Tooor in Nürnberg?

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U*B*O

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Günther Koch - der wahrscheinlich beste Fußball-Radio-Reporter Deutschlands - soll quasi Berufsverbot bekommen. Bayerns Innenminister Beckstein persönlich ist sich für diese "mit der grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit unvereinbaren (...) Repressalien" (DJV) nicht zu schade. Günther Koch ("Tooor in Nürnberg") kandidiert nämlich zur Landtagswahl für die falsche Partei, die SPD.
Die Dienstvorschrift des BR sieht eine Sendepause ab sechs Wochen vor der Wahl vor. Dem Innenminister reicht das nicht, er will Koch am liebsten sofort vom Sender haben. (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,224715,00.html)
Der Kultreporter könne seine Fußballreportagen sonst zur Wahlwerbung mißbrauchen - das ist das Argument. ("Hier in Nürnberg steht es immer noch 0:0, der Schiedsrichter hat das Spiel gerade unterbrochen weil Ciric verletzt am Boden liegt. Freunde, das gibt uns zwei Minuten Zeit, über Politik zu reden: Wählt SPD! Wählt SPD! Wählt SPD! ...") :)

P.S.: Interessant, dass sich zu diesem Thema hier offenbar noch kein Posting findet - aber zu so grundlegenden Themen wie "jüngste/r Moderator/in" immerhin schon 42(!) Antworten...
 
Dass es hierzu so wenig Postings gibt, liegt wohl daran, dass die meisten mit sport nichts am Hut haben. Viele haben ja auch nichts mit Musikwissen am Hut ...

Nun zu Günther Koch: Es ist eine Schande was da passiert! Dieser Mann macht Radio regelmäßig zu einem Ereignis. Jeder Sender muss dankbar sein, so einen Mann am Mikrofon zu haben und jetzt das!

Ich kann nur dazu aufrufen, möglichst viel Protest an den Herrn Beckstein und den BR zu richten.
 
Hallo,
hier liegt mal wieder der typische bayerische "Deppismus" vor. Der Mann ist einfach gut und von daher unverzichtbar. Aber weil er nicht der Hauspartei seines Senders angehört, soll er schweigen. Andere mit dem richtigen Parteibuch dürfen trotzdem ihren Mist verzapfen. So ists halt mit der Zensur in Bayern. Am besten schnell wegziehen. Und warum schreit keiner auf in diesem Forum? Dann lest doch mal den Thread zum Klasenkampf bei SWR1 und alles ist klar!!
Radiotroll
 
Ich schlage Euch ein Experiment vor: Geht mal zu den Oberen des Ostdeutschen Rundfunks in Potsdam und erklärt denen, dass Ihr a.) gerne einen Job beim ORB hättet und b.) dass Ihr einen Cousin habt, der eine Frau kennt, dessen Freund schon mal in einem Bezirksbüro der CDU war.
Ergebnis. Ihr werdet erst gefedert, dann geteert und zum Schluss erklärt man Euch, dass Ihr für den Job nicht geeignet seid. Natürlich sind ÖRs politisch total neutral. <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />
 
@julio

Mag sein, dass hier kaum noch einer was mit Sport am Hut hat, ich selber ja auch nicht besonders. Aber Günther Koch ist eine der letzten lebenden (und auch noch aktiven) Legenden, die es in unserer Branche voller austauschbarer Namenloser überhaupt noch gibt. Völlig unabhängig vom Ressort.
Seine Person spielt bei der eigentlichen Frage des Threads trotzdem kaum eine Rolle. Selbst wenn es "nur" ein Praktikant wäre, der hier wegen Engagements für die falsche (demokratische!) Partei auf Anordnung des Innenministers seinen Job verlieren soll, wäre es für mich genauso fragwürdig.
 
Also was Gruber und Beckstein da veranstalten ist schon echt hart.
Vielleicht ist Günther Koch zu gut für den BR, man denke nur daran, dass "die Stimme Frankens" zwar von überall her gelobt wird, nur regelmäßig bei WM/EM ausgegrätscht wird...
@UBO: Ich wollte das Thema auch ansprechen, hatte es dann vergessen und deines überlesen. Die Frage, wo und wie Günther Koch in einer seiner Reportagen die Wähler irgendwie beeinflussen kann, hat sich mir aber auch gestellt <img border="0" title="" alt="[Entt&auml;scht]" src="frown.gif" /> ...
In diesem Sinne bis zum nächsten "dieses Tor für den Club wird Ihnen präsentiert von der SPD" aus dem Frankenstadion <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" /> - Linus
 
Wie siehts jetzt eigentlich aus? Irgendwie wars jetzt erstaunlich ruhig um Beckstein, Gruber und Co. - Was ist denn der aktuelle Stand?
 
Für die Zeit nach der Wahl scheint alles geklärt zu sein. Für eine Weiterbeschäftigung eines SPD-Abgeordneten Koch verlangt der Intendant Konsens zwischen allen Parteien. Der ist nicht zu erwarten. Interessant wird die Zeit vor der Wahl sein: Kann sich Innenminister Beckstein mit seiner Order "Sendeverbot für Koch" durchsetzen?

Die letzte Pressemitteilung zum Thema stammt vom 5. Dezember:

BR-Intendant Gruber will grundlegende und umfassende Regelung für alle Mitarbeiter

Angesichts der kontroversen öffentlichen Diskussion um die Kandidatur des Fußballreporters Günther Koch für den Bayerischen Landtag und der Frage, ob er als gewählter Abgeordneter noch für den BR in bisheriger Funktion tätig sein kann, nimmt der Intendant Dr. Thomas Gruber wie folgt Stellung:
In Anbetracht der Tatsache, dass es für die Fallkonstellation Koch bislang keine innerdienstliche Regelung und auch keinen Präzedenzfall gab, habe ich bei erster Befassung mit dem Problem Gespräche zwischen den politischen Parteien angeregt. Dadurch wollte ich verhindern, dass der BR in parteipolitische Auseinandersetzungen hineingezogen wird. Diese Gespräche haben nach den mir bekannten Äußerungen bislang nicht zu einer einheitlichen Beurteilung geführt, was die Vereinbarkeit eines Landtagsmandats mit der Tätigkeit eines Rundfunkreporters betrifft. Eines derartigen Konsenses hätte es aber meines Erachtens nach in diesem Ausnahmefall bedurft.

Ich habe daher in dieser Woche damit begonnen, diese Frage meinerseits mit den zuständigen Gremien des Bayerischen Rundfunks zu erörtern. Die bisherigen Beratungen haben mich in der Auffassung bestärkt, dass in derartigen Fällen grundsätzlich von der Unvereinbarkeit von Mandat und einer parallelen Reportertätigkeit auszugehen ist.

Ich werde die Beratungen innerhalb des BR mit dem Ziel weiterführen, für die Zukunft unabhängig vom konkreten Anlass eine grundlegende und umfassende Regelung zu treffen. Um aber diese Regelung nicht zu präjudizieren und den Gremien nicht vorzugreifen, kann ich Herrn Koch derzeit nicht in Aussicht stellen, dass er seine Reportertätigkeit beim BR fortsetzen kann, wenn er als Abgeordneter gewählt wird.

Quelle: <a href="http://www.br-online.de/inhalt/wir_ueber_uns/pressestelle/aktuelles/2002/7228/index.html" target="_blank">BR Online</a>

<small>[ 23-12-2002, 10:08: Beitrag editiert von U*B*O ]</small>
 
Mann, ist dieses System krank. Die ARD kickt mit einer völlig verkrampften, fast paranoiden Auslegung von "Staatsferne" ihre besten Leute (nicht nur, was die Arbeit on air angeht) raus und läßt sich dabei selbst in nicht unerheblichem Maße von der Politik beeinflussen - ein Widerspruch in sich. Es wäre tatsächlich interessant zu sehen, was passieren würde, wenn Koch für die CSU anträte, aber der Konjunktiv ist und bleibt ja wie immer ein nicht beweisbares Planspiel.
Kochs Fall wurde bekannt, da der Mann populär ist und im Licht der Öffentlichkeit steht. Stellt sich die Frage, wie es hinter den Kulissen aussieht. Also, was ist mit denen, die nicht on air sind? Redakteure, Techniker, Juristen, Wirtschafter bei der ARD - sieht es da beschäftigungspolitisch ähnlich aus?

Und an anderem Ort vor nicht allzulanger Zeit bekommt einer, den der ORB wegen seiner äußerst komplizierten Stasi-Verstrickung zu Recht vor die Tür gesetzt hat (nachdem er nochmal die Chance bekam, sich on air und auch im TV so richtig selbst zu demontieren) eine Sendung im Privatfunk und darf sich weiter produzieren. Irgendwas ist an diesem Land wirklich ziemlich krank...
 
Jetzt zeigt Günter Koch dem BR den Finger :

"Günter Koch, Sportreporter beim Bayerischen Rundfunk und SPD-Landtagskandidat, will sich nicht "dem massiven Druck der staatstragenden Partei in Bayern, der CSU" beugen.
Falls der 61jährige den Einzug in den Landtag schafft, will er sein Mandat wahrnehmen und notfalls für andere Sender aus den Fußball-Stadien berichten. Koch erklärte, daß ihm einige Privatsender bereits Angebote gemacht hätten. Die ARD bleibe aber erste Wahl."

(Nürnberger Nachrichten, Wochenendausgabe, Region)

Mein Tip : Mit der Nummer hat der mehrfach gescheiterte Nürnberger OB-Kandidat Beckstein dafür gesorgt, daß bei der Landtagswahl die SPD in Nürnberg 70 % holt. Und der wollte Ministerpräsident werden...

<small>[ 24-12-2002, 11:51: Beitrag editiert von Deason ]</small>
 
Im MDR-Land gibts jetzt einen Fall, der ansatzweise ähnlich gelagert ist. Der MDR plant offenbar eine TV-Talkshow, die von Lothar Späth und Gregor Gysi gemeinsam moderiert werden soll. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) intervenierte nun bei MDR-Intendanten Reiter. Vogel bezeichnete es als "Geschmacklosigkeit", einen Mann mit "solcher Vergangenheit" derart in Szene setzen zu wollen. Nun soll sich auf Betreiben Thüringens der MDR-Rundfunkrat mit der Sache befassen.
Versuchte politische Einflußnahme auch hier, wenngleich die Situation natürlich eine ganz andere ist.
 
Nur mal n Hirngespinst: Ich fände es cool, wenn die Antenne G.K. einkauft und ihn fett positioniert. Dann hat der BR nicht ein Problem weniger, sondern mehr!!!

Let's go GUERILLIA-KRIEG
 
Bleibt nur die Frage, ob sich GüKo "fett positionieren lässt" ...
...auf ABY hat er sicherlich nicht die Möglichkeit 90 Min live ein CL-Spiel der Bayern zu kommentieren. Drei Sender (B1,B3+B5) gegen Einen zu tauschen, erschenint doch etwas gewagt.
Aber wenn es so weiter geht, steigen die Chancen für Ismaning. Auch wenns eine Riesen-Enttäuschung für mich wäre, Günther Koch irgendwann als "Gutelaunemacher" zu hören ;)...

<small>[ 29-12-2002, 01:31: Beitrag editiert von Linus ]</small>
 
Ich finde den Aufstand der Machthaber in Bayern auch skandalös.
Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung eines aktiven Journalisten, ein politisches Mandat anzustreben, obwohl er als Sympathie- und Meinungsträger über den Sender geht, durchaus fragwürdig.
Immerhin setzt sich G.K. dem Verdacht aus, bei poltischen Wahlen von seiner Popularität als Fußballreporter zu profitieren.
Ich finde es auch daneben, wenn Waldi Hartmann Wahlveranstaltungen der CSU moderiert.
 
@ Mister Moon: Schorsch Hackl sitzt auch für die Berchtesgadener CSU im Kreistag oder Landtag, da sehe ich kein Problem.
Und dass Waldi bei der CSU so richtig ist, wie bei allen ARD-Sportschauen falsch, ist sicher auch nichts neues <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />
 
Unter der Überschrift "Gegenwind für Koch" heute eine kleine Notiz in den Nürnberger Nachrichten:

Nürnberg - BR-Sportreporter Günther Koch spürt im Streit um seine SPD-Landtagskandidatur nun auch Gegenwind aus der ARD. Nach Informationen der Nürnberger Nachrichten hat die Hörfunkkommission der ARD bereits im Dezember 2002 eine Absprache bekräftigt, wonach "Mandatsträger in Landtagen, im Bundestag und im Europäischen Parlament nicht als Reporter, Berichterstatter oder Moderatoren von Gemeinschaftssendungen oder Programmen, die zur Übernahme in die ARD gedacht sind eingesetzt werden dürfen".

Ohne Worte
 
Jaja, aber Doppelfunktionen von Politikern in Wirtschaft und Politik sind nicht fragwürdig. Ich würde Herrn Koch raten, Mikro Mikro sein zu lassen und unter TamTam der ARD für die SPD freiwillig den rücken zuzukehren. Der Sturm der Entrüstung bei vielen fußballbegeisterten Radiohörern wird sich sehen lassen können.
 
Da war er heut Nachmittag ja wieder in der ARD-Schlußkonferenz bei Nürnberg-Rostock.

Wie kommt das? Oder hab ich da etwas falsch mitbekommen, dass Günter Koch doch nicht sofort vom Sender muß? Es klang für mich zumindest irgendwie so, als ob er sofort das Berufsverbot bekommen sollte.

Radiohorst
 
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