Amerikanische Verhältnisse

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An alle Befürworter des amerikanischen Hörfunksystems

Ich habe gerade in der heutigen Netzzeitung (Voice of Germany)einen Artikel über Zensur im gelobten Ami-Radioland gefunden und weiß plötzlich wieder, was ich am hiesigen System schätze.

Gruß postit



Obszönes aus der Luft
Von Anjana Shrivastava
12. Mär 07:40

Der amerikanische Wahlkampf schlägt sich auch auf die Arbeit der Radiomoderatoren nieder. Unanständiges Gerede kann den Sendern drastische Bußgelder bescheren.

Wenn gleichgeschlechtliche Ehen im letzten Monat das Thema amerikanischen Wahlkampfes waren, dann erlebt dieser Monat einen neuen Feldzug: Dieser richtet sich gegen die wilde Welt des «Talk Radio». Gerade hat der in Texas ansässige Medienkonzern «Clear Channel» angekündigt, den langhaarigen Bürgerschreck Howard Stern in sechs Sendegebieten definitiv aus dem Äther zu nehmen. Betroffen sind unter anderem Orlando, Miami und Pittsburgh – alles große Absatzmärkte und zugleich Schlüsselgebiete für die Wahlentscheidung.
Mit seiner langen Mähne sieht Mr. Stern aus wie ein Rockstar längst vergangener Tage, und in den achtziger Jahren erreichte er, hauptsächlich dank rassistischer und schwulenfeindlicher Kommentare, ein riesiges, vorwiegend männliches Publikum. Vor einem Jahr aber hat der ehemalige Bush-Unterstützer Stern die Seiten gewechselt, und richtete sich plötzlich gegen die Regierung und den Krieg in Irak.
Wie andere auch, klagt Stern darüber, nun zum Opfer einer politischen Kampagne geworden zu sein. Und tatsächlich sind die moralischen Kräfte und Personen, die jetzt gegen Obszönitäten im Radio vorgehen, dieselben, die sich in den vergangenen Wochen für einen in der Verfassung verankerten Bann der Homoehe stark gemacht hatten. Zum Beispiel die «American Family Association», eine christliche Rechtsorganisation: Sie zog im letzten Monat gegen die Stadt von San Francisco vor Gericht und torpedierte die FCC (Federal Communications Commission), also die zentrale Regierungseinrichtung für die Kontrolle der Medien, mit Eingaben, die auf ein verschärftes Vorgehen gegen Obszönitäten im Äther zielen.
Es sind nämlich nicht nur die Gerichte, die unter der Bush-Regierung unter Druck geraten sind, härtere Urteile zu fällen. Das «Wall Street Journal» zeigte jüngst auf, wie auch die FCC jetzt in die Zange genommen wird. Auf der einen Seite von der Regierung, auf der anderen von konservativen Aktivisten, die sich für eine verstärkte Zensur der Sprache in den Medien engagieren. Es handelt sich dabei um eine Sprache, die in den Augen der Regierung in der Vergangenheit keine Provokation dargestellt hatte: Etwa wenn der Rockstar Bono bei der Verleihung der Golden Globe Awards von 2003 verkündete, dass er die Entscheidung, ihm einen Preis für den Titelsong zu dem Film «Gangs of New York» zukommen zu lassen, für «really fucking brilliant» halte.
Solche Äußerungen stehen nun unter offizieller Beobachtung. Zunächst hatte das FCC geurteilt, dass Bonos Statement lediglich sehr drastisch aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt gewesen sei. Nun steht die Behörde unter massivem Druck, diese Entscheidung zu widerrufen. Bislang sind nicht weniger als 234 Anzeigen und 237.215 Briefe eingegangen, die darauf beharren, dass sich das Urteil nicht mit der öffentlichen Meinung deckt. Zudem sind die Bußgelder auf ein neues Level gehoben worden: Die aktuelle Bestimmung sieht vor, dass ein erster Verstoß gegen den öffentlichen Anstand nicht wie bisher mit 27.500 Dollar zu Buche schlägt, sondern gleich mit 275.000 Dollar. Für einen wiederholten Verstoß werden 375.000 und für den dritten gar 500.000 Dollar fällig. Solche Gebühren können sich für eine Rundfunkanstalt auf bis zu drei Millionen Dollar am Tag summieren, so dass Mr. Stern damit rechnet, schon in absehbarer Zeit völlig arbeitslos zu sein.
Während die Aktivistengruppen gegen Obszönität in den Medien darauf beharren, dass sich ihr Ärger insbesondere an Janet Jacksons Super-Bowl-Auftritt vor wenigen Wochen entzündet habe, sind sich die Gegner solcher Kampagnen sicher, dass der wahre Grund in den bevorstehenden Wahlen zu suchen ist. Die liberale Antwort auf diese Vorgänge ist am 31. März zu erwarten. Dann unternimmt «Air American Radio» den Versuch, ein politisches Unterhaltungsprogramm auf Sendung zu bringen, an dem unter anderem Al Franken beteiligt ist, der Autor des Bestsellers «Lies and the Lying Liars who tell them» (deutsch: «Kapitale Lügner. Eine faire und ausgewogene Betrachtung von G.W. Bush und seinen Neokonservativen.»).
Auch der Umweltaktivist Robert Kennedy Jr. soll mit von der Partie sein und der kommerziell überaus erfolgreich Rap Star Chuck D. Auch ihrer Arbeit wird wohl von der gegenwärtigen Rechtspraxis zur Zensur des Ausdrucks im Radio nicht unberührt bleiben. Al Franken ist bereits von Bill O Reilly, Gastgeber einer Talk Show bei «Fox Radio», vor Gericht gebracht worden. O Reilly beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung von Frankens Buch
Indes hat der konservative Talkmaster Rush Limbaugh die wachsende Einflussnahme der Regierung auf Radiostationen scharf kritisiert. Er ließ dabei nicht unerwähnt, dass er schon jetzt den Tag fürchtet, an dem Kerry und die Demokraten die Macht haben könnten, ihm die Redefreiheit zu beschneiden. «Wenn die Regierung in dieses Feld involviert ist, macht mir das ein bisschen Angst.» Sicherlich treffen eine Menge von Leuten schon ihre Vorbereitungen: für eine sehr enge Wahl im November.
 
Man beachte aber auch wie unser werter Bundeskanzler in Deutschland das gleiche durchziehen will.

netzeitung:
Trotz einer Beschwerde der Bundespressekonferenz bleibt der Kanzler bei seiner Haltung. «Bild»-Redakteure bekommen keine Interview-Termine

Der erste Schritt ist gemacht.
Ist halt seit dem 11. 9 wie in der DDR.
 
Gähn!

Der Unterschied ist nur, in unserem Radio gibt und gab es überhaupt noch nie irgendwo in Deutschland einen Stern oder Limbaugh.
Allerdings sehe ich die Entwicklung des US-Radiomarktes auch sehr kritisch, insbesondere die seit der Liberalisierung der 90er zunehmende Medien-Konzentration.
 
InsideBerlin, das ist nun doch ein wesentlicher Unterschied: Wem ich Interviews gebe und wem nicht, ist meine Entscheidung. Staatliche Einrichtungen sind verpflichtet, auf Anfrage Auskunft zu erteilen. Das tut die Presseabteilung der Bundesregierung nach wie vor auch gegenüber BILD. Was Schröder mit der BILD macht, ist ein vielleicht nicht von allen ersehnter Schritt, aber mit dem, was in Amiland über Gerichte etc. läuft, hat das (bisher) nun wirklich rein gar nichts zu tun. db
 
Beim Thema Schröder fällt mir etwas ganz anderes, zutiefst Skandalöses ein:
Diese ganzen Medienbeteiligungen dieser Partei nämlich. Ich bin aus prinzipiellen Überlegen dagegen, dass irgendeine Partei, egal welche, Beteiligungen dieser Art hält.

Darüberhinaus sollte man die Rundfunkräte auflösen und deren Aufgaben der Eigenverantwortung der Sender übertragen.
Ich habe mehr Vertrauen in die Mitarbeiter der Sender , als in die stark interessengesteuerten Mitglieder der Gremien.
 
@ Alquazar:
Dafür kann Herr Schröder ja demnächst der Frankfurter Rundschau umso mehr Exklusivinterviews geben... Die Bild-Zeitung braucht ihn bestimmt nicht - ob er aber an so einem wichtigen Massenblatt, das ihn nicht nur kritisch abgearbeitet hat und abarbeitet, vorbei kann? Nun ja, er hat es mittlerweile so entschieden oder wurde entsprechend schlecht beraten. Helmut Kohl hat z.B. Kai Diekmann für die taz im September letzten Jahres anläßlich ihres 25 jährigen Jubiläums ein großes Interview gegeben. Der Spiegel hat allgemein den Ruf, links-liberal zu sein; Bild möchte sich dagegen überparteilich sehen. An Bild kann eigentlich kein Politiker vorbei, am Spiegel schon eher. Herr Schröder könnte ja diesbezüglich von Herrn Gabriel lernen; dessen Devise ist (oder etwa war?) ja: Ein Tag ohne Mediendarstellung ist ein verschenkter Tag.

:)
 
Schröder pfeift eh auf dem letzten Loch. Noch ein paar versenkte Wahlen, dann ist er spätestens nach NRW im Mai (endlich) weg.

Die Interview-Verweigerung ist nach seiner Abgabe des Parteivorsitzes nur ein weitere Stufe auf der Treppe nach unten.
 
@Tom
Ich bin nicht unbedingt ein SPD-Freund, aber wenn jemand Tag für Tag so über dich berichten würde, wie es die BILD über Schröder getan hat, wie würdest du reagieren ?
Und komm jetzt nicht damit, das er da als Kanzler drüber stehen muß. Auch Gerhard Schröder ist letztlich nur ein Mensch.
 
Wenn jemand Tag für Tag so eine besch... Politik zu verantworten hat - wie sollen die Zeitungen denn dann über ihn berichten? Selbst den der Regierung nahestehenden Medien bleibt doch mittlerweile nichts anderes mehr übrig, als negativ zu berichten, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit nicht verlieren wollen.

Im übrigen verweise ich erneut auf die hier im Forum bereits mehrfach angesprochene Studie, derzufolge die BILD bei weitem nicht die Zeitung ist, die die Regierung am heftigsten kritisiert. Da sind gerade die regierungsnahen Blätter wesentlich heftiger.

Wirklich schlimm ist m.E. auch gar nicht, daß Schröder nicht mehr mit der BILD sprechen will; das ist in der Tat sein gutes Recht. Viel schlimmer finde ich es, wenn bestimmte Medien drch Ausschluß von den Kanzlerreisen an der Berichterstattung gehindert werden sollen - eine Maßnahme, die im übrigen auch den "Stern" betrifft, der einstmals, im Jahre 1998, Schröder sogar auf dem Titel aufforderte, gegen Kohl anzutreten.
 
Ich für meinen Teil muss ehrlich gestehen, froh zu sein, diesen Schröder nicht mehr überall lesen zu müssen.
Desweiteren würde es sowieso nichts bringen, da außer Versprechungen die im gleichen Moment ins Gegenteil gewandelt werden, und Rücktrittsdrohungen, welche er bitte endlich wahr machen soll, sowieso nichts drin steht.

Soviel aus dem Bayernlande
 
interessant

ist schon sehr lustig,wenns um amerikanische verhältnisse geht und jeder unzufriedene die gelegenheit nutzt um über unseren kanzler herzuziehen ;)
klar kann jeder bessere politik machen und sicher kann es jeder besser als gehardt und die bayern ja sowieso und überhaupt frage ich mich wie denn so viel wähler sich immer wieder so täuschen können,wo es doch bis 98 soooooooooooooo gut lief,bevor die roten an die macht kamen.
es sind schon wirklich fast amerik. verhältnisse, was die verblödung auch der medienmitarbeiter betrifft ( nur eine meinung,kein angriff und auch nix geschäftsschädigendes)
 
Medienmitarbeiter konsumieren auch Medien - mehr noch sogar als jeder Normalmensch.

Es ist also ein Teufelskreis und die Verblödung ist nicht mehr aufzuhalten... ;)

Aber es kann ja auch jeder besser Fußball spielen, als der geliebte Fußballverein...

Ach, und übrigens: Ich würde auch Radio ganz anders machen... :)
 
@Matthias W

Der Spiegel hat allgemein den Ruf, links-liberal zu sein; Bild möchte sich dagegen überparteilich sehen. An Bild kann eigentlich kein Politiker vorbei, am Spiegel schon eher.

Sach mal, sollte ein Scherz sein, oder?
 
@ Keek:

Manchmal hilft ein Blick auf die Fakten:

BILD: 24,6 Millionen Auflage pro Woche (2002)
Spiegel: 1,083 Millionen Auflage pro Woche (2002)

Zudem ist der Spiegel, wenngleich es da immer wieder Ausrutscher gibt, eher informierend, als agitierend, während die BILD kein Problem damit hat, Kampagnen zu fahren. Wer ist also wichtiger (und gefährlicher) für einen Politiker?

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die (einige Jahre alte)Aussage von Gerhard Schröder, die einzigen Medien, die er zum Regieren benötige, seien "BILD, BamS und Glotze". Vom Spiegel war da keine Rede - warum wohl?.


Und was die Regierungskritik in dem jeweiligen Medium anbetrifft: Lies die besagte Studie, bevor Du lospöbelst...
 
@makeitso

Meine Kritik bezog sich vor allem auf die Frage der Überparteilichkeit. Natürlich kommt kein Politiker an der BILD vorbei. Allerdings lässt sich auch meinungsbildende Relevanz des SPIEGEL (trotz natürlich niedriger Auflage, Danke für den Unterricht:( ) nicht leugnen.
 
Makeitso schrieb :

Manchmal hilft ein Blick auf die Fakten:

BILD: 24,6 Millionen Auflage pro Woche (2002)
Spiegel: 1,083 Millionen Auflage pro Woche (2002)

Trotzdem kommt dem SPIEGEL durch die auf SPIEGEL- Berichte folgenden Publikationen in anderen Medien eine wichtige und auch Meinungsführende Rolle zu. Die Berichterstattung von überregionalen Qualitätszeitungen ist auch meist an den vorangehenden Berichten des SPIEGEL orientiert.

Das BILD auch eine wichtige Rolle im Medienzirkus spielt ist dabei unbestritten. Da BILD die Masse anspricht muss auch beachtet werden was dieses bunte Printwerk textet...

Schröder und Stoiber haben genug eigene Comedysendungen im Radio. Da brauch man auch kein BILD mehr. Von daher.
 
@ Keek

Nein. Lesen bildet und hilft gelegentlich, Manches richtig zu verstehen. Dann und wann auf Formulierungen achten. Und schön unvoreingenommen bleiben. Im übrigen schreibst Du ja selbst, daß kein Politiker an der Bild vorbeikommt. Herr Schröder aber anscheinend schon. Von daher. Und damit zurück in die Gährtschoh. Comprende?
 
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