DAB-Flop in Berlin

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peter76

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Berliner Radiosender geben ihre DAB-Lizenz zurück: Privater Hörfunk
erwartet Vollförderung des DigitalRadio-Engagements

Berlin (ots) - Vor dem Hintergrund der äußerst schwierigen
Wirtschaftslage und der hohen Kosten für den Sendernetzbetrieb werden
vier private Hörfunkunternehmen ihre für insgesamt 7 Programme
erworbenen DigitalRadio-Lizenzen (DAB) an die Medienanstalt
Berlin/Brandenburg (mabb) zurückgeben.

"In einer Zeit, in der die Umsatzeinbrüche im Werbemarkt die
Sender zu einschneidenden Sparmaßnahmen - auch im Personalbereich -
zwingen, sind die hohen Kosten für eine digitale Programmverbreitung
quasi ohne Endgerätereichweite im Markt nicht zu rechtfertigen. Die
zugesagten Förderungen der mabb wären hilfreich, aber bei weitem
nicht ausreichend gewesen, um die Belastungen der Sender abzufangen",
so Carsten Neitzel, Geschäftsführer 94´3 r.s.2 und stellvertretender
Vorsitzender des Fachbereichs Hörfunk des VPRT. "Angesichts der
Situation, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Aktivitäten
in den verschiedenen digitalen Systemen durch Gebührengelder
finanziert, fordert der VPRT schon lange die verantwortlichen
Medienpolitiker auf, hier für Gleichbehandlung zu sorgen."

Der VPRT wird im Rahmen der für Anfang 2003 geplanten Anhörung der
Rundfunkkommission der Länder zum Thema DigitalRadio eine
Vollförderung des DigitalRadio-Engagements der privaten
Hörfunkunternehmen fordern.

ots Originaltext: VPRT
Digitale Pressemappe: <a href="http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6895" target="_blank">http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6895</a>

Für Rückfragen:
Stefan Kühler, Tel.: 030-39880 101, Handy 0172-2525195, Email:
kuehler@vprt.de
____________________________________________-

was haltet ihr davon? Ist das der Anfabg vom Ende von privatem DAB-Radio in Berlin? Oder wollen die privaten Sender nur Finazhilfen "erpressen"?
 
Die Vorbehalte der Privaten gegen DAB sind ja bekannt:
-Alte Technik, die sich nicht durchsetzen wird.
-Es gibt keine Endgeräte.
-Kein erkennbarer Zusatznutzen und usp für die Endverbraucher durch DAB.

Viele Stationen hatten bisher DAB nur mitgemacht, weil sie sich nicht mit den Landesmedienanstalten anlegen wollten (Lizenzerhaltende Maßnahme!). Für so einen Luxus ist jetzt kein Geld mehr da und die Landesmedienanstalten sind froh, wenn die Sender ihren UKW-Betrieb noch bezahlen können. (Sie Insolvenzen wie Spree-Radio oder Pleiten wie FAZ-Business.)

DAB hat ja nur eine Chance, wenn auch Geld für Marketing da ist, mit dem DAB bekannt gemacht wird. Dazu hat es noch letztes Jahre eine Initiative gegeben, die schon als letzter Anlauf galt. Die interessante Pressemitteilung, die Du da eingestellt hast (Danke!), könnte jetzt der Anfang vom Ende sein. In Norrdeutschland waren auch die Landesmedienanstalten sehr skeptisch gegenüber DAB eingestellt. Nur die Bayern sind noch ganz heiß auf das Thema. Die BLM und der BR betreiben das Thema da massiv und Antenne Bayern hat ihr Rockfromat über DAB, hat es aber auch im Kabel und in Augsburg sogar über UKW. Deshalb werden die nie DAB abschalten, außer sie sind die Letzten.
 
&lt;&lt; DAB hat ja nur eine Chance, wenn auch Geld für Marketing da ist, mit dem DAB bekannt gemacht wird. &gt;&gt;

Wieso? Geld für Marketing war genug da, hat aber nix gebracht. Vielleicht sollte man mal aufhören, den Hörern ein System aufs Auge drücken zu wollen.

Beste Grüße
Clara
 
DAB wird ja in gewissen Kreisen schon seit längerem mit "Dead And Buried" übersetzt... <img border="0" title="" alt="[Breites Grinsen]" src="biggrin.gif" />
Industrie und Politik wollten DAB haben, erstere wegen erhoffter Investitionen, auch und vor allem beim Endkunden; letzteren sagt man gerne nach, daß sie die Empfangbarkeit von Programmen aus Nachbar(bundes)ländern noch nie so sehr mochten, und gegen UKW-Überreichweiten ist DAB die ideale Lösung. Der Endverbraucher hat sich - von wenigen Freaks abgesehen - nie für DAB interessiert, da kein Nutzen erkennbar war. UKW reicht halt. Die Amis nennen das Phänomen "good enough quality".
Wenn man bedenkt, daß teilweise Klassikdudler mit 96 KBit/s über DAB laufen, ist UKW sogar haushoch überlegen. Nee, so bekommt DAB keinen Fuß in die Tür, höchstens auf dem Wege der Gesetzgebung (Stichpunkt: gesetzlich vorgeschriebener Übergang zu digital bis 2010). Merke: was sich nicht von selbst durchsetzt, das wird durchgesetzt. Nur ist auch dies in Zeiten knapper Kassen schwierig. Wer keine Kohle mehr hat, trennt sich zuerst halt von überflüssigem Spielzeug. HR Antenne Niedersachsen hat ja auch ihre DVB-Abstrahlung vor längerer Zeit beendet.
 
Hier die Reaktion der Medienanstalt Berlin-Brandenburg:
(Pressemitteilung der MABB von heute)
____________________________________________

Presseerklärung vom 19. Dezember 2002

Weniger Digitale Radio (DAB) Programme in Berlin-Brandenburg - Anstoß
für eine bundesweite Neupositionierung von DAB

Vier private Hörfunkunternehmen habe ihre Sendeerlaubnisse für
insgesamt sieben digitale Radioprogramme vor dem Hintergrund der
schwierigen Wirtschaftslage zurück gegeben.

In Berlin-Brandenburg gibt es damit immer noch 14 DAB-Programme (weit
mehr als im Bundesdurchschnitt), darunter drei von privaten
Veranstaltern. Über UKW sind 26 Programme zu empfangen.

Der Direktor der mabb, Dr. Hans Hege, äußerte Verständnis für die
privaten Hörfunkveranstalter und den VPRT. DAB kann auf absehbare
Zeit UKW nicht ablösen (anders als beim analogen Antennenfernsehen
und DVB-T).

Die Veranstalter müssten DAB-Kosten neben denjenigen für UKW
übernehmen, und erreichen doch nur einen Bruchteil der Hörer, auf
denen ihre Finanzierung aufbaut. Selbst nach optimistischen Prognosen
wird auf Jahre hinaus nur ein kleiner Teil der über 200 Mio.
geschätzten UKW-Radios durch DAB-Empfänger abgelöst werden. Auch die
wirtschaftliche Basis für die Veranstaltung neuer, zusätzlicher
Programme ist dünn.

Die mabb hat zwischen 1995 und 1998 das gemeinsam mit der Deutschen
Telekom AG und dem SFB durchgeführte Pilotprojekt mit erheblichen
Mitteln unterstützt. Sie war und ist bereit, im Interesse der
bundesweiten Zielsetzungen auch den seit einem Jahr bestehenden
Regelbetrieb von DAB mit Förderungssätzen zwischen 34 % (für den
Ballungsraum Berlin) bis 64 % (für die flächendeckende Versorgung in
Brandenburg) finanziell zu unterstützen, hat aber die Frequenzen von
vorn herein mit der Maßgabe ausgeschrieben, dass ein wesentlicher
Teil der Kosten von den Veranstaltern getragen werden muss.

Die Deutsche Telekom ist nicht mehr wie in Zeiten des Pilotprojektes
bereit und in der Lage, einen finanziellen Beitrag jenseits der
Kostendeckung zu leisten, und etwa die Senderentgelte nach der Zahl
der tatsächlich erreichten Geräte zu bemassen. Auch von der Automobil-
und Geräteindustrie sind keine Förderungen zu erwarten.

Die mabb räumt DAB nach wie vor eine Chance ein, sieht sich aber nach
den geltenden Bestimmungen nicht berechtigt, die Ausstrahlungskosten
vollständig aus Rundfunkgebühren zu finanzieren.

Es ist eine von den Ländern zu treffende Entscheidung, ob DAB
entsprechend der Forderung des VPRT künftig auch für private
Veranstalter voll aus Rundfunkgebühren gefördert wird.

Diese Förderung müsste sich weit über den bisherigen Gebührenzeitraum
von 2004 hinaus erstrecken und bei Nutzung zusätzlicher DAB-
Kapazitäten ggf. noch erweitert werden. Offen bliebe, wie schnell die
Verbraucher veranlasst werden, ihre UKW-Geräte durch DAB-Empfänger zu
ersetzen.

Im Vordergrund der Diskussion sollten nicht zusätzliche
Fördermaßnahmen, sondern eine neue Positionierung von DAB stehen.
"Die Krise ist eine Chance, DAB neu und realistisch zu
positionieren," sagte der Direktor der mabb, Dr. Hans Hege.
 
Die Frage nach der "Good Enough Quality" von UKW und dem usp von DAB ist genau die richtige. Das Fernsehen digitalisiert sich zuerst, in Deutschland aufgrund des großen analogen Angebots langsamer als in anderen Ländern. Nun ist in Berlin dennoch der Startschuss für DVB-T gefallen.

Das System ist da, die Abschaltung der analogen Sender steht fest, und nur ein kleiner Teil der Haushalte muss sich umstellen. Ein nachhaltiger öffentlicher Protest ist nicht zu erwarten.

Dann wird DVB irgendwann zunhemend etabliert sein und für Programmveranstalter interessant werden, um eine alternative insbesondere zu der in Deutschland relativ teuren Kabelverbreitung zu haben (hier geht es vor allem darum, die Kabelnetzbetreiber mit der technischen Ausweichmöglichkeit unter Druck zu setzen). So wird Fernsehen nach und nach auch noch ein mobiles Medium.

Radio wird aber nur zu einem geringen Teil in fest installierten Geräten empfangen. Selbst ein portables Küchenradio ist auf die terrestrische Versorgung angewiesen.

Insbesondere im Auto wird sich die Systemfrage entscheiden. MP3 ist gerade auf dem Vormarsch in Geräten, die von den Autoherstellern eingebaut werden. In höheren Preisklassen gehört eine hochwertige Hifi-Anlage inzwischen ab Werk zum Standart.

Diesen beiden Märkte, der portable und der mobile, gilt zu erobern, wenn digitaler Hörfunk eine Chance haben soll.

Folgendes Szenario:

Morgens wache ich auf, geweckt von meinem Radiowecker. Dann gehe ich unter die Dusche, da habe ich so ein kleines wasserdichtes Radio, das gab es mal bei Tchibo, damit ich die Nachrichten nicht verpasse. In der Küche dudelt das alte Kassettenradio gleich neben dem Toster. Dann steige ich ins Auto, natürlich hat es ein Radio. Im Büro steht mein klenier CD-Radiorekorder, aber um CDs und Kassetten einzulegen hab ich keine Zeit und immer nur die selbe CD will ich auch nicht hören. Natürlich habe ich -- idealerweise -- einen Lieblingssender --. oder zwei oder drei.

Wenn nun auf digital umgestellt werden soll, dann muss ich mir also gleich 5 neue Radios zulegen. Wenn ich dann irgendwann ein neues Auto kaufe, dann ist da vielleicht sogar schon ein digitales Radio drin. Da kann ich dann DAB hören, natürlich vorzugsweise meinen Lieblingssender. Das ist schon praktisch, weil während der Fahrt rauscht und knackt es nicht mehr so doll.

Aber warum soll ich mir für die anderen vier Radios ein neues kaufen. Ein wasserdichtes DAB-Radio gibt es sowieso nicht, und ein DAB-Radio in der Küche, wo die Toast-Krümel und die Koch-Dünste in die Ritzen eindringen kommt nur dann in Frage, wenn es sie für unter 25 € gibt.

Für einige Jahre muss daher die digitale und anaolge Verbreitung aufrecht erhalten werden. Wenn plötzlich UKW-Sender abgeschaltet werden, dann beschwere ich mich natürlich sofort öffentlich darüber, so wie meine Nachbarn und viele andere auch. Außerdem hat eine Station mich dann nur noch im Auto als Hörer (während ich auf dem Dachboden nach alten Kassetten für die Küche suche...), kann also ihrem Werbekunden nur noch einen Bruchteil meiner Hörminuten verkaufen.

Die aufwändige Medienkampagne zur Einführung habe ich natürlich ignoriert, weil ich ja nicht abgezockt werden wollte. Hab mir damals so ein DSR-Empfänger gekauft, kaum war die Garantie abgelaufen war das Ding schon Schrott. Das will ich nicht nochmal erleben...

Das ist natürlich ein worst-case Szenario.

Aber es läuft schon darauf hinaus, dass eine Umstellung teuer und für beide Seiten mit Nachteilen verbunden ist. Außer der Industrie und dem Handel verdient niemand daran. Die Kosten müssen also möglichst gliechmäßig verteilt werden, und die Politik müss die Bürger davon überzeugen können, dass DAB gut ist für die Zukunft des Landes. Vielleicht schaffen wir's nicht bis 2010, und vielleicht wird es ein anderes System werden als DAB oder DVB-T. Doch eines Tages werden wir nur noch digital Radio hören.
 
Clara: Genau das meinte ich, als ich schrieb, es gibt keinen Zusatznutzen oder usp für dab.

Alle anderen: Dieses Forum macht Spaß, weil hier kein Schrott steht sondern ziemlich differenzierte Dinge. Ich bin mir ganz sicher, dass es keine dab-Umstellung 2010 gibt. Daraus folgt aber noch etwas: Es wird nie den Standard DAB geben.

Denn mit jedem Jahr, dass weiter ins Land geht, steigt die Chance, dass es einen anderen und besseren digitalen Standard für Radios gibt.

Der muss dann so überzeugend sein, dass er sehr schnell und umfassend eingeführt wird, weil sich die Sender (ganz besondere die kleineren Sender in hoch ausdifferenzierten Märkten) keinen Simultanbetrieb Analog/Digital leisten können.

Außerdem werden die Gesellschafter den Punkt des Umschaltens auf Digital so lange wie möglich herauszögern, weil ja digitale Verbreitung mehr Plätze auf dem Frequenzband schaffen soll. Das heißt, der Markt wird für neue Konkurrenten geöffnet. Und das mögen die bisherigen Stationsbesitzer nicht.
 
Der Hauptunterschied: bei DVB-T bekommt man mehr geboten als terrestrisch analog (hier gibt es also sehr wohl den USP), bei DAB dagegen weniger. Bei einer kompletten Systemumstellung hieße das also: Abschied von einigen Lieblingssendern aus benachbarten Bundesländern. Hier nördlich von Karlsruhe kann ich über UKW problemlos Sender aus Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland empfangen. Über DAB: Fehlanzeige. Hans Hege von der MABB hat erwähnt, dass man DAB "neu definieren" müsste. Also: statt Ersatz für UKW soll DAB als Ergänzung zu UKW angesehen werden. So wie es damals UKW neu gab und die Mittelwelle noch über 40 Jahre weiterlebte, kann es auch mit DAB gehen. DAB vorrangig also für Sender, die mangels Platz und Frequenzen nicht mehr auf UKW senden können. Halte ich für sehr sinnvoll, zumals es auch DAB-Frequenzen nicht wie Sand am Meer gibt...
 
Hier in München läuft derzeit Radiowerbung für DAB, allerdings ist selbst für mich als radiointeressierten Endverbraucher nicht ersichtlich, warum ich mir so ein schweinsteures Empfangsgerät zulegen sollte:

Die DAB-Programme, die ja auch im Kabel laufen, sind überwiegend reine Muskabdudelstationen und bieten keienrlei Mehrwert gegenüber dem, was ich schon bisher über Antenne empfangen kann.
Zudem habe ich bedenken, ob ich als Münchner über DAB weiterhin Sender wie zum Beispiel Ö 3 empfangen kann, die ich über Antenne nicht überall, aber doch vielerorts ganz gut reinkriege.

Als RTL plus damals mit Fernsehprogrammen anfing, wurden angeblich in großer Zahl Empfangsgeräte an die Leute verschenkt - wenn nicht bald DAB-Empfänger für unter 50 Euro verkauft werden, wird sich DAB nie durchsetzen, weil ausser ein paar reichen HIFI-Freaks sich niemand einen sündteuren EMpfänger kauft.
 
Und einige dieser Musikabdudelstationen haben nun in Berlin das Handtuch geworfen. Es ist sicher richtig, dass in DAB mehr Sender vertreten sein könnten, welche in UKW nicht vorhanden sind. Es gibt für DAB zur Zeit keine Alternative, außer der terristische Rundfunk wird nicht digital. Aber in allen Bereichen z.B. Polizei, Militär wird an der Digitalisierung der Funkübertragung gearbeitet. Ich glaube nicht, dass UKW und die anderen Wellenbereiche ohne Digitalisierung Bestand haben werden.
 
@Harlekin;wie Recht Du hast,die Dudelsender werden ja nicht gebraucht und geben auch keinen Mehrwert.Hier in Teilen von Baden-Württemberg sendet "Sunshine",leider nur im L-Band.Bei den jungen Leuten ist dort ein "Woody"(Blaupunkt Woodstock)Pflicht im Auto.Zumal diese Kiste auch ein gutes FM-Teil hat und MP3,sogar MMC kann das teil lesen.Im DAB-BandIII läuft dazu noch ladesweit"Das Ding".
 
Ach ja, bei den o.g. 4 Berliner Stationen, die die DAB-Lizenzen zurückgegeben haben, handelt es sich lt. epd-medien um: 94,2 r.s.2, 100,6 ,Spreeradio, und den Berliner Rundfunkk. Anschliessend hat Energy Berlin nachgezogen.

<small>[ 03-01-2003, 20:09: Beitrag editiert von peter76 ]</small>
 
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