Der Wrabetz ist wiedergewählt (mal vorausgesetzt, es ficht niemand die Wahl an...), schauen wir mal, ob uns diser Umstand unser Radiojuwel erhält...
Das ist in der Tat auch meine Hoffnung, nachdem ich mir gerade einmal die Ereignisse der letzten Woche im "Schnelldurchlauf" angesehen habe.
Über ein paar Punkte sollten wir uns aber nicht täuschen, ich hielte es sie nicht "auszusprechen" für ein wenig verlogen. FM4 hat sich in den letzten Jahr schon verändert, sicher nie abrupt, auch nicht komplett grundsätzlich, aber schon so, dass man es benennen kann (ähnlich MDR Sputnik zwischen 1993 und 1996). Bspw. ist die Musikfarbe etwas infantiler geworden, der durchgängig "erwachsene Charakter", wie ich ihn zwischen 2001 und 2007 empfunden habe, wurde m.E. deutlich eingeschränkt.
Ein befreundeter Wiener Musiker, durchaus mit gutem Draht in die Redaktion, erklärte mir das einmal so, dass man bei FM4 schon einen gewissen Druck verspüre, ein "junges Programm" zu machen. Das betrifft i.W. die "erwachsene Alternativmusik" (Heather Nova, Robert Forster, Cass McCombs, Raveonettes, Billy Bragg, ...), deren "
neues Material" de facto nicht mehr vorkommt und anderen Sachen weichen muss. Siehe z.B.
http://fm4.orf.at/stories/1770895/ oder eben mal die Playlists unter
http://fm4.orf.at/player/ bzw.
https://melchart.com/fm4index/private/ (tolle Seite, danke an den Macher...) analysieren. Kurioserweise tauchen die "Altvorderen" nur gelegentlich mit "alten Titeln" auf, sozusagen als Konsequenz des Musikcomputers, der sie ab und dann in der C-Rotation ausspuckt. Finde ich persönlich etwas merkwürdig...
Ein zweiter Punkt ist der redaktionelle Anteil. Es gibt teilweise weitgehend "Beitrags-freie" Strecken im Tagesprogramm, besonders auffällig in der Homebase", wo der Musikteppich noch nicht einmal durch An- und Absagen zzgl. Informationen der Titel unterbrochen wird. Hier habe ich durchaus den Eindruck, dass man dem Motto "Jugendliche wollen kein Wort" (wer immer diesen Blödsinn erfunden hat...) folgen will. Angesichts der enormen politischen und sozialen Verwerfungen, die derzeit die Gesellschaft erfasst, halte ich das für den denkbar schlechtesten (journalistischen) Ansatz. Von mir aus könnte man bei FM4 die Strecke "21-22 Uhr" - wie am Di - komplett wortorientierer fahren, zudem das Tagesprogramm wieder stärker inhaltlich profilieren (absolut positiv aus meiner Sicht der "Reality Check", der Tagesgeschehen aufbereitet).
Insgesamt fände ich es seitens des ORF etwas fairer, FM4 ganz offen den Charakter einer " alternativen Jugendkulturwelle" zuzugestehen, ohne "Jugend" dabei altersmäßig auf "14 bis 29" zu fixieren. Das würde auch dem (biologischen) Alter, vor allem aber der richtig guten journalistischen Qualifikation, vieler FM4-MitarbeiterInnen Rechnung tragen, die mit einem "Formatdudelfunk" (egal nun welchen Colours) komplett unterfordert wären und in der Konsequenz dann wohl gehen müssten, um irgendwelchen "Labertaschen" und "Sprechpüppchen" das Feld zu überlassen. Das bräuchte in Form einer weiteren Radiowelle wohl niemand, derlei Mieses gibt es schon genug. Wenn man beim ORF schon von einem "Radio 1" sprechen muss, dann doch bitte von dem des RBB.
Der FM4-Mannschaft würde ich (wieder) mehr Selbstbewusstsein wünschen, diesen Umstand auch zu dokumentieren. Ein Anbiedern, ein vorauseilender Gehorsam, halte ich für töricht und sollte (wieder) weniger das eigene journalistische Handeln bestimmen.
In diesem Zusammenhang hat mich dann der Herausforderer (Richard Grasl) gleich an mehreren Stellen auf "die Palme" gebracht. Nur ein Beispiel: OE3 wurde ja in den letzten 20 Jahren immer weiter de-formatiert (= degeneriert), jeder Unsinn, der irgendwie "Berater-schick" und vor allem "Privatfunk konform" erschien, wurde gemacht. Das Ganze erinnert an einen Drogensüchtigen, der immer öfter und in Form neuer, noch härterer Substanzen etwas für den nächsten Kick nehmen muss, bis das ganze Gebäude der Selbstlüge zusammenkracht. Das Zusammenkrachen sind hier die abnehmenden HörerInnenzahlen. Dann einem anderen Programm, das bisher so halbwegs einen eigenen, anständigen Weg gegangen ist, genau "diesen Irrweg" vorzuschreiben, halte ich für hochgradig mies (oder Zeugnis von Unfähigkeit). Warum müssen solche Leute, die offenbar Journalismus nur in der Kategorie "Geld" denken können, überhaupt für solche wichtigen Posten in Frage kommen, sich selbst ins Spiel bringen? Man kann also wirklich nur hoffen, dass die Wahl von Wrabetz das kleinere Übel darstellt.