Warum Radio?

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AW: Warum Radio?

Apropos Kochen im Radio:

Rainer Saas hatte bereits 1985 diese Idee und durfte unter anderem auf NDR 2 seine Küchentipps präsentieren mit einer Kochsendung live aus dem Studio. "Kochen muss Spaß bringen und gutes Essen bringt gute Laune", lautete sein Credo. Naja . . .

Heute nervt er im Fernsehen!
 
AW: Warum Radio?

Das Radio ist auch für mich immer noch eine der Hauptinformationsquellen. Leider ist es aber so, dass den aus Profitgründen ausgezehrten Radiosendern das Internet mitsamt den Segnungen der modernen Technologien (MP3-Player, Webhandys etc.) gehörig im Nacken sitzt. Die deutschen Privatsender haben über Jahre hinweg Kapazitäten abgebaut, seriöse Wortbeiträge durch albernen Firlefanz ersetzt und von musikalischer Abwechslung auf enervierende Dauerhitbeschallung umgestellt.

Der Deutschlandfunk oder WDR5 vereinigen in einem Programm so viel Substanz, wie sie die anderen Programme nicht einmal in Summe erreichen. Es gibt heute kaum noch jemanden, der das Radio als Hauptmedium nutzt. Die Privatsender haben sich durch ihre Rationalisierungs- und Einsparungspolitik selbst überflüssig gemacht und vertereiben mit ihrem durchkommerzialisierten und gewinnspielverseuchten Dumpfbackenprogramm immer mehr Leute zu anderen Plattformen; wer sich in den unendlichen Weiten des Internets erst mal verlaufen hat, der ist für den Radiokonsum nicht mehr zu gewinnen. Die Jugend, die angeblich die attraktivste Werbekundschaft ausmacht und der sich die breite Masse der Privatsender verschrieben hat, wird auf ihrer Flucht in die digitale Wunderwelt immer mehr Kapital vom terrestrischen Hörfunk abziehen. Auf die demographischen Veränderungen reagiert das Medium noch immer nicht und wird dafür noch ordentlich bluten müssen.

Die Mehrheit der Bevölkerung dürfte die vermeintlich reichweitenstarken Dudelsender nur noch auf kurzen Wegen und zuhause zwischen Tür und Angel hören, auf längeren Fahrten wird man auf die eigene Musiksammlung ausweichen und am Arbeitsplatz scheiden jugendorientierte Hitradios als generationsübergreifende Kompromisslösung in der Regel aus (die taugen ohnehin bald nur noch als Werbeschleife für aktuelle Musik). Die heute noch intensiv genutzten Tagesbegleiter sprechen allesamt Zielgruppen jenseits der 40 an, ein Tatbestand, dem sich die Werbetreibenden allmählich schmerzhaft bewusst werden.
 
AW: Warum Radio?

Radio hat Zukunft, denn Radio ist vielfältig. Auch kleine Zielgruppen können mit einem kostengünstig produzierten Radioprogramm erreicht werden. Es wäre dumm, diese Chance nicht zu nutzen. Radio umgibt uns, und das weit umfassender, als es TV und Internet jemals erreichen können.

Sehr richtig! Aber statt spezifische Geschmacksrichtungen anzusprechen produzieren die meisten Sender unbekömmlichen Eintopf (von allem etwas) und kupfern schamlos bei der Konkurrenz ab. Die jugendfixierten Kommerzsender spielen in etwa alle dasselbe, anstatt bestimmte musikalische Nischen zu besetzen und sich dadurch unentbehrlich zu machen. Bayern 1 und 88,8 schmeißen den Schlager raus um jüngere Zielgruppen anzusprechen und sind trotzdem genauso überaltert wie die klassischen Schlagerwellen. Das Resultat ist noch mehr Konformität und Langeweile im Äther, unterversorgte oder ignorierte Zielgruppen und eine Treibjagd auf die Jugend, die schon längst über alle Berge ist.

Wieso eigentlich keine Koch-Sendungen im Radio?

Gibt es doch schon längst. Auf Bayern 3 brutzelt Schuhbeck, auf SWR3 grillt Lafer et cetera pp.
 
AW: Warum Radio?

Die jugendfixierten Kommerzsender spielen in etwa alle dasselbe, anstatt bestimmte musikalische Nischen zu besetzen und sich dadurch unentbehrlich zu machen. Bayern 1 und 88,8 schmeißen den Schlager raus um jüngere Zielgruppen anzusprechen und sind trotzdem genauso überaltert wie die klassischen Schlagerwellen.

Ja, genau ! Ohne speziellen Bezug auf Bayern oder Schlager zu nehmen, diese Effekte meine ich u.A., wenn ich mehr Mut zu Nischen fordere. Im Privatfunk kann ich ja noch nachvollziehen, dass sie nach Quote arbeiten, aber irgendwo im ö-r Bereich sollte überall Platz für Ecken und Nischen sein. Weil ich selbst dort unterwegs bin, könnte ich mir auch vorstellen, Amateuren solche Flächen attraktiver zu öffnen, aber eben unter fachkundiger Führung. Dadurch wäre es billiger vom Personal her, als wenn die Profis alles selbst machen.... eben möglichst intelligent Vielfalt schaffen, dafür sollten dann letztlich u.A. auch Rundfunkgebühren da sein. Meine Meinung.... Vielleicht wäre das Medium so auch wieder von selbst spannender, dass man gezielt seine Ecke rausfinden kann - und nicht nur im Spätabend-Programm als TV-Konkurrenz.
 
AW: Warum Radio?

Weil ich selbst dort unterwegs bin, könnte ich mir auch vorstellen, Amateuren solche Flächen attraktiver zu öffnen, aber eben unter fachkundiger Führung. Dadurch wäre es billiger vom Personal her, als wenn die Profis alles selbst machen....

Das klingt nicht schlecht. Der Privatfunker denkt sich das auch genau so: "Bildet ihr uns mal 'n paar Profis aus, den wir dann ein paar Euro mehr bieten, zwei andere dafür rausschmeißen und den Rest macht die Automation nebst Praktikant."
Der ÖR fragt aber zurecht: "Warum sollte ich mich mit zweitklassigem Personal befassen? 1. will ich ja genauso klingen wie der Private, weil auch ich an der MA gemessen werde und 2. muss ich mit dem Unmut des Volkes rechnen, wenn ich ihm (scheinbar) Zweitklassenradio biete, während er sich (zu recht) beschwert, dass ihm im Stil einer Schutzgelderpressung stetig steigende Gebühren abgezogen werden."

Da haben wir sie wieder, die extreme Verzerrung eines Wettbewerbes, der ursprünglich gewollt war und deshalb herbeigeführt wurde, sich aus heutiger Sicht aber als Gift für die Qualität des Mediums im Schnitt und im Allgemeinen herausstellt.
Schon an anderer Stelle wurde deshalb mehrfach von verschiedenen Teilnehmern in den Foren festgestellt, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland statt neuer Gebührensysteme und Kopfpauschalen, die sich stets als unzureichend herausgestellt haben und deshalb erhöht werden musste, eine grundsätzliche Neudefinition seiner Aufgaben sowie effektive, staats-, politik- und parteienferne Führungsstrukturen.

Das wird jedoch ewig Illusion bleiben, weil die vorhandenen Strukturen ihre eigene Destruktion todsicher mit aller Macht verhindern werden. Also wird weiter auf allen Ebenen, in denen Willkür unterschiedlichster Couleur tobt, weiter getobt. Die Folge wird bleiben, dass Radio auch weiterhin nicht für die Hörer gemacht wird, sondern für die klingelnde Kasse. Ob das die eigene Brieftasche bzw. das Punktekonto beim Rentenversicherer ist oder das Firmenkonto des Privatfunkers, der es mit Ach und Krach schafft, einigermaßen in der Ausgleichszone zu bleiben, sei dahingestellt.
Nur MA-Punkte und somit Euro/Cent sind die Währungen, in denen gemessen und verglichen wird.
Ich habe keine Ahnung, wie sich die Spirale der Eskalation genau brechen ließe, aber wenn das nicht passiert, gibt es keine Veränderung. Die Hörer akzeptieren auf Dauer diese Presswurst nicht und werden deshalb auch weiter dahin flüchten, wo ihnen weniger Konsumzwang aufgedrückt wird.
 
AW: Warum Radio?

Um nicht mißverständlich zu sein: Der Raum für Amateure darf nicht zu groß sein, denn ein wie auch immer über Umlage finanziertes Programm muß nach meinem Empfinden schon über weite Strecken kompetent aufgearbeitet und präsentiert sein. Ich sehe darin eher eine Chance, Hörer mit besonderen Sparten-Interessen geschickt einzubinden als Input- und Themengeber. Die Verantwortung am (Sende)Ausgang sollte immer bei Fachkräften liegen, die auf die akzeptabele Form achten.
Es geht mir auch nicht darum, irgendwie den Bürgermedien Gott weiß wie große Tore zu öffnen. Gut eingebaut kann man halt kostengünstig Vielfalt und Überraschungen ins Programm holen, denn dieses Medium kann fraglos Menschen berühren und ihnen "Futter für Seele und Geist" vor die Nase setzen - mit Wort und Musik.

Die System-Debatte ist alt wie nachvollziehbar. Ich träume jetzt mal - für uns in NRW - von einem WDR 5 Rahmen, der bei der Musik mehr offene Fenster hat und auch engagierten Menschen im regionalen Raum Zugänge ermöglicht.

Beim jeweiligen Öffi (oder in eigener Struktur mit Öffi-Rahmen) ist sowas besser platziert, weil es dort den Quotenzwang nicht so hart trifft, denn Quoten-Maximierung und Vielfalt/Überraschung schließen sich aus.

Medienpolitisch benötigt man dafür einen Konsens, bzw. gute Argumente, warum aus von allen erhobenen Geldern Angebote finanziert werden, die nicht alle bzw. die große Masse interessieren. Mein wesentlicher Ansatz wäre so:

Die öffentlich-rechtlichen Strukturen haben den Auftrag, auch immer wieder neue Akzente in die öffentliche Diskussion zu tragen, Widersprüche darzustellen und somit Grundlagen für gesellschaftliche/kulturelle und politische Entwicklungen zu schaffen. Dafür müssen nicht alle zuhören und begeistert sein, es reicht, wenn immer wieder Teile der Gesellschaft bewußt bestimmte Positionen und Ideen erfahren und für sich weitertragen.
 
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Um nicht mißverständlich zu sein: Der Raum für Amateure darf nicht zu groß sein, ...
Es geht mir auch nicht darum, irgendwie den Bürgermedien Gott weiß wie große Tore zu öffnen...
Das dachte ich mir schon, u.a. auch deshalb, weil "Amateur" nicht zwingend "Volltrottel" heißt. Der Begriff ist leider viel zu negativ besetzt, so wie "Profi" reichlich überbewertet wird. Der Raum brauchte demnach auch gar nicht allzu groß sein.

Gut eingebaut kann man halt kostengünstig Vielfalt und Überraschungen ins Programm holen, denn dieses Medium kann fraglos Menschen berühren und ihnen "Futter für Seele und Geist" vor die Nase setzen - mit Wort und Musik.
Mit Sicherheit. Das dürfte umso erfolgreicher sein, wenn die Hörer zu spüren bekommen, dass da einer werkelt, der eher auf Augenhöhe mit ihnen ist, ja sogar aus ihrer Mitte stammt. Der Privatfunk hat früher einmal mit vielen solcher Menschen aus dem Leben gestartet und hatte nicht zuletzt deshalb soviel Erfolg, weil Verbissenheit und Distanz nicht zum Sounddesign gehörten.
Heute läuft es genau anders herum: Die Privaten tröten selbstgefällig und abgehoben an allen und allem vorbei und der ÖR, der heute längst nicht mehr so verbissen tönt, ist auf dem besten Weg, diesem Trend nachzulaufen und die Bürger-/Hörernähe weiter zu verspielen.

Medienpolitisch benötigt man dafür einen Konsens, bzw. gute Argumente, ...
Mein wesentlicher Ansatz wäre so:

Die öffentlich-rechtlichen Strukturen haben den Auftrag, auch immer wieder neue Akzente in die öffentliche Diskussion zu tragen, Widersprüche darzustellen und somit Grundlagen für gesellschaftliche/kulturelle und politische Entwicklungen zu schaffen. Dafür müssen nicht alle zuhören und begeistert sein, es reicht, wenn immer wieder Teile der Gesellschaft bewußt bestimmte Positionen und Ideen erfahren und für sich weitertragen.
Die Idee klingt gut. Vielleicht könnte man sogar noch einen Schritt weitergehen und über die Feststellung, dass man erst einmal interessierte und akzeptierende Hörer braucht, zu dem Schluß kommen, dass dafür verschwendete Resourcen frei werden müssen.
Hier kann man sich fragen, wieso es für keine Handvoll Hörer innerhalb der ARD X Klassikwellen geben muß. Auch der Infosektor wird an X Stellen mehrgleisig gefahren, zum Teil mit immer selben Inhalten.

Die Summen zur Erhaltung von unnötigen Mehr-Fach-Strukturen sollten in Mehr-Wert investiert werden. Das muss noch nicht einmal Arbeitsplätze unmittelbar kosten.
 
AW: Warum Radio?

Hier kann man sich fragen, wieso es für keine Handvoll Hörer innerhalb der ARD X Klassikwellen geben muß. Auch der Infosektor wird an X Stellen mehrgleisig gefahren, zum Teil mit immer selben Inhalten.

Man kann sich auch fragen, warum eine ÖR-Anstalt wie der hr sich ein eigenes Sinfonieorchester und eine eigene Bigband leistet. Man kann sich viele Dinge fragen und dann am Ende staunen, wo die Knete hingeht.
 
AW: Warum Radio?

Ich würde es auch gerne nicht mehr sagen müssen, aber mir bleibt keine andere Wahl, weil es nach wie vor die Realität ist...

Stimmt. Daß in diesem Land Menschen, die ernsthaft die Frage nach einer sinnvollen, intelligenten und lebenswerten Zukunft stellen, eine Bühne haben und dazu auch noch Publikum, ist wirklich schon 20 Jahre her. Ich habe vorhin meinen Patenonkel besucht, um einen defekten Verstärker abzuholen. Der Mann ist über 40 Jahre älter als ich und hat im Gegensatz zu mir beim Rundfunk gearbeitet - nicht im Programm, sondern in der Technik. Und gerade heute bescherte er mir das Zitat, die Jahre 1990/91 wären die mit Abstand besten gewesen, die es im Funk gab. Das würden auch alle sagen, die damals schon (oder noch) dort gearbeitet haben. Er ging noch weiter: er, mit deutlich mehr Lebenserfahrung (u.a. einen Weltkrieg erlebt), hält unsere Gesellschaft für definitiv absterbend und die Mehrheit der Menschen für "nervenkrank" (er meint vermutlich psychisch krankhaft auffällig). Ein Blick in die S-Bahn (meinetwegen gleich die von vorhin) bestätigt zumindest auf den ersten Blick krankhafte Tendenzen, aber das soll jetzt nicht das Thema sein.

Und was soll da rauskommen? Ich habe nunmal eine "Stoffwechselerkrankung": ich kann Privatfernsehen, Amiserien, Gewinnspiele, Fußball, Alkohol, Drogen, Parties, Disco, aber auch die immer-allerneueste-Technik (Xbox, Handy, Wii, ...) nicht in Wohlbefinden verstoffwechseln, wie es offenbar viele meiner Mitmenschen tun können. Es bleibt dabei immer ein Gefühl der Leere als das mindeste. Manchmal kommt auch gleich der Ekel.

Die, die mit obigem nichts anfangen können, treffe ich draußen faktisch nicht mehr an. Es gibt sie, sie haben sich gänzlich zurückgezogen, aus gutem Grund. Ich kenne sogar einen guten Psychotherapeuten, der zwar völlig im Leben steht, aber in einem Leben, das sich nicht mehr in der ganz normalen Öffentlichkeit abspielt. Er hat außerhalb der Stadt ein Haus gebaut und macht dort sein Ding mit den Menschen, die ihm guttun. Andere haben keinen Zutritt. Mit der Gesellschaft kommt er nur in Kontakt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Und das reicht dann auch für den ganz normalen Wahnsinn. Aus seinem Abstand heraus kann er auch nur noch mit dem Kopf schütteln.

Genau zur Vernetzung solcher Menschen wäre heute eine soziale Verbindung, eine Art "soziales Netzwerk" gut und Radio könnte es aus meiner Sicht erfüllen. Radio ist, wenn es gut gemacht wird, jeder Onlineplattform haushoch überlegen, denn es transportiert Emotionen und tut dies in Echtzeit und ohne Archivierungsfunktion. Gutes Radio IST Leben.

Das wundert mich kein bißchen, denn man hat ihnen das echte Radio vorenthalten. Sie können es nicht kennen.

Und das Internet ist zwar eine feine Sache für alles mögliche, es ersetzt aber keine realen Sozialkontakte. Im Gegenteil: es führt bei übermäßiger Nutzung zur Vereinsamung. Gutes Radio ist auch noch kein realer Sozialkontakt, aber viel näher dran als Internet. Weil es authentisch ist - etwas, das im Netz nur allzuleicht auszuhebeln ist.

Freut mich, daß das alles so problemlos funktioniert. Ich weiß zwar nicht, wozu im Amiland der Stau auf der A66 wichtig ist, aber seis drum. Es geht eine ganze Menge mit dem neuen Schickschnack, aber was nicht geht: lebendige Verbindungen mit einer großen Zahl von Menschen eingehen und ungefilterte Emotionen auszutauschen. Nein, bitte jetzt nicht mit den tausend Facebook-"Freunden" kommen. Die sind Pixelansammlungen, mehr aber auch nicht.

iPod ist inszenierte Vereinsamung und Vereinzelung. Ich habe auch so ein ähnliches Gerät - es spielt mir wann immer ich will das, was ich ohnehin schon kenne. Es bringt mir aber nichts neues nahe. Es läßt mich nicht über den von mir selbst vorgegebenen Horizont blicken. Es weckt keine Neugier. Es freut sich nicht über irgendetwas und ist auch nicht ungehalten über irgendetwas. Einen Fernseher habe ich nie besessen. Seit ich mit 14 aus dem Elternhaus bin, bin ich faktisch fernsehfrei. Mir recht das, was ich täglich auf der Straße erlebe. Ich muß mir die Fortsetzung dieses Neurosen-Seifenoper nicht noch freiwillig innerhalb meiner 4 Wände geben.

Grenzi, ich beneide Dich durchaus darum, in diesem Leben einen Sinn zu sehen. Ich kann Dich ja nichtmal einfach als vermutlich "unfassbar platt" einstufen, denn ich kenne Dich und weiß, daß Du es nicht bist. Umso mehr fasziniert mich Dein Umgang mit dieser Zeit und dieser Welt.

Vielleicht bin ich nur zu hungrig. Vielleicht ist es unangemessen, sich mehr sozialen Kontakt zu wünschen als ein- oder zweimal pro Woche 30 Minuten Mittagessen mit dem besten Freund in einer öffentlichen Kantine, alle 2 Wochen 90 Minuten Schwimmen mit dem gleichen Freund und vielleicht zwei- oder dreimal im Jahr ein Wochenende mit Freunden weiter weg (z.B. mit Dir). Mehr kann ich aber nicht realisieren, die restliche Zeit habe ich letztlich als Arbeitskraft zu funktionieren - wie viele andere auch. Und auf Arbeit gilt das gleiche wie sonst überall in der Öffentlichkeit: schön die Sorglos-Fassade hochziehen, ja keine offenen Fragen haben, souverän wirken um jeden Preis - sonst machen sie dich platt (beruflich) oder meiden dich (privat). Und vor allem: eine Welt aus Privatfernsehen, Fußball und Feierabendbier akzeptieren. Das ist die Welt der meisten Menschen, die ich kenne. Mir reicht sie nicht.

Sorry, Mißverständnis. Das war KEIN Hilferuf. Ich komm da draußen schon soweit möglich klar. Ich weiß, daß ich zu alldem nicht dazugehöre und versuche mich rauszuhalten. Vieles ist mir inzwischen auch wirklich egal, vor allem die Kollateralschäden ganz privater Dummheit anderer Menschen. Sollen sie doch machen, ist nicht mein Problem, solange sie mich nicht damit belästigen oder finanziell belasten. Andere zu "missionieren", habe ich längst aufgegeben.

Nur bei manchen Dingen kann ich noch nicht wegsehen. Letztlich geht es dabei um eine Kollision meines Verständnisses von Ordnung und Nachhaltigkeit in der Ausgestaltung unseres Lebens und dieser Gesellschaft mit dem, was - inzwischen fast ausschließlich aus kommerziellen Interessen heraus - da draußen veranstaltet wird. Mein Patenonkel hat letztens ein Interview geben müssen in der Nalepastraße, für irgendeine schwedische (?) Produktion. Die Schweden sagen ganz offen, was in Deutschland an Zerstörung der Hörfunkkultur und der dazugehörigen "Werkzeuge" (Studios) geschehen ist, ist unfassbar und wäre in Schweden unvorstellbar. In Deutschland ist man immer noch davon überzeugt, daß Kulturabbau aus Effizienz- oder Machtgründen der richtige Weg der gesellschaftlichen Entwicklung sei. Da schleift man auch schon mal die besten Hörfunkstudios Europas oder wickelt gezielt Hörfunkprogramme ab, die im Verdacht standen, kulturell beladen gewesen zu sein. Nein, da meine ich mal ausnahmsweise keinen Ostfunk.

Oder: in meiner Heimatstadt ist gerade jetzt das Theater pleite, nicht nur, aber eben auch dank der Tatsache, daß das Bewußtsein, daß solche Kultur gesellschaftliche Aufgabe ist und gefördert werden muß, keine Priorität mehr genießt. Mir könnte das egal sein, ich gehe lieber zu Rockkonzerten als ins Theater - mir geht es aber dennoch nahe, denn ich erkenne den Wert für die Gesellschaft, auch wenn ich das Angebot nicht genutzt habe. Ich ahne schon, was allzu fleißige Modernitätsfanatiker sagen werden: Kultur kannste ja jetzt in 42 Zoll mit 1980x1080 Pixeln für 399 Euro haben. Danke, das ist Vereinzelung der Menschen, aber meist keine Kultur.

Oder: das weiterhin ungehemmte Setzen auf private PKW, ein Transportmittel, das ethisch und ökologisch nie vertretbar war und in naher Zukunft in der Form, wie wir es heute kennen, auch nicht mehr realisierbar sein wird. Dennoch geht der Abbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs ungebremst weiter, beispielsweise mit der ICE-Strecke, die Thüringen in einigen Jahren komplett vom Fernverkehr abkoppeln und gänzlich auf die Autobahn treiben wird. Es ist völlig hirnrissig, aber wirtschaftlich und politisch gewollt.

Oder: Stuttgart 21. Doch hier kam es zum Glück anders. Ich finde es prima, daß die Leute dort wenigstens jetzt aufstehen und die Frage, ob für eine weitere Beschleunigung einer ohnehin nur noch atemlosen Gesellschaft um wenige Minuten unfassbare Summen ausgegeben werden müssen (ob also hier nicht jegliches Verständnis von Angemessenheit abhanden gekommen ist) stellen. Die, die da jetzt auf die Straße gehen, genießen bei mir höchstes Ansehen. So etwas hat es wirklich seit der "Wendezeit" nicht mehr gegeben: eine große Anzahl Menschen, die sich ernsthaft die Frage stellt, wohin der Weg sinnvoll und gesund gelenkt werden sollte.

Schwierig... sie existiert vielleicht noch irgendwo im Umweltschutz oder ähnlichen Gebieten. Ansonsten sehe ich fast nichts mehr. Kann aber auch der bekannte Wald sein, den man vor lauter Bäumen...

-> Ich bin am Suchen, Ausgang offen.


Zurück zum Radio.

Wie waers wenn Du mal politische Verantwortung fuer Dich und Deine Gefuehle uebernehmen wuerdest?
Zuerst in dem Du aufhoerst anderen misanthropische Absichten zu unterstellen?
Willst du aber nicht, es fuehlt sich ja gut an den gepeinigten aber moralisch einwandfreien zu spielen.
 
AW: Warum Radio?

Wie waers wenn Du mal politische Verantwortung fuer Dich und Deine Gefuehle uebernehmen wuerdest?
Zuerst in dem Du aufhoerst anderen misanthropische Absichten zu unterstellen?
Willst du aber nicht, es fuehlt sich ja gut an den gepeinigten aber moralisch einwandfreien zu spielen.

Vermutlich hat er - als in Berlin Lebender - auch nur so eine Großstadt-Neurose. "ich muß funktionieren", "die vielen Autos"... Raus auf's Land! Sind vermutlich die vielen Radiowellen, die manche Zeitgenossen negativ beeinflussen.
 
AW: Warum Radio?

Zum Thema:
Gut gemachtes Radio (welches jedoch jenseits der Kulturwellen ähnlich der Stecknadel im Heuhaufen gesucht werden muss) kann und sollte, Phantasie auf beiden Seiten vorausgesetzt, "Kopfkino" sein - also Bilder erzeugen.
Ein großer Vorteil des Radios ist die vermittelte Information (so es diese in den Programmen noch gibt) ohne großen Aufwand für den Empfänger (dieser braucht nur die Ohren und nicht noch die Augen); sowohl Zeitung, Fernsehen und Internet benötigen einen hohen Aufwand, um das Gesehene zu verarbeiten, bzw. Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen. Leider ist es aber so, dass im Radio die Nebensächlichkeiten zum Existenziellen erklärt und das wirklich Wichtige zum größten Teil ausgeblendet wird, weil nicht quotenträchtig.
 
Illusion und Wunschdenken starben bei mir schon irgendwann im letzten Jahrtausend, als ich das Medium Radio auf der Macherseite in die Finger bekam. Schon damals war ich erschrocken über das, was mir dort wirklich begegnete

Ja, damals gab es dieses Forum hier noch nicht, dem man nachdrücklich genug entnehmen kann, daß man sich von dieser Butze tunlichst fernhalten sollte.

Nachdem die Stammkantine sich ein wenig aufgemotzt und dabei den Wimmerkasten rausgeschmissen hat, betrifft es mich nun auch auf dieser Schiene nicht mehr. Manches löst sich eben ganz von selbst, ohne daß man erst die Chefin fragen muß, ob es nicht auch ohne dieses nervige Gedudel geht.


ToWa hat recht. Radio ist ein widerlich stinkender Kadaver.

Naja, das mit dem Kadaver war nur ein polemischer Einwurf, den ich mir nicht verkneifen konnte. Solcherart Zynismus aus anscheinend oder auch nur scheinbar guter Position, womöglich noch als aktiver Totengräber oder zumindest Assistent in der Abdeckergesellschaft, befremdet dann doch einigermaßen.
 
AW: Warum Radio?

Ich konnte mit ToWas hartem Ton in der Vergangenheit auch oft nichts anfangen, habe mit der Zeit jedoch verstanden, dass er zwar hart artikuliert, aber letztlich oft auch nur um einen Mißstand darzustellen. Was ihm dabei immer wieder passiert, ist, dass es dem Leser wohl erscheint als spräche er von einer persönlichen Überzeugung. Lässt man das Gefühl nicht aufkommen, ...

Wavers Appelle an die Menschlichkeit und seine sehr tiefgehenden, emotionalen Beiträge werden, wie man auch in diesem Thread wieder einmal sieht, auch gern mißverstanden, offenbar sogar sehr gezielt. Es hat halt jeder so seine Art.

Des Kadavers musst du dich auch weiß Gott nicht schämen, egal, ob du herumpolemisieren wolltest oder nicht. Ich mag bildhafte Sprache (soviel zum Thema Radio und Kopfkino) und ein gammelnde Leiche, die keine Individualität mehr besitzt, dafür aber einfach nur noch Gesetzmäßigkeiten folgend dem Vergehen und Vergessen entgegenfault, triffts doch wirklich.
Mit dieser Beschreibung beleidigt man zwar die wenigen Programme, auf die es nicht zutrifft, und deren Macher, aber die sollten sich den Schuh auch vielleicht einfach nicht anziehen. Dumm nur, dass die, denen er passt, die sein werden, die die Anprobe verweigern. Da wird auf Medientagen, Radiodays und ~preisen abgefeiert - für solche Shows ist Geld da, für Programm und somit die Hörerschaft nicht.

Jede Mark in die Schokolade, keine in die Werbung!
 
AW: Warum Radio?

Wie waers wenn Du mal politische Verantwortung fuer Dich und Deine Gefuehle uebernehmen wuerdest?.
Und wie soll diese aussehen? In einer schalldichten Gummizelle (nichts anderes ist dieses Land, wenn man es hinsichtlich seiner Einflußmöglichkeiten betrachtet) ist die Einflußnahme recht begrenzt. Ich habe durchaus einige Versuche vorzuweisen, Einfluß auf gesellschaftliche Entwicklungen zu nehmen, seit 1990. Außer, sich damit bei der herrschenden Kaste freiwillig als Hofnarr zur Verfügung zu stellen, kommt dabei aber nichts rum. Da würde nur Aktivitäten jenseits des vereinbarten gesellschaftlichen Burgfriedens helfen - aber wir sind uns ja alle einig, daß das ethisch wesentlich verwerflicher ist als z.B. das gezielte Ausrotten der Kulturmenschen. Stimmts?

Aber darum scheint es Dir vermutlich gar nicht zu gehen, sondern eher um die Beantwortung der Frage, warum ich so unverschämt bin, Dinge zu äußern, die in diesem Land spätestens seit 1992 nicht mehr geäußert werden dürfen.

Auch wenn das vielleicht mein letzter Eintrag hier sein sollte, weil man mich möglicherweise sperrt:

Wenn ich tuen dürfte und könnte, was ich sehr wohl für angemessen halte, dann hätten einige "Entscheider" schon lange keine Gelegenheit mehr, zu entscheiden, weil ihnen das verbrecherische Handwerk längst gelegt worden wäre. Es bestünde aus meiner Sicht sogar eine gesellschaftliche Pflicht dazu, hier energisch aufzutreten. Leider ist das Konzept der breiten gesellschaftlichen Resignation inzwischen vollends aufgegangen und die "gut erzogenen" Menschen haben ja gelernt: man erwartet von ihnen, daß sie immer nachgeben.

Das, was in dieser Gesellschaft läuft, ist tödlich für jede Form von Humanismus, von Kultur, von Weiterentwicklung der Menschheit in einer ethisch vertretbaren Richtung. Falls Du da Verständnisprobleme haben solltest, keine Scheu, einfach mal paar Menschen fragen, die sich mit sowas auskennen. Nicht mich (ich bin ja regelrecht "verbrannt" bei sowas und auch "fachfremd" und möglicherweise auch zu jung, um als glaubwürdig durchzugehen), frag mal lebenserfahrene Leute, die beruflich in solchen Gebieten forschen oder die z.B. tief verwurzelte religiöse Erfahrungen haben. Manchmal reicht es sogar, einfach Leute zu befragen, die bereits einen Krieg miterlebt haben und die Zeit des Wiederaufbaus danach. Die sind allerdings oft gelassener, denn sie wissen: der baldige Tod erspart ihnen, sich das alles nochmal anschauen zu müssen. Kein Witz - ich bekomme das öfters zu hören.

Dieses Land rennt geradewegs in den Untergang: es leugnet inzwischen nicht nur seine über Jahrhunderte gewachsene Kultur, es bekämpft sie sogar explizit - nicht nur in den Massenmedien. Die stellen in ihrer pervertierten Ausprägung nur den deutlich wahrzunehmenden übelriechenden Teil des Niederganges dar. Inzwischen ist man so weit, nicht nur jegliche Form von Kultur zu bekämpfen, sondern auch diejenigen, die diesen Prozeß benennen, so gut es geht aus der Gesellschaft auszuschließen, zu diffamieren und zu vertreiben. Die Folgen sind inzwischen auch wirtschaftlich meßbar: frag mal die Arbeitgeber, die sich Jahr für Jahr einer immer größeren Zahl aufgrund gravierendster Mängel auf elementarsten Gebieten des Lebens nicht vermittelbarer junger Menschen gegenüberstehen sehen.

Ich hatte es an anderer Stelle schon einmal geschrieben: der Mensch hat in Deutschland inzwischen weniger Wert als das Tier, denn vom Aussterben bedrohte Tierarten werden unter Schutz gestellt und man bemüht sich immerhin, den Erhalt ihrer Art zu sichern. Das ist beim Menschen anders: hat der sich durch gewisse kulturelle oder ethische Wertvorstellungen "disqualifiziert", ist er zum Abschuß freigegeben.

Ich weiß nicht, was Dich dazu treibt, mich anzugreifen. Es mag möglicherweise den Grund haben, daß Du von der derzeitigen gesellschaftlichen Situatiuon profitierst. Vielleicht ist es aber auch nur die individuelle Art, mit dem eigenen Schmerz, den die gesellschaftliche Degeneration verursacht, umzugehen. Ich weiß es nicht, es ist mir auch egal, ich sage nur eins: solche wie Du sind die Totengräber dieses Landes und seiner Kultur.
 
AW: Warum Radio?

Ich konnte mit ToWas hartem Ton in der Vergangenheit auch oft nichts anfangen, habe mit der Zeit jedoch verstanden, dass er zwar hart artikuliert, aber letztlich oft auch nur um einen Mißstand darzustellen. Was ihm dabei immer wieder passiert, ist, dass es dem Leser wohl erscheint als spräche er von einer persönlichen Überzeugung.

Ich nenne gerne Dinge beim Namen, und meine etwas schnodderige Ausdrucksweise pflege ich auch im Umgang mit anderen Menschen.

Warum ich Radio für einen stinkenden Kadaver halte, kann ich gerne kurz umschreiben. Ich halte Radio für einen Übertragungsweg. Mehr steckt meiner Meinung nach nicht dahinter. Man überträgt Informationen. Stimmen. Musik. Inhalte.

Aber es ist ein einseitiger Übertragungsweg. Dazu noch ohne Bilder. Ich halte beides für zwingend notwendig, um im 21. Jahrhundert in irgendeiner Form als Kommunikationskanal wahrgenommen zu werden.

Radio ist nicht mehr "das schnellste Medium". Das Internet beweist dies täglich. Radio ist ein Notbehelf für die Zeit, bis IP-basierte Kommunikation allumfänglich und unbegrenzt uns an jedem Ort der Welt erreicht. Firmen auf der ganzen Welt sorgen dafür, daß diese Vision schon sehr bald Realität wird.

Fernsehen halte ich übrigens für ähnlich tot wie Radio. Nur stinkt der Kadaver noch nicht. Aber wenn ich mir die Einschaltquoten so anschaue und mich dann wundere, wie wenig Menschen eigentlich hinter diesen Quoten stecke, dann fühle ich mich bestätigt.
 
AW: Warum Radio?

Ich halte Radio für einen Übertragungsweg. Mehr steckt meiner Meinung nach nicht dahinter. Man überträgt Informationen. Stimmen. Musik. Inhalte.
Funktional eine sachliche Beschreibung. Allerdings werden bei jeder Art der Kommunikation Informationen und Emotionen beim Rezipienten angesteuert. Es passiert also schon etwas mehr.

...Es ist ein einseitiger Übertragungsweg. Dazu noch ohne Bilder. Ich halte beides für zwingend notwendig, um im 21. Jahrhundert in irgendeiner Form als Kommunikationskanal wahrgenommen zu werden.

Also ein "akustischer Verteiler". Damit stellen sich einige Fragen:1) Wie bedeutend ist der "Rück-Kanal"? Das Prinzip Internet ermöglicht zwar aktive Rückmeldung der Empfänger, aber wieviele wollen das bzw machen sich die Arbeit, alles selbst anzuwählen und zu reagieren? Ein passives Empfangen einer vorgefertigten Struktur hat durchaus seine Vorteile. 2) Wie ist das mit der reinen Akustik ohne Bilder? Das fordert den Kopf zur Imagination, sonst klappt es nicht. Insofern mögen Menschen abspringen, weil es bequemer ist, komplett vorgefertigte Ware zu konsumieren. Andererseits ist die Akustik beim Menschen direkt mit dem limbischen Zentrum an die Emotionen gekoppelt (wie wirkt ein Film ohne Ton?!) . "Emotional bemühte" Menschen werden damit auch weiter gut etwas anfangen können, vermute ich. Daher z.B. vielleicht auch der "Degenerations-Vorwurf" von radiowaves, wer weiß....

Wer eher nüchtern und rational veranlagt ist, kann mit sowas weniger anfangen, aber das sind längst nicht alle.

Ich stimme zu, dass die Verbreitungswege zunehmend digitalisiert "werden werden" (:D), aber ich bin auch sicher: Es wird weiter "passive Durchlaufangebote" wie Radio und TV geben, und es wird weiter Menschen geben, die Wert auf die emotionale Anbindung legen.

Insofern halte ich das Medium nicht für tot, sondern bestenfalls für technisch im Umbruch befindlich, was die Verbreitungstechnik angeht. Und es wird zunehmend nur für den Teil der Bevölkerung interessant, der mehr ein e- anstatt ein s-Gehirn besitzt. Das sind aber auch mehr als nur 5% ...
 
AW: Warum Radio?

Funktional eine sachliche Beschreibung. Allerdings werden bei jeder Art der Kommunikation Informationen und Emotionen beim Rezipienten angesteuert. Es passiert also schon etwas mehr.

Gewiss, aber vergiß' nicht, daß sich ein Publikum, das von Kleinauf daran gewöhnt ist sich sein akustisches und visuelles Programm selbst zusammenzustellen sich dieses Heft nicht mehr aus der Hand nehmen lässt. Die Zeiten gebannten Lauschens und Zuschauens sind meiner Auffassung nach vorbei und werden auch nicht wiederkommen.

Die Technik ermöglicht es heute, daß jeder Mensch nicht nur reiner Empfänger, sondern auch Sender ist. Es mag Menschen geben, die aus Bequemlichkeit oder Desinteresse reine Empfänger sind. Die spannende Frage der Zukunft ist: Sind das Viele, und wenn sie schon so faul sind, ist es lohnend, für sie anspruchsvolles Programm zu machen?
 
AW: Warum Radio?

Joa, das sind logische Zusammenhänge und realistische Fragen. Ich wage darauf auch keine eindeutigen Aussagen a´la "so wird es kommen".

Für relevant halte ich auch die Faktoren Alter und Bildung. Jüngere Menschen sind i.d.R. aktiver als ältere, der Grad an aktivem Gestaltungswillen variiert auch stark.... lassen wir uns überraschen!
 
AW: Warum Radio?

Für relevant halte ich auch die Faktoren Alter und Bildung. Jüngere Menschen sind i.d.R. aktiver als ältere, der Grad an aktivem Gestaltungswillen variiert auch stark.... lassen wir uns überraschen!

Nicht so vorschnell: Ich könnte argumentieren, daß Jüngere sowieso nur am PC rumhocken und mit virtuellen Freunden kommunizieren. Bist Du Dir wirklich, wirklich sicher, daß nicht gerade die Älteren aktiver sind als die Jüngeren?

Und zur Frage, wie gebildet oder ungebildet jemand ist, der Radio und TV konsumiert... Ein Beispiel:

CSI: Miami Folge 176 2.79 Mio. 21.2 %

Das ist die meistgesehene Sendung von gestern in Deutschland! Nichts genaues weiß man nicht, aber sie wurde von 2,79 Millionen Menschen im Alter zwischen 14 und 49 gesehen. Lediglich 2,79 Millionen Menschen! Deutschlands hat eine Einwohnerzahl von ~ 80 Millionen.

Meine These ist nach wie vor, daß der ganze Hype um schlechtes Fernsehen, Katzenberger & Co. wenig damit zu tun haben, daß das Programm immer primitiver wird, sondern vielmehr, daß sich sowieso eine ohnehin bereits verblödete Minderheit sowas wie Fernsehen überhaupt noch antut. Die Anderen sind ... woanders.

Analog dazu beim Radio: Nur noch Hit-Stationen. Klar. Wer hört denn noch Radio? Die Hit-Stationen-Gegner sicherlich nicht.
 
AW: Warum Radio?

Dann stelle ich doch erstmal diesen Link hier zur Diskussion:

http://de.statista.com/statistik/da...diennutzung-in-deutschland-von-2006-bis-2012/ Und was kann man daraus ablesen?

Zuerst einmal, dass von den knapp 80 Mio Einwohnern viele auch oft am Tag was ganz anderes machen als Medien zu nutzen.

Außerdem sind die Verhältnisse der Mediennutzungszeiten über Jahre einigermaßen gleichförmig mit leichten Verschiebungen zugunsten von Internet und co. Reicht das, um daraus einen großflächigen Trend abzuleiten?

Internet hat sich etabliert und ist nun ein Teil von vielen.

Fernsehen und Radio liegen immer noch vorne.

Die Zeitungen sind relativ schlapp

Ich vermag hier jedenfalls keine signifikante Trendwende für TV / Radio in den letzten Jahren zugunsten der neuen Medien herauszulesen.
 
AW: Warum Radio?

Damit stellen sich einige Fragen:1) Wie bedeutend ist der "Rück-Kanal"?
Den "Rückkanal" gab es meines Erachtens schon immer: Früher in Form von Telefon, Postkarte und Brief, heute ist noch das Web hinzu gekommen.
Die Frage ist aber, warum der Nutzer ein Feedback geben soll. - Nur um den Machern mitzuteilen, wie toll sie sind, oder darf es auch konstruktive Kritik sein? Das Problemist aber, dass durchaus der Eindruck besteht, der vom Hörer betriebene Aufwand ist mehr oder weniger für die Katz', weil die Macher von sich und ihrem Tun und Lassen so überzeugt sind, dass alles jenseits einer Lobhudelei direkt in den Papierkorb (egal, ob real oder virtuell) wandert.
 
AW: Warum Radio?

CSI: Miami Folge 176 2.79 Mio. 21.2 %

Das ist die meistgesehene Sendung von gestern in Deutschland! Nichts genaues weiß man nicht, aber sie wurde von 2,79 Millionen Menschen im Alter zwischen 14 und 49 gesehen. Lediglich 2,79 Millionen Menschen! Deutschlands hat eine Einwohnerzahl von ~ 80 Millionen.

Ich widerspreche Dir ja nur ungern, aber hier dürdftest du falsch liegen. Ich weiß nicht, welche Mediendienstleistungen du gewöhnlich in Anspruch nimmst, aber die Jugend benutzt das Internet in erster Linie als audivisuelle Berieselungsmaschinerie. Es ist schon wahr, dass Foren und Boards gerne als Austausch- und Kommunikationsplattformen benutzt werde, davon zeugt allein schon der Erfolg von Facebook. Auch die Kommentarfunktion der Nachrichtenseiten wird gern und häufig genutzt und hat den Medienkonsum dank interaktiver Mitwirkungsmöglichkeit revolutioniert - viele Kommentatoren haben sich als Blogger selbständig gemacht und einige können sogar schon von ihrem Handwerk leben.

Rückläufige Fernsehquoten bedeuten aber keineswegs, dass die Jugend die auf dem Fernsehweg gebotenen Inhalte nicht anderswo nachfragt. Die Sender und Rechteverwerter beklagen schon lange die illegale Verbreitung ihrer Angebote über Filehoster, Torrents und andere Netzdienste, aufgrund derer ihnen Millionenverluste wegen geringer Werbeerlöse oder unmittelbarer Einnahmeentgänge (Pay-TV-Abos, DVD-Verkäufe etc.) erwachsen. Viele Sendungen können aus urheberrechtlichen Gründen nicht über Mediatheken abgerufen werden, also tauschen vor allem junge Nutzer Fernsehserien, Kinofilme und dergleichen mehr auf direktem Weg über die schnelle Leitung. Das Internet bewirkte zum Leidwesen der Unterhaltungsindustrie die Emanzipation des nunmehr selbstbestimmten Zuschauers, der seine Inhalte zeit- und ortsunabhängig und frei von lästigen Werbeunterbrechungen über verschlungene und praktisch unkontrollierbare Pfade bezieht. Es wird also keineswegs weniger ferngesehen, die jungen Leute ziehen ihr Lieblingsprogramm schlicht und einfach aus dem Netz auf die Festplatte und spielen lieber selbst Programmdirektor, was deine ursprüngliche These von der Nutzersouveränität bestätigt.

Wenn die Medienkonzerne keine Antwort auf die neuentstandenen Bedürfnisse der Fersehgeneration 2.0 finden, wird auch das Fernsehen massiv Zuschauer verlieren, was wiederum die Investitionsfreudigkeit der Content-Producer bremst. In Amerika hat man schon dazugelernt: Über die Streamingseite Hulu lassen sich Serien und Filme jederzeit bequem und legal auf den Bildschirm holen, ohne dass die Rechtehalter die Kontrolle über ihr Produkt verlieren.

Ich bin nach wie vor von der Unentbehrlichkeit des terrestrischen Hörfunks überzeugt. Wer hat schon Zeit und Gelegenheit während der Autofahrt, während der Hausarbeit oder am Arbeitsplatz Zeitungsportale zu durchpflügen, Beiträge zu posten oder aus einer langen Liste Podcasts auszuwählen. Das Radio ist immer noch das schnellste Informationsmedium und hat damit einen Joker in der Hand, den ihm das Internet mit seinen abertausenden Musikalternativen nie streitig machen kann. Auch im Netz erhalte ich keinen schnelleren Zugriff auf aktuelle Informationen, die der DLF, MDR Info oder ein guter öffentlich-rechtlicher Servicekanal zeitnah für mich aufbereiten.
 
AW: Warum Radio?

Und wie soll diese aussehen? In einer schalldichten Gummizelle (nichts anderes ist dieses Land, wenn man es hinsichtlich seiner Einflußmöglichkeiten betrachtet) ist die Einflußnahme recht begrenzt. Ich habe durchaus einige Versuche vorzuweisen, Einfluß auf gesellschaftliche Entwicklungen zu nehmen, seit 1990. Außer, sich damit bei der herrschenden Kaste freiwillig als Hofnarr zur Verfügung zu stellen, kommt dabei aber nichts rum. Da würde nur Aktivitäten jenseits des vereinbarten gesellschaftlichen Burgfriedens helfen - aber wir sind uns ja alle einig, daß das ethisch wesentlich verwerflicher ist als z.B. das gezielte Ausrotten der Kulturmenschen. Stimmts?

Aber darum scheint es Dir vermutlich gar nicht zu gehen, sondern eher um die Beantwortung der Frage, warum ich so unverschämt bin, Dinge zu äußern, die in diesem Land spätestens seit 1992 nicht mehr geäußert werden dürfen.

Auch wenn das vielleicht mein letzter Eintrag hier sein sollte, weil man mich möglicherweise sperrt:

Wenn ich tuen dürfte und könnte, was ich sehr wohl für angemessen halte, dann hätten einige "Entscheider" schon lange keine Gelegenheit mehr, zu entscheiden, weil ihnen das verbrecherische Handwerk längst gelegt worden wäre. Es bestünde aus meiner Sicht sogar eine gesellschaftliche Pflicht dazu, hier energisch aufzutreten. Leider ist das Konzept der breiten gesellschaftlichen Resignation inzwischen vollends aufgegangen und die "gut erzogenen" Menschen haben ja gelernt: man erwartet von ihnen, daß sie immer nachgeben.

Das, was in dieser Gesellschaft läuft, ist tödlich für jede Form von Humanismus, von Kultur, von Weiterentwicklung der Menschheit in einer ethisch vertretbaren Richtung. Falls Du da Verständnisprobleme haben solltest, keine Scheu, einfach mal paar Menschen fragen, die sich mit sowas auskennen. Nicht mich (ich bin ja regelrecht "verbrannt" bei sowas und auch "fachfremd" und möglicherweise auch zu jung, um als glaubwürdig durchzugehen), frag mal lebenserfahrene Leute, die beruflich in solchen Gebieten forschen oder die z.B. tief verwurzelte religiöse Erfahrungen haben. Manchmal reicht es sogar, einfach Leute zu befragen, die bereits einen Krieg miterlebt haben und die Zeit des Wiederaufbaus danach. Die sind allerdings oft gelassener, denn sie wissen: der baldige Tod erspart ihnen, sich das alles nochmal anschauen zu müssen. Kein Witz - ich bekomme das öfters zu hören.

Dieses Land rennt geradewegs in den Untergang: es leugnet inzwischen nicht nur seine über Jahrhunderte gewachsene Kultur, es bekämpft sie sogar explizit - nicht nur in den Massenmedien. Die stellen in ihrer pervertierten Ausprägung nur den deutlich wahrzunehmenden übelriechenden Teil des Niederganges dar. Inzwischen ist man so weit, nicht nur jegliche Form von Kultur zu bekämpfen, sondern auch diejenigen, die diesen Prozeß benennen, so gut es geht aus der Gesellschaft auszuschließen, zu diffamieren und zu vertreiben. Die Folgen sind inzwischen auch wirtschaftlich meßbar: frag mal die Arbeitgeber, die sich Jahr für Jahr einer immer größeren Zahl aufgrund gravierendster Mängel auf elementarsten Gebieten des Lebens nicht vermittelbarer junger Menschen gegenüberstehen sehen.

Ich hatte es an anderer Stelle schon einmal geschrieben: der Mensch hat in Deutschland inzwischen weniger Wert als das Tier, denn vom Aussterben bedrohte Tierarten werden unter Schutz gestellt und man bemüht sich immerhin, den Erhalt ihrer Art zu sichern. Das ist beim Menschen anders: hat der sich durch gewisse kulturelle oder ethische Wertvorstellungen "disqualifiziert", ist er zum Abschuß freigegeben.

Ich weiß nicht, was Dich dazu treibt, mich anzugreifen. Es mag möglicherweise den Grund haben, daß Du von der derzeitigen gesellschaftlichen Situatiuon profitierst. Vielleicht ist es aber auch nur die individuelle Art, mit dem eigenen Schmerz, den die gesellschaftliche Degeneration verursacht, umzugehen. Ich weiß es nicht, es ist mir auch egal, ich sage nur eins: solche wie Du sind die Totengräber dieses Landes und seiner Kultur.

Du scheinst mich ja ziemlich gut zu kennen, respekt.
Du fuehlst Dich angegriffen? Gut, denn ich bin nicht Dein Therapeut.
Dein ganzer letzter Beitrag scheint mir ziemlich unspezifisch. Das Wahre ist das konkrete, wenn Du mir also in etwas stringenter Form darlegen kannst, was genau Dich stoert oder wo Du einen persoenlichen Mangel spuerst, hoer ich mir das gern an.
 
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