Das wird jedenfalls von technikfernen Leuten entschieden.
Es muss nicht unbedingt Technik-Ferne sein. AAC ist doch "moderner" und "effizienter" (beides stimmt!) als der alte (stimmt auch!) MPEG 1 Layer II. Wer das nur von dieser Seite betrachtet, könnte leicht zu der Einschätzung gelangen, dass AAC also hier das Mittel der Wahl wäre.
Rein so betrachtet wäre alles auch wirklich bestens. Man nehme 144 oder 160 LC-AAC für die Unterhaltungs- und Infowellen bzw. 192 oder 256 LC-AAC für die Kulturwellen (in stereo!) und alles ist gut.
Wenn man dann aber keine ordentliche Recherche über die Realität der Haushalts- und Kopfstellenausstattung anstellt, sondern nur etwas vermutet, kommt eben etwas heraus, das nur als Lüge bezeichnet werden kann:
20210804_Redaktionsbriefing_ARD HfK_Transponder 93.pdf aus https://share.ard-zdf-box.de/s/GknjnzsF7F8G3sj schrieb:
Der Audiostandard AAC-LC ist mittlerweile Bestandteil des DVB-S2-Standards und wird von allen seit ca. 2012 im Markt erhältlichen, standardkonformen DVB-S2-Empfängern (Set-Top-Box oder Fernseher) unterstützt.
Demnach wären Millionen nicht standardkonforme DVB-S2-Empfänger verkauft worden - allein die gesamte erste und zweite Generation an HDTV-Premiumgeräten eines deutschen Herstellers wäre demnach nicht "standardkonform". Auch die aktuell verkauften DVB-Kabelradios wären nicht "standardkonform", aber der Kabel-Verbreitungsweg ist der ARD offenbar gar nicht bekannt, sie ignoriert ihn komplett.
Sind ja auch nur 43,6% der Haushalte verglichen mit 44,1% Satellit (Stand 2020 - Seite 27).
Die Realität nicht zu erkennen (LC-AAC nicht ansatzweise vollständig unterstützt), ist schon scharf.
Die DVB-Spezifikationen nicht zu verstehen, ist noch schärfer. Codecs sind dort nicht verpflichtend, sondern optional, die Spezifikation stellt nur sicher, dass bestimmte Codecs prinzipiell genutzt werden können, die entsprechenden Syntaxe definiert sind und die entsprechenden Signalisierungen bereitstehen - auch AC4 und dts sind beispielsweise im DVB-Standard drin, aber welche Empfänger haben bitteschön die entsprechende Unterstützung?
Hier, ab Seite 143 unten:
ETSI TS 101 154 - Digital Video Broadcasting (DVB); Specification for the use of Video and Audio Coding in Broadcast and Broadband Applications schrieb:
The following clauses do not imply that either MPEG-1 audio, or MPEG-2 Layer II backward compatible audio, or AC-3 audio, or Enhanced AC-3 audio, or AC-4 audio, or DTS Audio, or DTS-HD audio, or DTS-UHD audio, or MPEG-4 AAC audio, or MPEG-4 HE AAC audio, or MPEG-4 HE AAC v2 audio, or combinations of MPEG Surround with MPEG-1 Layer II, MPEG-4 AAC audio, or MPEG-4 HE AAC audio, or MPEG-4 HE AAC v2 audio, or MPEG-H audio are mandatory.
(Abgesehen davon, dass die Grafik auf Seite 151 unten auch eine wüste Unterstellung ist, denn 128 kBit/s LC-AAC sind alles andere als "CD-Qualität" - die hat man gefühlt günstigstenfalls ab 160 kBit/s aufwärts.)
Die Strategie der Industrie nicht zu kennen, aus Kosten- und Komplexitätsgründen die Codec-Ausstattung von Endgeräten anhand des vorgesehenen Ziel-Marktes zu entscheiden, hätte man in einem frühen Kontakt mit der Geräteindustrie verhindern können.
Offenbar ist hier jeder Reality-Check schiefgegangen. Obwohl es frühzeitig entsprechende Warnungen gab, die die ARD sogar zu Kenntnis genommen hat, die also nicht ins "Nulldevice" gegangen sind. Ich könnte hier eine entsprechende vollumfängliche Warnung vom März 2019 (!) anführen, deren Punkte nun allesamt eintreten.
Da auch der vor und nach der überstürzten Aufschaltung des AAC-Gemurkses eingebrachte Widerstand nichts half, gehe ich inzwischen von strategischem, "politischen" Vorsatz aus. Vielleicht hofft die ARD ja tatsächlich, in einem Jahr feststellen zu können, dass nach Untauglich-Machen eines Großteils der für DVB-Hörfunknutzung verwendeten Empfangsgeräte das System kaum noch genutzt wird und also abgeschaltet werden kann. Also so, wie bislang alle auf Astra jemals in AAC gestarteten oder auf AAC gewechselten Hörfunkprogramme ihr Todesurteil gleich mit dieser Maßnahme gefällt haben.