Ich habe im Laufe der Zeit auch immer mehr die Erkenntnis gewonnen, dass es
partout nicht gelingen kann, echte Randgruppen-Musik und Mainstream miteinander zu kombinieren. Gewisse Genres erreichen mitunter ein Szene-Publikum, und funktionieren dort auch ausgezeichnet - aber eben
nur dort.
Nehmen jemanden wie die Wuppertalerin
Inga Eichler, die in der Jazz-Ecke unterwegs ist. Diese Dame füllt durchaus kleinere Läden in der Region, die mit hundert Gästen schon richtig voll sind. Aber im AC-Radio wären diese Titel reine Abschalter.
Oder nehmt eine Musikrichtung wie Salsa: Auch dort gibt es lediglich einzelne Titel, die dann tatsächlich so massenkompatibel klingen, dass sie den Sprung in den Mainstream schaffen (z. B. "Despacito"). Letztlich wird mit so einem Titel dann ja auch der Latino-Fan bedient, aber es ist wenigstens kein Abschalter beim Mainstream-Publikum.
Ebenso lässt sich in einer solchen Welle auch Hip-Hop und Black-Music in Form von z. B. Will Smith oder Michael Jackson bringen, nicht aber irgendwelche Songs, die nur die Leute aus einem Ghetto in Harlem kennen.
Im Rock/Metal-Bereich würden Songs wie Motörhead "Ace Of Spades" oder Bands wie Slayer schlicht Abschalter im normalen Radio sein.
Die Türken stellen die größte Ausländergruppe in Deutschland dar. Dennoch läuft türkische Musik fast nie im normalen Radio. Selbst westlich orientierte Titel (z. B. Sezen Aksu "Hadi Bakalim") sind offenbar ein Problem für die Sender.
Das Interessante ist ja, dass Szene-Events wie spezielle Jazz-, Salsa-, Reggae-, Punk-, Metal-, Hip-Hop-, House- oder Techno-Events ja boomen ohne Ende. Aber es ist halt meist unmöglich, diese Titel einem Publikum abseits dieser Szenen zu präsentieren.
Das Problem der schwächelnden Radio-Quoten scheint mir zu sein, dass die Sender sich zwar (verständlicherweise) an aktueller Musik bedienen wollen, dort aber fast nur noch Platten rauskommen, die nur in einer bestimmten "Szene" funktionieren. Dieser Trend ging irgendwie Mitte der 2000er los. Bis Anfang der 2000er dominierten bei den Major-Labels wirklich massentaugliche Veröffentlichungen: Es gab Leute wie Chris De Burgh, Elton John, Pet Shop Boys, Shakira oder DJ Bobo. Heute überwiegen selbst bei den Majors Veröffentlichungen wie Kraftklub, Marteria oder Glass Animals. Das ist eigentlich Szene-Material. In den 90ern wären das z. B. auf einer "Bravo Hits" allenfalls einzelne "Füller" gewesen. Logischerweise werden die wenigen echten Mainstream-Hits der "alten Schule" ("Blinding Lights", "Bad Habits"...) schlicht totgespielt.
Und das wirkt sich halt auf die Media-Analyse aus.