Verzweifelt gesucht: Die radiohörenden Jugendlichen

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@Dr. Fu Man Chu

Egal in welche Branche Du gehst. Bei den lokalen Werbetreibenden läuft seit Jahren eine immense Konsolidierungswelle. Schau Dir die Möbler an, die zudem mit hohen qm-Umsatzverlusten zu kämpfen haben und die Sender über Jahre mit ihrem Verdrängungswettbewerb finanziell "versorgt" haben. Die kleineren werden von den Segmüllers, XXL-Lutz oder Portas geschluckt. Mit dem Ergebnis, dass zwar z.T. die alten Marken bestehen bleiben, aber es dann auch über die Mediaagenturen läuft. Da marschiert dann nicht mehr der Mediaberater zum Inhaber bzw. Filialleiter ins Büro. Und bei den Mediaagenturen geht es letztlich nur um Konditionen. Stimmen die nicht, ist die Gattung halt raus. Im Bereich Automotive gibt es gerade eine gigantische Umwälzung nachdem auch dort vor Jahren eine starke Konsolidierung eingesetzt hat. Seitdem das Geschäft von Kaufhof, Saturn-Media (alles Metro, bislang oder noch) auch nicht mehr rund läuft, wurden auch da die Budgets geschrumpft. Und, und, und... Und in den Sendern? Da setzen gerade vor Ort die ersten Umsatzrückgänge ein, insbesondere bei Möblern. Da fängt der Motor langsam an zu stottern. Ja, und die Zeiten in regionalen Märkten ändern sich derzeit auch. Noch profitieren die Sender davon, dass viele regionale Werbetreibende sich nicht so richtig trauen komplett auf Onlinewerbeformen zu setzen. Aber sie versuchen es. Funktioniert es, sieht es für Radio nicht gut aus. Denn ich behaupte, dass du schon heute erfolgreich eine Kampagne ohne Radio fahren kannst, die genauso erfolgreich ist wie vor einigen Jahre eine Funkkampagne. Könnte es sogar belegen.

Bei RMS läuft es rund? Hmmm, für das Digitalgeschäft sehe ich anders. Da fliegen ordentlich Buzzwords und laufen jetzt viele zumindest optisch dynamische Typen rum. Aber es kam erstens (zu) spät und zweitens wenn ich mir die generierten Umsätze anschaue. Nun gut. Und das klassische Geschäft? Im Prinzip ist RMS doch nur noch ein Aggregator für die Handvoll von Mediaagenturen und es geht nur um Konditionen. RMS bietet Leistungswerte und einen theoretischen Wert, die Mediaagenturen rufen einen (niedrigeren) Preis auf und stellen vereinfacht gesagt doch nur die Frage: RMS, willst haben oder nicht?

Alternativkonzepte? Kann ich nicht sehen. Das geringe Digitalinventar? Ich lach mich schlapp. Einfach mal vergleichen (IVW, IP-Audio, AGOF). Nur mal so. So zum Spaß. Wenn man sich einmal die Daten angeschaut hat, die nicht einmal Google oder FB beinhalten, redet hier kein Mensch mehr über vermarktungsrelevante Digitalreichweiten bei Radiosendern. Zumal die (meisten) Vertriebe es nicht verkaufen können mangels Know-How und die Provisionsmodelle dafür nicht geeignet sind. Und an die geht keiner so gern ran, das schafft im eigenen Laden nur Unruhe. Und Podcasts (wie ich heute bei radioszene.de den 2. Teil lesen konnte)? Auch da lach ich mich schlapp. Ja, zielgruppenspezifisch von Anbieterseite betrachtet. Mag sein. Aber auch da brauche ich Leistungswerte. Beispiel: Fußballpodcast vom hauseigenen Ligaverein. Für lokale/regionale Sender das einzige Thema, was aus meiner Sicht überhaupt auf Reichweite kommt und regional in der Vermarktung relativ einfach planbar ist (für Kunden und die bisherigen Vertriebsstrukturen). Anders ausgedrückt: Es ist halt einfach zu verstehen ;). Erstes Problem: Lizenzrechte des Vereins/DFL. Zweites Problem: Auch wenn der Sender Partner des Vereins ist, findet in der Regel es nicht lustig, wenn ein Sponsor des Vereins sich auf das angrenzende Thema setzt als Sponsor des Podcasts. Da würde er gerne partizipieren. Ein Konkurrent des Sponsors gibt dann erst recht Stress. Da stellt sich aber für den Sponsor des Vereins die Frage, warum er sich noch auf einen reichweitenschwachen Podcast setzen soll, wenn er im direkten Umfeld schon massiv präsent ist (und dort auch schon bezahlt hat). Nächstes Problem: Die Reichweite... Wenn ich es noch mit Daten anreichere, z.b. vorzugsweise Männer 35-50 mit hohem HNE (z.B. für einen Kunden wie BMW), dann dürfte sich die Anzahl der Kontakte auf einen Wert reduzieren oder gar atomisiere, dass ich trotz hohem TKP nicht einmal die Kosten für den freien Mitarbeiter des Podcasts einspiele. Aber wenn ich sehe, was Sender so alles an Podcasts produzieren und kokettieren, wie digital sie unterwegs sind, dann wird mir immer ganz anders. Es gibt digitale Ansätze, auch Vermarktungsansätze, die gehen aber deutlich über die Aktivitäten eines Radiosenders hinaus und eher in Agenturrichtung (was einige m.E. mittlerweile ansatzweise auch versuchen), aber das was ich so sehe, das ist überwiegend eine Mischung aus Trial and Error (mit ein wenig Errorlastigkeit) und Stochern im Nebel.

Ohhh, ich merke, ich habe als Düne den Themenstrand verlassen. Sorry, komme zurück an den Strand auf das eigentliche Thema im nächsten Post. Versprochen.
 
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Aber es gibt ja auch nicht viele Sender, die Jugendliche zum Radio hören einladen.
Ist eben alles Ansichtssache. Selbst mein (früherer) Haussender SWR1 macht immer öfter "auf jung". Da lasse ich gerne die Jugend ran und sage dem Sender
ade.
dann dudelt noch in 30 Jahren Totos Africa vor sich hin.
Das wird wohl so sein. Manche Titel sind im besten Sinne eben Klassiker.
Dass dem Hörer selbst die irgendwann zum Hals raushängen, ist den Dudel-
sendern zu verdanken. Einfach mal einen Albumtitel neben dem größten Hit
spielen. Youtube- und Spotify- Nutzer wissen: Es gibt reichlich schmackhafte,
noch ungelutschte olle und junge Kamellen. Nur eben nicht im Radio. :cool:
 
Ich würde mal so sagen: Wir waren Radiohörer aus Verzweiflung. Gab ja nicht so viele Alternativen. Die richtig guten Musik/Unterhaltungssendungen im Radio waren auch vor 30 oder 40 Jahren die absolute Ausnahme. Okay, die Piratenzeit war spannend und danach der Anfang des Privatfunks, als alle paar Tage ein neuer Sender aus dem Äther schoss....aber sonst war da auch viel Langeweile.
 
Ich habe den Übergang erlebt. Als DT64 spannend wurde, sah Rias2 auf einmal ziemlich alt aus. Die Abwicklung von. DT64, aber auch von Radio4U, die Neugründung von Fritz... Für den Erhalt von DT64 wurde demonstriert! Diese Sender hat man sicher nicht aus Verzweiflung eingeschaltet. Verzweifelt war ich nur, wenn ich diese Programme nicht hören konnte...
 
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@Wanderdüne
Wie gesagt, es ist Jammern auf hohem Niveau, bei den Printkollegen sitzen die Einschläge schon direkt im Ziel. Auch in Zukunft wird es Push-Medien geben. Nur, sie verlieren einfach ihre Bedeutung. Wer halbwegs aufmerksam durch Fußgängerzonen und Shoppingcenter geht, der sieht den Leerstand. Ein Pop up Store nach dem anderen eröffnet. Da tobt sich dann ein Onliner für 3 Wochen aus und zieht in die nächste Stadt. Die Kosten sind keine Vertriebs- sondern Marketingkosten, denn mit den Vertriebserlösen kann man zumeist einen Pop up Store nicht refinanzieren.

Nehm einfach nur die VA, die Kaufbereitschaft ermittelt. Bei Möbeln liegt die Anschaffungsabsicht in den nächsten 2 Jahre, wenn ich mir recht erinnere bei 2 - 4% total. Lass es ruhig 10% sein. Faktisch heißt das, mehr als 90% Streuverlust bei einem Push-Medium. Oder anders rum etwas simpel holzschnittartig gerechnet. Ich kann mit viel geringeren Etats meine ZG erreichen.

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten:
  • ich nehme das nicht zur Kenntnis - dann bin ich raus, weil meine Werbekosten zu hoch sind.
  • ich optimiere meinen Etat und setze nur noch zu bestimmten Aktionen auf Pull-Werbung
So oder so, heißt das sinkende Einnahmen für den Sender. Lokal, Regional, National, Zielgruppe - das kann ich beliebig im Web aussteuern, da brauche ich keine Regionalmedien.

Der traditionelle Radiovertrieb hat den Onlinern wenig entgegenzusetzen. Sorry, was die Sender für Daten haben.... ja welche denn? Jetzt rächen sich all die Sünden der Vergangenheit, die Konzentration auf Hot AC, der Fleckenteppich von anderen Formaten, das fehlenden echter nationaler Radiomarken, die regionalen Monopole (Fürstentümer) und und und. Bei den kleinen Beiboote + Frequenzbesetzern wird es als erstes eng.

Das die Sender ernsthaft denken, ihre gepimpten Zahlen werden Ihnen noch abgenommen? Das ist in meinen Augen die pure Hilflosigkeit und Naivität. Zumal 90% der Verkäufer im Lokalmarkt die Mafo maximal ansatzweise kapiert haben. In den Redaktionen sah es auch nie besser aus.
 
Ich würde mal so sagen: Wir waren Radiohörer aus Verzweiflung. Gab ja nicht so viele Alternativen. Die richtig guten Musik/Unterhaltungssendungen im Radio waren auch vor 30 oder 40 Jahren die absolute Ausnahme. .

Sehe ich nicht so. Gerade SWF 3 oder HR 3 boten da doch einiges. Von Radio Luxemburg ganz zu schweigen die Spitzenunterhatung boten. Selbst NDR 2 war damals top. Mit Carlo und Günther Fink ging da besonders abends die Post ab. Dazu Jauch, Egner und Gotschalk bei Bayern 3. Das hatte schon was.
 
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Ich denke, die Radiosender müssen wieder viel mehr auf Wort setzen und darüber Inhalte liefern. Mit Musik alleine lockt man heute keinen mehr vors Radio, die Titel, die mir gefallen, kann ich jederzeit "streamen".
Mhm naja, wenn man spezielle Musik senden würde, also das was die Jugend tatsächlich hört, sich aber kein Programmchef traut auf die Playlist zu setzen dann wäre es vielleicht doch noch ein Grund nicht so abneigend gegenüber dem klassischem Medium zu sein. Leider würde man dann aber nur billigen Deutsch-Rap-Schrott hören.

Aktuell werde ich immer von NEXT auf meiner Alexa geweckt ;)
Wie geht das? Ich will mich über meinen Echo auch von einer ARD-Welle wecken lassen anstatt über die Amazon-Sounds. Aber wie stellt man das ein?

Also ich bin zwar 18
Omg du bist 18? Mega-geil. Ich bin 19 geworden und auch radiobegeistert. Solche Leute wie uns sind kaum noch zu finden :) Und dass du sogar Mittelwelle hörst und kein Smartphone-Suchti bist... ooooh ich schwärme.
 
Mhm naja, wenn man spezielle Musik senden würde, also das was die Jugend tatsächlich hört, sich aber kein Programmchef traut auf die Playlist zu setzen dann wäre es vielleicht doch noch ein Grund nicht so abneigend gegenüber dem klassischem Medium zu sein. Leider würde man dann aber nur billigen Deutsch-Rap-Schrott hören.
...also das, was ich bei den Kids in Berlin aus den Bluetooth-Wummen zu hören bekomme? So ganz ohne Radio und ganz freiwillig? Oder gibt es da eine Differenzierung zwischen "billigem Deutsch-Rap-Schrott" wie er im Radio laufen würde und "billigem Deutsch-Rap-Schrott", wie er freiwillig gehört wird? Ich bin dazu zu alt, ich kann da nicht mitreden. Ich höre ja nichtmal das Radio "nur für Erwachsene", eigentlich bin ich dann ja wohl schon tot...
 
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@drod: keine Ahnung, warum ich dich nicht privat anschreiben kann, aber dann eben öffentlich, auch wenn es rein gar nichts mit dem Thema zu tun hat. Sorry dafür.
Um dich von Echo mit Radio wecken zu lassen musst du einfach sagen Alexa, Wecke mich morgen Früh um Z. B. 7:00 Uhr mit MDR Sputnik oder was du morgens hören möchtest.
 
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Als DT64 spannend wurde, sah Rias2 auf einmal ziemlich alt aus.
Daran waren die aber auch ein ganzes Stück weit selber Schuld. Während Rias2 ab 1985 zum durchformatierten Dauerdulder wurde, was zweifelsohne mangels Konkurrenz zunächst erfolgreich war, drehte DT64 mit dem zunächst 20-Std.-Programm ab 87 inhaltlich ziemlich auf und war ab Mitte 89 dann ohnehin unschlagbar, zumindest im Osten, weil dort die Informationen halt doch aus erster Hand kamen, während Rias2 weiter nur fröhlich vor sich hin dudelte. Spätestens mit der Abwanderung der berühmten Berlin-Charts mit Gregor Rottschalk zu Hundert,6 wars dann mehr oder weniger ganz aus. Da blieben nur noch die nostalgischen Hardcore-Fans auf der 94.3. Die zwangsweise Umbennenung nebst Umfirmierung wegen Auflösumg zu rs2 war dann nur noch ein formaler Akt.
Kurzum: Obwohl damals die Medienlandschaft noch eine völlig andere war, hätte man schon da merken können (oder vielleicht müssen), dass man nur durch Inhalt und entsprechende Personality Leute am Gerät halten kann. Und das gilt einmal mehr bei Jugendlichen. Unterm Strich verschwanden sowohl bei Rias2 als auch ab etwa Mitte 1992 bei DT64 die Hörer, weil man die Progrmme inhaltlich immer weiter ausdünnte. Die Umbenennung von DT64 in Sputnik rettete den Sender bekanntlich nicht. Eher trieb sie ihn in eine Quasi-Bedeutungslosigkeit, mit der er noch heute zu kämpfen hat, obwohl er dank DAB+ mittlerweile im gesamten mdr-Gebiet empfangbar ist.
Switch ins heute: Paradebeispiel Radio Teddy. Das in den Anfangsjahren durchaus sehr ambitionierte Programm hatte damals zwar mangels Reichweite weniger Hörer als heute, aber dort hörte man auch tatsächlich zu. Spätestens seit der Übernahme durch BB-Radio ist Teddy genauso wie das "Mutterprogramm" ein Dudelkanal für die Hintergrundbeschallung, weiter nichts. Hätte es in den Anfangsjahren von Teddy schon die Reichweite von heute gegeben, wäre der Sender vielleicht so geblieben wie er damals war.
Ich fange immer mehr an zu glauben, dass das eigentliche Problem, nicht nur der Kindersender, im Bereich Marketing liegt. Die heilige Kuh Werbung wird immer noch so verkauft wie vor 20, 30 und 40 Jahren, obwohl sich der gesamte Medienbereich mindestens einmal um 180 Grad gewendet hat, wenn nicht inzwischen sogar mehr. Andererseits: solange die werbende Industrie diesen Selbstbetrug fleißig weiter mitmacht und die mitunter schon sehr suspekt wirkenden Zahlen der MA ohne zu Hinterfragen hinnimmt, was soll man da als Radiosender machen? Never change a running system... :rolleyes:

Nachtrag: Es gibt übrigens noch ein Paradebeispiel, auch wenn das nicht unbedingt in den Bereich Kinderprogramm gehört. Die berühmt-berüchtigte Sendung "Sanft & Sorgfältig" gehörte einst zu den erfolgreichsten Sendungen bei Radio1 und deren Podcast führte regelmäßig die Spotify-Hitliste an. Nach Angaben von Spotify ist das Nachfolgeprojekt "Fest & Flauschig" zwar immer noch der erfolgreichste Spotify-Podcast. Mit etwa 100.000 Hörern im Schnitt (Angabe von Spotify) sind das aber ganz erheblich weniger Hörer als zu der Zeit, als das Ganze noch bei Radio1, Bremen4, Puls, Njoy und YouFM stattfand.
 
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Leider würde man dann aber nur billigen Deutsch-Rap-Schrott hören.
Wenn diese Musik die erste Wahl der Hörer wäre, was spräche dann dagegen, sie auch zu senden und den Bedarf dieser Leute zu decken? Dieses urteilen über die angeblich schlechten und dummen Geschmäcker anderer Menschen geht mir schon länger sehr auf den Geist. Rocker sind cool, Schlagerfans immer krachend blöde und Mainstream-Hörer sind die einzigen, die wirklich durchblicken?
Wofür gibt es denn so viele verschiedene Genres? Damit am Ende doch wieder alle zum millionsten Mal Grönemeyer, Elton John, Phil Collins und Adel Tawil hören müssen, bis sie eines Tages tot umfallen?
 
Wenn diese Musik die erste Wahl der Hörer wäre, was spräche dann dagegen, sie auch zu senden und den Bedarf dieser Leute zu decken? Dieses urteilen über die angeblich schlechten und dummen Geschmäcker anderer Menschen geht mir schon länger sehr auf den Geist.
Schlechter Deutsch-Rap, das was ich meine:
Guter Deutsch-Rap:
 
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Danke für die Erweiterung meiner Repertoirekenntnisse. Das, was die Kids hören, bei denen ich ab und an unfreiwilliger "Passivhörer" bin, klingt nochmal völlig anders. Stimmlich eher so wie Aliens, weit runtergepitcht. Man kann gerade noch erkennen, dass Deutsch die Sprache ist.
 
Ich habe irgendwo mal gelesen (Buch "Medienpsychologie" evtl., ich weiß es spontan nicht genauer), das Medium der Jugendlichen sind Tonträger, also damals Schallplatten, CDs, dann Downloads und gebrannte CDs, heute Streams. Das Medium der Erwachsenen ist das Radio, nämlich dann, wenn sie anfangen, sich nicht mehr explizit für Musik zu interessieren, sondern für Job, Familie, Hausbau, aktuelle Weltpolitik, Rente etc. (25+). Kann ich gefühlt voll unterschreiben, während ich auch mit über 40 noch voll auf Jugendkurs geblieben bin.

Und nochwas: Auch früher, vor 20-30 Jahren, hat gefühlt niemand außer mir wirklich ernsthaft Radio gehört. Es hat halt zuhause oder auf der Arbeit gedudelt, man hatte seinen Lieblingssender und hatte sich auch mal über dieses und jenes unterhalten. Aber richtig ernsthaft, mit Wissen über Programmschemata, Sendegebiete, versuchen möglichst fremde Sender hören zu können, hat das außer mir niemand gemacht. Von daher denke ich mal, hat sich bis heute nicht so viel verändert. Meine Eltern (fast 70) hören auch kein Radio, haben es auch früher fast nie, die ganze Familie dto. Im Kollegenkreis in der Büro-Ausbildung war das ähnlich.

der Anfang des Privatfunks, als alle paar Tage ein neuer Sender aus dem Äther schoss

Alter, wie geil das war! :cool:

Nach Angaben von Spotify ist das Nachfolgeprojekt "Fest & Flauschig" zwar immer noch der erfolgreichste Spotify-Podcast / aber ganz erheblich weniger Hörer als zu der Zeit, als das Ganze noch bei Radio1, Bremen4, Puls, Njoy und YouFM stattfand.

Ab dann habe ich es auch nicht mehr gehört, obwohl ich davor großer Fan davon war!
 
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Es geht nicht um die Vergangenheit, die ist so wie sie war. Außerdem, Deutschland war nie ein tolles Radioland. Die marktbeherrschenden ARD-Sender waren Beamtenfunk in Reinkultur. Da waren zwei Militärradios und ein kommerzielles ausländisches Kommerzradio (RTL war eine Gelddruckmaschine!!!) schon die Innovationsbringer. Ich rede mal gar nicht von Piratenstationen oder von Holland. Es ist auch bezeichnend, dass das Bundesland, das mit Bevölkerungszentren an Holland und Belgien grenzt, die bräsigste Radiolandschaft hat.

Es geht um die Zukunft und das heißt, lineares Radio vs. nichtlineare Angebote. Tja, wie schon einmal Video den Radiostar gekillt hat, passiert jetzt etwas ähnliches.

Wie immer reagieren die Verantwortlichen gleich (falsch) im ersten Schritt nehmen sie es nicht zur Kenntnis, dann negieren sie es und spielen es runter, irgendwann nehmen sie den Kampf, den sie eigentlich schon verloren haben, auf. Es wurden aber bereits 3 - 5 Sparrunden parallel eingeläutet und es sind schlichtweg zu wenig Ressourcen, Know how und finanzielle Mittel vorhanden. Sorry, das ist alles wie in einem BWL-Lehrbuch über Missmanagement + Unternehmenskrisen. Darüber sind schon etliche Branchen und Unternehmen gestolpert.

Den Öffis kann es egal sein, denn egal wie viele Menschen die Angebote nutzen, die Kohle fließt erstmal. Für die Privaten wird es schon mittelfristig eng. Denn der Werbemarkt strukturiert sich total um. Die fast totale Innovationsunfähigkeit der Privaten Radios und die Formatwüste haben das Potential, um aus einer Krise ein Blutbad zu machen. Ich werde dann mit Vergnügen am Fluss stehen, eine gute Zigarre rauchen, einen kräftigen Roten trinken und ganz relaxt auf die vorbei treibenden Leichen schauen.
 
Ich habe irgendwo mal gelesen (Buch "Medienpsychologie" evtl., ich weiß es spontan nicht genauer), das Medium der Jugendlichen sind Tonträger, also damals Schallplatten, CDs, dann Downloads und gebrannte CDs, heute Streams. Das Medium der Erwachsenen ist das Radio, nämlich dann, wenn sie anfangen, sich nicht mehr explizit für Musik zu interessieren, sondern für Job, Familie, Hausbau, aktuelle Weltpolitik, Rente etc. (25+).
Da ist für mich insofern etwas "strange", als dass Jugendliche, zumindest solange sie noch zur Schule gehen und nicht in Ausbildung sind, kaum Geld haben, um Tonträger in größerem Umfang zu kaufen. Zumindest war das so zu Zeiten, in denen Musik auf physischen Tonträgern erworben werden musste. Am ehesten wurden dann noch Leerkassetten gekauft und nur wenig Industrietonträger, man tauschte sich dann entsprechend aus im Freundeskreis. Der Großteil der Musik, der sich auf den Kassetten später anfand, war aber aus dem Radio. Hitparade International, Schlager der Woche, Wunschhits, Hitglobus / Podiumsdiskothek - je nach Landesteil. Nur die Berlin-Charts waren sch..., weil Gregor Rottschalk nicht ausgespielt hat.

Tonträger (Vinyl) hatte man nur, wenn man wirklich Fan war von einer Band. Die drei, vier Singles pro Jahr konnte man sich noch leisten, das Album auch noch. 1990 kopierte ich mal in einer Nacht-Aktion einen Stapel Maxisingles von Depeche Mode während eines Schüleraustausches im Jugendzimmer meiner Gastgeberfamilie auf BASF Chrome Maxima um, um dann zu Hause feststellen zu müssen, dass der Azimut des Technics-Decks komplett verstellt war. Und heute würde ich feststellen müssen, dass das Band nun klebrigen Abrieb an den Köpfen hinterlässt - nach wenigen Sekunden bereits. Viel mehr als diese Depeche-Mode-Sammlung stand da aber auch nicht herum. Die Schüler hörten damals Radio, eher progressivere Sendungen auf hr3. Das war die Zeit von "Erdbeermund" und ähnlichen DJ-Produktionen.

Die Aussage, dass Radio etwas für die Erwachsenen sei, muss man differenzieren. Wer kein Interesse an Musik hat, sondern nur ein Geräusch für seinen öden Tag sucht, findet im Popfunk tatsächlich oft das, was er sucht - die MA belegt es bis heute. Musikliebhaber mieden so etwas und sammelten eher Industrietonträger, nur selten bis gar nicht vom Mainstream-Radio dazu animiert, allenfalls von Spezialsendungen, die es damals bei mehreren Anstalten noch gab.

Musik auf Industrietonträgern sammelte ich am ehesten als junger Erwachsener in meinen 20ern. Und seit ca. 5 Jahren ist das weitgehend vorbei, vielleicht 3-4 Tonträger sind seitdem hinzugekommen, eher von Künstlern, die ich mal am Straßenrand oder auf Demos spielen sah. Musik im Radio höre ich auch nicht mehr - es nervt mich, es passt nicht mehr zu meinen Prioritäten, das Gesabbel drumherum meist noch weniger.

Wenn Radio, dann meist Wort: Reportagen, Features, aber auch eher wenig. Und das sind dann die werbefreien Programme und damit sind wir off-topic. ;)
 
Ich denke, der Zug ist abgefahren, genauso wie beim linearen Fernsehen.

Die Konkurrenz durch Spotify, YouTube & Co. ist einfach zu groß, und gleichzeitig die Bereitschaft für Kompromisse, also dem Konsum von Inhalten, die auch nur einen Millimeter neben dem Scheuklappen-Sichtfeld liegen, nicht mehr vorhanden.

Vielleicht wäre es sinnvoller, das Radio würde sich, bevor es entgültig obsolet ist, mal verstärkt denjenigen zuwenden, die noch damit aufgewachsen sind, und denen noch eine gewisse Neugier zueigen ist, also der Generation 50plus. Dürfte natürlich nicht einfach sein, denn die wurde ja in den letzten zwei Jahrzehnten systematisch vergrault.
 
Wenn ich da mal an meine Zeit zurück denke, als ich so um die 18 war (1987), da gab es schon den Walkman. Also quasi den Urahnen der folgenden MP3 Player bzw. den jetzigen Streaming Diensten. Damit war das Radio quasi abgemeldet und wurde allenfalls noch für das Mitschneiden genutzt. Ganz einfach, weil die hier verfügbaren Programme nicht das boten, was die damalige junge Generation hören wollte. Die damalige NDR1 Welle Nord war für die damalige junge Generation ein Fall fürs Altersheim, ein NDR 2 stocksteif und viel mehr gab es hier in SH ja auch nicht. Später dann zwar nach das damalige R.SH, was aber auch eher in Richtung Mainstream ging.

Gezielt Radio eingeschaltet hab ich erst, nachdem ich die Möglichkeiten hatte, das damalige DT64 zu empfangen. Dazu brauchte es hier im Raum Kiel aber schon etwas Aufwand. Aber selbst in Jahren vor der Wende lief da insbesondere am Abend Musik, die man bei den hiesigen Stationen niemals zu hören bekam.
Das hatte was, wo es sich lohnte, Radio einzuschalten. Auch wenn es zumindest bis zur Wende ein Sender aus der DDR war.

Aber die damalige Zeit kann man einfach nicht mehr mit heute vergleichen. Die heutige Jugend wächst mit Spotify/Youtube auf. Die kennen nichts anderes mehr. Selbst CDs sind da mittlerweile völlig out. Von den guten alten Vinyl Scheiben oder gar Tapes gar nicht erst zu reden. Da ist nur noch die digitale Form bekannt. Ob nun in Form von Musik oder auch bei Filmen bei den diversen Streaming Diensten. Alles wird nur noch digital genutzt. Selbst wenn eine CD/BD qualitätsmäßig haushoch überlegen ist. Da braucht man mit dem Medium Radio gar nicht erst kommen, weil es einfach uninteressant geworden ist.
 
Oh Mann.... in den 50ern waren es Elvis und der böse Rock'n'roll, die die Jugend verdarben. In den 60ern waren es die Beatles, die die junge Generation "entartete" und in den 70ern, oh böse Katastrophe, warens die Hippies, die dann auch noch Drogen konsumierten. Wer war dann eigentlich in den 80ern das Feindbild? Bohlens kitschiger Dreiklang-Pop vereinte Rentner und Teenager auf ziemlich skurille Weise, denn die eingedeutschten Coverversionen von Mary Roos fanden auch die Alten ganz toll.
In den 90ern war die Kommerzialisierung von Techno und Trance ganz groß, was wieder mit Drogen und dem vermeintlichen "Niedergang" der Jugend einherging. Ausserdem kamen so langsam aber sicher HipHop und Rap auf der kommerziell erfolgreichen Ebene an. Und da sind die nun halt heute die Feindbilder...
Für die Elterngeneration in den 50ern war die lockere Sprache von Presley, Haley und wie sie alle hießen, genauso die Verdummungsmaschinerie für die Jugend, vom Aufschrei der Alten gegen die Beatles fange ich gar nicht erst an. Die Erde dreht sich aber noch und wir sind alle noch am Leben. Also sollten wir mal auf dem Teppich bleiben.
Klar gibt es auch immer einige verleitete Vollpfosten-Teenager, die das Ghetto-Gequatsche mancher Rapper für bare Münze nehmen. Die Mehrzahl der Jugendlichen sind aber nunmal ganz normale Teenager. Und denen zu unterstellen, dass sie "nicht richtig Deutsch reden und schreiben" können, nur weil sie Capital Bra hören... sorry, aber das sagt mehr über dich aus als über die vermeintliche Verblödung von Jugendlichen.
 
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Toll zu lesen, wie hier einige in ihrer Vergangenheit schwelgen, geht mir ja auch so. Ja, die Zeiten ändern sich und die Jugend hört kein Radio mehr. Aber: die werden auch älter und die Frage ist doch, ob die für immer verloren sind oder ob sie nicht doch mal im Auto das Radio einschalten, weil sie eben doch auch Info hören wollen oder sich überraschen lassen möchten, was es da sonst noch gibt außer den eigenen Lieblingsstücken.

Auch ich höre im Auto mal gerne per Stick, aber dann schalte ich halt auch wieder das Radio ein, weil das auf Dauer langweilig wird mit dem Stick. Also würde ich nicht komplett schwarz sehen, das Radio ist nicht out.
 
Ich bin ehrlich gestanden froh, dass die meisten ‚Jugendesender‘ kein Capital Bra, etc. spielen. Das ist ja auch keine Musik. Nur Beat mit sinnlosem Gequatsche. Da muss man sich nicht wundern, dass viele Jugendliche nicht richtig deutsch reden und schreiben können....Kopfschüttel
Das denken die 50 Jährigen Chefs der "Jugendsender" wahrscheinlich auch, daher der hohe Altersdurchschnitt der Sender. Es gab wohl nie eine Genration, wo die Musik der Jugend, der Elterngeneration uneingeschränkt gefällt. Wenn die Jugendsender nicht die 40+ Generation erreichen will, dann sollte man schon näher dran sein an der Zielgruppe und spielen was den Jungen gefällt und nicht das, was die Chefs meinen, was Ihnen gefallen soll- vielleicht sogar so aufpeitschende Beatmusik, äh Strassenrapp. ;)
 
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