Tom Buhrow hat mir richtig gut gefallen, er scheint ein hohes Maß an Sozialkompetenz mitzubringen. Gleich zu Anfang hat es ihn für mich sympathisch gemacht, dass er zugab, vor der Sendung aufgeregt gewesen zu sein. Er hat bei den Zuschaueranfragen zugehört, hat die Leute beim Reden angesehen oder ist auf die Zuschauer direkt zugegangen. Kein Stück Arroganz kam in seinen Antworten rüber. Auch fand ich bemerkenswert, dass er keine Hörfunkdirektoren um sich herum hatte, die ihn vermeintlich schützen konnten, sondern offenbar wirklich und direkt an der Meinung von Zuschauern und Zuhörern interessiert war. M.E. kann man den WDR zu diesem Intendanten beglückwünschen. Wenn diese Linie, das offene Reden und der partnerschaftliche Austausch auf unterschiedlichen Hierarchieebenen ohne dabei Berührungsängste zu haben, im WDR fortgeführt wird, ist eine Menge für eine gute Unternehmenskultur beim WDR gewonnen. Im Prinzip hat er mich an eine anglo-amerikanische Führungskraft, die das Innovative sucht und das Mutige fördert, damit man langfristig gedacht erfolgreich ist - und dabei nicht auf Titel oder Über- und Unterordnungsverhältnisse achtet - erinnert.
Gleichzeitig ist mir leider auch aufgefallen, dass er sich im Hörfunkbereich nicht so richtig auszukennen scheint. Die Fragen aus dem Publikum nach dem Mainstream mit immer der gleichen Musik sowohl bei WDR 2 und Einslive, konnte er nur ausweichend beantworten. So steht zu befürchten, dass diese Felder nach wie vor den Beratern (Berry, der für mich als Synonym der schlechten Beraterkultur deutscher Formatradioprogramme steht, meldet sich ja auch hier schon wieder sofort zu Wort) überlassen wird. Auch die Antwort von Herrn Beeck zur Musik war bezeichnend. Statt mal zuzugeben, dass immer wieder dieselbe Musik gespielt wird (ist er eigentlich Musikredakteur?), wird auf Plan B ab 20:00 Uhr verwiesen. Sowohl die Massenprogramme WDR 2 wie auch Einslive und WDR 4 machen große Fehler, wenn sie angeblich so erfolgreichen Konzepte der deutschen Berater umsetzen. WDR 2 sollte sich z.B. an BBC Radio 2 oder Radio 2 aus NL orientieren und die Vielfalt älterer wie auch jüngerer Musik mit einer sehr breiten Musikauswahl aus einem Pool von mindestens 15.000 Titeln spielen können und dabei Charakterköpfe mit Meinung am Mikro haben. Genauso bei Einslive: Hier sollte man NPO 3FM aus den Niederlanden als großes Vorbild nehmen, was tagsüber eine 50 zu 50 Mischung aus Plan B einerseits und Mainstream und älteren Liedern andererseits bringt und sehr locker rüberkommt. WDR 4 müßte zurück zu einer älteren wohlklingenden Musik, dafür könnte dann WDR 2 mehr Oldies (aber nicht immer dieselben) bringen. WDR 5 würde ich nicht zu einem Infoprogramm wie etwa MDR / SWR / NDR / MDR Info usw. oder umbauen (wird bestimmt auch aus Kostengründen von unseren Berry-Beratern dem WDR vorgeschlagen) sondern es als eine Art Deutschlandfunk für NRW belassen. Auch WDR 5 würde ich nicht groß - wie etwa in Richtung einer ö-r Ausgabe von Klassikradio - verändern. Zum FHE kann ich nichts sagen, da ich den Sender nicht höre. Er besetzt zumindest eine weitreichende und wichtige Frequenz vom Langenberg für den WDR. Bleibt also zu hoffen, dass sich Herr Buhrow auch noch verstärkt in den Hörfunk reindenkt und eigene Anregungen aus dem Hause aufgreift und die Kraft und den Willen hat, sich von den Berry-Berater-Konzepten mit immer dem gleichen Wein in alten Schläuchen abzusetzen.