Was ist nur aus dem Medium "Radio" geworden?

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matzi71

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In vielen Threads ist dieses Thema schon als Nebensache vorgekommen, ich möchte es gerne einmal etwas emporheben und zur Diskussion stellen. Entschuldigt, wenn ich mal ganz kräftig aushole und vielleicht den ein oder anderen mit meinen Erinnerungen nerve. Für mich ist das halt irgendwie alles etwas ganz Besonderes, ich möchte das ganze mal am Beispiel des Hamburger Radiomarktes darstellen.

Ich bin seit fast 30 Jahren absoluter Radio-Fan, bin einer von denen, die sich im Kindesalter daheim als "Moderator" der selbstproduzierten Sendungen betätigt haben und jede Entwicklung in der damals öden Radiolandschaft begeistert mitgefeiert hat.

Bei mir im Norden gab es seinerzeit drei NDR-Programme und das war's. NDR 1 als "Schlagerwelle" für die Älteren, NDR 3 der klassische Bereich und schließlich NDR 2 für die jüngere Generation. Den "Club" habe ich geliebt und bei der "Internationalen Hitparade" mit Wolf-Dieter Stubel immer zum Mitschneiden am Tape-Deck gesessen, da er die Titel wirklich bis zur letzten Sekunde ausgespielt hat.

Dann kam plötzlich etwas ganz Neues... das sogenannte Privat-Radio, beginnend mit R.SH, die auch hier in Hamburg ganz massiv vertreten waren, mit großer Werbung, einem Außenstudio, gesonderten Frequenzen. Das Programm war gänzlich anders, jung, modern, frisch und wirkte anfangs wirklich etwas amateurhaft.

So etwas ähnliches hatte ich zuvor immer nur über Mittelwelle verfolgt, dort habe ich oft über 1440 Khz Radio Luxemburg gehört und nun gab es einen ähnlich unkomplizierten Sender direkt vor der eigenen Haustür!

Einige Zeit später meldete sich Radio Hamburg mit dem Slogan "Wir funken dazwischen" zu Wort. Ein wunderbares, anderes, frisches Programm aus dem gläsernen Studio vom Speersort, das wirklich viel zu bieten hatte. Tagsüber ein schönes Unterhaltungsprogramm mit durchaus ordentlichem Wortanteil, in den Abendstunden dann Specials wie Sendungen zum Thema "Computer" oder zu bestimmten Musikrichtungen wie "Heavy Metal" usw.

Wieder einige Zeit später erschien der nächste Sender auf dem Hamburger Radiomarkt: Radio 107. Ein irgendwie genauso interessanter, wie auch sonderbarer Sender, der es immer schwer hatte, seine richtige Position zu finden. Ich erinnere mich noch an eine Dance-/House-Sendung mit einem englischen Moderator, weiß leider nicht mehr, wie der hieß. Diese gab es zumindest regelmäßig.

Aber es gab einige richtig gute Moderatoren, die leider später mehr oder weniger abgetaucht sind. Und extreme hauseigene Probleme... während des laufenden Sendebetriebes verlor 107 plötzlich die Sendelizenz, für mehrere Monate war sodann Sendepause, bis man irgendwann die Probleme geklärt hatte und wieder auf Sendung gehen konnte.

Man versuchte ein einigermaßen durchschnittliches Programm, bis man dann ganz plötzlich und ohne Vorankündigung einen extrem krassen Wechsel vollzog.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran: Ich war mit Freunden im "Schweinske" Dehnhaide verarbredet, fuhr mit dem Auto menier Mutter dorthin und hörte während der Fahrt Radio 107. Einige Stunden später stieg ich wieder ins Auto, um wieder in Richtung HH-Bramfeld zu fahren. Das Radio sprang an und mir dröhnten irgendwelche Schlager entgegen, irritiert kontrollierte ich die Sendereinstellung, bis mich ein Trailer darauf aufmerksam machte, daß ich nun Alsterradio hören würde.

Gut... nun war dieser mir bis dahin sehr sympathische Sender für mich erst einmal gestorben.

Aber kommen wir zu meinen tollsten Erinnerungen Hamburger Radiogeschichte überhaupt... 1988 ging es los. Auf der Frequenz 95.0 war schon vorab eine recht kurze Schleife zu hören, die einen für Hamburg neuen Rock-Sender namens OK-Radio ankündigte.
Am 01. März 1988, kurz vor meinem 17. Geburtstag war es dann endlich soweit.

Schon der Anfang war ein wenig konfus, die Idee war durchaus gut, die Umsetzung teilweise einfach sonderbar.

Kurze Zeit später wurde das Konzept auf den Kopft gestellt, aus OK-Radio sollte ein wirklicher Jugend-Sender werden. Überall in der Stadt zierten Plakate mit dem Slogan "Ich bin ok, ich hör OK" die Plakatwände. OK-Radio wurde jung, modern und hipp.

Ein neues Jinglie-Paket, eine komplett neue Verpackung, neues Logo etc... es war das erste kommerzielle Jugendradio in Norddeutschland, wahrscheinlich das damals erfolgreichste in ganz Deutschland.

Für mich war OK-Radio der absolute Hammer, von der "Morning-Show", die "OK-Radio-Dance-Charts" oder andere Spezial-Sendungen. Oder auch die wunderbaren Sendungen mit "AC" (AC talk to me), der ja nun wieder bei Alterradio zu hören ist.

Dieser Sender hatte so unendlich viel Charakter, dieser Sender war chaotisch, sympathisch, zuverlässig, höhrernah und einzigartig zusammen.

Gerade die "Morning-Show" habe ich geliebt, da hat es wirklich überhaupt nicht gestört, wenn die Moderatoren viele Minuten lang geredet, gescherzt oder sonstwas für einen Blödsinn abgelassen haben. Da gab es jeden Morgen "Hausmeister Rudi".

Mit dem Untergang von OK-Radio, der zunächst letztendlich aus der Feigheit bestand, es auch mit einem öffentlich finanzierten N-Joy aufzunehmen, ging für mich ein großer Teil des wirklichen Mediums Radio unter.

Gute Ansätze hatte noch das spätere Alsterradio nach den Irrungen als Schlagerwelle mit Sendungen wie der Talk-Sendung mit Alex Schmidt, die nach einiger Zeit ja aber leider auch abgesetzt wurde.

Mittlerweile ist die Hamburger Radiolandschaft leider ganz extrem langweilig geworden. Es gibt nichts Besonderes mehr, gut, solche Experimente wie 91.7 Xfm mal abgesehen, das mir musikalisch aber auch wieder zu alternativ ist.

Extrem schade finde ich, daß der Faktor "Mensch", also der Faktor "Moderator" anscheinend kaum noch eine Bedeutung hat. Es zählt nicht mehr der Wortbeitrag, es zählt nur noch, wo dieser am kürzesten ist. Ich weiß nicht, ob die Hörer dies wirklich so wollen, oder ob es ihnen über eine längere Zeit nur anerzogen wurde.

Was gab es doch damals alles für tolle Höreraktionen... bei den "OK Dance-Charts" habe ich so unglaublich viele Platten-Gutscheine gewonnen, mein überhaupt erstes großes Konzert habe ich bei OK-Radio gewonnen (Prince bei seinem legendären Konzert der Love-Sexy-Tour im St. Pauli-Stadion, das man aufgrund der Lautstärke in großen Teilen Hamburgs hören konnte :) ).

Wenn ich heute das Radio anschalte ist es einfach langweilig. Vermeintliche Witze wirken gequält und unnatürlich, ansonsten gibt es nur noch die kurzen Zwischenmoderationen mit den immergleichen Parolen. Dann heißt es: "Und jetzt... sieben Hits am Stück..." oder ähnlich.

Wo ist die Seele des Mediums "Radio" geblieben? Ab 20 Uhr wird bei den meisten abgeschaltet, auf das Computer-basierte Programm umgeschaltet.

1989 habe ich ein längeres Praktikum bei Radio Hamburg gemacht... wir sind für Reportagen mit Aufnahmegeräten durch Hamburg gelaufen, haben hinterher im Schneideraum am Tonband geschnitten. Damals gab es noch entsprechende Wortbeiträge, auch, wenn sie nur maximal 3 Minuten sein durften. Heute existiert so etwas leider nicht mehr.

Selbst wenn ich zu den normalen Tageszeiten Sender wie NDR Info einschalte, dann höre ich ungefähr alle 15-30 Minuten exakt das gleiche.

Schalte ich um, dann habe ich ehrlich gesagt oftmals Schwierigkeiten, zu erkennen, welchen Sender ich nun angeschaltet habe.

Hört man eine ganze Stunde die gleiche Frequenz, weiß man alleine daran, daß man schon wieder den gleichen Titel hört, daß man Energy eingeschaltet hat. OK, das hat man natürlich bereits vorher durch die vielen Jingles mitbekommen (die ich allerdings sehr mag :) ).

Hört man Radio Hamburg oder R.SH oder ffn oder Antenne Niedersachsen erkennt man erst einmal überhaupt gar keinen Unterschied, bis mal jemand den Sendernamen erwähnt oder irgendetwas Jingle-artiges zu hören ist.

Alsterradio hört man seit der letzten Wieder-Umorientierung eine gewisse Änderung durchaus an, des Rätsels Lösung kann es aber auch nicht sein, nun ständig immer die gleichen Titel dieser anderen Ausrichtung zu spielen. Ich weiß gar nicht, wie oft ich nun die immer gleichen Titel von Nirvana und ACDC schon gehört habe. Hallo...! Es gibt in diesem musikalischen Genre noch eine sehr große Bandbreite weiterer Titel. Schön, daß Ihr endlich mal ein vernünftiges Jingle-Paket habt; traurig nur, daß Ihr es grausam konsequent versteht, es durch langweilige "Wort-Jingles", die überhaupt nicht dazu passen, selbst zerstört.

Was mir fehlt ist ein absolut unkonventionalles, gerne auch ausgeflipptes Radio, das für alles offen ist. Das mit Spezial-Sendungen allen musikalischen Richtungen ein Forum bietet, das Talk-Sendungen bietet und nicht zwanghaft daran arbeitet, so wenig Sprache wie möglich zu bieten. Alles in allem so etwas wie OK-Radio 2.0.

Leider scheint für so etwas auf dem bundesdeutschen Markt ja aber kein Platz mehr zu sein. Haben sich die Hörer wirklich so sehr verändert? Oder wurde ihnen das nur aufoktruiert und sie müssten sich wieder an anderes gewöhnen?

Die Party-Jugendlichen von heute hören doch wahrscheinlich sowieso kein Radio, die spielen ihre Musik von CD oder MP3; insofern können die doch kein Maßstab sein.

Entschuldigt, wenn ich Euch mit diesem Beitrag genervt habe. Mir ist so etwas wichtig, mir fehlt so etwas ganz einfach. Das Medium "Radio" ist einfach extrem langweilig geworden, dabei bietet es doch so viele unglaubliche Möglichkeiten.

Ich würde mich freuen, dazu Eure Meinungen zu hören... Danke! :)
 
Zunächst mal kann ich das alles nicht mehr lesen, dieses "früher war alles besser". Fakt ist: Nur die Radioforen-Mitdiskutierenden und einige Musikexoten beschweren sich über das Radio. Dabei hat erst die Durchformatierung seit den 1990er-Jahren dafür gesorgt dass Radio professionell wurde und sich bei Millionen Hörern als Tagesbegleitmedium etablieren konnte. Es ist das letzte verbliebene echte Massenmedium, und nie war es so professionell und erfolgreich wie heute, trotz zunehmender digitaler Konkurrenz. Und 98 Prozent sind mit dem Radio wie es ist hochzufrieden. Die übrigen 2% finden inzwischen tolle Angebote im Internet. Das heißt erstmals ist Radio für alle da. Und jetzt schlagt mich :cool:
 
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Zunächst mal kann ich das alles nicht mehr lesen, dieses "früher war alles besser". Fakt ist: Nur die Radioforen-Mitdiskutierenden und einige Musikexoten beschweren sich über das Radio. Dabei hat erst die Durchformatierung seit den 1990er-Jahren dafür gesorgt dass Radio professionell wurde und sich bei Millionen Hörern als Tagesbegleitmedium etablieren konnte. Es ist das letzte verbliebene echte Massenmedium, und nie war es so professionell und erfolgreich wie heute, trotz zunehmender digitaler Konkurrenz. Und 98 Prozent sind mit dem Radio wie es ist hochzufrieden. Die übrigen 2% finden inzwischen tolle Angebote im Internet. Das heißt erstmals ist Radio für alle da. Und jetzt schlagt mich :cool:
Und den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf...
 
OK Radio hat man nicht gehört sondern gelebt!

Vergleichbares ist heutzutage leider nicht mehr vorstellbar. Dieses hängt aber auch mit der Zeit zusammen. Die 90er waren geprägt von der Hörernähe. Spontane Senderbesuche oder abendliche Hörerpartys vor dem Sender wurden jedes Wochenende zum Ritual. Auch die meist weiblichen sog. Treppensitzer warteten Nachmittags im Treppenhaus auf ihre Lieblingsmoderatoren. Damals standen die Moderatoren als DJs auf den Bühnen vom Alstervergnügen, Hafengeburtstages oder des Harburger Aussenmühlenfestes und wurden gefeiert - selbst ohne weitere Acts.

Vergleichbares heute? Fehlanzeige!

Wer OK Radio nicht kannte: auf meiner Fanpage hit95.de findet Ihr ein schönes Video vom WYW Marathon 1992. Dieses zeigt am besten, wie damals der Sender und Moderatoren gefeiert wurden.

Auch ich vermisse die geile Radiozeit der 90er, aber ein 2.0 ist heute wohl nicht mehr denkbar...
 
Hallo Matzi71,

ich kann dir da nur zustimmen. Die Sender in Hamburg sind dermaßen langweilig! Ich frage mich auch, wann dieses gedudel endlich mal ein Ende hat. Meine Hofffnung auf Änderung ist auf fast 0.

Leider alles sehr traurig.
 
Hallo Matzi71,
du sprichst mir aus der Seele: Radiohören ist langweilig geworden! Es klingt alles gleich, zumindest auf den durchformatierten Massenprogrammen.
Ich kann auch nicht verstehen warum so viele Hörer es hinnehmen, ich denke auch, es ist halt einfach so, alles was es früher gab gilt als verstaubt. Man darf ja gar nicht mehr daran denken an die Sendungen früher, wo es jede Stunde etwas anderes gab - aber da man heute den Hörer nicht mehr an Zeiten binden möchte und es vermutlich auch nicht kann, klingt eben alles gleich. Wer schaltet das Radio auch noch heute zu einer bestimmten Uhrzeit ein?
Ich wähle heutzutage viel mehr die "Kulturwellen", da gibt es "Zuhörsendungen", Hörspiele und Features - das ist Radio auf sehr hohem Niveau - "Fritz" vom RBB hat abends die "Lateline" die ja auch bundesweit ausgestrahlt wird, wo eben mal nicht formatiert wird sondern Zeit zum Reden ist über alles mögliche. Da gibt es noch Überraschungen! Solche Sendungen sollte man gezielt suchen um eben doch noch irgendwie auf seine Kosten zu kommen - ich hatte vor einem Jahr gehofft es zeichnet sich auf dem Radiomarkt eine Wendung ab vom "Langeweile immer das gleiche Dudelfunk" zu mehr Inhalt ab, aber das war wohl nur Wunschdenken und Hoffen. Also, ich stimme dir zu und für mich selbst suche ich mir meine Nischen im Radio, es gibt durchaus schöne Kostbarkeiten für die Ohren zu entdecken! Und Radio aus der Dose kommt ohnehin nicht in meinen Empfänger!
 
"Fritz" vom RBB hat abends die "Lateline" die ja auch bundesweit ausgestrahlt wird, wo eben mal nicht formatiert wird sondern Zeit zum Reden ist über alles mögliche. Da gibt es noch Überraschungen! Solche Sendungen sollte man gezielt suchen um eben doch noch irgendwie auf seine Kosten zu kommen -
Denke man sollte mal das Thema "Radio -früher war alles besser- oder doch nicht?" für die Lateline vorschlagen. Vielleicht bekommen einige PD's dann ja mit, woran das Radio krankt.
 
Die Lateline ist ja aber keine Fritz-Prouktion, das wäre dann der BlueMoon! Lediglich Mittwochs wird die Lateline von Fritz beigesteuert wofür der BlueMoon dann leider ausfällt, welcher nach meinem Geschmack auch nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
 
Hallo Max Power, das stimmt aber so nicht, meines Erachtens kommt die Lateline (vorher natürlich BlueMoon auf Fritz) nicht nur mittwochs aus Potsdam sondern öfter. Gestern am Dienstag ging´s ja auch um 22 Uhr los auf Fritz und ab 23 Uhr bis 1 Uhr wurden die anderen Sender aufgeschaltet - insofern ist doch die Lateline im Grunde immer eine Produktion von Fritz nur ab 23 Uhr unter anderem Namen, oder?
Aber es soll ja hier in dieser Diskussion nicht um den BlueMoon gehen sondern um die guten alten Radiozeiten - aber ich bleibe dabei, der Bluemoon ist ein Stück Format freies Radio wie früher. Ich erinnere gern an "SWF 1 Acht Plus" mit Arnim Töpel als Moderator - auch eine Quassel Sendung mit Thema und Überraschungen, mann war das immer spannend zuzuhören! Aber er wurde rausgeworfen - mehr dazu in einem Artikel (er versteht was wir meinen mit Langeweile Dudelfunk..) Ich stelle den Artikel hier mal rein, weil er meiner Meinung nach zum Thema gehört, ist etwas lang zu lesen aber sehr interessant:


Über das Radio
Im Februar 2000 habe ich meinen Radio-Talk beim Südwestfunk/ Südwestrundfunk Baden-Baden nach vier Jahren beendet. Die Programm-Ausrichtung „Eigenlob ohne Ende“, „Katastrophen ja, aber gutgelaunt“, und das Lieblingsmärchen der Radiomacher vom beschränkten Zuhörer, der nach 90 Sekunden Wort am Stück den Löffel schmeißt, ließen mir keine Wahl. Ich habe den Schritt nie bereut, gebe aber gerne zu: Radio fehlt mir.



Das Buch zur Sendung, „Acht Plus – Gespräche im Radio“, ist und bleibt vergriffen.



2001 erschien mein leider nicht unaktuell gewordener Beitrag zur Festschrift für Bischof Spital:

Denn sie wissen nicht, was sie senden sollen

Vom Gebrauchswert des Radios
Nein, ich nehme sie nicht in Schutz. Es gibt keine Entschuldigung. Nur ein paar Erklärungen für das Siechtum dieses Ex-Massenmediums Radio, vor allem die eine: Sie können es offenbar einfach nicht besser. Die Macher. Stets gepeinigt von der Panik, „der Hörer“ könnte abschalten. Keine Angst, das hat er längst. Innerlich. Nur so lässt sich erklären, wie immer mehr Sendezeit ungestraft totgeschlagen werden darf.



Bin ich ungerecht? Kommt es mir tatsächlich nur so vor, als ob in Deutschlands Radiosendern bis auf wenige Nischen und gleichnamige Programme alles gleich klingt, konfektioniert, absehbar, uninspiriert, beliebig und belanglos. Eine einzige seelenlose Geräuschkulisse.



Achselzucken erntet man, hört man die Macher, gar beifälliges Nicken. Und eine prompte Schuldzuweisung. Schuld hat - natürlich der Hörer. Denn er will es so. Hat es folglich auch nicht besser verdient. Er ist schließlich der Programm-Chef. Denn sie haben ihn ja gefragt. Genauer, fragen lassen, weil sie eigentlich nichts mit dem Hörer zu tun haben wollen, anspruchslos, wie er nun mal ist. Das übernehmen unaufhörlich gutbezahlte Hörer-Forscher, Medienanalysten, Musik-Consulter, in- und externe Berater und sonstige Besserwisser, die sich heuschreckenartig verbreiten, „den Hörer“ ausquetschen, was er wann, wie häufig, wie kurz und von einer eher männlichen oder eher weiblichen Stimme hören möchte. Anschließend warten sie mit ebenso absurden wie detaillierten Erkenntnissen auf, die je nach Binnenlaune im Sender zur „Programmphilosophie“ erhoben und spätestens alsbald wieder verworfen werden. Das macht sie auch in diesen Kreisen so beliebt und sichert ihren Arbeitsplatz: Sie wissen stets zu erläutern, warum ein Programm nicht erfolgreich sein und wieso ihr Arbeitgeber gar nichts dafür können kann.



Ja, unsicher sind sie, die Macher. Denn ihnen fehlt das Wichtigste: Sie spüren es nicht. Sie fühlen nicht, was Radio eigentlich ausmacht. Und so schwelgen sie in Musikfarben, Wortanteilen, Sender-Uhren, debattieren Beitragslängen, Formatbrüche, Anmutungen, Ansprache, Moderatorentraining und Trailerbetten. Statt sich einfach der Frage zu stellen: Berührt dieses Programm? Klar, müssten sie doch passen, würden hilflos mitstoppen, in Statistiken blättern, um schließlich eine Runde einzuberufen, in die sie blicken könnten, um die Stimmung auszuloten. Nein, sie haben es einfach nicht, keine Idee, keine Inspiration, keine Vision, nur leider eine Position. Und irgendwer hat sie vermutlich gerade deshalb auf ihren Posten gesetzt, weil sie nicht gefährlich werden. Aber gerade die anderen bräuchte dieses sterbende Medium. Die haben Radio zu dem gemacht, wovon es heute allenfalls noch zehrt. Getriebene, Engagierte, Mutige, Innovative, Spinner, Verrückte, Fanatiker. Persönlichkeiten, die etwas bewirken, die Radio machen wollen, Verwalter haben wir genug.



Und so bleibt als Produkt dieser quälende, gleichförmige, unendliche Minimalkonsens. Das, was den meisten bestenfalls am wenigsten weh tut, was sie am ehesten dulden. Was idealerweise nicht einmal bemerkt wird. Das ist ihre traurige Mission.
Dabei versichern sie sich mit konspirativen Mienen mehrmals täglich, bevorzugt an Kantinentischen bei Weißweinschorle, alles ungleich besser und endlich richtig zu machen, dürften sie endlich das Programm so gestalten, wie sie es selber goutierten. Sie, die sie sich allenfalls Deutschlandfunk oder ausgewählte Kultursendungen zumuten, das eigene Programm ohnehin nicht ertragen können. Ja, wenn sie könnten, wie sie wollten. Aber dieser Hörer will es eben so dürftig.



Einzig, wenn die Nachrichten-, Gerüchte- und Katastrophenlage es hergibt, blühen sie auf, sind in ihrem Element, verfallen in Aktivismus, setzen knallhart an der Sache die allmächtigen Hebel der Informationsbeschaffung in Bewegung. Nichts zählt mehr, wenn triumphierend die neueste Anzahl von Todesopfern in den Äther geblasen werden darf. Das ist ihre Stunde, das haben sie gelernt, hier fühlen sie sich sicher und noch omnikompetenter. Findige Journalisten stellen stets die drei entscheidenden Fragen: „Weiß man schon etwas über die Hintergründe? Sind Deutsche unter den Opfern? Und welche Vorwürfe kann man den Einsatzkräften schon im Vorfeld machen?“ Denn sie wollen es einfach wissen. Nicht genau - aber sofort. Wenn es nach ihnen ginge, dann gäbe es in den Sendern nur noch zwei Abteilungen: aktuell und brandaktuell.



Doch was, wenn das in Aussicht gestellte Erdbeben verschoben wird, wenn nur Sachschaden die Karambolagen ziert, wenn nichts zur Krise aufgebauscht werden kann? Dann heißt es warten, weitersenden und vielleicht noch einmal mehr überschwenglich und spekulativ „live“ zur Börse schalten, „...gleich mehr nach der Musik!“



Doch da ist zum Glück ja noch der Hörer. Ist der nun schon verantwortlich für das armselige Programm, so lautet die perfide Konsequenz, soll er doch gefälligst auch selbst das Programm machen. Und so muss er vor allem eines: unbedingt, unaufschiebbar und vor allem unaufhörlich: anrufen. Bevorzugt diese jämmerlichen Hotlines.



Was als Ereignis, als Schaffung von Hörernähe begann, ist längst zur unkalkulierbaren Plage geworden. Nirgends kommen die Menschen so viel zu Wort wie in den Medien. Der Hörer soll sich etwas wünschen, grüßen, fragen, seine Meinung zu allem und jedem äußern, abstimmen, mitraten, und er soll sich gelegentlich und in vertretbaren Dosen offenbaren. „Ihre Fragen rund um den Fußpilz!“ - „Und wie ist das mit Ihren Schuldgefühlen, erzählen Sie mal!“ - „Ihre Erfahrungen mit Silberfischen?“ - „Sollen die Geiseln gewaltsam befreit werden?“ - „Haben sie auch einmal einen Flugzeugabsturz überlebt, jetzt anrufen!“ - „Merkel zum Frisör, Kohl an die Wand, Möllemann in die Nationalelf - ja oder nein?“



Nein. Denn was der Hörer sagt, interessiert keinen wirklich. Er gerät in eine Welt, in der jeder Politiker, Sportler, Schauspieler, schlicht jeder, ob nun „Promi“ oder ahnungsloser Umfragen-Passant nicht als Mensch, sondern als O-Ton begriffen wird. Und auf der ständigen Jagd nach solchen ist der Hörer nun mal der billigste. Man kann ihn jederzeit abrufen, einbauen und ihm zur rechten Zeit den Hahn abdrehen, Denn der Hörer ist - natürlich - beileibe viel zu unpräzise, zu unpointiert, als dass er ungeschnitten „über Sender gehen“ könnte. „Da kann man raus!“, lautet denn auch die wichtigste Grundregel, wie man mit einem nachdenkenden, vielleicht nur Atem holenden Menschen zu verfahren hat. Kurz, prägnant, die Emotion auf den Punkt, und dann „...das wächst wieder zusammen, ich drück’ Ihnen die Daumen, toitoitoi!“



Denn der moderne Hörer darf auch Probleme haben. Die können im Bereich der Schädlingsbekämpfung, der Darmpflege, der Haftpflichtversicherung und sogar noch tiefer im Innern liegen. Hauptsache, sie „kommen knackig rüber“ und finden im rechten Rat ihren würdigen Abschluss. Denn Radio ist kompetent, weiß alles, und Radio hat überdies immer Recht. Wenn der Hörer Pech hat, gerät er also nicht nur an einen windigen Scharlatan, der ihm die sofortige Trennung von Frau und Kind anempfiehlt, „...denn in elf Monaten triffst du deine Traumfrau!“, sondern noch an einen ambulanten Psycho-Experten, dessen weise Weisung im Vorbeigehen er auch noch preisen darf „Es ist deine Mutter-Beziehung! Kannst du damit was anfangen? Denk mal drüber nach!“ Denn die Zeit, sie ist um. Tatsächlich? Wieso eigentlich?
Arrogant, besserwissend, den Hörer alles, nur nicht ernst nehmend. Ohne Respekt vor dem Medium, geschweige denn vor dem Menschen. Verwurstet zwischen Nachrichtenminuten, Hintergrund-, Service- und bunten „Stückchen“. Gebettet in und unterlegt wie alles mit dieser unsäglichen Musik, um ja keinen Moment der Stille aufkommen zu lassen. Nervös, ungeduldig, gierig. Hier hat keine Tiefe, kein Innehalten, kein Nachdenken, keine Substanz Platz. Es störte dieses Gleichmaß der Überflutung. Und das wäre beängstigend, stellte es doch das ganze System in Frage. Das überlässt man den Kirchenminuten. Abgedeckt. Jetzt erst mal schnell weiter, bevor einer die Blutleere bemerkt. Denn es bleibt nichts von diesem Programm. Doch, vielleicht ein buntes Sender-T-Shirt. Versendet. Tja, schade, wir sind eben neugierig, aber leider nicht interessiert.



Es gab Zeiten, da wurde das Medium missbraucht, mittlerweile sind es die Hörer, die missbraucht werden.



Und das ist der Trost: Es scheint ein Ende der Duldsamkeit mit dieser Programmdauerwurst abzusehen. Manchmal, wenn ich schadenfroh aufmerke, weil ich wieder einen Satz höre wie „Ey, alle Leitungen blinken, es wird wieder angerufen wie blöd, aber wir haben da ein kleines technisches Problem...“, da beschleicht mich ein Verdacht: Sie haben gar keinen Hörer mehr. Zuhörer sowieso nicht, nein, Hörer überhaupt. „Wenn schon Radio, dann lieber Fernsehen!“, sagt der sich nämlich, legt seine Lieblings-CD auf, kauft Hörbücher, liest Zeitung, bedauert nicht, dass er nicht schon am Vortag (oder noch schlimmer am gleichen Tag) erfahren musste, was er gerade liest und hört allenfalls bei Nachrichten hin. Das Anrufen überlässt er professionellen Sender-Teams, also in aller Regel dessen Hospitanten. Was sollte ihn auch locken, würde er doch gewiss nur den Radio-Wecker beim Super-Rätsel gewinnen (mein Lieblingssatz: „Hab’ ich schon!“).



Nein, nein, ich meine nicht so sehr die Privatsender, die sich im Interesse der werbetreibenden Wirtschaft damit begnügen, Menschen ihre Reichweite zu nennen, die stündlich Autos und zunehmend Millionen ausloben, damit bei den ent-sprechenden Hörerbefragungen möglichst viele halbwegs fehlerfrei memorieren, wo man „den besten Mix, die knackigsten News und die geilsten Voices“ hören kann. Oder war es umgekehrt?



Nein, ich meine auch nicht die willfährigen Plapperer, die sich ohne Scheu in jedes Mikrophon ergießen. Die Zwangs-Jungen, penetrant wohlgelaunt und sympathisch, ein bisschen frech, große Klappe statt Persönlichkeit. Denen man zugute halten kann, dass sie erst gar nicht den Eindruck erwecken, als hätten sie uns etwas zu sagen. Die ich längst nicht mehr unterscheiden kann, weil Prozessoren ihr laszives Gurren, munteres Quietschen oder investigatives Nachhaken zu einem womöglich ebenfalls empirisch ermittelten Einheitswohlklang aufblasen. Nein, kein Vorwurf. Sie werden gebraucht und nutzen verständlicherweise die Chance. Ich meine die dahinter. Die das zulassen. Die sie rufen, sich bevorzugt umgeben mit diesen Stereotypen, deren Kontur-, Leb- und Erfahrungslosigkeit wohl zur Einstellungsbedingung geworden ist. Die die Austauschbarkeit postulieren, um die eigene Unsicherheit durch die der Untergebenen und Abhängigen zu kaschieren.



Und ein letztes Nein: Es ist alles überhaupt nicht witzig. Es ist ein Trauerspiel. Denn hier geht es nicht um einen fälligen Strukturwandel, die Krise eines Marktsegmentes, es geht um den Niedergang eines ganz besonderen Mediums, das den Menschen so nahe kommt, wie es das Fernsehen nie vermag, diesem deshalb weit überlegen ist. Denn es lässt ungleich mehr Raum für den Empfänger, ist mit ihm oft alleine, im Auto, im Bad, im Büro, beim Bügeln, beim Einschlafen und Aufwachen. Lässt Fragen offen, zerrt nicht alles ans Licht, lässt Bilder und Gedanken zu. Es fordert uns, denn wenn wir wollen, können wir die falschen Töne hören, spüren. Die meisten jedenfalls. Denn Distanzslosigkeit ersetzt nicht Wahrhaftigkeit. Ein Medium, das uns im besten Fall bewegt, provoziert, berührt. Durch ein Wort, einen Ton, eine Melodie, eine Pause. Und das sich so den eigentlichen, den zentralen Fragen unserer Daseinsbewältigung widmet. Ein Medium, das es verdient hat, wenigstens von uns ernst genommen zu werden.



Wir Hörer sind lange genug unterschätzt und unterfordert worden. Machen wir es ihnen nicht so leicht. Nehmen wir sie beim Wort. Hören wir, so schwer es fällt, zu. Lasst uns sie kontrollieren und überführen. Wir müssen nachfragen, einfordern, monieren, mahnen, konfrontieren, wir müssen ihnen die Ausreden abschneiden. Helfen wir, sie zu erlösen von einem Job, den sie nicht zu schätzen wissen. Keine Sorge, sie fallen weich. Packen wir sie bei dem, was sie am wenigsten wahrhaben wollen: Verantwortung.
 
Ja am Dienstag kommt die Lateline auch von Fritz in Form von Holger Klein, dennoch ist die Aussage "Fritz sendet die Lateline bundesweit" schlicht und ergreifend falsch, da die Sendung ja nicht (nur) vom rbb produziert wird und diese auch gar nicht von Anfang an übernahm!
 
Hallo Max Power, alles klar, danke für die Info! Dann bin ich diesbezügl. noch nicht so wirklich durchgestiegen weil ich eigentlich nur immer Holger Klein zuhöre, der das echt gut macht. Ich höre den Bluemoon auch oft als Podcast im Autoradio auf der Fahrt zur Arbeit oder eben abends auf dem PC. Jedenfalls ne schöne Sendung wo man auch so mitbekommt was die jungen Leute im Land so bewegt..
 
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Zunächst mal kann ich das alles nicht mehr lesen, dieses "früher war alles besser". Fakt ist: Nur die Radioforen-Mitdiskutierenden und einige Musikexoten beschweren sich über das Radio. Dabei hat erst die Durchformatierung seit den 1990er-Jahren dafür gesorgt dass Radio professionell wurde und sich bei Millionen Hörern als Tagesbegleitmedium etablieren konnte. Es ist das letzte verbliebene echte Massenmedium, und nie war es so professionell und erfolgreich wie heute, trotz zunehmender digitaler Konkurrenz. Und 98 Prozent sind mit dem Radio wie es ist hochzufrieden. Die übrigen 2% finden inzwischen tolle Angebote im Internet. Das heißt erstmals ist Radio für alle da. Und jetzt schlagt mich :cool:

Ich glaube nicht das die 98% wirklich zufrieden sind, die lassen das Radio einfach nur nebenbei dudeln weil sie sowieso nicht mehr viel vom Radio erwarten.

Und 99,9 % dessen, was matzi71 geschrieben hat, ist hier schon 999mal durchgekaut worden. Wieso dafür ein neuer Thread her musste, bleibt rätselhaft.

Da hast du sicherlich recht. Aber die Frage sollte wohl eher sein warum man es zum 999mal durchkaut? Wäre das Radio abwechslungsreicher und würde wieder mehr auf den Hörer eingehen müsste man es nicht zum 999mal durchkauen.

Ich habe es übrigens erst in der letzten Zeit bei unseren Lokalsender Radio Ramasuri bemerkt. Hörte ich früher diesen Sender wegen der nähe des Senders zum Hörer in der Region kann ich mir das inzwischen sparen.

Die einzige Regionale Information besteht dort nur noch aus einen einzigen Lokalen Bericht nach den Weltnachrichten und Wetter und Verkehr. Das war es schon.
 
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Ich finde, Arnim Töpel bringt es auf den Punkt (oben zu lesen), da wird die Missere klar und deutlich. Radio berührt nicht mehr wirklich.

Anfang der 90er moderierte Gabi Decker den ARD-Nachtexpress vom SFB, das war auch so eine Radio Personality. Ich bin nachts aufgeblieben um ihrem Lachen, ihren Scherzen mit dem Aufnahmeleiter und ihren Erlebnissen der verg. Tage zu lauschen Da erzählte sie von ihren Ausflügen sonntags über die gerade geöffnete Mauer in Berlin oder was sie alles schönes auf dem Flohmarkt gekauft hat, wie sie den Heiligen Abend verbringen wird und eine Woche später wie´s dann war und so weiter - klar, es war Comedy und man weiß nicht ob alles auch so gestimmt hat, aber es hat mich berührt, es war ein Gegenüber im Radio und es war nicht langweilig, ganz im Gegenteil!

Aber wahrscheinlich ist solch eine Radiomachart nur nachts möglich.

Die Markt.- und Kirmesschreier aus den Privaten kann ich nicht aushalten, bzw wer hält es schon lange mit einem laustarken Verkäufer aus der ständig schreit: "Ruft an und jetzt 7 Hits am Stück, geil!"
 
Ich danke Euch wirklich sehr für die vielen Antworten und entschuldige mich zugleich bei den Kritikern, zum 999. Mal das gleiche Thema angestoßen zu haben. Für mich ist das Medium Radio halt wesentlich mehr, als eine Kiste, die nebenbei dudelt. Ich verbinde damit eine Zeit, ein Gefühl, zu der dies noch vollkommen anders war. Weshalb den "Machern", die im wesentlichen wohl nur noch an den Profit denken, so etwas nichts mehr bedeutet, ist mir klar; traurig finde ich einzig und alleine, daß den Hörern diese Veränderungen so vollkommen egal zu sein scheinen.
 
Ich kann nur beipflichten, das das Medium Radio sehr eintönig und langweilig geworden ist. Ales klingt gleich und überall gibt es diese sogenannten " Morningshows"! Regt mit der krampfghaften Witzigkeit eher zum Abschalten an. Zum Thema Alsterradio kann ich ebenfalls nur sagen, das der Ansatz als Rockwelle lobenswert ist, aber die Musikrotation leider shr beschränkt ist auf Highway to Hell und die ähnlichen populären Rocktitel! Es gibt ja noch andere gute Musiker in dieser Richtung!
 
Welch grandioser Beitrag von ERFAndy in #14. Ich unterstreiche aber auch jedes Wort darin, möchte das Posting am liebsten ausgedruckt jedem dieser "modernen" Radiomänner und -frauen bei entsprechender Gesprächs-Gelegentheit überreichen und werde gleichzeitig ziemlich wehmütig bei der Erinnerering an eine Radiozeit, die einst eben nicht so wie hier beschrieben war. Ich hatte das Glück, sie erleben und mitgestalten zu dürfen.
 
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Achselzucken erntet man, hört man die Macher, gar beifälliges Nicken. Und eine prompte Schuldzuweisung. Schuld hat - natürlich der Hörer. Denn er will es so. Hat es folglich auch nicht besser verdient. Er ist schließlich der Programm-Chef. Denn sie haben ihn ja gefragt. Genauer, fragen lassen, weil sie eigentlich nichts mit dem Hörer zu tun haben wollen, anspruchslos, wie er nun mal ist. Das übernehmen unaufhörlich gutbezahlte Hörer-Forscher, Medienanalysten, Musik-Consulter, in- und externe Berater und sonstige Besserwisser

Der Normalhörer will das alles nicht mehr, den ganzen unausgegorenen Hitmüll, die Ratespielchen, die Oldieplage und den Gleichschrittformatierungswahn. Diese Flachzangen haben das Dudel-Radio doch eigenhändig in ene unerträgliche akustische Müllkippe umfunktioniert, manipulierte Umfragen in Umlauf gebracht und von amerikanischen AC-Beratern gelernt wie man angeblich heute Radio macht. Dabei steht AC nur für ein Zehntel des US-Radiobetriebs, der auch schon mal um Welten besser war aber immer noch wesentlich interessanter und vielfältiger klingt als dieses deutsche Berater-Stümperzeug, das jede Hörerbindung ruiniert und Generationen von Radioflüchtlingen gebiert.

Für ein Zehntel mögen die Ratschläge aus Amiland hilfreich sein, aber nicht für eine ganze Radionation.

Nein, ich meine auch nicht die willfährigen Plapperer, die sich ohne Scheu in jedes Mikrophon ergießen. Die Zwangs-Jungen, penetrant wohlgelaunt und sympathisch, ein bisschen frech, große Klappe statt Persönlichkeit. Denen man zugute halten kann, dass sie erst gar nicht den Eindruck erwecken, als hätten sie uns etwas zu sagen. Die ich längst nicht mehr unterscheiden kann, weil Prozessoren ihr laszives Gurren, munteres Quietschen oder investigatives Nachhaken zu einem womöglich ebenfalls empirisch ermittelten Einheitswohlklang aufblasen.

Die sind nicht die Ursache, sondern nur die Wirkung. Persönlichkeiten können sich vielleicht noch bei einigen öffentlich-rechtlichen Sendern entfalten, Hitradio muss vor allem billig sein und zwang- und klischeehaft auf jung und leger machen. Mit junger Lebeseinstellung hat das alles wenig zu tun, vielleicht beeindruckt man mit so was 14-Jährige.

AC, das war einmal. Heute haben wir überall die Hitbrühe. und für die werbetechnisch "schwer Vermittelbaren" die seit Jahrzehnten gleichgeartete Oldieparade. Wer soll das noch hören wollen?
 
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AC, das war einmal. Heute haben wir überall die Hitbrühe. und für die werbetechnisch "schwer Vermittelbaren" die seit Jahrzehnten gleichgeartete Oldieparade. Wer soll das noch hören wollen?

Auf Ö3 umgelegt: kolportierte knapp 3 Millionen Österreicher (also etwa ein Drittel der hiesigen Bevölkerung) wollen das offensichtlich hören. Oder, was wahrscheinlicher ist: es ist ihnen schlicht und ergreifend einfach egal, dass sie tagtäglich denselben Eintopf serviert bekommen. Dazu kommen noch die auch nicht besonders originellen Klone und sonstigen Kommerzstationen. Insgesamt also die große Mehrheit der Bevölkerung.

Das Radio ist ja nur ein Teil einer Entwicklung zur systematischen und durchaus schon in weiten Teilen gelungenen Verdummung der westlich geprägten Menschheit.
 
Zunächst mal kann ich das alles nicht mehr lesen, dieses "früher war alles besser".

Wo steht, dass früher alles besser war? Radio war früher besser. Punkt. Kein wie immer gearteter Marketingbericht kann einen Menschen mit gesundem Verstand ernsthaft vom Gegenteil überzeugen wollen.
Auch die heutigen Macher wissen, was für ein "Verbrechen" sie vergehen. Und ich bin mir nicht sicher, ob die Anführungszeichen hier gerechtfertigt sind...

Fakt ist: Nur die Radioforen-Mitdiskutierenden und einige Musikexoten beschweren sich über das Radio.

Das ist erstens korrekt und zweitens eine erschreckende soziologische Erkenntnis. Allerdings ließen sich die ohnehin willenlosen Wiederkäuer auch zu einem abwechslungsreicheren Programm überreden, wenn man es nur versuchen würde.

Dabei hat erst die Durchformatierung seit den 1990er-Jahren dafür gesorgt dass Radio professionell wurde ...

Professionalität ist in erster Linie von den handelnden Menschen abhängig, unabhängig von der Zeit, in der etwas stattfindet und sagt über die Qualität des Abgelieferten nichts aus. Ich esse lieber bei einem hemdsärmligen, nicht professionellen Hobbykoch, als bei McDonald's, die ja bekanntermaßen sehr professionell sind.

... und sich bei Millionen Hörern als Tagesbegleitmedium etablieren konnte.

Das war früher auch nicht anders. Oder hört die Bevölkerung in Deutschland erst seit den 90er-Jahren Radio?

Und 98 Prozent sind mit dem Radio wie es ist hochzufrieden.

98 Prozent ist es einfach komplett wurscht, Hauptsache, man spielt es ihnen oft genug vor und/oder es klingt alles so süßlich und unverbindlich wie möglich.
 
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