Mich verwundert das alles sehr, eine Logik ist da überhaupt nicht erkennbar.
Hinter der ganzen Umstellung kann ich keine Logik erkennen - zumindest keine, die ich als auf Funktionstüchtigkeit, Stabilität, Kompatibilität und Qualität geeichter Techniker als "Logik" anerkennen würde.
Soweit mir aus ARD-Kreisen bekannt, gab es "ganz oben" durchaus die Absicht, komplett ersatzlos abzuschalten. Die SD-Fortsetzung war ihnen halt wichtiger als die hochwertige Verbreitung des Hörfunks. Wer da sein Veto wirksam eingelegt hat und aus welchen Gründen, weiß ich nicht. Immerhin hängen noch dutzende UKW-Frequenzen in diversen ARD-Anstalten an Satellit und die Anbindung dieser Sender wäre sonst derbe teuer.
AAC könnte also eine Art "Notgeburt" gewesen sein, weil man platzmäßig keine andere Chance sah - die Chance zu einer deutlich kompatibleren Verbreitung in 224 / 320 MP2 und 448 AC-3 hätte es aber sehr elegant gegeben. Und diese Chance wurde ihnen im Juli auf dem Silbertablett präsentiert.
Ja, sie treiben deutlich Aufwand mit dieser Umstellung - zumindest kumuliert seit Sommer. Ich vermute, dass das so nicht vorgesehen war. Offenbar waren sie davon ausgegangen, dass die Umstellung für sie als Anbieter eine Art "No-Brainer" sein wird: einfach neue Encodersysteme kaufen, installieren, TV in der Videobitrate reduzieren, AAC-Datenströme aufschalten und fertig.
AAC kannten sie von DVB-T2 (auch ein Alleingang, Private und ZDF nehmen E-AC-3 und das ist soweit mir als nicht-TV-Besitzer bekannt wesentlich stressfeier, vor allem bei Surround), für die dortigen rudimentären Anforderungen als TV-Begleitton reichts offenbar - und es mussten bei T2 sowieso neue Empfangsgeräte her wegen des Videocodecs, da war AAC gleich mit verpflichtend in die Anforderungen an in Deutschland vertriebene Geräte aufgenommen worden. Und man startete somit letztlich bei Null.
Ganz anders beim Hörfunk. Da gab es keine Verbesserung durch die Umstellung wie bei T2 (Bilqualität!), es gab auch keinerlei Bedürfnis nach höherer Qualität, da letztlich keine überhaupt anwendbare Übertragungstechnik höhere Qualität auf der Übertragungsstrecke liefern könnte, als es die 320 kBit/s MP2 / 448 kBit/s AC-3 bislang getan haben. Also: niemand wartete auf diese Umstellung. Sie bringt keine Vorteile. Man kann sie nur mit Buzzwords wie "modern" und "effizient" verkaufen, aber nicht mit einer realen Qualitätssteigerung werben - die kann es schon technisch bedingt nicht geben.
Je nach Erfassungsjahr gaben / geben ca. 1,4 bis knapp über 2 Millionen Menschen an, Hörfunk via Satellit oder Kabel wäre ihr Haupt(!)empfangsweg - ein "immobiles" System, oft auf die Nutzung im Wohnzimmer begrenzt. Kann man so in den Digitalisierungsberichten der Landesmedienanstalten nachlesen. Das ist viel. Demnach müssen noch deutlich mehr als 1,5 Millionen Menschen das System nutzen - eben nicht als Hauptempfangsweg (der könnte schlicht UKW im Auto sein), sondern gezielt. Es gab also genug "Bestandskunden", die auch wissen, was sie qualitativ beim Hörfunktransponder erwarten konnten. Allein von den DVB-Kabelradios dürfte in Summe grob eine halbe Million in den vergangenen 4 Jahren verkauft worden sein.
Die ARD war im Glauben, es gäbe kaum / keine HDTV-Satreceiver, die nicht AAC-tauglich wären. Das hat ihnen das IRT so mitgeteilt und offenbar hat man sich dann nicht weiter um die Erkundung der realen Situation in den Haushalten gekümmert.
Die Kabelnetze hatte die ARD offenbar gar nicht auf dem Schirm. Dass kleine Netze gar nicht anders können, als 1:1 die gelieferten Transportströme einzuspeisen, war ihnen offenbar nicht bewusst.
Wenn man anständig mit seinen "Verbreitungshelfern" (und genau das sind kleine Kabelnetze: Verbreitungshelfer, Wegbereiter für die ARD-Programme, und das ohne finanzielle Unterstützung durch die ARD) umgehen will, darf man nicht so handeln.
Bei DVB ist die Situation die, dass das System ARD-seitig bislang nicht stabil läuft. Die Muxer sind offenbar am Limit, mehrfach gab es Ausfälle auf den Transpondern (also auch TV-Ausfälle, sonst hätte ichs kaum von "normalen" Menschen berichtet bekommen, dass es Ausfälle gab). Die AAC-Programme eiern um mehrere Millisekunden um die zeitrichtige Ausstrahlung (der Hörfunktransponder tut das nicht!), die Programme mindestens von BR, NDR und Radio Bremen haben auf zig Fabrikaten permanent Knackgeräusche. Und das 9 Tage vor Abschaltung des funktionierenden Systems. Das war mit Sicherheit kein Bestandteil des "Plans".
Ich könnte mir gut vorstellen, dass man da gerade in Kreisen, die die Umstellung nicht entschieden haben, sondern umsetzen müssen, ganz unadventliche Sonderschichten schiebt.
Das erste, was die ARD künftig sparen kann, sind teure Surround-Produktionen für die Kulturwellen. Die kann künftig nämlich kaum noch jemand decodieren.