AW: Wetten auf's Öffi-Werbeverbot
Die ARD hat sich noch nicht geäußert, ob sie vors Bundesverfassungsgericht zieht wegen des aktuellen Gebührenverfahrens, bei dem die KEF von den Ministerpräsidenten ausgehebelt wurde. Und während die ARD noch überlegt, macht Kurt Beck ganz zufällig die Tür vom Giftschrank auf. Guten Tag!
Hier wurde vermutet, dass werbefreie Wellen viel attraktiver für die Hörer werden. Ich glaube nicht daran, dass Werbefreiheit ein großer Produktvorteil ist. Natürlich hat es Vorteile, keine Frage. Aber „24 Stunden ohne Werbung“ ist nicht der Killer-USP, der die Hörer bindet. Insofern glaube ich auch nicht an größere Quotenverschiebungen alleine wegen eines Werbeverbots. Das Werbeverbot wird viel mehr andere Entwicklungen anstoßen und Folgen haben, die langfristig zu einer (ÜBERRASCHUNG) Verringerung der öffentlich-rechtlichen Quoten führen werden.
Ich phantasiere mal:
- In ein paar Jahren ist Schluss mit klassischer Sportwerbung auf ö.r. Wellen. Natürlich wird es (zumindest für eine langjährige Übergangszeit) weiterhin Sponsoring geben. Das wird großzügigst ausgereizt, so dass alles Mögliche „präsentiert“ und „gepowert“ wird und dort praktisch kleine Werbespots laufen. Außerdem wird extra Programm generiert wird, was sich als Sponsorumfeld eignet. Abgeschaffte Kinotipps und Veranstaltungshinweise werden wieder eingeführt, Web-Tipps, Mode-Trends, Promi-Infos, Szene-Rubriken, Cooking-Specials, Thementage, Promotionaktionen… Diese Möglichkeiten übernimmt man plötzlich gerne vom Privatfunk. Man wird sagen, hey, ist doch keine klassische Werbung, also alles null Problemo.
- Ausgehend vom Fernsehen wird es eine Debatte um Sendungen geben, die bislang als reines Werbeumfeld produziert wurden. Verbotene Liebe und Marienhof, die von Werbetochterfirmen der ARD produziert werden, sind nicht mehr haltbar. Plötzlich wird man sich auch beim Radio ungeliebte Fragen stellen und das wird zur Folge haben, dass die Programme weniger massenattraktiv werden (müssen) und geringere Quoten haben (durch mehr Wort, mehr Info, mehr Kultur, Musik für Liebhaber, die keiner kennt).
- Sollte die werbetreibende Wirtschaft mit den privaten Wellen noch guten Werbedruck in ihren Zielgruppen aufbauen können, gibt es keine Probleme für die Werbegattung Radio. Schaffen sie es mit den Privaten alleine nicht, wird Geld abfließen in andere Werbemedien. Und? Ist das ein Problem? Die Blütezeit des Werbemediums Radio, war nicht die Blütezeit des Radios in Deutschland. Die Werbemillionen diktieren Quote, nicht Qualität, fordern Kommunikationskraft zu Konsumentenzielgruppen, nicht das Zufriedenstellen von Hörern, programmieren gleichgeschaltete Formate, nicht Vielfalt. Die Beispiele aus der Realität sind bekannt.
- In der nächsten oder übernächsten Gebührenperiode wird es eine verschärfte Diskussion um die Werbefreiheit geben. Spätestens in 10 Jahren ist es soweit, phantasiert ganz subjektiv die Jasemine.