Tschechoslowakei und DDR in den 80er Jahren
progresson schrieb:
Auf dem Programm HVEZDA lief tagtäglich um 2:30 Uhr ein Meßton zur Kontrolle der Qualität des Sendernetzes. Diese Messungen dauerten 5 Minuten - für den Hörer schrecklich!
Bei Radio DDR 1 nahm man sich dafür gleich eine Viertelstunde, von 3.45 bis 4.00 Uhr, wenngleich möglicherweise nur einmal pro Woche. Das wurde erst in den 80er Jahren fallengelassen. Dafür gab es dann immer noch den fast schon legendären Putzvormittag ("8.00-12.00 Uhr über alle UKW-Frequenzen nur Mono-Empfang").
progresson schrieb:
Wer die UKW-Sender der CSSR (OIRT und CCIR) hörte, dem fiel auf, dass diese trotz hoher Feldstärke verwirrend "leise" klangen. Das war deswegen so, weil der Frequenzhub der tschechischen und slowakischen UKW-Sender wesentlich unter den im Westen üblichen 75 kHz lag! Erst Anfang der 1990er Jahre wurde dieser "Mißstand" behoben. Die Senderdichte im doch sehr schmalen OIRT-UKW-Frequenzband war sehr hoch, die Sender lagen z.T. gefährlich nah beieinander (z.B. Brno 66,20 MHz und Ostrava 66,32 MHz) - wohl um gegenseitige Störungen zu verringern hat man einen derart schwachen Frequenzhub bei der Modulation der UKW-Sender gewählt.
Dieser entsprach dann sicher der sowjetischen Norm von maximal 40 kHz. Umso interessanter, daß trotzdem das "westliche" Pilottonverfahren benutzt wurde und nicht die sowjetische Stereonorm (kein Pilotton, Differenzsignal nicht auf 38 kHz, sondern etwas tiefer; wird als Polarmodulation bezeichnet).
progresson schrieb:
Das Jugendprogramm "EM" (manchmal erscheint auch der Name "E+M") wurde am 4.September 1989 gestartet. Der Name leitet sich ab von den Jugendsendungen "Mikroforum" des Tschechischen Rundfunks (Station "Praha") und "Radio Elán" des Slowakischen Rundfunks (Station "Bratislava") ab. Das föderale (gesamtstaatliche) "EM" übernahm zwischen Nachmittag und Mitternacht die beiden erwähnten Jugendsendungen und sendete daneben Eigenprogramme aus den Funkhäusern in Prag und Bratislava.
Also gewissermaßen die tschechoslowakische Version von "Hallo und DT64 auf Ultrakurzwelle", deren Entwicklung zu Ende war, bevor sie sich zu so etwas wie Jugendradio DT64 mausern konnte.
progresson schrieb:
Alle anderen UKW-Sender (insgesamt 17) bestanden aus selbstgebauten UKW-Erregerstufen ohne Leistungsendstufe, sie hatten deswegen meistens nur eine Ausgangsleistung von etwa 50 Watt. Mitarbeiter der Správa radiokomunikací Praha (verantwortlich für die tschechischen Sender) und der Správa rádiokomunikácií Bratislava (slowakische Sender) nahmen sich die in den ZARAT-Sendern befindliche Erregerstufe zum Vorbild und bauten sie einfach nach. Mit der Tonqualität der EM-UKW-Sender war eigentlich alles OK, nur eben der schwache Frequenzhub war für bundesdeutsche Ohren (und wohl auch für DDR-Ohren) gewöhnungsbedürftig.
Einer dieser Sender stand auf dem Keilberg, Frequenz war wohl 103,5 MHz. Konnte trotz seiner bescheidenen Leistung mit entsprechender Antenne noch in Halle gehört werden.
Auch hier ist die Parallele offensichtlich, denn für "Hallo und DT64 auf Ultrakurzwelle" wurden auch über die bestehenden UKW-Standorte der DDR verstreute Kleinsender betrieben, deren Strahlungsleistung damals üblicherweise auf 1 kW beziffert wurde, wobei offenbleibt, ob es sich dabei um authentische Angaben oder um Spekulatius handelte. Die Tonqualität dieser Sender soll ausgesprochen miserabel gewesen sein (hoher Klirrfaktor, soweit das aus Erzählungen zu entnehmen ist), was ganz besonders bei den Parallelausstrahlungen mit dem Berliner Rundfunk auffiel. Was da für Sender benutzt wurden (und ob die schlechte Qualität nicht den Leitungen zuzuschreiben war), das bliebe auch noch zu klären.
progresson schrieb:
Am 1.Mai 1986 startete der Tschechoslowakische Rundfunk über die CCIR-UKW-Sender Praha 102,5, Bratislava 101,8 und Ostrava 101,4 MHz sowie über Mittelwelle Brno-mesto (Komarov) 1485 kHz (1 kW) das neue Programm MELODIE (bzw. slowakische MELÓDIA).
Da war man wohl generell etwas, wie man so sagen würde, innovationsfreudiger als der Rundfunk der DDR, dem erst seine brachliegende UKW-Frequenz in Berlin (95,05 MHz) diesbezüglich dann doch noch ein wenig auf die Sprünge half.
Und noch eine Quizaufgabe für die Spezialisten: Wie wurde der Effekt in der ID von "Hallo und DT64 auf Ultrakurzwelle" erzeugt? Ist, so würde ich jedenfalls denken, ein absoluter Klassiker.