Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

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AVB

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In einer Radio-NRW-Untersuchung kam heraus, dass die Aufmerksamkeit der Hörer steigt, sobald wieder Musik im Programm läuft. Einige Aufmerksamkeitskurven fielen dabei sogar ziemlich drastisch aus (z.B. „Mensch“ von Herbert Grönemeyer direkt nach einem Beitrag aus dem Kulturausschuss).
NRW folgert: wenn man die Ramp des nächsten Songs unter dem Ende des vorhergehenden Beitrags startet, erhöht sich somit die Aufmerksamkeit der Hörer, und das sei gut für die Reichweite.
Ich denke aber, dass diese Annahme falsch ist.
a) Wenn ein Lied wie „Mensch“ so beliebt ist, möchte der Hörer diesem Lied auch seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen und es nicht durch Wort jedweder Art kontaminiert hören.
b) Sprache kommt im Empfangsgerät subjektiv in der Regel lauter an als Musik. Somit klingt das Unterlegen von Beiträgen mit Intros fast immer so, als wäre das Intro gar nicht gelaufen. Da könnte man auch „Mensch“ gleich nach ca. 20 Sekunden eincuen und würde den Hörer ebenfalls vor den Kopf stoßen, wenn sein Lieblingslied kastriert wird.
c) Die Schlussfolgerung aus der Aufmerksamkeitsstudie könnte (und sollte) auch lauten: keine nervenden, langweiligen Beiträge senden, bei denen die Aufmerksam der Hörer ins Bodenlose sinkt.
d) „Aufmerksamkeit“ an sich ist ein schwammiger Begriff. Lässt sich die Aufmerksamkeit 1:1 in Hörer-gestern umsetzen. Ich bezweifele es. Ich denke, dieser Zahlen-Fetischismus ist zum Scheitern verurteilt, wenn man sich nicht in die Psyche und die Gefühlswelt der Hörer reindenken kann oder will.

Ich stelle diese kurze Abhandlung ins Gold-Forum ein, weil ich gerne eine ernsthafte und konstruktive Diskussion darüber anschieben möchte.
Schöne Grüße!
Euer AVB
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

AVB schrieb:
Ich denke aber, dass diese Annahme falsch ist.
Da bin ich ganz Deiner Meinung, insbesondere hinsichtlich dieser Unsitte, jede Ramp irgendwie zu "nutzen". Meine Aufmerksamkeit würde ebenso allenfalls in Form einer gewissen leichten Verärgerung ansteigen. Ist die Hoffnung auf Reichweite so übermächtig, daß man impliziert, es sei in Ordnung bzw. sogar erwünscht, wenn die Aufmerksamkeit zum Ende eines Beitrages kurzfristig gesteigert wird? Produziert man dafür Beiträge?
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Die steigende Aufmerksamkeit bezieht sich demnach auf den Musiktitel, nicht auf den laufenden Beitrag. Das mag auch dadurch erklärt sein, dass sich etwas in den laufenden Beitrag mischt, das inhaltlich so gar nicht dazu passen will. Ungereimtheiten ziehen immer die Aufmerksamkeit auf sich. Demnach ist es jedenfalls irrig zu meinen, ein (neuer) Musiktitel unter dem Beitrag erhöhe die Aufmerksamkeit für den Beitrag.
Wer die Aufmerksamkeit für einen Beitrag erhöhen will, muss dessen Lebendigkeit erhöhen. Hier geht es aber um ganz andere Dinge wie Spannungsaufbau, pointierte Texte, präzise Fragen und treffende Antworten und Timing.
Wer sein Augenmerk allerdings allein auf Aufmerksamkeit an sich legt, der trifft mit der NRW-Entscheidung vermutlich die richtige. Dann muss er sich aber auch fragen lassen, warum er den Aufmerksamkeitsabfall zulässt, den man im Umkehrschluss wohl erhalten muss.
So wie dargestellt scheint die NRW-Nummer jedenfalls nicht sehr ausgereift.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

AVB schrieb:
Ich denke, dieser Zahlen-Fetischismus ist zum Scheitern verurteilt, wenn man sich nicht in die Psyche und die Gefühlswelt der Hörer reindenken kann oder will.
ein sehr schöner Satz, dessen Bestätigung wir ja hier schon einmal in einer anderen Diskussion ja quasi schon mal hatten (Was nutzen all die sicherlich hilfreichen Zahlen, wenn man den "Mensch" nicht mitdenkt).....

Was ich mich bei der These frage: die Konsequenz wäre es doch, jegliches Wort, welches per se die Aufmerksamkeit behindert zu streichen, wofür braucht man also einen Beitrag, den man durch einen Titel am Ende aufwerten muss, wenn dasLied der eindeutig stärkere "Aufmerksamkeitshascher" ist??
(Gilt die These denn generell fürs Wort oder detailliert für "Beiträge"?)
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, dass hier "Aufmerksamkeit" mit "Akzeptanz" verwechselt wird.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Mich beschleicht das dumpfe Gefühl, dass kaum noch Menschen beim Radio arbeiten, die Beiträge bauen können, denen Aufmerksamkeit zuteil wird.........:D
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Meine Meinung dazu:

Ramps sind für die DJ´s da!

Gute DJ´s passen sich der Stimmung der Songs so gut an, dass es den Hörer nicht stört. Im Idealfall kann er sogar die Begeisterung des DJ´s spüren und wird automatisch zu seinem "guten Kumpel", der den gleichen Musikgeschmack hat ("welch eine Überraschung") . Das schafft Hörerbindung. Und Aufmerksamkeit, denn das Wichtigste ist doch immer noch, dass sich der Hörer an den Namen der Radiostation erinnert, vor allem, wenn ihm etwas Positives im Programm aufgefallen ist. Der Schluss des Beitrag "aus dem Kulturausschuss" gehört nach meinem Gefühl jetzt eher nicht dazu.

Mit dem Start eines Titels unter eniem Wortanteil, ändert sich automatisch die Stimmung, die dann oft nicht mehr zum Inhalt passt, und ausserdem sollte man den Titel erst zeitgleich mit einem neuen Sinnzusammenhang starten. Im beschriebenen Fall wird vermutlich nur mit der Stoppuhr gearbeitet.

Wozu mir jetzt noch einfällt, dass übrigens viele Moderatoren nur noch visuell Ramps füllen können (mit einem Riesen-Balken oder Countdown vor der Nase), aber gar nicht richtig zuhören, wie es klingt. Dabei kann man ihnen gar keine Vorwürfe machen: diejenigen, die nur mit Radiosoftware wie Dalet/Zenon Radio gelernt haben, können vielleicht gar kein so ausgeprägtes Gefühl entwickeln für das Endprodukt, das beim Hörer ankommt: das reine Audiosignal! Vielleicht sollte man denen mal sagen, sie sollen beim Moderieren die Augen zumachen und auf die Musik hören beim Ramp-talk!

So, ich muss wieder...

Gruss,
JB
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

"Mit dem Start eines Titels unter eniem Wortanteil, ändert sich automatisch die Stimmung, die dann oft nicht mehr zum Inhalt passt, und ausserdem sollte man den Titel erst zeitgleich mit einem neuen Sinnzusammenhang starten. Im beschriebenen Fall wird vermutlich nur mit der Stoppuhr gearbeitet."

JB, vollste Zustimmung. Leider wird solch solides Radiohandwerk von manchen Zeitgeistern gern als althergebracht bezeichnet. Vielleicht liegt es auch daran, dass es in NRW kein richtiges Musikradio gibt, in dem die Musik - wie du richtig sagtest - vom Hörer und Macher mit Begeisterung und höchster Wertschätzung behandelt wird.

Danke, und weiter so, immer weiter!!!!


Dein AVB
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Bleibt auch die Frage, inwieweit das Bauen von "richtigen" Beiträgen die ankommen heutzutage wichtig ist. Gehen nicht immer mehr Sender in Richtung weniger Information, mehr Entertainment?

Gruss

processaudio
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Vielleicht ist das Wort "Beitrag" etwas missverständlich. Ich habe den Kulturausschuss lediglich als krasses Beispiel angebracht. Unter "Beitrag" würde ich aber im strengsten Sinne des Wortes alles - außer Werbung und Nachrichten - verstehen, was das Musikprogramm unterbricht. Die NRW-Linie ist ja auch, ALLES mit dem Intro des folgenden Stückes zu unterlegen, also auch Moderationen, Interviews usw.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Mag sein, AVB, dass Du Dich missverständlich ausgedrückt hast. Grundsätzlich gelten aber auch für Moderationen und anderes die genannten Dinge.

Fischzuechter, warum glaubst Du, hier könnte eine Verwechlslung der Begriffe "Aufmerksamkeit" und "Akzeptanz" vorliegen?
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

AVB schrieb:
Unter "Beitrag" würde ich aber im strengsten Sinne des Wortes alles - außer Werbung und Nachrichten - verstehen, was das Musikprogramm unterbricht. Die NRW-Linie ist ja auch, ALLES mit dem Intro des folgenden Stückes zu unterlegen, also auch Moderationen, Interviews usw.

Wieso "außer Werbung"? So könnte Radio NRW ja den jeweils letzten Spot eines Werbeblocks auf das Intro des folgenden Songs legen und entsprechend verteuern mit dem Argument beim Kunden, Akzeptanz und "Hallo-hallo!"-Werte würden dadurch immens steigen.
Besonders geeignet wäre z.B. Queen, Radio Gaga (55s!). Dem würde dann auch eine gewisse Symbolik innewohnen.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

der beobachter schrieb:
Fischzuechter, warum glaubst Du, hier könnte eine Verwechlslung der Begriffe "Aufmerksamkeit" und "Akzeptanz" vorliegen?

Das angedeutete Studiendesign lässt darauf schließen, dass Hörer in Kleingruppen Potentiometer in der Hand halten mit der sie in Echtzeit die vorgespielten Ausschnitte bewerten. Mit dieser Messmethode wird üblicherweise die Akzeptanz (0 = mies / 100 = überragend) gemessen. Es ergeben sich dann schöne Kurven mit hoffentlich vielen Bergen und wenig Tälern. :D
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Ah, jetzt! Ich hatte Dich so verstanden, dass wir in unserer Diskussion die beiden Begriffe verwechseln.

Wie sind also die Akzeptanz-/Aufmerksamkeitswerte zustande gekommen? Weißt Du was, AVB?
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Die Vermutung mit dem Potentiometer ist ganz richtig. In der Tat wurde eine Studie gemacht, in der Probehörer an einem Lautstärkeregler drehen konnten, je nachdem wie interessant sie das Programm fanden. Bei allen, wiederhole: ALLEN Beiträgen ging die Kurve nach unten. Am besten schnitt hier alles aus der Schublade Sex-and-Crime ab. Beim besagten Kulturausschuss sank die Kurve in nicht mehr messbare Bereiche!! Und bei allen, wiederhole: ALLEN Musiktiteln ging die Kurve aber sowas von schlagartig in die höchsten Bereiche, dass man den Augen kaum trauen wollte.
Soweit so gut.
Aber die Schlussfolgerungen sind meines Erachtens inkorrekt, ja geradezu kontraproduktiv! Siehe auch meinen ersten Eintrag.

Gruß in die Szene. Hoffe, Ihr hattet alle bisschen Spassss auf dem Radioday
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Ja, Danke AvB. Wir hatten Spass auf dem Radio Day. Vielleicht treffen wir uns ja nächstes Jahr mal wieder... ;) Anonsten gibt es ja noch die Lokalrundfunktage in Nürnberg.

Übrigens: danke Rösselmann, Du hast eine neue Sonderwerbeform entdeckt, da müssen wir nur noch geschickt einen Werbetrenner unterbringen, und schon fliesst die Kohle ;). In Nürnberg gab es auch immer so schöne Werbe-Live-Reader (gibt es die noch?), ich kann mich nur nicht mehr erinnern, ob die auch auf dem ramp gelesen wurden...

Apropos Research: ich wundere mich immer wieder, wie man immer neue Bereiche entdeckt, die noch nicht zur Gänze "ausgeresearched" worden sind. Bisher mir bekannte Studien einiger Sender in meiner Radiolaufbahn hatten meist nur zum Ziel, Programmentscheidungen, die eh schon getroffen wurden, nochmal mit einer Studie zu belegen, um sich vor Gesellschaftern zu rechtfertigen, getreu dem Motto Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Viele Studien waren übrigens so "aussagekräftig", dass man alles mit ihnen beweisen konnte, auch das Gegenteil. Meistens waren es die, die das meiste Geld gekostet haben.

Aber für das Thema könnte man schon fast wieder einen neuen Thread aufmachen.

Gruss in die Goldszene,
J.B.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Also vor einigen Jahren war es doch üblich Flächenbeiträge auf die Ramp zu legen. Das hat man auf so gut wie jedem Sender gehört.

Dann folgte der Götze-Antenne-Trend: Wie cuen alles ein! (das war das schrecklichste was ich je gehört hab) Jeder Titel mußte eingecuet werden. Leider kann aber nicht jeder cuen *G*

Und jetzt spielen sie glaub ich den Beitrag fertig und dann erst den Song. Ö3 hat sowieso nur noch die Talks, da hab ich leider auch noch nicht drauf geachtet wie sie es machen...
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Bei dem kleinen, aber kreativen Lokalsender in meinem Wohnort ist es durchaus üblich, den letzten Werbespot, wenn er mit viel Wort endet (z.B. regionale Anhänge von Autohäusern) bereits unter den folgenden Ramp zu ziehen.
Und es kann auch vorkommen, dass der Werbeblock unterbrochen wird, weil der Moderator gerne den einen oder anderen Spot kommentieren möchte.
Kann hin und wieder sehr lustig sein, gefällt der Landesmedienanstalt aber bestimmt nicht.
Dort auch gerne gemacht: Töne aus Spots rausschneiden und für Jingles oder Mods weiterverwenden. Oder den letzten Spot als Überleitung hernehmen.
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Ihr habt den 'Berliner-Blende'-Trend übersehen, die Vorstufe des 'auf alles muß eine Positionierung'Trends: Jeder Titelübergang wird mit einem Wischer oder einem Whisper übertönt, damit man nicht hört, wieviel nicht vorhandenes Taktgefühl so on Air ist. Tjaja, was 's nicht so alles gab ... -
Was lob ich mir diejenigen, die das noch wirklich gut konnten: Beitrag sauber abnehmen, Überleitung/Tease aufs nächste Thema, Musik (SAUBER (!!!!) eingecued läuft an, und dann richtig mal Proud'n'Passion direkt auf den Ramp. Alles andere ist langweilig (wie selbst eingelegt) - sowas lebt richtig. Das ist eigentlich Radio - Interaktion des Moderators mit ALLEN seinen Inhalten - Musik inclusive.
(Ich kann mich immer noch für sauber gemachte Ramptalks begeistern!)
Bevor jetzt die Puristen mich (verbal) niederhauen: Das Beispiel 'Walking in Memphis' zeigt so eine Situation einddrucksvoll: Das Schlagzeugsolo eingecued (ist seeeehr lang), Mod drauf - und dann genau zum Einsetzen des ersten Akkords Schnauze halten - da fängt der Titel erst richtig an zu leben!

Ach ja ...
 
AW: Unterlegen von Beiträgen mit Musiktiteln

Moin zusammen!
1. Ich hasse den Ausdruck "Wortbeitrag"! Genauso, wie ich Floskeln wie "das war ein Beitrag von Franz Ganz" o.ä. hasse. "Beitrag" klingt für mich immer wie "oh, nein, schon wieder ein langweiliger Pflichtbeitrag aus der Kirchenredaktion".
2. Der/die/das DJ/Moderator/Personality/OnAirTalent liefert nach meinem Verständnis ein komplettes Programm aus einem Guss ab, wenn er auf Sendung ist. Dazu gehört Musik, Wort, Werbung und was auch immer. Für miese "Wortbeiträge" kann er/sie natürlich nix.
3. Das genau ist das Problem: Meistens ist das Wort Müll, um den gesetzlichen Wortanteil zu erfüllen. Das dürfen dann gerne Praktikantenbasteleien sein, aber es soll ja auch Sender geben, die ungeprüft alles, was ots anbietet als seriöses Redaktionswort raushauen.
4. In diesen Fällen hilft auch kein Musikunterleger - er sagt dem Hörer höchstens: Alter, ey bleib ruhig, die Musikberieselung stoppt ja nicht, gleich gehts mit der abwechslungsreichen Vielfalt weiter!!!!
5. Siehste: Was will uns der Radio-Opa jaykay sagen? Na?
Supi! Einer hat's gewusst. GEILES Wort heißt das Zauber-"Wort"!
Form follows function. Nicht umgekehrt. Ist der "Beitrag" (arrrrgh....!) richtig spannend, und wird er auch spannend angekündigt, erledigt sich glaube ich, das Problem. :)
Und dann braucht man Musiktitel nicht zu versauen und behält die Chance auf starke ramp-talks. Schön wär's, wenn man nicht so viel Müll senden müsste, weil man eine dämliche Wortquote zu erfüllen hat, ich weiß.
 
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