Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

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StefanZinke

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Vor etwa 20 Jahren, als ich noch ein Kind war, hieß es, wer beim Radio arbeiten wolle, sollte bei einer Zeitung gearbeitet haben - wegen des journalistischen Handwerks. Eine freie redaktionelle Mitarbeit bei einer Tageszeitung sei eine gute Voraussetzung, las ich in einem Heft von SWF 3.

Wenn ich mir heute die Stellenanzeigen der Hörfunksender ansehe, stelle ich fest, dass nirgendwo verlangt wird, dass die Bewerber für eine oder bei einer Zeitung gearbeitet haben. Oftmals wird sogar ein Hörfunkvolontariat vorausgesetzt. Und dass die Bewerber Abitur oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben müssen, scheint sich von selbst zu verstehen.

Was mich interessiert: Sind Erfahrungen, die bei Tageszeitungen gesammelt werden, heute beim Hörfunk nichts mehr wert? Oder kommt es auf den Sender an? Was ist an dem Abitur oder an einem abgeschlossenen Hochschulstudium so wichtig? Ich habe weder das eine noch das andere und trotzdem bei einer angesehenen Tageszeitung volontiert und eine erstklassige Abschlussbeurteilung bekommen. Kann ich deswegen nicht genauso gut "Platten auflegen" wie ein Abiturient, Student und Hörfunkvolontär?
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Bei Radioprogrammen, die auf guten Journalismus Wert legen, ist die solide Grundlage einer Tageszeitung natürlich immer viel wert. Aber erstens kommt es auch noch auf andere Qualifikationen an (z.B. ist Sprache zum Lesen etwas ganz anderes als Sprache zum Hören, was viele Zeitungsleute nie lernen) und zweitens gibt es immer weniger Radioprogrammen, die auf guten Journalismus Wert legen.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Vor etwa 20 Jahren, als ich noch ein Kind war, hieß es, wer beim Radio arbeiten wolle, sollte bei einer Zeitung gearbeitet haben - wegen des journalistischen Handwerks.

Ja, in den letzten 20 Jahren hat sich einiges verändert :)

Natürlich ist es gut, wenn man vor dem Radio schon Erfahrungen bei einer Zeitung gesammelt hat. Es ist aber nicht zwingend notwendig.

Kommt ganz drauf an, was man beim Radio machen will. Soll es in die Richtung Reportage / "ernsthafter Journalismus" gehen? Dann kann man bei einer guten Zeitung schon sehr viel Handwerk lernen. Allerdings nicht alles.

Denn wie schon oben zu lesen war: Das Schreiben für eine Zeitung ein völlig anderer Stil als das Schreiben für's Zuhören. Und nicht jeder Schreiber kann sich auf Anhieb stimmlich vernünftig artikulieren. Sowas lernt man erst beim Radio. Und es gehört auch eine gewisse Portion Glück und Talent dazu.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Es gibt "hüben und drüben" (bei Zeitungen und Radios) solche und solche journalistischen Handwerker. Lässt sich also schlecht verallgemeinern.
Vielleicht kann man aber so weit gehen, dass man sagt:
"Ein Printvolontariat oder andere einschlägige Erfahrungen als Mitglied der schreibenden Zunft sind einer Bewerbung beim Radio nicht unbedingt abträglich."

Es ist eine gute Ausgangsposition - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Radios erwarten nicht selten, eben auch wegen der oben geschilderten unterschiedlichen Anforderungen, dass ein Zeitungsredakteur für einen Job im Sender sogar noch einmal volontiert - oder zumindest diverse unbezahlte Langzeitpraktika macht. Für viele Aspiranten ist das aber schon aus finanziellen Gründen nicht machbar. Und nicht jeder Redakteur möchte ein zweites Mal volontieren.

Kleiner Exkurs: Ich erinnere mich noch an die Erwartungen des NDR für ein Volontariat in den 80ern. Sinngemäß musste man z.B. mehrjährige einschlägige Erfahrungen als Journalist haben, außer mit einer guten Stimme möglichst auch mit zwei Fremdsprachen jonglieren können und auch Auslandsaufenthalte absolviert haben. Abi und Studium selbstverständlich auch in der Tasche. Beim Erwerben all dieser Schlüsselqualifikationen durfte man aber auf keinen Fall weiter als bis 28 gealtert sein.
Wow!
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Und dass die Bewerber Abitur oder ein abgeschlossenes Hochschulstudium haben müssen, scheint sich von selbst zu verstehen.
Wo bitte ist denn das noch Voraussetzung? Also Leute mit Hochschulabschluss sollten in D´lands Redaktionen wohl immer seltener werden...
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

klar sind frühe Erfahrungen bei der Zeitung gut, ... alleine, um die Leber zu trainieren :D
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Grundsätzlich ist jede journalistische Ausbildung hilfreich. Allerdings würde ich niemandem empfehlen, wenn er das Ziel Radio hat, den Umweg über Zeitung zu machen. Die Tätigkeiten in Radio und Print unterscheiden sich in vielerlei Punkten so grundlegend, dass gelernte Zeitungsleute meist sehr lange brauchen, um sich entsprechend umzustellen (und andersrum sicherlich auch). Nach meiner Erfahrung guckt jedenfalls kein einziger PD oder CvD bei Bewerbungen darauf, ob jemand schon Zeitung gemacht hat oder nicht, wenn der Rest der Vita stimmt.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Ist das tatsächlich so, dass Zeitungsredakteure noch einmal volontieren können? Das wäre ja so, als würde jemand zweimal die Ausbildung zum Bürokaufmann absolvieren.
 
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Radio Hamburg zumindest hatte mir das 1992 so unterbreitet. Und damit begründet, dass eben die Anforderungen Radio ganz andere als die Anforderungen Print sind.

Grundsätzlich ist ein Volontariat ja aber nicht mit einer Berufsausbildung im eigentlichen klassischen Sinne gleichzusetzen. Ich denke, man könnte sogar drei-oder viermal oder noch öfter volontieren. Die Frage ist, ob das Sinn macht.
 
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Und vermutlich gemeint, dass sie dich für die Zeit des Volos billiger beschäftigen können als wenn sie dir einen Redakteursvertrag geben würden.

Ich denke nur, dass bei zwei Bewerbern auf eine Stelle bei gleicher Qualifikation die längere Erfahrung im Radio gegenüber Print ganz klar den Auschlag geben würde.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Nach meiner Erfahrung guckt jedenfalls kein einziger PD oder CvD bei Bewerbungen darauf, ob jemand schon Zeitung gemacht hat oder nicht, wenn der Rest der Vita stimmt.
Journalistische Erfahrung sollte man aber vor dem Radio schon mal gesammelt haben. Sonst hat man gar keine Chance. Und wo geht das sonst, als bei der Lokalzeitung, wo man über Hühnerausstellungen und Jahreshauptversammlungen von Gesangvereinen berichtet?
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Ich denke nur, dass bei zwei Bewerbern auf eine Stelle bei gleicher Qualifikation die längere Erfahrung im Radio gegenüber Print ganz klar den Auschlag geben würde.

Ja, bei Radiolarifari wäre das wohl so. Bewirbt sich aber einer mit Volo von den Lübecker Nachrichten und ein anderer vom Hitradio FFH auf eine Stelle beim WDR, dann ist das nicht so sicher. Denn die suchen Journalisten.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Erstmal hallo zusammen,daß hier ist mein erster Beitrag hier in diesem Forum,ich bin ein begeisteter Radiohörer und verfolge das ganze hier schon eine zeitlang.
Also,ich bin der Meinung,daß bei den privaten Anbietern nicht soviel wert drauf gelegt wird,wie bei öffentlich -rechtlichen Radiosendern.
Klar,es kommt bei natürlich drauf an,bei welchem Sender man/frau sich bewerben will.
In meinen Augen sind die meisten privaten Radiosender Abspielstationen von den großen Plattenlabels(was ich auch verstehen kann),die nicht so ein großes Interesse an gutem Journalismus haben.
Ich komme aus Hessen und ich finde das Nachrichten bei den öffentlich -rechtlichen einfach besser und irgendwie informativer rüber kommen,als bei den Privaten.
Das ist meine eigene meinung,aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Also erstmal hat das Volo bei FFH auch bei den ÖRs sicherlich keinen so schlechten Ruf. In den ARD-Wellen wimmelt es von Leuten, die beim Privatradio volontiert haben, schließlich gibt es auch da gute Ausbildungen. Und insofern verwette ich meinen Allerwertesten darauf, dass jemand mit einem Volo bei den LüNas ohne jegliche Rundfunkerfahrung gegenüber einem erfahrenen Rundfunkmenschen mit einem FFH-Volo keine Chance hätte.

@Towa

ja sicher, ich sprach ja von dem Fall zweier journalistisch gleich qualifizierter Bewerber, von denen einer nur Print-Erfahrung hat. Woher die Annahme kommt, dass man im Radio keine journalistische Erfahrung sammeln kann, ist mir allerdings etwas schleierhaft.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Ich habe vor meinen ersten Kontakten mit Radio einige Zeit bei einer Zeitung gearbeitet, bzw. dort das Handwerk gelernt und kann es nur wärmstens empfehlen. Eine zünftige Schule mit dem ausschließlichen Schwerpunkt Wort, das Erlernen von "Füllsel-Rausschmeißen" und nicht zuletzt die deutlich größeren Chancen, direkt auf Kaninchenzüchter und Kleingärnter losgelassen zu werden und eigene Themenvorschläge umsetzen zu können, das hat mir beim Wechsel zum Radio sehr geholfen. Ich bin der Meinung, dass ich viele Dinge beim Start direkt im Radio nicht erlernt hätte.
Klar, anschließend mehrere Jahre Kaninchenzüchter mit der Funktüte in der Hand zu befragen war ein ebenso gute Schule, aber für die Basics (Themenfindung, Schreiben, Kürzen, etc.) eignet sich Print sehr gut!
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Das bestreitet ja auch niemand. Ich habe auch bei ner Zeitung angefangen und mir hat es auch geholfen. Die Frage war aber, ob man bei einer Zeitung gearbeitet haben sollte oder ob es vielmehr eine Voraussetzung ist, um einen Job beim Radio zu bekommen.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Die Ausgangsfrage war unter anderem, ob eine Mitarbeit beim Print was bringt - ich meine: sehr viel und dass Dinge dort vermittelt werden, die beim Radio oft sehr dürftig behandelt werden.
Ein Volo bei einer Zeitung, wenn man zum Radio will, das würde ich auch nciht empfehlen, denn ich denke, die Spezialisierung zum Radio, um das Medium zu verstehen und es möglichst breit auszuprobieren, das sollte weit vor dem Volo geschehen.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Nein, die Ausgangsfrage war, dass sich Stefan darüber gewundert hat, dass in Stellenanzeigen von Hörfunksendern keine Zeitunsgerfahrung verlangt wird und er sich darüber gewundert hat, da es vor 20 Jahren noch hieß

wer beim Radio arbeiten wolle, sollte bei einer Zeitung gearbeitet haben

und

Eine freie redaktionelle Mitarbeit bei einer Tageszeitung sei eine gute Voraussetzung, las ich in einem Heft von SWF 3.

Später stellte er als Schlußfolgerung die Frage, ob Zeitungserfahrung beim Hörfunk nichts mehr wert sei, was wohl eine aus erstgenannter Unschlüssigkeit resultierende weiterführende Frage ist.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

siehste, und nur weil du bei ner Zeitung gearbeitet hast, kannste die Quelle so gut bearbeiten.... Ansonsten finde doch, was du willst. War eh ne blöde Frage :D
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Ich denke weiterhin dass bei fast jeder Regionalzeitung gewisses Handwerkszeug wie zum Beispiel die Recherche noch gepflegt werden, aber nicht bei jedem x-beliebigem Privatradio. Sonst müsste es ja auch die Programme dafür geben. Was soll jemand bei einem Sender lernen, der auf Journalismus verzichtet? Präsentation.
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Einige postings tasten sich zum Kern des Problems vor: Früher sind die Radiosender (auch die ersten Privaten) mit einem eindeutig journalistischen Anspruch angetreten, und da konnten sie gut ausgebildete Leute von den Tageszeitungen immer gebrauchen (Stimme und Sprechtalent vorausgesetzt). Für manche ÖR war und ist immer noch das journalistische Know-how die Primärqualifikation, die vor Stimme und Sprechtalent kommt. (Spontan fallen mir hierzu einige Kollegen von SWR 4 Radio Breisgau in Freiburg ein, die das Sprechen eindeutig bei der Tageszeitung gelernt haben).

Heute hat sich in der Radiolandschaft aber einiges geändert. Journalismus ist bei vielen nur noch ein Mäntelchen, das man sich wegen der LfK-Lizenzen umhängt. Die nachgefragten Qualifikationen bei der Personalrekrutierung sind aber andere: Stimme, Moderationstalent, bisschen Allgemeinbildung, gutes Aussehen (fürs Programmheft, die Werbeplakate und die off-air-Veranstaltungen), jung, anspruchslos und jederzeit austauschbar!
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

ich befürchte sogar, daß dieser "Zeitgeist" an vielen Stellen der Gesellschaft greift, nämlich daß die Form wichtiger wird als der Inhalt.
Das rein-akustisch vermittelnde Medium Radio ist dafür natürlich besonders "anfällig", weil die gute bzw Zielgruppen gerechte Ansprechhaltung auf der emotionalen Schiene gerne mal effizienter wirkt als der Inhalt...

Ich denke da unwillkürlich an die ersten Aufmärsche von Politikern zu Popmusik auf Parteitagen etc zuerst in den späten 90ern.....


---> Fakten wirken im Print ("danke, Herr Markwort" ;) )

---> Radio wirkt über Emotionen ("Das Leben hören" / WDR 2 )

Beides hat Beides, aber es gibt halt stärker, bzw schneller (oder leichter umzusetzende) wirksame Anteile. Je mehr ein Radiosender nur noch Form verkauft, ist Printerfahrung also ziemlich überflüssig.....
 
AW: Was sind bei Tageszeitungen gesammelte Erfahrungen heute beim Rundfunk wert?

Print-Erfahrungen sind in jedem Fall nützlich, denke ich. Denn gewisse journalistische Grundregeln gelten ja für alle Medien gleich (Recherche, Sorgfältigkeit). Außerdem kommt man ja als Radiojournalist auch täglich mit Printmedien in Berührung und da schadet es nichts zu wissen, wie bei denen der Hase so läuft (das Bild musste jetzt sein, ist ja bald Ostern...)

Aber ich gebe euch Vorrednern recht: die Werte haben sich verschoben. Beim Formatradio hast zu teilweise nur noch Erfolg, wenn du gut "klingst". Da interessiert es dann nicht, was du vorher gemacht hat. Ich kenne bei mehreren Stationen Mods, die sind nicht mal 20 und funken in der Drive Time. Und die machen ihren Job auch gut. Nur sollte irgendwas ungewöhnliches passieren, was echten journalistischen Background erfordert (9/11 oder so), dann könnte es da eng werden.
 
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