Wie alles kam und wo es hingeht – Privatradio, Formate, Musik, Deutschanteil, Zielgruppen

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@Radiator
Ich habe 1988 mein Debut bei einem neu gegründeten Privatsender gegeben.
1. Wir gingen zweimal im Monat morgens zu zweit in die Schallplattenabteilung des größten Kaufhauses am Ort und deckten uns mit Samplern und allen aktuellen Hit-LP ein. Weil wir immer die LP kauften, auf der sich ein Hit befand (z.B. Tina Turner) spielten wir im Programm auch viele der übrigen Titel.
2. Daneben war es jederzeit möglich, für das Tagesprogramm oder für selbst moderierte Sendungen die private Plattensammlung mitzubringen.

2. UnserTagesmusikprogramm hat ein einzelner Musikredakteur zusammen gestellt, der stets den Ehrgfeiz hatte, jeden Tag ein neues/anderes Angebot zu machen.

3. Es gab zweistündige Wortsendungen zur Mittagszeit und zur Rush Hour, sowie einen Morgendlichen Frühnachrichtenblock von 15 Minuten Länge

4. Es gab täglich Live-Studiogäste, mal für eine ganze Stunde, mal nur für ein kurzes Gespräch.

5. Die Hörerwunschsendung war tatsächlich eine. Hörer durften ihre Platten sogar vorbeibringen, damit wir sie spielten.

6. Sonntag früh lief eine Kirchensendung nur mit geistlicher Musik.

7. Die Nachrichten wurden komplett selbst recherchiert, geschrieben, gesprochen etc. Alle unser O-Töne haben wir uns selbst vor Ort geholt.

8. Ein eigener Sportredakteur moderierte jeden Abend eine halbe Stunde eine lokale Sportsendung, mit Studiogästen, Livetelefonaten und selbst eingeholten O-Tönen.

Die Jahre 1988 bis 1996 bei diesem Sender sind der Grund, warum ich bis heute begeistert vom Medium Radio bin. Leider wurde unser Laden damals an die Oschmann-Kette verkauft und dann zum kostenoptimierten Dudelsender transformiert.
 
So war es, schrieb ich nicht irgendwo etwas von Rückseiten aus lauter Verzweiflung?
Schilderte empire nicht die Erfassung von echten Schallplatten für das nicht vorhandene Archiv, samt farbigen Aufklebern?
Der Telefonbuch-Verlag Oschmann aus Bayern, dort zuständig für die Charivari/Neue Welle-Kette plus Primavera/Primaton. Den werde ich noch behandeln.

Aus der Didaktik heraus wird es nun zwei Beiträge geben. Erst dieser hier.

Zunächst:
@ricochet: Tu mir und uns allen einen Gefallen: Halte die Füsse mal vorübergehend still.
Ich will, werde und möchte in einem langen Anlauf dokumentieren, warum die Situation des deutschen Schlagers und die heutige Radiosituation so ist, wie sie ist. Logisch nachvollziehbar nach und nach aufgebaut. Dauert eben, geht nicht im Zeitraffer.


Zwei kleine Anmerkungen vorab zum Nachdenken: Du schreibst selber, dass die Toleranz und Hörsituation in den 70/80er Jahren eine andere war. Denk, grübel...richtig. Wie alt sind diese Hörer heute? Hmmm? Aha.
Warum führten die öffentlich-rechtlichen selbst zielgruppengerechte Wellen ein und eine solche für deutschsprachige Musik? Hmm?
Und noch etwas vorab: Man kann auf die Berater böse sein, wie man will und denen Schuld und Absicht in die Schuhe schieben.
Aber sie reagieren auf Ereignisse und Entwicklungen. Ihnen eine mutwillige und verschwörerische Schlagerfeindlichkeit zu unterstellen ist leider falsch. Da spielen soviele Komponenten mit, die die heutige Situation ganz logisch erklären. Es ist eine Reaktion! Also einfach mal abwarten.

War ich nicht schon bei part-4-??
Dieser Faden war eigentlich die Idee von Mannis Fan, ich habe es nur noch einmal aufgegriffen und vorgeschlagen. Und finde plötzlich diesen Faden hier wieder. Donnerwetter.
Wenn Kollegen aus anderen Funkhäusern einen Einwand oder noch einen Hinweis haben, wäre ich dankbar für eine Beteiligung. Ich möchte hier keine Monologe halten, ggf. per PN.
Bis gleich.
 
part -5-
Behandeln wir zuerst RPR2. Das bisherige Konglomerat RPR, bestehend aus Radio 85, LR, Pro Radio4 und RPR, war Mitte 1990 zu einer Gesellschaft zusammengeschmolzen worden. Und daran hatten die Tageszeitungen einen eher kleinen Anteil. Und nur die Tageszeitungen befürchteten einen Werbeeinnahmenverlust, den grossen Verlagen wie Springer, Holtzbrinck oder Burda war es eher egal. Diese waren in Radio85 organisiert.
Es gab auch andere Gesellschafter wie kleinere Unternehmen aus Hessen, landwirtschaftliche Verbände, Taurus-Film, music-box, das ehemalige Radio Weinstrasse - neben der Ludwigshafener Medien-Union.
Weil vor allen anderen Bewerbern bei der neuen RPR die gesellschaftlich-relevante Innenpluralität gewährleistet war, bekam der Sender die zweite Sendekette zugesprochen.
Die Ausschreibung lautete auf musikorientiertes Spartenprogramm!

RPR2 hatte bekannte Namen, viele live-events, Heino moderierte aus seinem Cafe in der Eifel, Andy Borg war mit einer eigenen Sendung zu hören.
Im ersten Jahr hatte RPR2 140.000 Hörer gestern. swr4 nur 40.000...
Man rechnete alles durch: Die Redaktion wurde kostengünstig von RPR1 übernommen, aber an den Moderatoren sparte man nicht. Zusammen mit dem öffentlich-rechtlichen Konkurrenten swr4 startete man praktisch am gleichen Tag. Meiner Erinnerung nach lagen da vier oder fünf Tage dazwischen...
Die RPR hatte also für ihr im Bieterverfahren beschriebenes reines Schlagerradio die Lizenz bekommen, nicht ganz unumstritten.
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Und hier hat ricochet geirrt, ständig auf der Suche nach Gründen, ständig schlecht recherchierend...:
swr4 war keine Konkurrenz, der Sender existierte noch gar nicht! Und er lag immer hinter RPR2. Der wahrscheinliche Grund waren wohl die Moderation und zu lange, belehrende Wortbeiträge. Das bekam man öfters als Meinung zu hören


Die Entwicklung in Sachen deutscher Schlager muss also andere Gründe haben... oder?

Machen wir einen Schwenk in die andere Radioszene: In Hessen gab es nach langem, vergeblichen Anlauf endlich auch Privatfunk. Hier war es so, dass sich fast alle hessischen Zeitungsverlage an der Betreibergesellschaft beteiligten. Natürlich aus dem Grund, eventuelle Werbeverluste zu kompensieren. Wer in der Gesellschafterliste nachschaut, wird aber auch Namen bekannter Musiker dort finden...: ffh wurde geboren. Der Name bedeutet funk & fernsehen hessen. Wenn es noch niemanden aufgefallen ist: Hessen hört man nirgendwo in der Namengsbung oder in Ansagen, der hr liess dies gerichtlich untersagen.

Das gleiche passierte Schwarzwald Radio in Freiburg: Das anfangs benutzte Kürzel swr wurde vom SWF untersagt. Heute benutzen sie es aber selber...

Und dann gab es auch noch den Nachfolger der vier fröhlichen Wellen, die nach Aufkommen der Privatsender an Bedeutung verloren hatten. RTL Radio schaute sich nach freien Frequenzen um und definierte sich als der Oldiesender. RTL definierte in Deutschland erstmals das, was ein Oldie zu sein habe: Mindestens 14 Jahre alt. Und RTL haben wir es zu "verdanken", dass die Schnippelei bei den Titeln anfing.
Aus Proud Mary von CCR schnitten sie eine ganze Strophe heraus, aus 3:07min wurde weniger als 2 Minuten!
Aus dem sowieso kurzen I can hear music/Beach Boys wurden sagenhafte 1:45min, statt 2:36 min... Alles derart dreist geschnitten, dass die damaligen Moderatoren mit den Ansagen oder dem Einspielen von Jingles/Werbung nur hechelnd nachkamen. Kaum abgeschossen, war der Titel auch schon zu Ende. Vieles hatte man bei RTL auf Cartridges mit Cue-Punkt gezogen. Allein vom Plattenspieler wurde es schon schweisstreibend. Und wenn man nur 5 Cartmaschinen zu Verfügung hatte, die bereits mit Jingle und Werbung gefüllt waren, brach der Angstschweiss aus...

Bedeutet also: In den Anfangstagen von Privatradio suchte man sich auch Nischen und fuhr viele Formate. Salü CHR/Top40, RTL Radio oldiesbased, RPR1 HotAC, RPR2 Schlager usw. usw. usw.

Machen wir hier einen break.
Ich möchte noch auf die Frequenzen eingehen, die unser Oberkritiker als angeblichen Beweis angeführt hatte.
Nun, Frequenzen hat man sich reichlich vorab gesichert und zuerst bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. Schnell noch eine Schlagerwelle- das war beim swr mit zu 50% der eigentliche Beweggrund. Erinnern wir uns an die 4 Hauptwellen des hr, die plötzlich 4 zusätzliche Plusprogramme bekamen. hr skyline, hr xxl, hr orbit, hr klassik...
Es war schon vor 25/20/15 Jahren schwierig, flächendeckende UKW-Ketten für ein landesweites Programm hinzubekommen.

Und es war ein ständiger Krieg zwischen den ARD-Anstalten, die sich ihre Frequenzen in einer eigenen Abteilung Frequenztechnik zusammenrechneten und einfach Bedarf anmeldeten. Und denen der privaten Sender, die auf Mitteilung aus der jeweiligen Landesmedienanstalt hofften, ob eine Frequenz neu gefunden wurde. Oder gar eine Kette?
Dass schon seit einer geraumen Weile fast nichts mehr geht, zeigen ja die Fleckenteppiche von harmonyfm, planet radio, Radio Bob! und auch you fm/hr-Info, die alle gern mehr und bessere Frequenzen hätten.
Im gesamten Rhein-Main-Gebiet ist noch nicht mal für eine 50-Watt-Funzel etwas frei! Im Rhein-Neckar-Raum sieht es noch schlimmer aus. Berlin und München sind jetzt auch "dicht".

Hinzu kommt heutzutage das Gerangel um eine irgendwo noch freie Frequenz. Da meldet die ARD-Anstalt Bedarf an, dann der DLF und dann noch der DLR, und dann erst darf ein privater Veranstalter vielleicht zugreifen. Und wer sie dann haben darf, entscheidet in vielen Streitfällen die Landesregierung bzw. deren Staatskanzlei.

Dann ist es auch technisch nicht so einfach, sich irgendeine Frequenz zu holen. Bei den Privatsendern beauftragt die Landesmedienanstalt die BNetzA, eine vielleicht aufgefundene Frequenz zu prüfen und zu koordinieren oder dies selbst zu tun.
Dieses Verfahren kostet Geld! Ich erinnere mich, dass man in Hessen aus lauter Verzweiflung mit einem Kombi herumgefahren ist und per Autoradioscan versucht hat, unentdeckte Frequenzlücken aufzufinden.
Dann muss soviel beachtet werden: 0,4 MHz Skalenabstand zu einem geschützten Anbieter- die Hauptversorgungsfrequenzen der ARD-Sender, aber auch landesweiter privater Stationen.
Bedeutet: Wenn hr1 auf 94,4 sendet, dann gibt es zwischen 94,0 und 94,8 keinen anderen Sender, auch keine noch so kleine Funzel. Die muss mindestens 200/300km weit weg sein, sonst gibt es Einsprüche und die Frequenz wird abgelehnt.
Soll mit mehr als 1 Kilowatt Sendeleistung gefahren werden, ist eine Auslandskoordination notwendig. Es könnte ja sein, dass durch eine mehr zufällige leichte Überhöhung oder Reflektionen der beabsichtigte Sender hunderte Kilometer weit weg plötzlich zu hören ist- und stört!
Das dauert und kostet. Bezogen auf Bayern und einem eventuellen Bayern plus-Schlagerradio zusätzlich auf UKW bedeutet das zur Zeit:

Für alle 71 Landkreise und 25 kreisfreien Städte brauche ich praktisch einen oder sogar zwei Minifüllsender von 50-100 Watt Sendeleistung, Radius 5-10km. Wenn überhaupt ein Radius möglich ist, meistens muss man mit starken Einzügen in mindestens einer Richtung arbeiten und sich einem vorgegebenen Richtungsdiagramm beugen. Das Gebiet, in dem +46dbm als Mindestsignal für Stereo anliegen, wird immer sehr klein sein.
Bei einer Fahrt durchs Bayernland bedeutet dies, im Autoradio alle 5-10 km die Frequenz wechseln zu müssen. Und für Nürnberg, München und entlang der Landesgrenzen wird es vielleicht überhaupt keine Frequenzlücke mehr geben, da einfach alles belegt ist.

Abgesehen davon wären die Zuleitungs- und Betriebskosten für 100 Kleinsender derart astronomisch hoch, dass es sich nicht lohnt. Nicht bei dem Sparzwang der ARD-Sender. Und dann würde ABY sicherlich aufheulen, weil sie für ihre Rockantenne auch noch UKW-Frequenzen haben möchten. Und Galaxy möchte auch mehr und besser gehört werden. Und egoFM auch. Und und und.
Und: Es müsste erst einmal einen Bewerber um eine neue Frequenzkette geben, der vielleicht mit einem neuen Format antreten möchte. Die Berater bauen keine neuen Sender, es muss immer jemanden geben, der als Radiostation an den Start gehen möchte. Und den Auftrag erteilt und das Risiko eingeht...
Bei dieser Situation allerdings reines Wunschdenken. Alle Hoffnung und jeder Ausblick ruht auf dab+.
 
Ich finde diesen Faden sehr interessant. Einmal die geschichtliche Entwicklung zu betrachten, um zu verstehen, warum der Status Quo so ist, wie er ist, kann nicht schaden. Ist ja in anderen Feldern, wie z.B. der Politik auch üblich. Um zu verstehen, muss man sich immer den Werdegang anschauen.
Alleine die ganzen Erfahrungen von laser558 sind freilich sehr interessant. Wenn es jetzt noch gelingt, die persönlichen Animositäten zwischen laser, ricochet, empire usw. mal beiseite zu lassen und sachlich zu diskutieren, dann kann es was werden.
Ich bin jedenfalls gespannt und werde dann ggf. in die Diskussion einsteigen
 
Der Abschaltetermin 2003 wurde vom RPR-Management ganz bestimmt nicht zufällig gewählt. Obwohl RPR2 jahrelang Gewinne geschrieben hatte, wurde gerade der Sender mit dem höheren Altersschnitt und der eindeutigen Ausrichtung geopfert, weil die Zeitungshäuser Mitte des vergangenen Jahrzehnts mittelfristig ihre Felle davonschwimmen sahen. Ein großer Teil des Kleinanzeigengeschäfts hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ins Internet verabschiedet und die Auguren der Verlagsbranche malten die Zukunft in den düstersten Farben.

In wenigen Jahren schon würden die Zeitungen dicke Verluste schreiben, hieß es damals, und es sei höchste Zeit sich um junge, netzaffine Zielgruppen (14-25) zu kümmern, damit zumindest ein Teil der wegbrechenden Einnahmen aufgefangen werden könne. Die mittleren und reiferen Generationen galten den Zeitungshäusern damals noch als sichere Bank, da wollte man zumindest das Radiostandbein in ein Teenie-Eldorado verwandeln oder besser gesagt in das, was ergraute Radiofüchse darunter verstanden; Youtube, Smartphone oder breitbandige Streamingdienste hatte damals ohnehin noch niemand auf dem Schirm.

Redakteure bekannter Printmedien wetterten gegen die Gratiskultur im Internet und hatten doch nichts Besseres im Sinn, als ihre Inhalte leichtfertig im Netz zu verschenken, denn Online-Werbung steuerte damals bestenfalls ein paar Brosamen zu den Gesamteinnahmen bei. Ein zögerliches Undenken setzt erst heute ein, plötzlich schwärmen die Verlagsleiter von den faszinierenden Möglichkeiten des Online-Journalismus (man denke nur an unterbezahlte Multimedia-Reporter, die ihre Beiträge selber abfilmen und schneiden müssen) und verkaufen ihre Blätter als E-Paper (ein sehr nachvollziehbarer Schritt).

Heute wissen wir, dass der Alarmismus der 2000er-Jahre völlig an der Wirklichkeit vorbeiging, aber die panische Angst vor dem nahen Untergang machte die Verleger für allerlei Sirenengesänge empfänglich, die die Krise am Ende nur verschärfen und das Radio die gesamtgesellschaftliche Anerkennung kosten sollten.
 
Wenn es jetzt noch gelingt, die persönlichen Animositäten zwischen laser, ricochet, empire usw. mal beiseite zu lassen und sachlich zu diskutieren, dann kann es was werden.
Das hat aber hohen Unterhaltungswert, möchte ich nicht missen.

Heize das bitte nicht an, Manni. Auch ich bin froh, dass die Forenleitung uns weiter diskutieren und laser558 die Möglichkeit gibt, die geschichtliche Entwicklung aufzublättern, auf die ich gespannt bin und die wir danach nach Herzenslust diskutieren können. Bedarf allerdings einer guten Diskussionskultur aller.

Ricochet darf ich noch einmal bitten, keine unbewiesenen Vermutungen als Tatsachen zu posten wie eben schon wieder in #31. Gerade wegen solchen Wusts von dann nicht mehr zu korrigierenden Theorien wurde der Thread geschlossen. Nocheinmal werde ich um Neueröffnung der Diskussion nicht bitten können.
 
Sehr schöner Thread, zum Sticheln aber bitte woanders versammeln!


"Wie alles kam und wo es hingeht – Privatradio, Formate, Musik, Deutschanteil, Zielgruppen"

Schöner Blick in die "gute alte" Vergangenheit
Es scheint in der Hauptsache um den süddeutschen Raum zu gehen, mit kleinem Exkurs zum WDR. Werden noch andere Teile Deutschlands folgen?

Gegenwart
Privatfunk ist i.d.R. unterstes Niveau.

Zukunft
Gerne ohne den heutigen Privatfunk!
 
Wer fängt denn mit dem Sticheln an, Reh? Hmmm? Siehe dein letzter Satz.

Über nrw bin ich selten hinausgekommen, richtig.
Und es fängt schon wieder an. Mal den Ausflug hinsichtlich Gratiskultur ins Internet ausser Acht gelassen, der nichts mit dem Thema zu tun hat:

ricochet schrieb:
Obwohl RPR2 jahrelang Gewinne geschrieben hatte
Woher willst Du das wissen? Einfach mal wieder so dahingeschrieben, ja? Kannst Du es nicht mal bleiben lassen?
Hier wird wieder perfide suggeriert, man habe den Sender willentlich gegen die Wand gefahren.

Ich bin noch nicht soweit!

weil die Zeitungshäuser Mitte des vergangenen Jahrzehnts mittelfristig ihre Felle davonschwimmen sahen.
Auch falsch. Nicht erst 2005, sondern bereits 1987/1988 war das so, deswegen engagierten sich die Zeitungsverlage bei Privatsendern, mehrheitlich die Tageszeitungen. Und nicht wegen davonschwimmender Felle, sondern wegen zu befürchtender Konkurrenz auf dem Werbemarkt an sich.

Ein großer Teil des Kleinanzeigengeschäfts hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits ins Internet verabschiedet
Das ist inzwischen so richtig. Aber Kleinanzeigen waren nie eine Bedrohung für kommerziellen, privaten Rundfunk, um diese dadurch aufzufangen. Ausserdem zeigen Untersuchungen, dass solche privaten Wünsche und Gesuche wie auf markt.de und ähnlichen Plattformen sehr selten Erfolg bringen. Und somit eigentlich keine Konkurrenz sind...
Heute wissen wir, dass der Alarmismus der 2000er-Jahre völlig an der Wirklichkeit vorbeiging
Ach ja, wissen wir das? Ich behaupte das genaue Gegenteil. Es geht aber vielleicht an deiner Wahrnehmung vorbei oder passt nicht in dein vergefasstes Verschwörungsweltbild.

Du bist und bleibst Weltmeister im Bauen von genau umgekehrter Ereignisketten. Und das alles verbrämt und garniert mit halbwissenschafttlich wirkenden, hochgezücheteten und verquasten Wortgebilden, um bei anderen Eindruck zu schinden. Das kannst du vielleicht bei anderen, unbedarften Forenmitgliedern, bei mir nicht.

Ricochet darf ich noch einmal bitten, keine unbewiesenen Vermutungen als Tatsachen zu posten wie eben schon wieder in #31

Dem schliesse ich mich an, aus tiefstem Herzen. Du hast mindestens 20 andere threads mit deinen wilden Behauptungen zugespamt- lasse diesen vorübergehend mal ricochet-frei, wenn es geht, ja???
Du hast selbstherrlich Formate für falsch und die deinigen für richtig erklärt, hast tausende von Musikbeispielen hier reingestellt, die sich niemand anhört. Es reicht. Ich darf dir irgendwann vielleicht mal mitteilen, was Kollegen über deine Beiträge denken.

"Die lesen alle mit"

Dafür müsste ich mir vorher eine förmliche Erlaubnis bei der Forenleitung einholen!
Wenn ich das ungefiltert weitergebe, dann werde ich für 1000 Jahre gesperrt.
Du verstehst?

Und das sind Meinungen von Profis, aktiven Radioleuten...

PS: Und als nächster schreibt empire mal etwas über seine Arbeit, Wort, Redaktion und Moderation damals. Nicht immer ich, danke.

PS2: Das heute war tatsächlich erst part-4-, eigentlich. Bin wegen des ständigen Abwehrfeuers beim Zählen durcheinander gekommen. Und bei einer Zahl auch. RPR2 startete zusammen mit dem bis dahin noch nicht vorhandenen swf4- muss es heissen!
 
Woher willst Du das wissen? Einfach mal wieder so dahingeschrieben, ja? Kannst Du es nicht mal bleiben lassen?
Hier wird wieder perfide suggeriert, man habe den Sender willentlich gegen die Wand gefahren.

Nein, RPR2 hat absichtlich mehr als ein Jahrzehnt lang Miese gemacht, damit die armen Leutchen ihre Schlager hören können. Schon klar!

Ricochet darf ich noch einmal bitten, keine unbewiesenen Vermutungen als Tatsachen zu posten wie eben schon wieder in #31. Gerade wegen solchen Wusts von dann nicht mehr zu korrigierenden Theorien wurde der Thread geschlossen. Nocheinmal werde ich um Neueröffnung der Diskussion nicht bitten können.

Wenn du's bessr weißt, musst du mich ganz schnell korrigieren.

Aber du darfst ja keine Grundsatzkritik üben, das wäre viel zu gefährlich. Wie oft hast du dir schon in die Lippe gebissen, als gerade wieder mal pauschal über den nicht sendefähigen Schlagerschmalz hergezogen wurde? Gute Miene zu bösem Spiel, ich weiß.

Ach ja, wissen wir das? Ich behaupte das genaue Gegenteil. Es geht aber vielleicht an deiner Wahrnehmung vorbei oder passt nicht in dein vergefasstes Verschwörungsweltbild.

Na klar, du gehörst ja auch eher zum Lager der Profiteure dieser Entwicklung. An deiner Stelle würde ich ähnlich argumentieren.

Auch falsch. Nicht erst 2005, sondern bereits 1987/1988 war das so, deswegen engagierten sich die Zeitungsverlage bei Privatsendern, mehrheitlich die Tageszeitungen. Und nicht wegen davonschwimmender Felle, sondern wegen zu befürchtender Konkurrenz auf dem Werbemarkt an sich.

Worum ging's damals wirklich? Doch wohl eher um Politik und politisches Wohlverhalten. Denn bis aufs Kabelfernsehen gab es damals keine nennenswerte Konkurrenz.

Du hast mindestens 20 andere threads mit deinen wilden Behauptungen zugespamt

Noch konnte sie niemand entkräften

Du hast mindestens 20 andere threads mit deinen wilden Behauptungen zugespamt- lasse diesen vorübergehend mal ricochet-frei, wenn es geht, ja???

Mal sehen, hängt von deinen weiterführenden Erläuterungen ab.

PS2: Das heute war tatsächlich erst part-4

Trotzdem sehr interessante und aufschlussreiche Beiträge, laser 558.

Und das sind Meinungen von Profis, aktiven Radioleuten...

Sag diesen Leuten, wenn sie hier zufällig gerade nicht mitlesen sollten, dass mir ihre Meinung so was von ... ist. Es schmeichelt mir sogar, dass sie mich nicht leiden mögen.

Das sind ja alles Herrschaften, deren Verständnis von Radio ich ganz und gar nicht teile!
 
Auch ich bin froh, dass die Forenleitung uns weiter diskutieren und laser558 die Möglichkeit gibt, die geschichtliche Entwicklung aufzublättern, auf die ich gespannt bin und die wir danach nach Herzenslust diskutieren können.
Das sehe ich absolut genauso. Was bin ich froh, daß hier wenigstens einmal wieder jemand schreibt, der auch was Substantielles zu sagen hat. Über Fakten und Thesen kann man sehr gut streiten, und meistens bringt sowas alle weiter. Über Verschwörungstheorien zu diskutieren, ist dagegen so nötig, sinnvoll und ergiebig wie eine Trollfütterung.
Bedarf allerdings einer guten Diskussionskultur aller.
Auch das möchte ich gern nochmal ausdrücklich hervorheben.
Aber du darfst ja keine Grundsatzkritik üben, das wäre viel zu gefährlich. Wie oft hast du dir schon in die Lippe gebissen, als gerade wieder mal pauschal über den nicht sendefähigen Schlagerschmalz hergezogen wurde? Gute Miene zu bösem Spiel, ich weiß.
Jetzt weiß ricochet also schon, wie es um des Grafen Lippe bestellt ist. Was sollen solche sinnlosen Spekulationen und Unterstellungen? Bringen sie die Diskussion auch nur um ein Jota voran? Ich habe aus des Grafen Postings immer riesigen Sachverstand und auch heftige Kritik herausgelesen, wo sie sein mußte. Was ich allerdings von ihm noch nie gelesen habe, sind unbewiesene Vermutungen, die er als Tatsachen verkaufen wollte.
 
Das fiel mir auf:
Nein, RPR2 hat absichtlich mehr als ein Jahrzehnt lang Miese gemacht, damit die armen Leutchen ihre Schlager hören können. Schon klar!

Erst hatte der Herr behauptet, es wäre falsch gewesen, gegen ein bestehendes Schlagerradio anzutreten.
Abgesehen von dem geschichtlichen Fehler: Damit also Verluste gefahren hat.
Jetzt behauptet er, RPR2 hätte 10 Jahre Gewinn gefahren.
Gerade so wie es ihm in den Kram passt.
 
etzt weiß ricochet also schon, wie es um des Grafen Lippe bestellt ist. Was sollen solche sinnlosen Spekulationen und Unterstellungen?

Ich habe ihm nichts Unrechtes unterstellt, dazu schätze ich den "Grafen" zu sehr. Aber von aktiven Radioleuten ist nur selten harsche Kritik an der Senderpolitik zu hören, was nur zu verständlich ist in diesen Zeiten. Das war's dann auch schon.
 
Ich schwanke zwischen "Ich antworte nicht, gehört nicht zum Thema" und Richtigstellung. Nur so viel: Ricochet, sei unbesorgt, aus meinen Überzeugungen habe ich noch nie Hehl gemacht, weder innen, noch von außen. Und sei versichert, ich beiße mir niemals auf die Lippen, etwas nicht zu sagen, obwohl ich es könnte. Auch ich sage im konkreten Fall deutlich, was ich für "nicht sendefähigen Schlagerschmalz" halte, bin aber auch nicht gegen alles, was sich "Discofox" nennt oder was von Andrea Berg erscheint.

Weiter bitte (!) im Thema.
 
Zwischenruf:
@hinhörer: Danke für das Lob. Nur möchte ich es nicht allein und auf mich beziehen. empire hat auch eine reiche Erfahrung gemacht und das, was er erlernt hat, weitergegeben. Es gibt noch andere hier im Forum, die entweder nicht aktiv sind oder einfach nicht schreiben möchten.
Weil sie sich vielleicht wirklich auf die Lippen beissen, wer weiss...

Zu meinen Beiträgen sage ich nochmal vorab nur soviel:
Ich bin nicht gegen den traditionellen typischen deutschen Schlager. Wer ihn hören möchte: ok. Ich kann niemandem einen Geschmack vorschreiben. Wenn ich aber Radio mache und Zahlen und Kosten/Einnahmen verantworten muss, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.
Und das werde ich versuchen, herauszuarbeiten. Neben den anderen Punkten.
Ich meine, einen Versuch ist es wert?
 
Also probieren wir es noch einmal... 1991/1992 war ein entscheidendes Jahr. Die Lokalsender in Bayern und die in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mussten sich einigen, unter ein gemeinsames Dach oder wurden neu zusammengefügt.
In BW gab es plötzlich mehrere Lokal- und Regionalsender, die einfach zerschlagen oder zusammengelegt wurden.
So gab es in Baden entlang der Rheinlinie plötzlich Radio Merkur aus Rastatt, Radio Victoria/Ladies First und Scharzwald Radio nicht mehr: Alles wurde Radio Regenbogen zugeschlagen.
Und das alte Radio Ton aus Bad Mergentheim wurde auseinandergenommen: Der östliche Teil fiel an Radio Regional aus Heilbronn, der westliche Teil machte zunächst als Radio R.N.O. weiter. Heute ist es sunshine live.

In Bayern gab es eine Beschränkung hinsichtlich der Pressebeteiligung: Die Monopoltageszeitung durfte nur 33.3% der primetime innehaben und musste sich also Partner suchen.
Neben der Radio7-Kette standen sich auf Lokalebene Radio Gong und Radio Charivari/Neue Welle gegenüber.
Ab Ende 1991 auch hier eine Konsolidierung: Gong wurde praktisch aufgekauft und gehörte nun zum Oschmann-Konzern, dem Telefonbuchverlag.
Dessen Chef Gunther Oschmann war ein schlauer Fuchs, der sich schon frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannte.

Die Charivari-Kette und das später startende Antenne Bayern kamen in den Genuss der ersten Beraterfirma: B.C.I. In Schwaig, Nähe Nürnberg.
Nürnberg war damals das Zentrum, um das sich alles drehte:
Die ersten Consultants kamen vom AFN Nürnberg... Mike Haas allen voran, der bereits 1985 vorausschauend die genannte Beraterfirma gründete.

Die Aufgaben und Herausforderungen waren damals vielfältig und gigantisch: Definition eines Formates, Ausbildung und Schulung der Mitarbeiter/Moderatoren, Zurverfügungstellung von dem angedachten Format entsprechender Musik.

Und weil die meisten Musikchefs versagten, wurden die auditions und researches geboren: Titel vor und durch Publikum zu testen. Um herauszufinden, was in einer bestimmten Altersschicht wirklich ankam.

Mike Haas war einer der ersten, die auf 3EBs und häufige Namensnennungen des jeweiligen Senders setzten. Der Name des Senders musste bekannt und durchgesetzt werden. Ein Kollege zählte damals einen bestimmten Stationsnamen bis zu 27x pro Stunden. In allen Variationen- am
Topradio-Mischpult die Topradio-Uhrzeit ihr Topradio-Moderator xxx mit der Topradio-Sendung xyz... usw usw.

Und es fiel den Hörern mehrheitlich nicht nervend auf! Sondern erst, wenn man sie darauf aufmerksam machte. Ein Konzept, das die Radioberaterin Yvonne Malak heute noch vertritt und immer wieder in Erinnerung ruft.

Und dann kam Antenne Bayern, mit gegründet u.a. von Mike Haas und der Oschmann-Gruppe. Letztere wurde durch ihre Beteiligungen zum grössten Medienanbieter in Bayern.

An dieser Stelle ein Einhaken: Der oftmals gehörte Vorwurf, alle Berater bzw. deren Firmen seien ein- und dasselbe und würden überall das gleiche Konzept vertreten, stimmt nicht.

Es wird gehobelt, mit unterschiedlichen Ansätzen und Zielgruppenvorstellungen an die Sache herangegangen und man ist untereinander Konkurrenz!
Also keinesfalls ein einheitliches Gebilde mit einer einheitlichen Aussage und Programmvorstellung/-Philosophie.

Das beste Beispiel ist ABY, anfangs ein Kind der BCI:
In späteren Jahren von Alan Burns & Associates betreut, deren bekannter Berater Rik de Lisle Gewinnspiele als Reichweitensteigerung verordnete.

Mit Ad Roland aus Holland war ein weiterer Anbieter, speziell in Moderationsschulungen, aktiv.

Und mit Radio & Success war mehr ein Einzelkämpfer an der Front: Peter Bartsch aus München.
Er gilt und galt als „Weichspüler“, denn sein 50:50-Konzept Deutsch:Oldies wurde als Arabella-Mix der gleichnamigen Münchner Station an weitere zwanzig, dreissig Stationen verkauft.

Bereits 1992 kam es dann auch zu ersten, heftigen Programmkorrekturen: Das bekannte Frühstyxradio bei radio ffn in Isernhagen fiel eben jenem Peter Bartsch zu Opfer, der ab 2004 auch eine Programmkorrektur bei Bayern1 einläutete.

Daneben gibt es noch eine Menge anderer consulting-Unternehmen, die alles mögliche anbieten: Von nur Moderationsschulung, corporate identity, jingles bis musikformatgerechten playlists und researched tracks. Und nicht wenige Einzelkämpfer, die nicht firmierten.

Die Aussage Berater = Berater ist also zu pauschal und kann in der Diskussion, weswegen kein oder wenig deutscher Schlager stattfindet, nicht als Begründung herbeigeführt werden. Ich sagte es bereits: Das ist eine Reaktion, auf die ich später nochmals eingehe.

Dann noch ein Wort zu den Pressebeteiligungen: Ich habe mit einigen Zeitungschefs direkt gesprochen. Deren Engagement war nicht politisch zu sehen, so unter dem Motto: „Nachdem uns Helmut Kohl den Weg geebnet hat...“
Nein!
Sie machten sich alle Gedanken um den Werbekuchen, den ein kommerzieller Sender in ihrem Gebiet beschneiden würde. Also beteiligten sie sich an Radiounternehmungen, um evtl. Verluste zu kompensieren. Und das war bereits 1986-1989...

Der zweite Grund war in der Tat, mehr jugendliche Hörer anzusprechen, zwecks neuer nachwachsender Kioskkäufer und/oder Abonnenten. Die messbare Leserschaft war 40+, und das wurde im Laufe der Jahre noch schlimmer.


Und eine Lanze muss ich den Zeitungsverlegern brechen: Alle hatten anständige Absichten. Als Presse will man informieren, Sachverhalte darlegen, den Leser auf der Höhe der Zeit halten. Dazu ist eine funktionsfähige und unabhängig arbeitende Redaktion notwendig. Dies wurde 1:1 dann auch in den betreffenden Sendern umgesetzt.
An gefakte Beiträge oder politische Parteinahmen dachte keiner.
OK, bei RPR war es damals gute Sitte, dass der ChR und andere sich mehr oder minder regelmässig in Oggersheim blicken liessen, im Programm fand das keinen Nachhall. Man arbeitete ja ebenso gut mit den SPD-Landesregierungen zusammen und ergatterte sich eine Lizenz nach der anderen...

Wieviel Freiheit gegeben war und ist, zeigt vielleicht das Beispiel Nürnberg, wieder: Da gibt es zwei Tageszeitungen, eine davon erzkonservativ, die andere eher links und liberal. Und beide haben ein gemeinsames Verlagshaus, das von oben nicht reinredet!

Hier erst einmal Punkt. Ich muss mir überlegen, wie und wo ich weitermache, es gibt noch soviel zu behandeln.

Ende -part 5-
 
Vieles stimmt auch in meiner Erinnerungen, die jetzt wieder wach werden. Ich würde es nicht mehr zusammenbekommen, schon gar nicht in der zeitlichen Einordnung. Kompliment, das Ganze könnte auch ein Sachbuch werden, dessen Auszüge hier vorab erscheinen. Vielleicht eine Idee.
 
Und weil die meisten Musikchefs versagten, wurden die auditions und researches geboren

Das mag auch damit zusammenhängen, dass viele Musikredakteure gar nicht wussten, wie sie ein zielgruppenspezifisches Programm auf die Beine stellen sollen, das konkreten Marktvorgaben entspricht und vom Hörer positiv beurteilt wird. In den Staaten war das immer einfacher, weil alle Akteure rund ums Radiogeschäft an einem Strang zogen und fertige Industrie-Module für jede denkbare Zielgruppe vorhanden waren, die kleine Stationen nur noch übernehmen mussten und nach eigenen Vorstellungen adaptieren konnten. Seit die landesweiten Radioketten eine unabhängige Station nach der anderen aufkauften erfolgt die Musikplanung weitgehend zentral. Natürlich schlagen dabei Industrieinteressen stark ins Kontor was eine konsequente Limitierung der Playlist zur Folge hat. Aber das kennt man mittlerweile auch hierzulande.

Unabhängige, lokale Stationen mit großer Playlist haben tolle "Quoten" und weniger Probleme Werbetreibende an Land zu ziehen, aber die Sympathie der Musikwirtschaft haben sie nicht. Die großen Ketten, die alle Formate bedienen, haben bereits seit längerem dramatische Werbeeinbrüche in den umkämpften Ballungszentren zu beklagen. Diese renditehungrigen Konzerne sind auf starke Partner angewiesen und setzen überdies zunehmend auf Internetbeteiligungen oder Webdienstleistungen
 
Zwischenruf:
Das mag auch damit zusammenhängen, dass viele Musikredakteure gar nicht wussten, wie sie ein zielgruppenspezifisches Programm auf die Beine stellen sollen, das konkreten Marktvorgaben entspricht und vom Hörer positiv beurteilt wird.
Genau das war der Grund, habe ich ja auch gesagt... jeder liess seine privaten Vorlieben einfliessen und es war ein Chaos.
In den Staaten war das immer einfacher, weil alle Akteure rund ums Radiogeschäft an einem Strang zogen und fertige Industrie-Module für jede denkbare Zielgruppe vorhanden waren, die kleine Stationen nur noch übernehmen mussten und nach eigenen Vorstellungen adaptieren konnten. Seit die landesweiten Radioketten eine unabhängige Station nach der anderen aufkauften erfolgt die Musikplanung weitgehend zentral.
Und diese Aussage stimmt, auf die USA bezogen. Einfach "transplantierte" playlists finden inzwischen auch hier statt.
Unabhängige, lokale Stationen mit großer Playlist haben tolle "Quoten" und weniger Probleme Werbetreibende an Land zu ziehen, aber die Sympathie der Musikwirtschaft haben sie nicht
Das würde mich nicht jucken...

Na also, geht doch... Wenn Du jetzt noch mal was annehmen und glauben würdest, wäre Fr.., Fr.., Eierkuchen.:p
 
Machen wir als kleinen Zwischenschauplatz diesen Ausflug, der mir wichtig erscheint.

Part -6-


Wer sind Berater? Wie wird man Berater?

Berater ist kein Ausbildungsberuf, kann man nicht erlernen.
Aber auch:
Musikredakteur/Musikchef ist kein Ausbildungsberuf, kann man nicht erlernen

Bei Moderator und Geschäftsführer kann man gewisse Schulbildung, ein Talent verbunden mit einem Sprechtraining oder mindestens gelernter Kaufmann mit IHK-Abschluss voraussetzen.

Aber gerade beim Medium Radio -und da Privatradio- ist sehr viel möglich und gibt es jede Menge Quereinstiege. Zumindest in den Anfangsjahren war das einmal so. Innerhalb der Branche spricht sich aber herum, wer etwas „drauf hat“ und wer nicht.

Die blosse Bezeichnung oder der Titel allein ist also kein Garant, dass der Betreffende was kann. Wieviele plötzlich eingesetzte Geschäftsführer sind ebenso plötzlich irgendwohin wieder entschwunden – siehe die letzten von mainfm...

Unter dem Oberbegriff „Berater“ sind ja nicht alle identisch und haben nicht alle die gleichen Ideen.

Als in Deutschland Consulting begann, war hier unbeflecktes Land. Trailer, Jingles, claims, ramp-talks, Musik- und Stundenuhren: Alles Fremdwörter bei den ARD-Anstalten.

Für Privatsender waren Berater notwendig, um sich schnell und effektiv durchzusetzen. Allenfalls die etwa 10 Heroen aus der Free-Radio-Szene aus Ostbelgien, Südtirol und Italien hatten da noch das know-how, um da erste Hilfestellung zu leisten.

Solche Musikredakteure, die den Formatgedanken verinnerlicht hatten und zielsicher/punktgenau umsetzen konnten, wurden nach und nach zu den Consultingfirmen geholt- oder sie gründeten selbst welche... oder machten sich als Einzelunternehmen selbständig. Wer keine Erfolge vorzuweisen hatte und mehr unbekannt blieb, wurde meist nicht berücksichtigt.

In Sachen wdr1 erinnere ich mich noch schmunzelnd, dass ein Kollege vorschlug, den „ganzen programmlichen Rotz“ von heute auf morgen zu entsorgen. Und das inzwischen legal hörbare Programm von Veronica samt Musikuhr und Musikausrichtung fast 1:1 als neues wdr1 umzusetzen.
Minus der holländischsprachigen Titel, aber mit der gleichen Schnelligkeit, Lebendigkeit und Präsentation.
Das war's. Das ganze Expose ein Zettel mit fünf Sätzen. Aus heutiger Sicht hätte wdr1 damit das beginnende radionrw gleich in den Boden gestampft. War eben nicht...Vielleicht in irgendeinem Papierkorb gelandet, das alles...?

Das 1:1 Umsetzen funktioniert aber nicht immer. Beim wdr hätte es wohl Früchte getragen. Aber schon sehr früh mussten die ersten Consultants erkenne, dass man besonders Musikinhalte nicht einfach so übernehmen konnte. Die Definition des Formates an sich, deren Weiterentwicklungen, deren Merkmale, Zielgruppen und Bestandteile wie Art der Moderation, Jingles, Art der Jingles, Präsentation und der NAME des Formats: Ja.
Deswegen wurde ja ein Euro-AC geboren!

ABER : Unser vielschreibender Kritiker liegt also mindestens in dem Punkt falsch, dass er dauernd die Entwicklung und Reichweiten aus den USA zitiert, warum auch immer. DAS FUNKTIONIERT NICHT und hat hier keine Aussagekraft.

Auf Grund der Konkurrenzsituation muss man bei der Format/Musikplanung sowohl die Mitbewerber als auch das regionale Umfeld mit einbeziehen. Was in den USA da auf dieser oder jener Station oder Kette läuft, ist zunächst einmal vollkommen uninteressant. Nur für die Sender der „Milleneans“ kommt es in Betracht, wenn es sich um die AT40 handelt: youfm, planetradio,bigfm usw.

Und wie schon einmal erwähnt: Berater haben höchstens dann eine einheitliche Linie oder Aussage, wenn die gewonnenen Erkenntnisse allgemeingültig sind. Wie zum Beispiel Deutschanteil und da inbesondere die Verträglichkeit des althergebrachten deutschen Schlagers.
Eine Reduzierung des Deutschanteils beruht u.a. also auf der Erkenntnis, dass man mit weniger Deutschanteil mehr Hörer holt. In der werberelevanten Zielgruppe 14-29 Jahre.

Der im letzten Beitrag schon einmal erwähnte Peter Bartsch ist nun ein deutsches Eigengewächs und konnte sich durch die Anfangserfolge von Radio Arabella einen Namen machen. Der damalige 50%ige Deutschanteil ist inzwischen aber auch Schnee von gestern und beruht auf den gewonnenen Erkenntnissen der Verträglichkeit althergebrachten Schlagers. Das heutige Programm von Arabella beinhaltet keinen einzigen deutschsprachigen Titel mehr...
Als der Kollege bei Bayern1 ansetzte, setzte er als regionalen Faktor gezielt stündlich einen Titel deutschen Austropop fest. Und die Programmleitung entschloss sich zu einer Zweiteilung des Formats: Tagsüber Nebenbeimedium, abends Spezialsendungen und eine ganze Stunde deutsch.

Eine Kritik sei an Bartel geübt. Mancher Sender hätte sich einfach die Playlist eines von ihm betreuten Senders kopieren sollen und er hätte alles umsonst gehabt... vollkommen identische Musikpools liefen da euf mehreren kleineren Sendern...
Und eine zweite Kritik: MOYL scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Weder ein deutschlastiges noch ein AC-Moyl. Da bekommt der Kollege vielleicht noch die Kurve?

Übrigens: Bei Privatradios holen immer die Gesellschafter den Berater ins Haus, weniger die Programmchefs. Bei denen herrscht dann erst einmal eine grosse Ablehnung und Angst, was da kommen möge.

Und je nach Station kommt einiges: Da wird erst einmal Kosten abgebaut. So gern man es hat, aber trägt sich ein eigenes Nachtprogramm oder kann man sich nicht mit einem Nachbarsender zusammentun und so die Kosten halbieren? In BW gab es Anfang der 90er lange Zeit ein gemeinsames Nachtprogramm von RT4, Antenne Stuttgart und Welle Fidelitas, das reihum produziert wurde.

Ein guter Berater hört sich den Sender und die konkurrierenden Stationen erst einmal von aussen an. Dann kommt die Frage, welche Vorstellungen die Gesellschafter bzw. die Programmleitung hat, wohin es gehen soll. Dann entwickelt der Berater eine Vision.
Nimmst du Musikgenre hardrock rein, gewinnst du in jener Altersgruppe und verlierst Hörer da und dort.
Nimmst du Musikgenre deutschpop rein, gewinnst du in Altersgruppe xxx und verlierst Hörer dort und da
Usw.
Usw.
Usw.
Das wird fein aufgedröselt und dann wird ein Plan entwickelt und festgeklopft, der auch Inhalte wie boulevardeske Themen, Art der Moderation und Präsentation sowie claims umfasst.

Ob und inwieweit Mitarbeiter des Senders das mittragen, ist ein neues und anderes Kapitel. Aber wenn sie es nicht mittragen bzw. mittragen können, dann sind sie fehl am Platz, leider. Und sollten gehen.

Musikredakteure:

Wenn es nicht die beschriebenen wenigen Naturtalente waren, sah es in der Tat übel aus. Morgensendungen wurden mit „Blowin' in the wind“ von Bob Dylan eröffnet- schnarch weiter!
Bestimmte Musikgenres waren verpönt oder passten nicht in den persönlichen Musikgeschmack des Musikchefs. Musikmann XXR spielte eben lieber die Eagles anstatt Madonna, auch wenn die mit einem Titel nach dem anderen die Charts abräumte. Und Musikmann XXRR fragte sich bei harmlosen Italodisco-Titeln: Was ist denn das, billige Computermusik?! Dass man einen solchen Titel aber gern auch als Opener und besonders zum Wachwerden einsetzen könnte, das kam dem Mann nicht in den Sinn.
Und dass man bei Hot-AC immer mit einem Charttopper eröffnen sollte, war auch fremd. Musikuhr? Brauche ich nicht.

Ja, genau aus diesem Grund wurden die auditions und researches geboren. Und darüber hoffentlich im nächsten part mehr.
 
@laser: Danke für die Ausführungen. Erstaunt hat mich, wie wenig die Interessen die Werbewirtschaft, der Printverlage und der Platten-"Industrie" Erwähnung finden. Nach mancher Glauben seien es ja jene, die die Programme von Radiosendern dominieren und sie zu "Dudelsendern" gleichschalten.

Ich sah und sehe die deutsche Radiolandschaft exakt wie in Part -6- beschrieben.

(Bartel statt Bartsch war sicher nur ein Tippfehler, oder?)
 
Danke. Zu dieser angeblichen Verschwörung, die keine ist, komme ich noch.
Und Bartel war natürlich ein Tippfehler...war mit den Gedanken woanders: Muss Bartsch heissen.
btw: Habe in den letzten drei Tagen sagenhafte 17 Zustimmungen und 2 "followers" bekommen.
Dafür danke!
Also ist es nicht ganz umsonst, was ich da so tippe...
:)
 
Wo hier gerade MOYL/Adult Standards erwähnt werden: Wodurch zeichnet sich das Format eigentlich aus und wie unterscheidet es sich vom Oldie-based AC? Wenn ich das richtig sehe, fallen bei MOYL aktuelle Titel ganz heraus, stattdessen laufen nur Titel aus der Zeitspanne von den 50ern bis 80ern, früher schien das Format auch Big-Band-Jazz zu umfassen. Ist das richtig?
 
Oha...nein. Das genaue Gegenteil davon...

Bin gerade noch wach und habe es gelesen. MOYL ist aber schon mindestens 3x erklärt worden.

Am nächsten dran, aber noch lange nicht angekommen, ist hr1.
MOYL, music of your life. ist im Prinzip ein oldiesbased format, ja. ABER mit einem deutlichen, beabsichtigten Anteil von dazupassenden currents, also Neuerscheinungen. So Sachen wie
Our day will come/Amy Winehouse, Summertime sadness/Lana del Rey oder Slow it down/Amy MacDonald
oder
http://www.clipfish.de/musikvideos/...oys-thats-why-god-made-the-radio-lyric-video/

Dem zu Grunde liegt die Erkenntnis, dass ein reines oldiesbased Format zwar sehr sehr umfangreich gefahren werden kann, auf Dauer aber doch ermüdet. Viele aus dem Zielpublikum wollen in Sachen aktueller Musik nicht abgekoppelt werden, sondern auf der Höhe der Zeit bleiben.
Das ist eine ähnliche Entwicklung, die vor einiger Zeit das rock-format durchlaufen hat. Es hatte sich als classic rock totgelaufen, weil nur noch die immergleichen Titel liefen. So entstand zusätzlich modern rock für die aktuelleren Titel. Und ein Mischformat, das sowohl als auch umfasst, wurde auch geboren: sozusagen ein rocklastiges MOYL.

MOYL hat erst angefangen. hr1 muss da noch sehr viel tun. Sie sind erst auf dem Weg dorthin.
Und dann gäbe es ja noch eine deutschlastige Variante davon: Und das ist beispielsweise hr4, ohne dass sie selbst es so wahrnehmen...
 
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