"Bild" bestimmt das Wort?

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Hitschleimi

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Eine kleine Journalismusdebatte gefällig? Viele Programme bestreiten ihre Inhalte aus der Bild-Zeitung, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat. Kaum eine Frühsendung verzichtet darauf, das Blättchen ins Spiel zu bringen, wenn es um Hannis angeblichen Liebeskummer, Bohlens wasweißichnichtwas und Horrorpläne der Regierung in Sachen Öko-Steuer geht. Klar, das alles sind Hinhörer, teils witzige Themen. Aber was ist dran? Vielleicht sucht Hanni im Moment gar keine Frau. Ich habe das Gefühl, dass sich viele Programmplaner und Moderatoren immer hemmungsloser bei der Bild bedienen und gerne on air bewerben.

Dasselbe gilt leider auch für viele Nachrichten. Beispiel: Am Freitag die schockierende Meldung: Der ADAC rechnet mit den höchsten Sprittpreisen in der Geschichte. Und zack: Viele Nachrichten berichten über die großartige Rechercheleistung der Bild-Zeitung. Wie schwer war es wohl, eine solche Vermutung dem ADAC-Sprecher zu entlocken? Und auch die Nachricht, dass die Sprittpreise wegen der Ökosteuer angestiegen sind und drohender Irakkrieg bla, bla, bla ist schon ein paar Tage alt. Die Bild hat sich jedenfalls wieder den Funkspott in der Werbung gespart - und der Hörer wurde mit unbrauchbaren Informationen berieselt.

Und das passiert täglich in den deutschen Hörfunknachrichten zwischen 5 Uhr und 9 Uhr. Danach müssen die Redakteure dann nur allzuoft zurückrudern, dass alles gar nicht so ist, wie es in der Bild-Zeitung steht. Leider schrecken manche Verantwortliche auch nicht vor Panikmache zurück. Stichwort: Drohender Bombenanschlag auf die Love-Parade. Die Meldung kann man wohl guten Gewissens als frei erfunden bezeichnen. War aber für Stunden der Aufmacher bei einigen Privatsendern.

Auch die Arbeitslosenzahlen, die Bild ja gerne vorab veröffentlicht, stimmen nicht immer mit den Zahlen überein, die am nächsten Tag aus Nürnberg kommen.

Deshalb mal die Frage an die Runde: Wie geht Ihr in der Redaktion mit den "heißen Eisen" um? Seid Ihr vorsichtig und lasst die Meldungen auch mal ein paar Stunden liegen und wartet Ihr ab, ob Dementi kommen?

Ich möchte die Diskussion auf die Bild beschränken, weil deren Fehlerhäufigeit doch deutlich über der der Berliner Zeitung, Focus, Spiegel etc. liegt, sie trotzdem meiner Ansicht nach hemmungslos zitiert wird.
 
Was in der BILD steht ist Gesprächsthema, daher wird oft leider auch dann aufgegriffen, wenn die eigentliche Geschichte dahinter gar nicht so groß ist.

Gerade am Wochenende, wenn die Nachrichtenlage recht dünn ist, hangelt man sich gerne von Zeitungsgeschichte zu Zeitungsgeschichte. Sei es nun BamS, WamS, FASZ, Spiegel oder Focus.
Dabei sind das oft Informationen, die an und für sich gar nicht so brisant sind und teilweise schon dementiert werden, noch bevor die (in der Vorabmeldung) zitierte Zeitung erschienen ist.
Leider :)
 
Ja gut. Dann frage ich mal : Was macht ihr denn, wenn morgens um 6 Uhr die BILD noch nicht bei euch in der Redaktion liegt ? Gar keine Themen ??
Habt ihr eure Sendungen, und vor allem womit, auch entsprechend vorbereitet ?
 
auch @nicky. Guter Gag Dein Posting! Nur mal ne Frage: Seit wann müssen denn die größten Hits der...und der beste Mix, mit dem schnellsten Blitz vorbereitet werden? Hääää???? Oder meinst Du die witzigen Morningshows Land auf Land ab?
 
Ich habe zu meiner Radiozeit immer die BILD Topstories aufgegriffen. Ob das jetzt stimmte oder nicht, war mir zunächst mal egal. Wichtiger war es die Geschichten weiterzudrehen: Beispiel: Wenn eine Frau Ihre Babys tiefgefroren hat und überführt wurde, da schreit diese Story geradezu danach, einen Call-In zu veranstalten, Psychologen zu befragen, Kirche, Mütter, Mutterglück zu zeigen etc.. BILD ist einfach geil und Pflichtlektüre für Moderatoren und Redakteure in Unterhaltungsmedien.
 
Hallo,
ich habe in meinem Volo (beim Privatradio) folgende Punkte gelernt, an denen ich eine Nachricht erkennen kann:
1. Sehe ich das, wenn ich aus dem Fenster sehe? (auch im übertragenen Sinne)
2. Passt die Meldung ins Format?
3. Wird die "Bild" darüber berichten, oder hat sie es schon getan?
Wenn diese drei Punkte für eine Meldung zutrafen, dann musste sie in die News. Zwei Beispiele: Ein Bundeswehrhubschrauber stürzt in Afghanistan ab, mehrere Soldaten sterben. Einen Bundeswehrstützpunkt oder einen ehemaligen Soldaten könnte ich sehen, wenn ich aus dem Fenster schaue. Ich kann das in drei, vier Sätzen erzählen. Es wird Aufmacher in der "Bild". Alles klar. Anderes Beispiel: Der neu gewählte Präsident Brasiliens will eine Alphabetisierungskampagne starten. Könnte ich in drei Sätzen erzählen, der Rest trifft aber nicht zu, also überlasse ich das dem Deutschlandfunk. Das ist das eine.
Angesprochen wurden die "Exklusivmeldungen" der Bild. Völlig illusorisch ist die Frage, was eine Redaktion ohne "Bild" täte. Ich kenne keine solche Redaktion, das müsste dann schon ein sehr, sehr armer Sender sein. "Bild" wird aber morgens auch ständig bei allen Agenturen zitiert, und darum kommt man schon ohne Redaktions-"Bild" aus. Was Ubote im übrigen zum Wochenende sagt, trifft für so manchen Morgen auch zu: Du hast nix zu melden, und deswegen greifst Du ganz automatisch irgendwelche "Bild"-Geschichten auf. Und wenn die Meldung dann noch dementiert wird und Du einen toten Tag hast, dann kannst Du Dich mit dem Dementi auch noch über die Runden retten. Fakt ist nun mal, dass Zeitungen wie "Bild", "Express" und "BZ" die am meisten gelesenenen sind, und genau so, wie die meistgekaufte CD in ein Programm gehört, gilt das auch für die Presse.
CO
 
@mediascanner:

"Wenn eine Frau Ihre Babys tiefgefroren hat und überführt wurde, da schreit diese Story geradezu danach, einen Call-In zu veranstalten"

"Würden Sie eines der Babies nehmen - und mit Ketchup oder Meerettich?"

"Mit Senf"

(scnr)
 
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