Brauche dringend einen Rat

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Schnittchen

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Liebe Kollegen brauche dringend Euren fachmännischen Rat:
Bin schon seit einiger Zeit mit dem Virus Radio angesteckt und arbeite auch schon seit einiger Zeit beim Radio.
Bisher habe ich immer nur in der Redaktion gearbeitet und habe immer davon geträumt zu moderieren und habe privat hart dran gearbeitet. Und jetzt bin ich kurz davor, dass es wirklich sendbar ist.
Und jetzt plagen mich plötzlich totale Zweifel, ob ich das auch wirklich packe, vorallem wenn ich an den Alltag mit dem Sendungmachen denke.
Ist das das typische Muffensausen oder meint Ihr, ich sollte dann lieber die Finger von dem Thema lassen.:confused:
 
Guter Rat ist teuer!

Privat dran arbeiten ist das eine, als Moderator wirklich gut sein das andere. Radio ist ein öffentliches Medium, deine Wirkung auf andere entscheidet. Klingt deine Stimme gut? Bist du komisch- und vor allem in den richtigen Momenten? Kannst du auch ernste Dinge seriös und glaubhaft verkaufen- oder doch nur Titel ansagen oder Claims herunter beten? Der Hörer entscheidet, genauer gesagt: Dein Hörer. Also, trau dich raus aus deinem Kämmerchen. Geh zum Bürgerfunk oder zum Offenen Kanal oder zu deinem Chef, wenn du schon bei einem Sender bist. Lass dich und deine Moderationen von Leuten kitisieren, denen du vertraust. Fremde Meinungen können sehr hilfeich ein, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen oder auch Defizite aufzuzeigen.
Glaub mir, es ist noch kein Super-Moderator vom Himmel gefallen, da muss man lange dran arbeiten. Negative Kritik ist ein Signal, besser zu werden- keinesfalls destruktiv.
Und: Behalte in gesundem Maße deine Selbstzweifel. Denn wer aufgehört hat, besser werden zu wollen, der hat auch aufgehört, gut zu sein.
Ich selbst war zwölf Jahre beim Radio, bevor es mich im Oktober zum Fernsehen verschlagen hat. Vor einer Kamera zu stehen und zu moderieren, ist eine ganz neue Erfahrung. Mir geht es nach langer Zeit mal wieder so wie am Anfang meiner Radiotage. Insoern kann ich Deine Ängste gut nachvollziehen. Zum Glück habe ich viele nette Kollegen (und ein paar neidische), mit deren Tipps ich viel hinzu lernen konnte. Und ich will noch viel lernen. Und moderieren...;)
 
Mach einfach!

Hi Schnittchen,

die Angst wird gehen wenn Du es einfach machst. Selbstverständlich wird bei Deiner ersten Sendung höchstwahrscheinlich irgendwas schief gehen (und wenns nur ne Kleinigkeit iss), aber hey: Was solls!.... Jeder hat mal klein angefangen, auch die "Dicken Karpfen"!

Meine erste Sendung war z.B. absoluter Zufall (ich hatte nicht mal Zeit um zu üben). Bei dem sächsischen Sender ist der Nachtmoderator ausgefallen (Weiß eigentlich jemand wo "Rauschi" steckt? :D ) und der PD hat mich angerufen ob ich nicht Lust hätte, mal so... ein bischen zu moderieren. Ich sagte natürlich "Ja"! (Genau in diesem Moment hab ich mich das erste mal richtig verflucht "Du musst Wahnsinnig sein, Idiot!").

Tjo, der Abendmoderator Ingolf Kloss (heute SAW) zeigte mir das Studio und diese lustig beleuchteten Knöpfe... klopfte mir auf die Schulter und sagte: "Machste schon.... darfst halt nur nicht dran denken, dass Dir jetzt möglicherweise 100.000sende zuhören!". Ab diesem Zeitpunkt war ich dann gänzlich im A....... (Und dachte natürlich Inge sei ein AK, er lachte so komisch als er weg ging :D.... Stelle sich aber in den Jahren danach als ein absolut toller Kollege heraus.)

Weil ich Angst hatte eine CD nicht rechtzeitig zu finden, habe ich alle CD's für 5 Stunden in voraus herausgesucht (Das war so ziemlich der Gesamtbestand des Senders :D ). Selbstverständlich hatte ich auch nicht die Zeit die CD's wieder weg zu räumen... könnte ja was sein, am Pult.... (rate mal wie das Studio am morgen aussah und wie mich die MorgenMods. angeschaut haben).

Dann hat sich die gesamte Sendeuhr verschoben, weil ich mal Pinkeln musste: Ich hatte vorher noch nie gestoppt wieviel Zeit man so fürs Pinkeln braucht... Also: Purple Rain von Prinz rein (ausser der Reihe natürlich - long Version), und auf Toilette gehecktelt (so richtig entspannend wars nicht - könnte ja sein dass Prinz diesmal schneller singt !)

Der Aircheck meiner ersten Sendung war 158 Minuten lang :D. Ich hab natürlich andauernd vergessen das Mikro auszuschalten.... Und wärend auf dem Aircheck fast das komplette Musikprogramm lief, hörte man mein verzweifetes Stimmchen im Hintergrund mit Sätzen wie : "Scheiße, warum höre ich denn nichts!" - logisch, weil wenn Mikro an, dann "Ruhe im Studio" (meine Verzweiflung war natürlich auch onAir zu hören).
Ich glaube Ulla Reichelt (damals Wortchefin) hat diesen Aircheck heute noch, weil, sie lag damals schon am Boden vor lachen.

Naja, und am Morgen danach dachte ich so: "Na dass war ja wohl ein kurzes Intermezzo hinterm Mikro!". Weil das Studio sah aus wie Sau, Fenster gabs nicht (also war auch so gut wie kein Sauerstoff mehr drin) und aus diesem kleinen Sendeaquarium kam ich als kleines graues... ähm.... ETWAS.... herausgekrabbelt und wollte eigentlich nur noch in eine stille Ecke um meinen Traum zu begraben....

Irgendwie gings dann doch weiter, und weiter, und weiter... naja und heute hab ich auf diesem riesigen Radiomarkt auch mein kleines Plätzchen (wenns auch mehr und mehr Comedy wurde) gefunden.

Und ich denke heute sehr sehr gerne an diese Zeit zurück... glaub mir, so wird es Dir irgendwann auch mal gehen.

Ich halt Dir beide Daumen, mach es einfach!
Du schaffst es! Tschacka! ;)

Olli
 
Sehr nette Geschichte, Olli! So läuft das. Zwei Sunden vor der ersten Sendung bist du der Held. "Hurra! Ich, eigene Sendung!" Das legt sich von Minute zu Minute immer mehr, und eine halbe Stunde vor Beginn fragst du dich, was für ein arrogantes Arschloch du wohl sein magst zu meinen, gerade du seiest der Richtige am Mikrofon, um die Radiomenschheit in den Feierabend zu begleiten. Dann werden deine Hände kalt, du misst die kürzeste Strecke zum Klo, das du ggf. noch 3-10 Mal besuchen wirst, du wirst in der Anmoderation deinen eigenen Namen vergessen haben, weil du vergessen hast, ihn dir aufzuschreiben. Du wirst das Mikrofon an und einen Regler aus lassen, dich fragen, warum du nichts hörst, du wirst vielleicht sogar vergessen, den Kopfhörer aufzusetzen und völlig orientierungslos werden, zumal du deine wohlsortierten Zettel nicht mehr findest, deine mathematischen Kenntnisse fürs Backtimen kannst du gleich in die Tonne kloppen, denn für diese Zeit gibt es sie nicht. Und selbst die Schlussmoderation wird dir nicht das Gefühl von Befreiung geben.
Das einzige, was du weißt, ist, dass DU ganz bestimmt das letzte Mal da gesessen haben willst.

... bis dir zwei Freunde sagen, dass sie genauso mit dir gezittert haben, aber manchmal auch gelacht, weil sie das nie so hingekriegt hätten, wie du das gemacht hast. Dann gehst du wieder ins Studio und ... Lass krachen, Schnittchen! :) db
 
nur mut schnittchen, selbst wenn man stundenlang geübt hat, es ist ein völlig anderes gefühl wenn es auf die antenne geht. eigentlich gibt es nur-augen zu und durch! da helfen auch keine tipps.
das wunderbare ist dann, jahre später seinen ersten aircheck zu hören. man oh man. heute fragt man sich, wie man das überhaupt überleben konnte.
also schnittchen - viel glück auf deinem weg wünscht dir intercom
 
Moin,

ach was für ein vorbehaltlos schöner Thread. Ernsthaft.

@Makeitso: Wenn dem so sein sollte. Zieh ich den Hut - ganz ganz tief.

@Schnittchen:
Eigentlich ist ja alles gesagt, aber der Pilot wäre nicht der Pilot der Luftwellen, würde er Dir das nicht nochmal erzählen wollen;)

Und weils gerade so ... nett ist ... hier meine erste Sendung.

Ich wusste dato bereits gute 8 Jahre, wei ein analoges Studio funzte, ahb da unzählige Stunden Technik gefahren und war da relativ routiniert.

Dann hab ich - man ist ja großkotzig - bekonnen als Prakti meinen Chef zu nerven ... immer und immer wieder. Der hats nicht mehr ausgehalten und mich zu einem Kollegen in den Samstag morgen gesteckt. der Kollege war die Ruhe in Person, ich hab ein bisschen Regler geschoben ... alles easy.

Dann die alte Geschichte - der Kollege fällt am Freitag abend aus. Und ich sollte ran. Ne Mag-Sendung am Samstag morgen.
Geschlafen hab ich quasi garnicht - in dieser Nacht. Ich begreife heut enicht mehr wieso. Ich war als Sidekick passabel und die Technik - naja - ging schon. Also meine Freundin hat mich in der Nacht rausgeworfen. Ich muss tierisch genervt haben und somit war ich 4 stunden vor meiner Sendung da. Anstatt Mods zu schreiben, hab ich Kaffe gesoffen und mich verrückt gemacht.
Naja, letztlich hat mein Cheffe die Lunte gerochen und eine tolle sehr ruhige erfahrene Kollegin beordert. Die hat mir mütterlichem Instikt quasi mich dahin bewegt, alles soweit richtig zu tun.
Ich hab den Aircheck noch - und darüber bin ich froh.

Es ist bisher kein Meister vom Himmel gefallen und wenn mich mal wieder ein netter Berater, Chef oder wer auchn immer von meinem Trip runterholt ... wir sind ja alle die Besten ... dann zieh ich mir die CD rein. Es fetzt!

So, schöne story ... hüstel ... Schnittchen. Kneif die Backen zusammen. Es ist was anderes in einem 2. Studio gg. die Wand zu senden, als vor Hörern. Auch wenns eigentlich nix anderes ist.

Der ultimative Tip ist (der mir geholfen hat auch die Angst abzubauen) - nimm ein Kuscheltier setz es aufs Mikro und sprich mit dem Kuscheltier. Ist easy! Das sage ich heute den Jungmods. Ein Tip, den ich damals ausgelacht hab, inzwischen weiss ich dass auch die ganz großen - so gearbeitet haben.

Rock'n Roll Schnittchen! Zeig Profil! Zeig der Welt da draußen dass sie etwas verpasst wenn sie DICH nicht anhört! Das Zittern geht vorbei! Ran an die Regler, die die Welt bedeuten.

Ich wünsch Dir ein "klasse 1. Mal";)

... zurück in die (an-)geschlossenen Anstalten.

PotA.
 
Geniale Geschichten. Da merkt man doch immer wieder daß es wohl allen so ging.

Ich für meinen Teil habe ganz klein mit Internetradio angefangen. Von Aufregung konnte ich in diesem Bereich nicht reden, weil ich wußte, daß sowieso nicht viele zuhören.

Dann kam tatsächlich die Chance ins UKW zu kommen. Also sagte der kleine Bub unbedacht der folgenden Tatsachen zu.

Der Tag kam als Mr. Ich kann das sowieso alles zum ersten Mal im Studio stand. Die ganze Nacht hab ich auf die Uhr geschaut und dem Sekundenzeiger zugeschaut wie er 145698 Runden kreiste. Dann war es soweit, ich war vor allen anderen im Studio und musste noch ne halbe Stunde warten bis jemand mit Schlüssel kam. Macht aber nix, da ich ja 25 Schachteln Zigaretten dabei hatte.

Dann zeigte mir der Producer das Pult und der kleine Bub dachte sich "Wieso zum Geier leuchten die Knöpfe auf meinem Homemischpult nicht so schön rot? Und warum seh ich hier 9635 Knöpfe wohingegen bei mir lediglich die Standby Dioden leuchten?

Pünktlich 10 Minuten vor Sendebeginn rauchte ich also nochmal 3 Schachteln und ging 10 mal auf die Toilette, wie oben schon erwähnt riefen mich vorher alle meine Freunde an um mir mitzuteilen, daß diese extra um 5 aufgestanden sind um mich um 6 zu hören und genauso am zittern sind wie ich. Das wiederrum hat mich unendlich aufgebaut und ich wußte dass ich am Mikro mit meinen Freunden rede. Daß mein Handy mitten in der Mod versucht hat mich zu wecken (das machen die neuen Handys auch wenn sie abgeschalten sind) war auch nicht weiter schlimm. Ich meldete mich mit meinem Namen, das Mikro war natürlich offen und die Hörer fanden es total lustig als ich vor lauter lachen den Kaffee über den Tisch geschüttet habe.

So sah also mein erster Tag aus, und ich könnte dies noch unendlich weiterführen, aber auch ich bin beim Radio geblieben. Also nur Mut - weg von der ohnehin trostlosen Radiolandschaft und mal wieder zurück zur Menschlichkeit.
 
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