf die Homepage gehen und auf die nächste Live-Sendung warten - und mir bis dahin die letzten Audio-Blogs anhören. Die stehen als podcasts bereit.
Das ist alles etwas verwirrend. "Einfach mal so einschalten" ist nicht. Sollte zufällig jemand auf Sendung sein, wird es auf der Homepage angezeigt und man kann live zuhören. Wenn nicht, dann eben nicht.
Kanäle: So, wie ich das verstanden habe, stellt jeder "Miker" einen Kanal dar. Theoretisch können damit alle gleichzeitig on air sein (oder?). Glücklicherweise gibt es eine Kategorisierung - so, wie andere Internetradios auch ihre "Channels" haben. Allerdings sind die Kategorien hier schon wieder so weit aufgefächert, dass man den Überblick verlieren kann.
Im Grunde weiß man gar nicht, was man einschalten soll.
Inhalte: Verwirrend. Die von mir offline angehörten Sendungen waren allesamt .... ähm .... na ja ..... bescheiden.
Meistens hört man mehr oder minder verzweifelte Aufrufe, doch anzurufen bzw. sich an der Sendung zu beteiligen (geht wohl auch per Chat oder Messenger oder wie auch immer - sagt nur keiner, wie) oder wirres Gestammel. Selbst eine "gut" bewertete Sendung brachte eine derart verquere Mischung von Themen, dass ich hinterher einfach nur noch komplett durcheinander war. Ich kann mich nur daran erinnern, dass der Typ immer irgendetwas vom "Ifo-Geschäftsklimaindex" erzählte - aber wie der immer wieder darauf kam, ist mir schleierhaft. Es wirkte zusammenhanglos.
Auch goldig: "Ich höre gerade aus der Regie, dass wir heute früher aufhören, wir senden jetzt noch eine Minute" (wahrscheinlich stand das Essen auf dem Tisch
). - Die Sendung dauerte 13 Minuten.
Oder: Mitten in der Sendung spricht der "Miker" mit jemand, der sich zum einkaufen verabschiedet: "nein, ich brauche nichts, ja, machs gut" - um dann wieder zu seiner Sendung zurückzukehren.
Muss irgendwie wahnsinnig angesagt sein, sowas.
Es gibt dann noch vorproduzierte Sendungen wie bspw. ein tägliches Wirtschafts-Update (mit einer Diktion nur für Börsenprofis), aber auch eine politische Partei ist mit einer festen Sendung vertreten.
Was ziehe ich für ein Fazit?
Meinungsfreiheit at its best - and worst. Selten so viel Quark auf einmal gehört. Hat irgendwie den "Charme" eines Bürgerfunks / NKLs. Genau so uneinheitlich ist es dann auch, und das hasse ich bei solchen Projekten. Jeder macht sein Ding, aber keiner was für das einheitliche Dach.
Okay, vielleicht bin ich nicht die Zielgruppe, vielleicht bin ich zu alt, vielleicht denke ich perfektionistisch .....
Angesichts der Tatsache, dass hinter dem Projekt eine Kapitalgesellschaft steht, die auch brav
Pressemitteilungen verschickt, finde ich die Nummer unausgereift und unstrukturiert.
Die wollen ja irgendwann auch mal Gewinn machen - aber womit?
Die Idee als solche ist gar nicht mal schlecht, aber in der Ausführung sehe ich noch deutliche Schwachstellen.
Haupt-Kritikpunkte:
- Die Qualität ist zu schlecht.
- Es gibt zu viele Kategorien, die zu breit gefächert sind.
- Die alleinige Zugangsmöglichkeit über Telefon schließt die klassischen pod- und webcaster aus (kein Streamserver, kein ftp-Upload für vorproduzierte Beiträge - wer sollte sie zum vorgesehenen Zeitpunkt auch starten?).
- Der Hörer hat keine Möglichkeit, einen "Sender" bzw. einen "Channel" einzuschalten; er muss sich für einen "Miker" entscheiden.
Potenzial sehe ich, aber genutzt wird es nicht. Welchen Zweck und welche Gewinnerzielungsabsicht diese Kapitalgesellschaft verfolgt, erschließt sich mir momentan nicht.
Gruß, Uli