Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

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Ulrich Köring

RADIOSZENE
Mitarbeiter
Zum Tag der Arbeit ein Bitterlemmer für das Funk-Proletariat bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, die Freien. Über die sinkenden Einkommen der eigentlichen Programm-Macher am Mikrofon, die Grundversorgung der Bosse mit Chauffeuren, über Hire-and-Fire rechtsfreien öffentlich-rechtlichen Raum und den Verrat der Gewerkschaften an ihren zahlenden Mitgliedern.

Bitter Lemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!
 
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Gut gemacht, ausführlich dokumentiert. Hinsichtlich "Zwangspause":
Fordern die Bedenken der Finanzämter hinsichtlich Scheinselbständigkeit und "verkappter" Festanstellung nicht geradezu jeden verantwortlich denkenden PD/GF dazu auf, bei solchen "festen Freien" ab und an die "Bremse" reinzuhauen... um nicht hinterher dann doch Unsummen von Angaben rückwirkend zahlen zu müssen?
Das ist wohl der eigentliche Grund dieser Praxis?

(Nur mal so, obwohl ich Zwangspausen auch nicht gut finde...).
 
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Hier stimmt die Zahlentabelle nicht, Herr Lemmer. Es gibt auch "Wanderer" innerhalb der ARD, die bei Sender A zwangspausieren müssen und (wenn sie Glück haben) bei Sender B überbrücken können. Wie hoch ist der Anteil dieser Glücklichen?
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

Hier stimmt die Zahlentabelle nicht, Herr Lemmer. Es gibt auch "Wanderer" innerhalb der ARD, die bei Sender A zwangspausieren müssen und (wenn sie Glück haben) bei Sender B überbrücken können. Wie hoch ist der Anteil dieser Glücklichen?

Da hast Du recht, die gibt es. Kenne auch welche. Scheinen aber nur sehr wenige zu sein. Ich kenne auch Fälle, bei denen ARD-Sender B die Beschäftigung wegen der Zwangspause bei ARD-Sender A verweigerte. Da die Sender - bis auf RBB und SWR - die Frage nicht beantworten, ist die Zahl nur zu schätzen. Wer konkrete Infos beisteuern kann - herzlich willkommen. Ich würde die Tabelle dann aktualisieren. Allerdings dürfte sich die Bewertung des Vorgehens der ARD-Anstalten damit qualitativ kaum verändern.
 
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Schon schlimm, wofür der Steuerzahler alles aufkommen muss, z. B. auch für diese sogenannte Umweltprämie für Neuwagenkauf. Ausgerechnet im öffentlich-rechtlichen TV – im privaten wird’s ja kaum gewesen sein – erinnere ich mich einen Beitrag darüber gesehen zu haben, dass sich in Berlin in den großen Ferien auch Lehrer beim Arbeitsamt melden „dürfen“, weil man sich die Kosten für deren Bezahlung während der Ferien spart.

Andererseits frage ich mich, was wäre, wenn allen Moderatoren und Reportern dieser „Kündigungsschutz und beamtenähnliche Altersversorgung“ zustünden. Dann ließe sich (aus Sicht der privaten) auch trefflich drüber zetern. Ich denke, wie man’s macht, ist es falsch, irgendwer meckert immer. Schöner Gag zum Tag der Arbeit.
 
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Grundsätzlich stelle ich mir manchmal die Frage, warum Menschen mit Studium und teilweise Berechtigung zur Tätigkeit als Lehrer oder Richter als Freie bei einem Sender arbeiten, anstatt lieber Beamte zu werden.
 
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Nur mal so interessehalber: Wie sieht es denn mit Freien beim ZDF aus?
Leiden die an ähnlichen Auswüchsen?
 
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Nur mal so nebenbei: Ich warne weiterhin, Herr Lemmer, vor dem Begriff Staatsfunk!
Ansonsten schön dokumentiert. Wenn wir aber bei Freien sind: Wie ist denn die Sachlage beim ach so tollen Privatfunk? Alles gut dort?
 
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Wobei man da auch dazu sagen sollte, daß beim Privaten auch nicht alles eitel Sonnenschein ist. Dort läuft die Hire-and-fire-Mentalität noch viel strikter: Freie arbeiten dort meist auf Honorarbasis und stellen dem Sender Rechnungen aus. Das Verhältnis ist das selbe wie das zwischen einem Versandhaus und der Oma Erna, die daheim im Katalog blättert und sich 'ne hübsche Kittelschürze bestellt. Wenn sie von dem Versandhaus die Nase voll hat (aus welchen Gründen auch immer), bestellt sie dort einfach nicht mehr. Wenn dem Sender ein Lieferant (Moderator, Redakteur, Reporter...) nicht mehr paßt, kauft er einfach seine Leistungen nicht mehr ein. Eine bequemere Möglichkeit, jemanden los zu werden ohne sich dabei die Finger schmutzig zu machen, kann es kaum geben. Wo, bitte, ist da der Arbeitsschutz?
 
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Man kann bei Kenntnis der Sachlage nicht verhehlen, dass die ARD-Anstalten in der Tat höchst kreative Wege beschreiten, um Festanstellungsklagen zu verhindern. Wohl legal (in den meisten Fällen), aber nicht unbedingt legitim.
Auch, dass es beschämend ist, wie wenig (Gebühren-)Geld in den direkten Programmetat fließt, ist wahr.


Könnte es dennoch sein - rein theoretisch, versteht sich - dass Herr Lemmer, über dessen Kompetenz ich nicht streiten möchte, ein paar Details ausgelassen hat: nämlich die Situation der Freien bei den Privaten?

Ich stelle nur als Hypothese auf.

  • die Arbeit bei Privaten ist sehr viel weniger journalistisch
  • die Arbeitsplätze und -möglichkeiten sind sehr viel unsicherer als bei Ö-R
  • die Bezahlung/Honorierung ist erheblich geringer als bei Ö-R
  • die Zusatzleistungen (Krankentagegeld, arbeitnehmerähnlicher Status, Kündigungsfristen, Urlaub) sind bei Ö-R erheblich besser falls bei Privaten überhaupt vorhanden

Dies alles vor dem durchaus konzedierten Hintergrund, dass "Pausen" alles als andere sozial oder begrüßenswert sind.

Aber: ist es nicht verwunderlich, dass die von den Ö-R ach so schlecht bezahlten Freien, lieber auf eine weitere Möglichkeit bei den Ö-R warten, sogar die "Anstalt" wechseln, als einen der "Traumjobs" bei den so tollen Privaten anzunehmen?
 
AW: Bitterlemmer: Freie aller Sender - vereinigt Euch!

@ Makeitso

Die Privatsender sind in ihrem Arbeits- und Tarifrecht den Öffentlich-Rechtlichen kaum vergleichbar, sondern eher der freien Wirtschaft. Heißt: eine Zwangspause für freie Mitarbeiter ist deshalb nicht nötig, weil Freie dort generell weniger Möglichkeiten haben, Rechtsansprüche auf Festanstellung zu erheben.

Zu dem Lemmer-Artikel:

Dieses System soll verhindern, dass aus freien Mitarbeitern Festangestellte mit Kündigungsschutz und beamtenähnlicher Altersversorgung werden. Die Trennlinie ist im Staatsfunk noch unüberwindlicher gezogen als in der Industrie zwischen Angestellten und Leiharbeitern.

Stimmt nur bedingt. Bei den großen Unternehmen (Siemens z.B.) wird auch peinlich darauf geachtet, Leiharbeitern klar zu machen, dass sie nur Kollegen zweiter Klasse sind, damit sie sich auf keinen Fall einklagen können. Vor einiger Zeit las ich in einer Seite 3-Reportage der "Berliner Zeitung" sogar, dass selbst viele Mitarbeiter des Arbeitsamtes (!) inzwischen einen Freien-ähnlichen Status haben und alle paar Jahre in die Zwangspause geschickt werden.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt noch das berühmte BVerfG-Urteil von 1982 (?) dazu, in dem noch einmal für alle Zeiten in Stein gemeisselt wurde, dass ARD und ZDF wegen der Programmvielfalt das Recht haben, die Freien nach Gutdünken auszutauschen bzw. nicht fest anstellen zu müssen.

Und: solange es so gut wie unmöglich ist, einen fest angestellten Mitarbeiter wieder loszuwerden, solange wird eben keiner fest angestellt (oder nur dann, wenn's unbedingt sein muss). So einfach ist das.

Wie der SWR das macht, wüsste ich gern mal. Ich bin da skeptisch. Diese Antwort kann nämlich auch heissen: "Jahaa, wir brauchen gar keine Zwangspause, weil wir Freie sowieso nur auf Prognose beschäftigen". Also eine maximal mögliche Zahl von Einsätzen pro Monat/Jahr. Wer auf dieser "Prognose" beschäftigt ist, muss auch bei anderen ARD-Sendern nicht in die Zwangspause.

Außerdem hebeln die Anstalten das Kündigungsschutzrecht aus. Wenn einem Chef die Nase eines Freien nicht passt, dann gibt er ihm einfach keinen Anschlussvertrag. Auf diese Weise haben schon Leute völlig willkürlich ihre Jobs verloren, ohne die geringste Chance, dagegen vor Gericht zu klagen.

Das ist so etwas schief dargestellt. Ein Chef kann einen Freien auch bei einer Rahmenvereinbarung natürlich jederzeit kündigen - wobei er selbst da bestimmte Fristen einhalten muss - denn diese Rahmenvereinbarung besagt nur, dass der Sender den Freien beschäftigen kann, aber nicht muss. Und, ja: außerdem wird diese Zwangspause in bestimmten Fällen tatsächlich dazu benutzt, Mitarbeiter zu kündigen, die entweder Mist gebaut, in ihrer Leistung merklich nachgelassen oder sonstwas haben.

Bei aller Liebe: Diese Möglichkeit muss ein Arbeitgeber ja wohl auch haben dürfen, ehrlich gesagt. Unkündbare Festangestellte, die als Freie nicht mehr den Hauch einer Chance hätten und jetzt irgendwie mit durchgeschleppt werden müssen, gibt es in deutschen Funkhäusern mehr als genug.
 
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Makeitso: Über das Thema "Staatsfunk" habe ich mit Lemmer schon bei einem anderen BL-Faden die Meinung ausgetauscht. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Lemmer, bei vielem richtigen, was er in seinem neusten Letter vermittelt, ziemlich viel Polemik dem ÖR gegenüber betreibt. Die Privaten, wie auch bei seinem vorhergehenden, auslässt, was ich als jemand, der versucht objektiv zu berichten, einfach mal feststelle. Und diese tendenzielle Polemik geht mir ziemlich in die Nase, zumal Lemmer ja wohl Journalist ist.

Das angesprochene Problem habe ich von Privaten-Seite noch nicht gehört. Möglicherweise, weil das Freelancertum schon auf Grund der Quantität etwas anderes ist als bei den ÖR. Möglicherweise arbeiten aber auch viele, die ihr Geld vom Kommerzfunk bekommen, gar nicht so lange für einen einzigen Sender, um in den Verdacht der Scheinselbständigkeit zu kommen. Oder aber man hat einen unterbezahlten Fest-Vertrag für 18 oder 24 Monate und darf sich anschl. einbilden, eine Ausbildung gemacht zu haben. - polemisch ausgedrückt.
 
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Nein, das Problem gab es auch schon bei den privaten Sendern. Wir mussten einen Kollegen an eine andere Lokalstation vermitteln um dem Vorwurf der Scheinselbständigkeit zu entgehen. Die Finanzämter kam Mitte der 90iger Jahre vermehrt auf die Idee monatelange Beschäftigungsverhältnisse auf Scheinselbständigkeit näher zu untersuchen.
Das Problem wurde gelöst indem der Kollege dann zusätzlich bei zwei anderen Lokalstationen sporadisch auch Sendungen fuhr während er bei unserem Sender "fest" blieb.
 
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wineandradio schrieb:
Könnte es dennoch sein - rein theoretisch, versteht sich - dass Herr Lemmer, über dessen Kompetenz ich nicht streiten möchte, ein paar Details ausgelassen hat: nämlich die Situation der Freien bei den Privaten?
Nein, hat er nicht. Das war nämlich ganz offensichtlich nicht sein Thema.
 
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Was wiederum schade ist, weil er damit einen wesentlichen Aspekt desselben unter den Tisch fallen lässt. Zudem hat er seinen Beitrag mit "Freie aller Sender, vereinigt euch" überschrieben. Warum hat er die Situation der Freien bei den Privatsendern nicht auch erwähnt? Ging es ihm womöglich nur darum, gegen die ÖR zu stänkern?
 
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Und auch nicht die Frage, ob die ÖR das schmerzt, entsprechend noch viel weniger, ob das an der Praxis etwas ändert.
 
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Wie auch immer - es ging mir in erster Linie um diesen Satz:

Beim SWR - und nur dort - scheint damit zu funktionieren, was bei den Privaten in der Regel auch kein Problem darstellt.

Das halte ich für eine ziemlich gewagte Behauptung. Wie gesagt: wenn der SWR seine Freien eh nur auf Prognose beschäftigt (also mit einer von vornherein begrenzten Zahl von Einsätzen), dann braucht er auch keine Zwangspausen. Und dass die Situation der Freien bei den Privaten eine Insel der Seligkeit sein soll, vermag ich auch nicht so ganz zu glauben. Aber vielleicht kann sich ja mal der eine oder andere Betroffene dazu äußern. Ich lass mich auch gern eines Besseren belehren.

In einem anderen Punkt gebe ich Lemmer übrigens völlig Recht:

Dass die Gewerkschaften das akzeptieren, ist - gelinde gesagt - ein Skandal.

Der Satz ist absolut richtig, aber nicht dieser:

Die Kumpanei mit den Gebührenhaien ist den Funktionären offenbar wichtiger als die Interessen ihrer zahlenden Mitglieder. Die Gewerkschaften müssen sich vorhalten lassen, dass sie in den Rundfunkräten die Interessen der Intendanzen und Finanzverteiler vertreten statt ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Freien zu nutzen.

Widerspruch. Mein Eindruck ist eher, dass die Gewerkschaften nur noch für die Festangestellten da sind. Diese haben einen Quasi-Beamtenstatus, genießen sämtliche sozialen Schutzmaßnahmen inklusive Zuschläge, Betriebsrenten und und und. Mit der Folge, dass in diesen Luxusdampfer keine Passagiere mehr rein kommen, sondern draußen im Wasser schwimmen müssen.

Und nochmal: dieser Missstand tritt leider nicht nur bei ARD und ZDF auf, sondern im gesamten öffentlichen Dienst Deutschlands und auch vielen Großunternehmen. Das ist ein Problem des deutschen Arbeitsrechts. Ich möchte nicht wissen, in wie vielen Büros ein unkündbarer Festangestellter auf irgend einem beschäftigungstherapeutischen Posten mit seinem Computer Pantience spielt, während im Zimmer nebenan der Leiharbeiter die eigentliche Arbeit macht - erstens für deutlich weniger Geld und zweitens ohne Hoffnung auf Festanstellung für die nächsten 100 Jahre.
 
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Das ist alles richtig, was er da schreibt, nur verwechselt Lemmer Ursache und Wirkung. Die Behörden überprüfen selbstständige Beschäftigungsverhältnisse nun mal, wollen wissen, ob der Dienstleister (also der freie Journalist) tatsächlich frei ist, oder nicht eine Scheinselbstständigkeit vorliegt und dem Selbstständigen damit zustehende Rechte verweigert und die Sozialversicherung um Beiträge betrogen wird. Auch die beschäftigten Autoren können eine solche Überprüfung vor Gericht einfordern. Würde das nicht geschehen, müssten überall die Angestellten um ihren sicheren Arbeitsplatz und Rentenbeiträge fürchten. Übrigens gab es bei manchen Sendern tatsächlich mal solche massiven Klagewellen.

Da ist es ganz normal, dass die Sender nicht in eine Situation kommen möchten, in der ein Gericht feststellen könnte, dass einer ihrer freien Jouranlisten in Wahrheit seit Jahren abhängig beschäftigt wird. Jeder Sender hat zur Vermeidung solcher Situationen unterschiedliche Strategien entwickelt, einige arbeiten mit Prognosen, andere mit Zwangspausen.

Etwas ganz anderes ist es, und das ist tatsächlich eine Sauerei, dass bestimmte Sender aus rechtlich völlig unbegründeten Ängsten vor Klagewellen Mitarbeiter gar nicht mehr beschäftigen wollen, wie es der NDR mal kurze Zeit machte.

Grundsätzlich sollte aber auch freien Autoren, Redakteuren und Moderatoren klar sein, dass sie eben wirklich Freie sind. Man sollte es also vermeiden, nur von einem Sender abhängig zu sein und mehrere Standbeine haben. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird ihnen sogar die rechtlich zustehenden Zahlungen bei Urlaub, Krankheit und Fortbildung gewährt, gibt es einen minimalen Anspruch auf rechtzeitige Ankündigung des Endes der Beschäftigung etc., Dinge, die ein Freier bei Printmedien oder privatem Funk vergeblich einfordern wird, obwohl es dafür theoretisch einen Rechtsanspruch gibt.

Eine ganz andere Frage ist, ob es gerechtfertigt ist, wenn bei manchen Sendern praktisch nur noch Freie die Inhalte zuliefern, moderieren usw.

Für die (wohl vergebliche) Forderung nach Solidarität unter den Freien gibt es dennoch viele Gründe. Zum Beispiel ihre mangelnde Beteiligung an strategischen Entscheidungen übers Programm, Entwicklungen wie jetzt beim hr, dass grundsätzlich nie an den Verwaltungskosten und immer am Programm gespart wird, einfach, weil das am schnellsten geht, die selbstverständliche Einforderung von Zusatzleistungen gegen keine oder lächerliche Zuschläge wie etwa die Eigenproduktion, Texten und Fotos für die HP, die bei einigen Sendern übliche skandalöse Knebelverträge zur Rechteverwertung etc.. Leider war das alles aber nicht Lemmers Thema.

Statt dessen ein populistischer Angriff auf die Gewerkschaften, der leider von mangelnder Sachkenntnis zeugt. Offenbar hat er mit den Gewerkschaften gar nicht gesprochen.
 
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(auch hier hat sich wieder ein Hauch von kurzatmiger Reizbarkeit und Rechthaberei eingeschlichen...)

Zur Sache.
Ich arbeite bei einem Sender, der vor Jahren eine ganze Reihe Kolleginnen und Kollegen nach verlorenen Prozessen fest anstellen musste. Und da sitzen sie nun. Das Feuer der ehemals Freien ist längst erloschen, die Bezüge sind erheblich geringer als sie es bei einem (fleißig-kreativen) Freien wären, aber dafür locken geregelte Arbeitszeit, ein Büro und Altersversorgung.

Leider haben die Ö-R, die Prozesse in Serie verloren haben, einen wichtigen Aspekt der freien Mitarbeit vergessen. Wer frei mitarbeitet und gut verdient, hat i.d.R. gar keine Lust auf eine Festanstellung.
Erst wenn die Freien "geknebelt" werden (Prognoseverfahren z.B. beim WDR, Zwangspausen beim NDR) wird's ärgerlich für beide Seiten und interessant für Freie, sich einzuklagen.

Man könnte Lemmer ja durchaus recht geben; er argumentiert aber im Gegensatz zu Makeitsos schnippischer Einlassung aus privater Sicht mit Blick auf den Staatsfunk und da ist es sehr wohl legitim, auf das Verhalten der nicht "staatsfunkenden" Privaten zu lenken, bei denen das Wort von Arbeitnehmerrechten ja erst noch eingeführt werden muss.




PS zum Begriff Staatsfunk. Man mag ja die GEZ-Gebühren "Zwangsgebühren" nennen, wer will auch Steuern. Mir wäre es lieber ohne, aber ....

Ein Staatsfunk ist meiner Begriffswelt aber immer noch einer, der inhaltlich vom Staat (Bundesland, Kommune, Kreis) kontrolliert und gelenkt würde (wie früher DDR und heute in Teilen immer noch Russland), einer, in dem es innere Zensur gäbe und Vorgaben regierungsfreundlich zu berichten und Opposition nicht zu Wort kommen zu lassen.
Davon sind alle (in Worten: ALLE) öffentlich-rechtlichen Programme in der Bundesrepublik weit entfernt. Das Gegenteil zu behaupten, ist böswillig.
 
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Zum Thema "Staatsfunk" wurde hier, auch mit Herrn Lemmer, diskutiert.
Es mache sich bitte jeder selbst einen Reim drauf.

Überrascht bin ich nur immer wieder mal, wie undifferenziert bestimmte Dinge beleuchtet werden und wie es auch heute noch Ideologien gibt, die kraft ihrer Definition zu differenzierter Betrachtung nicht unbedingt einladen.
 
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Mein Eindruck ist eher, dass die Gewerkschaften nur noch für die Festangestellten da sind.

Diesen Eindruck habe ich überhaupt nicht. Ich bin als Freier bei mehreren ARD-Anstalten tätig und in manchen Sendern sind die Gewerkschaften auch in Freien-Angelegenheiten sehr aktiv, in anderen überhaupt nicht. Es hängt oft davon ab, wo sich ein gewerkschaftlich aktiver Kreis von Freien etablieren konnte, weil es der Sender zugelassen hat und weil sich auch mutige Leute fanden.
 
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Nein, das Problem gab es auch schon bei den privaten Sendern. Wir mussten einen Kollegen an eine andere Lokalstation vermitteln um dem Vorwurf der Scheinselbständigkeit zu entgehen. Die Finanzämter kam Mitte der 90iger Jahre vermehrt auf die Idee monatelange Beschäftigungsverhältnisse auf Scheinselbständigkeit näher zu untersuchen.
Das Problem wurde gelöst indem der Kollege dann zusätzlich bei zwei anderen Lokalstationen sporadisch auch Sendungen fuhr während er bei unserem Sender "fest" blieb.

Seit wann hat das Finanzamt etwas mit dem Thema Scheinselbständigkeit zu tun ? Bitte um Aufklärung, da ich bisher dachte, das sei ein Thema der Sozialversicherungen.
 
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