Chronisch reformunfähig?

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Na ja... Du willst uns sagen, dass deutsches Radio schlecht ist und dass der deutsche Hörer dumm ist.
Z. K. genommen.
Deutsches Radio ist z.T. schlecht. Aber die Hörer sind nicht dumm. Die Sender halten Sie aber dafür. Ich finde den Umgang mit dem Hörer teilweise gar verachtend. Wer mal in den Redaktionen unterwegs war, wird das vielleicht bestätigen. Die Sätze " Der Hörer ist doof"oder "Der Hörer hat keine Ahnung" hab ich da oft genung gehört. Mit der Grundeinstellung kann das ja auch nix werden. Man sendet am Hörer vorbei. Alles ist positiv. Negatives gibt es maximal in den Nachrichten. Die sind schnell vorbei und danach scheint die Sonne und man kann den Grill rausholen. Mal ehrlich, das ist nicht die Realität. Die Realität mutet man dem doofen Hörer schon lange nicht mehr zu. Aber der Hörer lebt in der Realität, er ist Teil davon und kann sie deshalb auch gut vertragen!
 
Wir sind aber in 2021 und deine These ist absolut nicht haltbar.
Woran machst du das fest? UKW darfst Du nicht als Maßstab sehen, und bei Webradios und auch auf DAB+ (Stichwort "Schwarzwaldradio") funktioniert das durchaus.

Kurz mal in die Playlist von Rainer Nitschke geschaut, da liefen innerhalb von 30 Minuten Vanilla Ice mit "Ice Ice Baby" und Benny Quick mit "Motorbiene".
 
Ich finde "Love is a stranger" von den Eurythmics auch viel geiler als "Sweet dreams" (und vor allem nicht so totgespielt), aber egal ob Hochzeit oder Radiosender: Bei einer Abfrage bzw Überprüfung der Performance (Tanzfläche voll? Ab/umschalten oder laufen lassen?)) wird "Sweet dreams" immer besser funktionieren. Ist einfach so. Ist schade, aber wurde halt alles ewig beobachtet, gecheckt und dokumentiert.

Bei "Love Is A Stranger ist das wohl tatsächlich so.

Ich diskutiere gerne mit einem ein paar Tage jüngeren Freund. Regelmäßig kommt er mit Aussagen wie: Haddaway? "What is love?" Ist doch ein One Hit-Wonder!
Dann sage ich: "Life". Platz 2 in Deutschland. Platin. Aussage widerlegt.

Aber hat man den Song irgendwo nochmal gehört?

Das ist tatsächlich ein "alternativer" Hit, den viele Leute noch kennen, und der daher tatsächlich im AC-Radio gut funktionieren könnte.

Ich träume von einer langen Sendestrecke, die bewusst nur diese "B-Hits" berücksichtigt, um sie wieder warmzuspielen. Das wäre zumindest ein Ansatz für eine etwas breitere Mainstream-Rotation.

Dieses Sendekonzept wurde in einem NRW-Lokalsender tatsächlich im Rahmen einer Bürgerfunk-Sendung probiert. Aber auch diese Sendereihe stieß auf Kritik - die Hörer könnten evtl. vermuten, dass sich ihr Radio verstellt habe, und sie nicht mehr auf ihrer "angestammten" Welle seien. Nun setzt diese Sendereihe auf eine Kombination aus ca. 30-40 % "A-Hits" und der Rest "B-Hits". Damit ist die Kritik praktisch verschwunden.Ganz ohne die "Todudler" läuft es also wohl nicht; dafür sind sie beim 08/15-Publikum einfach zu beliebt. Aber die Erfahrung zeigt, dass das Publikum durchaus Gefallen an einem Programm hat, das auch viele "B-Hits" beinhaltet, vorausgesetzt, sie sind auch große Hits gewesen, oder absolute Ohrwürmer, oder aber über alternative Marketing-Wege (Kinofilm, Werbespot etc.) bekannt geworden. Was definitiv nicht funktioniert, ist ein reiner Albumtrack, der nie als Single ausgekoppelt wurde und auch stilistisch nicht sonderlich hervorsticht. Es muss halt Mainstream-kompatibel sein; dann geht mehr, als uns viele Radio-BWL-Menschen glaubhaft machen wollen.
 
Dieses Sendekonzept wurde in einem NRW-Lokalsender tatsächlich im Rahmen einer Bürgerfunk-Sendung probiert. Aber auch diese Sendereihe stieß auf Kritik - die Hörer könnten evtl. vermuten, dass sich ihr Radio verstellt habe, und sie nicht mehr auf ihrer "angestammten" Welle seien.
Ähm - ist das nicht bei ganz vielen Bürgerfunk-Sendungen so? Ich hab vor keinen 48 Stunden wieder eine entsprechende mail gelesen. Viele Leute verstehen diese Insel immer noch nicht und sind irritiert, wenn sie reinschalten und von Anmutung der Moderation und Musikauswahl was ganz anderes hören. Vor allem, wenn sie den Sender in der Regel zu anderen Zeiten hören, haben sie den Bürgerfunk gar nicht auf dem Schirm. Und der Bürgerfunk ist ja explizit als Alternative und freie Fläche angelegt. Von einer Orientierung an der generellen Musikfarbe hab ich persönlich noch nie was gehört.

Ein Kumpel und seine Freundin fuhren mal durch unser Sendegebiet und schalteten den Sender ein, für den ich u.a. arbeite. Bei einem späteren Telefonat kam ein eher zurückhaltendes, fast peinlich berührtes "so toll war das jetzt aber nicht, was da lief". Ich hakte nach, wann sie denn reingehört hatten. Es war exakt in der Zeit, als Bürgerfunk lief.
 
Ich diskutiere gerne mit einem ein paar Tage jüngeren Freund. Regelmäßig kommt er mit Aussagen wie: Haddaway? "What is love?" Ist doch ein One Hit-Wonder!
Dann sage ich: "Life". Platz 2 in Deutschland. Platin. Aussage widerlegt.

Aber hat man den Song irgendwo nochmal gehört?
Gut diese Liste ist endlos lang.. Scatman John mit Scatman's World (das Lied ist kurioserweise sogar Platz 1 gewesen und das andere Scatman Lied das nur Platz 2 war läuft aber ständig), Aqua - Doctor Jones, Rednex - Old Pop In An Oak und und. Das würde ich noch nicht mal als B-Hits bezeichnen. Es waren Lieder, die sich über Monate in obereren Chartregionen bewegt haben. Anscheinend haben die Leute von damals auch alle Amnesie, dass sie sich diese Lieder auch nie wünschen. Der Bedarf ist immer nur bei den gleichen Songs aus den Dekaden.

" Der Hörer ist doof"oder "Der Hörer hat keine Ahnung" hab ich da oft genung gehört. Mit der Grundeinstellung kann das ja auch nix werden.
Ich finde es auch erschreckend für wie "dumm" man den Radiohörer und TV-Zuschauer hält. Da wird man ja gerade zu vor den Geräten "geparkt". Man macht sich gar nicht die Mühe mal Abwechslung zu bieten. Viel zu viel läuft nach Schema F und das seit Jahren. Kein Wunder, wenn sich die Stammkonsumenten immer mehr abwenden oder so alt sind, dass sie irgendwann wegsterben.
 
Ich finde es auch erschreckend für wie "dumm" man den Radiohörer und TV-Zuschauer hält. Da wird man ja gerade zu vor den Geräten "geparkt". Man macht sich gar nicht die Mühe mal Abwechslung zu bieten. Viel zu viel läuft nach Schema F und das seit Jahren. Kein Wunder, wenn sich die Stammkonsumenten immer mehr abwenden oder so alt sind, dass sie irgendwann wegsterben.
Was sollten die Verantwortlichen denn konkret tun? Was fehlt denn konkret? Beispiele wären nicht schlecht.
 
Doch, funzt weiter. Es werden nur die üblichen Sender abgefragt, und schon bekommt man das Ergebnis, das gewünscht wird- Der UKW-Funk wird belliebter, je mehr man andere Sender und Verbreitungswege nutzt . Klingt doof , ist es auch. Versteht auch niemand.
 
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Was sollten die Verantwortlichen denn konkret tun? Was fehlt denn konkret? Beispiele wären nicht schlecht.
Weg mit der primitiven Unterhaltung und weg von dieser dämlichen Heavy-Rotation mit der ständigen Wiederholung der gleichen Songs. Dieses Formatradiokonzept hat sich schon lange selbst überlebt. Seit vielen Jahren nur das Alte bewahren und keine Veränderungen mehr - das kann doch keine Lösung sein.
 
Nein. Weil es mit dem geringstmöglichen Einsatz den höchstmöglichen Ertrag liefert. In US-amerikanischem Formatradio-Sprech: Reduce it to the max.

Man lese: Radio in search of Excellence - Lessons from America's best-run radio stations.
 
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Gut diese Liste ist endlos lang.. Scatman John mit Scatman's World (das Lied ist kurioserweise sogar Platz 1 gewesen und das andere Scatman Lied das nur Platz 2 war läuft aber ständig), Aqua - Doctor Jones, Rednex - Old Pop In An Oak und und. Das würde ich noch nicht mal als B-Hits bezeichnen. Es waren Lieder, die sich über Monate in obereren Chartregionen bewegt haben. Anscheinend haben die Leute von damals auch alle Amnesie, dass sie sich diese Lieder auch nie wünschen. Der Bedarf ist immer nur bei den gleichen Songs aus den Dekaden
Wunschsendungen sind doch eh schon lange weg ... Die genannten Titel sind tatsächlich typische "alternative Hits", die auch im normalen AC-Radio funktionieren würden, und zu Unrecht von den Redaktionen ignoriert werden!

Ich finde es auch erschreckend für wie "dumm" man den Radiohörer und TV-Zuschauer hält. Da wird man ja gerade zu vor den Geräten "geparkt". Man macht sich gar nicht die Mühe mal Abwechslung zu bieten. Viel zu viel läuft nach Schema F und das seit Jahren. Kein Wunder, wenn sich die Stammkonsumenten immer mehr abwenden oder so alt sind, dass sie irgendwann wegsterben.
Wie erwähnt, bezgl. der oben genannten Hits gebe ich Dir Recht. Aber es ist wohl tatsächlich eine Kosten-Nutzen-Rechnung - ein entsprechender Redakteur kostet halt Geld.
Ein anderer Aspekt KÖNNTE sein (ich weiß es nicht): Die Verkaufszahlen bzw. Einschaltquoten sind wohl das einzige wirklich objektive Kriterium für Erfolg von Musik. Möglicherweise verhindern Regelungen z. B. zur Gleichbehandlung, dass Redakteure/Moderatoren selbst die Musik für ihre Sendungen aussuchen. Schließlich würde dann ja auch der eigene Geschmack mit einfließen, oder die Redakteure supporten gezielt die Veröffentlichungen von Musikern aus ihrem Freundeskreis. Im schlimmsten Fall sind sie korrupt, und es kommt zu Payola.

Im Übrigen haben viele "Freie Radios" und Bürgerfunk-Strecken der örtlichen Lokalradios bei weitem nicht alle Sendeplätze mit Moderatoren belegt, und es ist erstaunlich einfach, in die entsprechenden Projekte rein zu kommen. Wer also nicht nur meckert, sondern auch bereit ist, viel Freizeit für die Aufbereitung von Sendungen zu investieren, kann tatsächlich recht einfach zeigen, dass er es besser kann als die großen Radiomacher - und denen damit gleich auch noch Sendezeit wegnehmen.
 
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Die Verkaufszahlen bzw. Einschaltquoten sind wohl das einzige wirklich objektive Kriterium für Erfolg von Musik.
Das glaube ich kaum.. wenn es nach Verkaufszahlen gehen würde, würden komplett andere Lieder gespielt werden. Alice Merton war z.B. nur mit einem einzigen Song in den deutschen Charts aber mehrere Lieder, die danach rauskamen wurden trotzdem munter im Radio gespielt obwohl sie ein riesiger Verkaufsflop waren. So war es auch bei einigen anderen, die im Radio laufen aber es eben nur im Radio "ein Hit" ist.
Wie erwähnt, bezgl. der oben genannten Hits gebe ich Dir Recht. Aber es ist wohl tatsächlich eine Kosten-Nutzen-Rechnung - ein entsprechender Redakteur kostet halt Geld.
Das kann nicht ernsthaft an den Kosten scheitern. Ich könnte einen Schimpansen hinstellen - der würde das Programm abwechslungsreicher zusammenstellen als es bisher ist. Kosten sind hier kein Argument. Wir reden hier von einer wirklich extrem begrenzten Auswahl an Liedern bei den meisten großen Sendern in der Heavy Rotation. Das ist ein Aufwand von ein paar Minuten da mal mehr verschiedene Songs zu spielen. So was schaffen zur Not auch Praktikanten.
 
wenn es nach Verkaufszahlen gehen würde, würden komplett andere Lieder gespielt werden.
Wie ich schon schrieb, fließen ebenso die Einschalt- (bzw. im Radio eher Abschalt-) Quoten in die Musikauswahl ein. Und auch ein Bestseller wird zum Abschalter, wenn eine Band zwar eine in absoluten Zahlen große Fanbase hat (die alleine für hohe Chartplatzierungen sorgt), beim "normalen Durchschnittspublikum" (daraus setzt sich das Radio-Publikum zusammen) aber nicht zündet. Bekanntes Beispiel: Led Zeppelin haben zwar jedes neue Album in riesigen Stückzahlen abgesetzt gekriegt. Aber frage mal einen Mensch auf der Straße, der nicht zufällig Led-Zeppelin-Fan ist, welche Stücke er von denen kennt. Es werden genau zwei sein: "Whole Lotta Love" und "Stairway To Heaven". Etwas anderes von Led Zeppelin kann man dem "Otto-Normalpublikum" nicht präsentieren - es kennt halt keiner.

Dann gibt es den Fall, dass ein Titel der totale Ohrwurm ist und zufällig bei einem einflussreichen Musikredakteur landet und so seinen Weg ins Radio findet. Aber dadurch entsteht nicht unbedingt innerhalb weniger Tage ein riesiger Hype, sondern solche Titel verkaufen sich dann oft langsam, aber kontinuierlich. Bestes Beispiel istt "Gotta Go Home" von Mirah, das war nie groß in den Charts, hält sich aber seit 20 Jahren in den Playlisten vieler AC-Dudler.

Die weitaus meisten langjährigen Radio-Hits waren aber fast immer auch Top-Verkaufshits.

Das kann nicht ernsthaft an den Kosten scheitern. Ich könnte einen Schimpansen hinstellen - der würde das Programm abwechslungsreicher zusammenstellen als es bisher ist. Kosten sind hier kein Argument. Wir reden hier von einer wirklich extrem begrenzten Auswahl an Liedern bei den meisten großen Sendern in der Heavy Rotation. Das ist ein Aufwand von ein paar Minuten da mal mehr verschiedene Songs zu spielen. So was schaffen zur Not auch Praktikanten.
Das ist prinzipiell richtig. Wahrscheinlich würde die eigene private CD-/MP3-Sammlung des Moderators den ein oder anderen geeigneten Titel hergeben. Aber ich hatte hier auch schon weiter oben die Frage gestellt (weil ich es nicht weiß), ob es evtl. zu rechtlichen Problemen (Stichworte Gleichbehandlung, Payola...) führen kann, wenn man jemanden eine "alternativere" Playliste zusammenstellen lässt??? Wenn man nämlich nicht den Massen-Erfolg als Orientierung nimmt, landet man zwangsläufig beim persönlichen Geschmack. Vielleicht weiß jemand hier im Forum, wie das rechtlich ist???
Ansonsten sind, wie bereits erwähnt, viele Bürgerfunk-Sendestrecken der örtlichen Lokalradios und Offenen Kanäle nicht belegt, und es ist erstaunlich einfach, sich diesen Radiowerkstätten anzuschließen. Statt immer nur zu kritisieren: Macht es doch einfach besser!
 
Aber frage mal einen Mensch auf der Straße, der nicht zufällig Led-Zeppelin-Fan ist, welche Stücke er von denen kennt. Es werden genau zwei sein: "Whole Lotta Love" und "Stairway To Heaven". Etwas anderes von Led Zeppelin kann man dem "Otto-Normalpublikum" nicht präsentieren - es kennt halt keiner.
Und genau hier erwarte ich vom Hörrundfunk, dass er mir die unbekannteren Titel, eventuell mit einer entsprechend qualifizierten An- oder Abmoderation vorstellt!
 
Und genau hier erwarte ich vom Hörrundfunk, dass er mir die unbekannteren Titel, eventuell mit einer entsprechend qualifizierten An- oder Abmoderation vorstellt!
Das Problem ist nur: Die Leute nutzen das Radio heutzutage überwiegend als Hintergrund- und Begleitmedium. Wenn die Musik dann polarisiert, weil sie zu weit von Mainstream abweicht, schalten die Leute um. Schon vor ein paar Jahren tauchte hier im Forum der Blogbeitrag "Dudelfunk nicht bekämpfen, sondern anpassen" auf. Darin heißt es ganz klar:

Die Hörer machen den Massengeschmack als vermeintliche Bestandteile dessen erst aus. Die Kritik am Formatradio ist zu einseitig adressiert, wenn sie sich nur an die Radioschaffenden richtet und nicht auch an die, die selbst Ansprüche an das Radioprogramm erheben und es durch An- und Wegschalten mitbeeinflussen.

Unvergessen ist auch das berühmte, schon fast 15 Jahre alte Interview mit Thomas Gottschalk und Marcel Reich-Ranicki, wo es um genau dieselbe Grundsatz-Diskussion, hier am Beispiel Fernsehen, ging:

Die Radio- und Fernsehsender haben es ja immer wieder versucht, Inhalte eher abseits des Mainstreams populärer zu machen - es gelang in den letzten Jahrzehnten nicht ein einziges Mal. Und das scheint mir der Beweis zu sein, dass es schlicht nicht funktioniert: Das letzte Glied in der Kette, der Konsument, zieht einfach nicht mit.
 
Die Radio- und Fernsehsender haben es ja immer wieder versucht, Inhalte eher abseits des Mainstreams populärer zu machen - es gelang in den letzten Jahrzehnten nicht ein einziges Mal.
Welche Versuche meinst Du?

Also BBC, NPO, Radio France und kommerzielle Anbieter in diversen europäischen Ländern zeigen, dass es geht. Oder bist Du der Ansicht, dass der deutsche Hörer im Vergleich zu den europäischen Nachbarn doof ist?
 
John Peel und Alan Bangs haben es immerhin vor Jahrzehnten ins deutsche Radio geschafft. Z. B. hr1 macht den Umweg über Live-Mitschnitte u. dgl.- sodass gelegentlich seltenere Sounds nach 21 Uhr zu hören sind. Fazit: Es geht - mehr davon!
 
Welche Versuche meinst Du?
Chapri erwähnte gerade schon Leute wie John Peel oder Alan Bangs. Auch Paul Baskerville war damals bekannt. In den späten 1990ern war in NRW auf Eins Live der "Partyservice" legendär. Leute wie Piet Blank oder Mike Litt haben damals sehr viele Tracks erst bekannt gemacht.
Im Fernsehen gab es in den 70ern die (hier im Thread auch schon erwähnte) Sendung "Disco" mit Ilja Richter, die kein Problem damit hatte, Leute wie Cindy & Bert und Black Sabbath im selben Sendeformat unter zu bekommen. Wer in den 90ern aufwuchs, erinnert sich vielleicht noch an "Hit Clip" mit Thomas Germann, anfangs die beliebteste TV-Sendung ihrer Art, die aber auch nur vier Jahre später wieder von der Bildfläche verschwand.

All diesen Programmen ist gemeinsam, dass sie bereits an den Start gingen, bevor das Internet zum Massenmedium avancierte. Ebenfalls ist allen gemeinsam, dass sie mit dem Siegeszug von Computer und Internet aus dem Programm flogen. M. E. kann das kein Zufall sein.

Also BBC, NPO, Radio France und kommerzielle Anbieter in diversen europäischen Ländern zeigen, dass es geht. Oder bist Du der Ansicht, dass der deutsche Hörer im Vergleich zu den europäischen Nachbarn doof ist?
Hier könnte ein Wahrnehmungsproblem vorliegen: Einen ausländischen Sender bekommt man ja i.d.R. nur mal kürzere Zeit zu Gehör, z. B. im Urlaub oder auf Geschäftsreise. Dann hört man in Holland vielleicht einen Titel von Guus Meeuwis, also einem der erfolgreichsten holländischen Sänger, und ist begeistert, weil er hier in Deutschland fast nie im Radio läuft. Umgekehrt empfindet der Ausländer vielleicht einen deutschen Sender als abwechslungsreicher, weil Herbert Grönemeyer ja nieee auf NPO läuft. Man müsste also für ein objektives Ergebnis tatsächlich die Playlisten auswerten: Kommt Guus Meeuwis in Holland auf mehr oder weniger Plays pro Woche als Herbert Grönemeyer hier bei uns?
 
Sowohl Guus Meeuwis als auch Grönemeyer laufen im niederländischen Radio. Und die deutschen Heilbojen auch. Niederländische Musik läuft selten mal im deutschen Radio. Nur so als kleiner Einwurf.
 
Das Hauptproblem ist doch dass die meisten kommerziellen Musikwellen immer noch dem selben Hot-AC-Einheitsbrei huldigen um einer möglichst jungen Zielgruppenchimäre hinterherzulaufen, die die Hitstationen aber nur noch als peinlich, marktschreierierisch und eindimensional empfindet.

Eine von oben veranlasste musikalische Auffächerung (Top 40, Rockwellen, Hip-Hop-Sender, Indie/Alternative) und die starke werbetechnische Berücksichtigung älterer Zielgruppen (25+) wäre schon vor Jahren angezeigt gewesen, mit dem gegenwärtigen Konzept senden die musiklastigen Stationen künftig aber mehr oder minder ins Leere.

Eigentlich ist der Zug schon längst abgefahren. Denn auch die Gesamtreichweite wird mit den Jahren stark zurückgehen, sodass bei Beibehaltung der gegenwärtigen Formatpolitik am Ende nur noch Nachrichten- und Informationsprogramme wirtschaftlich erfolgreich sein werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist aber die Lösung, weil das (außerhalb dieses Forums) nun mal am besten testet.
Du meinst für die außerhalb vom Forum reicht es weil man sie an dass Format Nebenbei Dudelfunk gewöhnt hat.

Da wirst du Recht haben. Anspruchsvolles würde der Nebenbeikonsument gar nicht mit bekommen. ;)



Welche Versuche meinst Du?
Im Fernsehebereich hat man es damals mit Vox probiert. Anspruchsvolles TV und das von Privater Seite.

Sagen wir Mal so. Vox war pleite und stand kurz vor der Einstellung. Mit dem Einstieg von Canal+ und Murdoch konnte man das Ruder mit Unterhaltungsformate und Serien rum reisen.

Das Experiment intelligentes Fernsehen selbst ist aber gescheitert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Hauptproblem ist doch dass die meisten kommerziellen Musikwellen immer noch dem selben Hot-AC-Einheitsbrei huldigen um einer möglichst jungen Zielgruppenchimäre hinterherzulaufen, die die Hitstationen aber nur noch als peinlich, marktschreierierisch und eindimensional empfindet.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Sender um jeden Preis dem jungen Publikum hinter laufen. Im Gegenteil: Vor 25-30 Jahren, also Anfang der 90er, galten Titel aus den 60ern längst als "zu alt" für ein "aktuelles" Radioprogramm. Folglich sind zu dieser Zeit z.B. im kommerziellen Lokalradio keine Leute wie die Beatles oder die Beach Boys nicht gelaufen. Deren Titel waren Anfang der 90er rund 30 Jahre alt. Heute hingegen sind im Lokalradio die 80er und 90er - also teils über 40 Jahre alte Titel wesentlich stärker vertreten: Michael Jackson, Bangles, Depeche Mode, Nena ...

Eine von oben veranlasste musikalische Auffächerung (Top 40, Rockwellen, Hip-Hop-Sender, Indie/Alternative) und die starke werbetechnische Berücksichtigung älterer Zielgruppen (25+) wäre schon vor Jahren angezeigt gewesen, mit dem gegenwärtigen Konzept senden die musiklastigen Stationen künftig aber mehr oder minder ins Leere.
Eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Genre hätte nur zur Folge, dass die ohnehin totgedudelten Songs auf dem passenden Genre-Sender NOCH häufiger laufen. Dann läuft Bon Jovi "Living On A Prayer" auf dem Rocksender nicht mehr alle drei Tage, sondern drei Mal am Tag. Das Problem ist halt, dass unbekanntere Songs nur eine so kleine Nische interessieren, dass sich damit kein Radiosender Songs über Wasser halten kann.

Konkretes Beispiel: Vor Corona (und hoffentlich bald auch wieder) fand im Wuppertaler "Live Club Barmen" eine monatliche Latin-Party statt. Dort liefen nur wenige bekannte Hits wie "Despacito" oder "Danza Kuduro"; das meiste war karibischer Underground: Salsa, Merengue, Bachata, Cumbia.... So eine Veranstaltung schafft es ein Mal im Monat, immerhin ca. 200-300 Gäste zu ziehen; viele davon sind Stammgäste, die man immer wieder sieht. Wuppertal hat immerhin 300.000 Einwohner, und das ist die größte Veranstaltung dieser Art dort. Gehen wir also mal von insgesamt 1000 Latin-Fans in Wuppertal und Umgebung aus, die dann auch als potenzielle Hörerschaft für einen entsprechenden Radiosender (der 24/7 sendet) in Frage käme. Wie soll der von einer solchen Reichweite LEBEN???

Letztlich bleiben aus der Latin-Ecke einige Hits übrig, die auch über die Szene hinaus bekannt sind (wie eben "Despacito" oder "Danza Kuduro"), und die dann auch im AC-Radio laufen. Sicher könnten die Redakteure noch etwas kreativer sein, denn es gibt durchaus noch ein paar mehr allgemein bekannte Latin-Dauerbrenner ("Moliendo Café", "Ilarie", "Veo Veo", "Mas Que Nada", "Las Chiapanecas"...), die durchaus AC-Radio-kompatibel sind. Aber mit Johnny Pacheco oder Johnny Ventura würde man den "Otto Normalhörer" abschrecken: Stücke oft zu jazzig, zu verspielt, zu lang. Und den Normalhörer braucht man, um ausreichend Reichweite zu generieren.

Eigentlich ist der Zug schon längst abgefahren. Denn auch die Gesamtreichweite wird mit den Jahren stark zurückgehen, sodass bei Beibehaltung der gegenwärtigen Formatpolitik am Ende nur noch Nachrichten- und Informationsprogramme wirtschaftlich erfolgreich sein werden.
Und eben Mainstream-AC; das funktioniert auch. Sicher, im Repertoire der BEKANNTEREN Titel kann man sicherlich noch für mehr Abwechslung sorgen. Aber mit der Ausstrahlung von völlig unbekannten Songs lässt sich offenbar kein Geld verdienen (so schade ich das auch finde).

Im Fernsehbereich hat man es damals mit Vox probiert. Anspruchsvolles TV und das von Privater Seite.
Sagen wir Mal so. Vox war pleite und stand kurz vor der Einstellung. Mit dem Einstieg von Canal+ und Murdoch konnte man das Ruder mit Unterhaltungsformate und Serien rum reißen.
Das Experiment intelligentes Fernsehen selbst ist aber gescheitert.
Dabei startete Vox bereits 1993, als es noch keine Konkurrenz durchs Internet gab. Kabelfernsehen oder Sat-Schüssel (Empfangs-Voraussetzung für Vox!) hatte zwar noch nicht jeder, aber schon einige. Die Startvoraussetzungen waren eigentlich ganz gut. Aber die Elite alleine reicht nicht für die nötige Reichweite, und dem "normalen" Volk lässt sich Anspruchsvolles offenbar nicht schmackhaft machen. Die wollen halt explizit Daniela Katzenberger, Kochduell und Höhle der Löwen.
 
Die Radio- und Fernsehsender haben es ja immer wieder versucht, Inhalte eher abseits des Mainstreams populärer zu machen - es gelang in den letzten Jahrzehnten nicht ein einziges Mal.
Indem sie "Inhalte abseits des Mainstreams" in Spartensender oder in die Todeszone zwischen Mitternacht und vier Uhr Morgens verschoben haben. Das ist genau der Grund, warum diese Versuche schiefgegangen sind.
 
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