AW: 20 Jahre Lokalradio NRW
@104.6Hörer: Obwohl "Der Lauscher" bereits viel Wahres gesagt hat, möchte ich an dieser Stelle dennoch auf Deine Argumente eingehen.
104.6Hörer schrieb:
Ich frage mich, wann Du uns die Frequenzen für die mindestens 5 Privatfunk Sendeketten präsentierst, schließlich wolltest Du für eine wundersame Sendervermehrung sorgen.
Das habe ich niemals behauptet.
Für einen Regionalsender im Ruhrgebiet mag es nach der Inbetriebnahme der "zweiten Kette" noch Optionen geben, vorallem jedoch für lokale und sublokale Programmanbieter.
104.6Hörer schrieb:
Du hast Eins Live und Radio CT in Dortmund verschwiegen, dafür Vilradio Premium Musik in Nürnberg aufgeführt.
Einslive hatte ich schlichtweg vergessen; - vermutlich deshalb weil ich den Sender überhaupt nicht höre.
Das wäre aber genauso, als hätte ich in der Liste für Nürnberg Bayern 3 nicht aufgeführt, dagegen hättest Du sicher keinen Einspruch erhoben.
Bei Radio CT handelt es sich um das Radio der Ruhruniversität Bochum, welches lediglich via Overspill in einigen Stadtteilen Dortmunds zu empfangen ist (übrigens eines der ganz wenigen Hochschulradios, das es inzwischen geschafft hat, eine höhere Sendeleistung koordiniert zu bekommen).
104.6Hörer schrieb:
Nehmen wir an statt der Lokalradios wäre damals die Privatfunkkette an Radio FFNRW oder HitRadio Antenne NRW gegangen. Es bleibt doch dabei, dass es nur eine Kette wäre und nur ein Radio. Die Vielfalt wäre nicht größer. Eine neue WDR-Kette hätte dann die Frequenzen erhalten, die heute die Lokalradios haben.
Du scheinst ja meine älteren Beiträge gut gelesen zu haben, wie ich anhand der obigen Namen feststelle.
Der WDR betreibt heute fünf landesweite Ketten und mit Funkhaus Europa einen Sender mit regionaler Abdeckung. Ob noch ein siebter Sender der besagten Rundfunkanstalt auf UKW rechtlich überhaupt machbar gewesen wäre, halte ich für fragwürdig.
104.6Hörer schrieb:
Und die Politiker waren 1990 nicht bereit mehrere Ketten an den Privatfunk zu geben.
Wieso schreibst Du ständig von einer Kette, die vermutlich Deiner Auffassung nach auch noch flächendeckend sein müsste? Es wären doch durchaus echte Lokal- und Regionalsender möglich gewesen, hätte man die Akteure in dem Video mal zum Zuge kommen lassen, besonders die Jungs aus Düsseldorf, die mit Radio Benelux bereits bewiesen hatten, dass sie in der Lage waren, gutes Radio zu machen.
Die eigentlichen Probleme traten erst dann auf, als man die ganzen Zeitungsverleger ins Boot geholt hatte, die im Radiosektor keine Erfahrungen hatten, was sich in einem ziemlich eintönigen und langweiligen Programm niederschlug.
Der spätere Einfluss von Beraterfirmen führte zu einer noch weiteren Verschlechterung der Qualität.
104.6Hörer schrieb:
Nehmen wir mal an Radio NRW gebe es nicht. Die Lokalradios wären ohne Verlegerprivileg an folgende Unternehmen gegangen: Holtzbrinck, Bertelsmann/RTL, Springer, WAZ, Burda und die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft.
In vielen anderen Bundesländern war dies tatsächlich der Fall: Deshalb ist Deutschland heute der Staat mit der langweiligsten und eintönigsten Radiolandschaft!
Von Anfang an hatten kleine Unternehmen kaum Chancen auf eine UKW-Frequenz, sieht man mal von einigen Ausnahmen in Bayern und Baden-Württemberg ab.
Es wäre viel klüger gewesen, bereits in den achtziger Jahren auf
echten Wettbewerb zu setzen und in den Großstädten und Ballungsräumen UKW-Frequenzen an unabhängige Privatfirmen zu vergeben, so wie es bspw. im München mit der 89,0 geschehen ist, auf der bekanntlich Radio2DAY sendet, oder in Hof mit der 88,0, welche sich Extraradio und Radio Euroherz untereinander aufteilen.
104.6Hörer schrieb:
Schauen wir doch in die Niederlande, RTL übernimmt dort auch alle möglichen Sender. Schauen wir mal nach Polen, der Bauerverlag/RMF Gruppe bzw. Eurozet/Lagardère Media übernehmen all Sender. Die Liste ließe sich fortführen.
Man könnte die Wallonie, Frankreich und selbst Italien und Spanien hinzunehmen: Überall wo diese großen Konzerne in den Markt einsteigen, ist die Vielfalt im Radio akut gefährdet: Die beteiligen sich an bestehenden Sendern, kaufen diese auf oder schaffen es, sie mit behördlicher Hilfe dicht zu machen, weil sie sich angeblich nicht an lizenzrechtliche Auflagen gehalten haben, was jedoch in der Vergangenheit nie jemanden gestört hat.
Diese Entwicklung ist eine echte Pest, die scheinbar in ganz Europa um sich greift, solange jedoch die Brüsseler Wettbewerbshüter da nicht eingreifen, wird sich nichts ändern.
Warum aber greifen sie nicht ein (auch in Bezug auf die Lage in NRW nicht)? - Weil die Lobbyisten auch in Brüssel aktiv sind!
104.6Hörer schrieb:
entgegen der Behauptungen des Internetradiofans habe ich Euch keine Einnahmen verschwiegen und werde nicht von Radio NRW oder ähnlichen Organisationen für die Vorbereitung meiner Meinung bezahlt.
Ich habe dies nicht behauptet, sondern vermutet.
Es wundert mich jedoch stark, mit welcher Vehemenz Du für eine Beibehaltung der bestehenden Zustände in NRW eintrittst.
Wie kann man eine so minimale Vielfalt auch noch gut finden, sofern man nicht in irgendeiner Form beim Lokalfunk beruflich involviert ist (und sei es auch nur bei einem Zeitungsverlag)?
Um noch Dir zu zeigen, wie echte Vielfalt aussehen kann, möchte ich an dieser Stelle erneut die Privatsender, welche im flämischen Gent auf Sendung sind, anführen:
88,6 - Q-Music -
http://194.0.174.13/QBE_MP3_VERYHI.m3u
96,3 - Radio Maria -
http://streams.lazernet.be:3660/listen.pls
99,4 - Topradio -
http://ns24907.ovh.net:8000/listen.pls
102,8 - Zen FM -
http://ns25042.ovh.net:8010/listen.pls
103,5 - Nostalgie Vlaanderen -
http://stream10.fluoline.net/listen.pls
103,8 - City Music -
http://shoutcast01.edpnet.net:10150/listen.pls
104,1 - Joe FM -
http://194.0.174.13:80/4FM_MP3_HI.m3u
104,5 - Club FM -
http://stream.publimediasvr.be/playlist_club.m3u
104,9 - Hit FM -
http://94.23.48.124:8000/listen.pls
105,3 - UR Gent -
http://urgent.stream.flumotion.com/urgent/high.ogg.m3u
105,7 - Family Radio -
http://ftpbackup.clubfmserver.be:8000/family.mp3.m3u
106,4 - Crooze FM -
http://193.227.114.74:9000/listen.pls
106,8 - C-Dance -
http://streamserver.c-dance.com:8320/listen.pls
107,7 - Radio Plus - keine Streamadresse
107,9 - RGR FM -
http://shoutcast01.edpnet.net:10210/listen.pls
Und nun zum Vergleich die Lage in Münster:
90,9 - Radio Q 90.9 FM -
http://radioq.de/stream/gross.m3u
95,4 - Antenne Münster -
http://stream.antennemuenster.de:8000/am128k.m3u
Beide Städte haben etwa 250.000 Einwohner und sind sich auch kulturell recht ähnlich.
Mit einer anderen Medienpolitik hätte man die Voraussetzungen schaffen können, dass es heute in Münster eine ebensolche Vielfalt gibt, wie in Gent.
Würde dieses Modell nicht funktionieren, wären die Stationen schon längst pleite gegangen.
Club FM, Top Radio, City Music, PGR FM, Hit FM, Family Radio, C-Dance und Radio Maria sind übrigens alles Ketten, auch wenn diese selbstverständlich nicht flächendeckend empfangen werden können, was allerdings auch nichts ausmacht, solange die Programme in den wichtigsten Ballungsräumen vertreten sind (eine Abdeckungskarte gibt es unter:
http://www.hermanboel.eu/radioinvlaanderen/ketens.htm). Acht Privatradioketten in Flandern, welches weniger Einwohner hat als NRW, das will schon was heißen!
Flandern hat gezeigt, dass es möglich ist, auf UKW ein attraktives Programmangebot zu etablieben. Und Flamen sind von Natur aus
keine Anarchisten, sondern sehr ordnungsliebend! ...weil Du ja so viel Wert auf preußische Ordnung legst.
104.6Hörer schrieb:
Wenn ihr 15 Jahre zurück blickt, hat jeder Lokalsender in der eigenverantworteten Zeit eigene Musik gespielt, Wunschkonzerte veranstaltet usw. Jetzt ist alles vereinheitlicht und das allein bestimmt der Anbieter. Er muss wissen wie er Geld verdient. Wichtig ist, dass er Steuern abführt und die Mitarbeiter bezahlt.
Wichtig aus der Perspektive des Hörers ist vorallem, dass der Lokalsender gute Inhalte liefert, insbesondere in musikalischer Hinsicht (woran es in Deutschland am allermeisten hapert), so wie bspw. das meiner Meinung nach exzellente Crooze FM.
- Ja auch das ist möglich: Auf lokaler Ebene lässt sich durchaus sogar ein Spartenradio etablieren. Crooze FM sendet ausschließlich in Gent und Antwerpen; seit kurzem zudem in Brüssel.
Zen FM mit seinem auf Ambient Music spezialisierten Programm ist einzig und allein im Großraum Gent auf UKW zu empfangen.
Klappt doch, vorausgesetzt, die politischen Rahmenbedingungen stimmen!
P.S. Bei mir läuft gerade das obige "City Music"; - was für ein himmelweiter Unterschied zum NRW-Lokalradio-Einheitsbrei!