Das "Leid" unserer Plattenlabels

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Radiokult

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Deutsche Musikbranche halbiert sich

Mit einer Entlassungs- und Schließungswelle reagiert die Musikbranche auf ihre anhaltenden Umsatzeinbrüche. EMI schließt Virgin, Warner schließt eastwest und entlässt über die Hälfte seiner Mitarbeiter.

Schon lange kreist über den deutschen Majorfirmen der Pleitegeier. Nach einem Umsatzeinbruch von erneut 20 Prozent im vergangenen Jahr folgen nun - wie jedes Jahr - die Konsequenzen. Die britische Firma EMI will die vor wenigen Jahren übernommene Virgin in München komplett schließen. Virgin-Künstler wie Lenny Kravitz, Janet Jackson oder Placebo sollen zukünftig in Berlin unter dem EMI-Dach vermarktet werden. Dafür greift man jedoch auf bewährte eigene Führungskräfte der beiden EMI Labels Mute und Labels zurück.
Die Münchener Virgin-Mitarbeiter werden teilweise also nach Berlin umsiedeln müssen, Entlassungen sind aber wohl kaum auszuschließen.

Noch härter trifft es die Mitarbeiter von Warner Music. Das Label eastwest (u.a. The Darkness, Missy Elliott, Seeed) soll nach Informationen des SPIEGEL geschlossen und in die WEA integriert werden. Von insgesamt noch 239 Mitarbeitern bei Warner sollen 135 entlassen werden. Die umsatzschwachen Bereiche Dance, Klassik und Jazz sollen ersatzlos gestrichen werden.
Die Konzernspitze in den USA entschied außerdem, dass das Geschäft mit nationalen Künstlern "auf ein Minimum" beschränkt werden solle, zugunsten von US-Umsatzbringern wie Madonna, REM oder Alanis Morissette.

Diese Entwicklung hat sich bereits in den vergangenen Jahren angedeutet, in denen immer weniger Geld für den Aufbau von nationalen Künstlern ausgegeben wurde. Die ohnehin auf schwachen Beinen stehende nationale Popszene wird also zukünftig nicht nur bei Warner, sondern vermutlich bei allen Majors immer weniger stattfinden.

Ob das die deutsche Popkultur nachhaltig schädigen wird, wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen. Es dürfte aber bereits heute für viele junge Künstler langfristig wesentlich interessanter sein, bei einem kleineren, unabhängigen Label anzudocken, in denen eine solche globalisierte Konzernpolitik keine Rolle spielt.

Es wird wohl nicht die letzte Entlassungswelle bei den großen Plattenfirmen gewesen sein. Während Sony Music eher tröpfchenweise und weniger öffentlichkeitswirksam schrumpft, stehen bei BMG und Universal nach den Abgängen von Thomas M. ("Onkel") Stein und Tim Renner die großen Umstrukturierungen erst noch bevor.

Die unzähligen inzwischen entlassenen Mitarbeiter aus der Musikbranche werden zweifellos dafür sorgen, dass es eine Reihe von Neugründungen von kleinen, kreativen Unternehmen geben wird, die sich ihre Kontakte und Erfahrungen bei den Majorfirmen zunutze machen werden, um Musik zukünftig vielleicht wieder besser zu vermarkten.
Möglicherweise schaffen sich die Plattenkonzerne durch die beispielslose Entlassungswelle eine ernsthafte Konkurrenz für die Zukunft. (ur)

Quelle: tonspion.de
 
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"Möglicherweise schaffen sich die Plattenkonzerne durch die beispielslose Entlassungswelle eine ernsthafte Konkurrenz für die Zukunft."

Das klingt gut. Und wenn ich mir die Zukunft weiter erträumen darf, dann hören sich Radiosender bei genau diesen kleinen Labels nach guten neuen Acts um. Nee, wat wär dat schön. db
 
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Warten wir mal ab: Hab da neulich mal was interessantes über das "mp3-Gesetz" gelesen... Sollte dieser "zweite Korb" wirklich von der Musikindutrie durchgesetzt werden, dann geht es den Radiosendern auch schön an den Kragen, besser gesagt, den Geldbeutel:

[...]
Geht es nach dem Willen der Verwerter, vertreten durch deren Verbände, sollen im zweiten Korb folgende Punkte noch aufgenommen werden:

Anerkennung von zivilrechtliche verfolgbaren Auskunftsansprüchen gegen Service Provider im Internet. (Verizon = Präzidenzfall in USA) Bisher können die Rechteinhaber Tauschbörsenuser zwar anhand ihrer IP-Adresse identifizieren, um ihre Personaldaten (Namen, Wohnort, usw. ) zu erfahren müssen sie aber ein zeitraubendes Strafverfahren einleiten.

Das Sendeprivileg des Rundfunks soll durch "Gewährung eines exklusiven Senderechts für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller" ersetzt werden. Ähnlich wie im Filmbereich müssten Radios (quasi Kinos) Lizenzen erwerben. Die Rechteinhaber (Tonträgerhersteller) könnten so mehr Druck ausüben. Das Promotion-Tool Radio könnte aber in Folge von Machtkämpfen auch wegbrechen. Hinzu kommt, das Near on Demand Dienste im Internet wie Internetradio verhindert werden könnten.

Im zweiten Korb geht es nun auch um die Frage, ob das im Jahre 1965 gefundene Konzept der Legalisierung der Privatkopie um den Preis der Geräteabgabe und die 1985 eingeführte Leerkassettenabgabe auch heute noch beibehalten werden sollen. Denn: Die Gerätehersteller weisen darauf hin, dass es inzwischen technische Möglichkeiten gibt, Inhalte zu schützen und kontrolliert abrufen zu lassen. Deshalb liege ein Wechsel von der kollektiven Wahrnehmung der Rechte zur individuellen Verwertung etwa im Wege des Digital Rights Management nahe. Digital-Rights-Management-Systeme leisten zwei Aufgaben. Einerseits sind sie Vertriebs- und Abrechnungssystem für digitale Inhalte, andererseits verhindern sie Raubkopien.

Unentgeltliche Privatkopien im Musikbereich sollen nur noch in analoger Form erlaubt sein. Ausnahmen sollen lediglich für wissenschaftliche Zwecke gestattet sein. Die Durchsetzung sollen Kopierschutzmechanismen gewährleisten, die auf einer Software - Hardware Lösung basieren. Digitale Kopien sollen dann nur durch erneute Vergütung möglich sein. Die Vergütung soll über eine Smart Card (PrePaid) Karte umgesetzt werden.
 
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Ich muss dem, Autor von Tonspion.de etwas wiedersprechen, so schwarz wie er das siehst ist es gar nicht, dass macht das Beispiel Bertelsman BMG deutlich. Bertelsmann hat sein operatives Ergebnis 2003 um 20 Prozent auf 1.123 Millionen Euro (Vorjahr: 936 Millionen Euro) verbessert. Das teilte das internationale Medien- und Entertainment-Unternehmen am 30. März auf seiner Bilanzpressekonferenz in Berlin mit.Bertelsmann steht auf einer gesunden Basis: Alle Unternehmensbereiche sind profitabel, unsere Finanzen sind in Ordnung. Jetzt konzentrieren wir uns wieder auf Wachstum." betonte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann AG, Gunter Thielen, auf der Bilanzpressekonferenz. Die BMG konnte ihren weltweiten Marktanteil 2003 mit künstlerischen Erfolgen von 11,1 auf 11,6 Prozent steigern. Insgesamt 17 Top-Alben mit einem Absatz von mehr als zwei Millionen Exemplaren und 22 Grammys zeugen von kreativer Exzellenz über alle Musik-Genres und regionale Grenzen hinweg. Die meistverkauften Alben steuerten BMG-Stars wie Avril Lavigne, Pink, Britney Spears, Alicia Keys, R. Kelly, OutKast, Dido, Christina Aguilera, Justin Timberlake, Dave Matthews und Eros Ramazzotti bei. Im Musikverlagsgeschäft weitete die BMG ihre Umsätze durch die Zomba-Integration und große Hit-Erfolge der dort angesiedelten Songwriter und Komponisten um 33 Prozent aus.
 
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db hat wie immer Recht. Es steht da ja nicht umsonst 'ne Quelle drunter.

Am meisten stört mich an der Entwicklung, das wir uns als Deutsche uns damit endgültig von irgendwelchen Amis vorschreiben lassen (müßen oder wollen?) was wir zu hören haben ! Eine Musikentwicklung im nationalen Bereich wird damit endgültig tot getreten.Welcher Sender kann es sich denn auf Grund der kommerziellen Verpflichtungen leisten, Musik von Mini-Labels zu spielen ?
Vielleicht kapieren jetzt die ÖR's endlich, was für eine Chance sie eigentlich haben, wenn sie diese dann nur endlich mal nutzen würden und nicht wie z. Bsp. in Sachsen mit ihren Programmen nur Private nachaffen ... (Jump - PSR: Unterschied = Null, und für sowas zahlen wir GEZ !?!)
 
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Wer braucht bitte noch eine Bemusterung?

Die Labels sollen ihre Neuerscheinungen zu download – gegen Passwort auf ihre Pages stellen.
Alle Infos von Neuerscheinungen finde ich auch auf den jeweiligen B2B Seiten
In Österreich kann man die meisten Mitarbeiter der Promotion vergessen. Das wichtigste was für die zählt, ist,
wie oft ein Titel gelaufen ist. Wirklich Ahnung über Formate haben sie auch nicht. Über „aktionistische“ Promotionideen macht sich bei den Labels sowieso niemand Gedanken. Kommt von den Radios eine Idee, wird gleich abgeblockt. Also mir tut ´s nicht leid. Wenn die Leute ihr Handwerk nicht verstehen, müssen die Konzerne die Konsequenzen ziehen. Ausserdem haben sie viel zu viele Mitarbeiter für verschiedene Genres. Konzentration ist auch wie bei den Radios ein wesentlicher Faktor.

LG aus Wien

MM der III.
 
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Ja, prima Idee. Zum Vergleich: In Polen (!!) läuft dieses "Downloadnetzwerk" für Journalisten schon seit Monaten. Aktuelle Songs vor der VEröffentlichung zum Download als MP3 und MP2. W--A--R--U--M machen das deutsche Plattenlabels nicht? (Phonoline scheint ja auch ein Flop zu sein)... Ich glaube, die verstehen nicht, dass deren Zeit abgelaufen ist, in der sie Millionen Märker verdient haben. Das Online-Geschäft ist DAS Geschäft der Zukunft und die Plattenlabels, die doch eigentlich immer schon ein GEhör für neue Sounds haben, merken das nicht so recht...

Schade drum.

Benny
 
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Radiokult schrieb:
db hat wie immer Recht. Es steht da ja nicht umsonst 'ne Quelle drunter.

Am meisten stört mich an der Entwicklung, das wir uns als Deutsche uns damit endgültig von irgendwelchen Amis vorschreiben lassen (müßen oder wollen?) was wir zu hören haben ! Eine Musikentwicklung im nationalen Bereich wird damit endgültig tot getreten.

Nicht nur das, wir dürfen auch nicht vergessen, daß für jeden ausländischen Titel auch das Geld ins Ausland fließt. Gerade in diesen konjunkturschwachen Zeiten ist sowas ziemlich tödlich. Und das fast schon perverse daran: Man muß Leuten wie Dieter Bohlen inzwischen wirklich danken, denn er sorgt wenigstens dafür, daß noch ein paar deutsche Arbeitsplätze gesichert sind.

Nur, wir haben es ja so gewollt - wir haben ja mit einem Lachen im Gesicht jede Plattenfirma verscheuert, Hauptsache, es fließt Bargeld. Kultur? Nebensächlich. Daß all die Labels inzwischen unter ausländischer Kontrolle sind, und daß diese Labels logischerweise nur daran interessiert sind, ihre eigenen Produkte zu vermarkten, anstatt auf dem deutschen Markt zu investieren, liegt auf der Hand. Deutlicher als Warner-Music kann man es nicht ausdrücken.
 
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Nein, Denyo, Du hast es Dir nicht versaut, Du mögest nur zur Kenntnis nehmen, dass die Änderung von Radiostart in dem betreffenden Posting nach meinem Posting vorgenommen wurde und darin besteht, dass "Radiokult" gegen "Autor von Tonspion.de" ausgetauscht wurde. Sieht blöd für mich aus, ich weiß, ist aber so. db
 
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Lieber Denyo,

Beitrag Radiostart: geschrieben 17.35
Beitrag db: geschrieben 17.38
Beitrag Radiostart: geändert 17.43

db hatte (wie fast immer :D ) recht und der prompte Gehorsam ist erst recht unheimlich .... ;)

Gruß postit

Änderung: Mönsch, db, da bist du mir mit der Ehrenrettung zuvor gekommen. :D
 
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Also, ich muss doch sehr bitten ... Nachhaltigkeit ist die Devise, mein Lieber. :D :D :D
 
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exhörer schrieb:
Nicht nur das, wir dürfen auch nicht vergessen, daß für jeden ausländischen Titel auch das Geld ins Ausland fließt. Gerade in diesen konjunkturschwachen Zeiten ist sowas ziemlich tödlich. Und das fast schon perverse daran: Man muß Leuten wie Dieter Bohlen inzwischen wirklich danken, denn er sorgt wenigstens dafür, daß noch ein paar deutsche Arbeitsplätze gesichert sind.

Nur, wir haben es ja so gewollt - wir haben ja mit einem Lachen im Gesicht jede Plattenfirma verscheuert, Hauptsache, es fließt Bargeld. Kultur? Nebensächlich. Daß all die Labels inzwischen unter ausländischer Kontrolle sind, und daß diese Labels logischerweise nur daran interessiert sind, ihre eigenen Produkte zu vermarkten, anstatt auf dem deutschen Markt zu investieren, liegt auf der Hand. Deutlicher als Warner-Music kann man es nicht ausdrücken.

Klar erkannt, exhörer. Ich fürchte, wir werden eines nahen Tages einen nationalen Markt in der Größe des belgischen oder österreichischen haben :(
 
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das problem liegt einfach daran, dass einigen leuten innerhalb der industrie der wahnsinn auf der visitenkarte bereits attestiert gehört. gewissen dingen nachzugehen ist wirtschaftlich (und wer ist bitte nicht in der pflicht geld zu verdienen ?) nicht falsch, manche dinge aber bis ins bodenlose zu überdrehen... . bestes beispiel: die 80er-cover-welle. okay, haben wir überlebt, aber um welchen preis ? und was glaubt ihr wieviel noch in den tresoren der a&r´s von diesem gefudel liegt ? betet dass der safe zur gruft wird und das zeug bis zum jüngsten tag vor den ohren der welt fern hält.

das nächste ist das image-making. paradebeispiel aus vergangener zeit: backstreet-boys. bei uns wurden sie als die coolen süßen boys aus amerika hochgefeiert und grossgezüchtet, in den usa kannte sie da schlichtweg niemand... aber mit den europäern kann man es ja machen...

und leider auch wahr: gib einem trend irgendeine szene und/oder ein lebensgefühl und der run auf das trend-produkt beginnt. allerbestes beispiel: rap, hiphop. bei uns als die coolsten amihelden überhaupt gefeierte figuren kennt in usa kein mensch, allenfalls baut sich ihr status nach dem boom in europa langsam auf. jedenfalls wird da viel zu viel aufgeblasen, wirbel und gedöhns veranstaltet um irgendwelche pseudocoolen gangsta-wanka-chicken-checka... und ausgerechnet DAS nimmt sich dann ein grossteil der jugend auch noch als vorbild... herr, erbarme dich !

es bleibt wirklich zu hoffen, dass das diktat der grossen endlich geknackt wird und sich die kleineren firmen mehr und mehr etablieren können. letztlich eine frage des willens eines kleinen labels, denn wenn der grosse beim kleinen mit dem geldköfferchen anklopft, den neuen act haben möchte, aber da noch ein paar klitzekleine änderungswünsche äussern möchte, dann sollte der kleine mal einfach die tür zuschlagen...

... und jetzt werde ich mir im hinblick auf das bald stattfinde dj-meeting schonmal ein paar "jammerlappen" im internet bestellen und vor ort den richtigen leuten aus der industrie in die hand drücken.
 
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So lange der Satz, "in den USA gibt es das schon lange", als Argument funktioniert, wird sich kaum etwas ändern. db
 
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Wenn auch etwas off-topic:

Die Plattenbosse sollten anstatt zu jammern eher mal schauen, wie man neue attraktive Geschäftsfelfer jenseits des veralteten Vertriebssystems CD entdecken kann. Etwa dadurch, indem der Musiktausch übers Internet kostenpflichtig, aber legalisiert wird. Jeder, der künftig über Kazaa, eDonkey etc. Musik bezieht, soll sich kostenpflichtig registrieren und kann dann für etwa 10 Euro pro Monat unbegrenzt urheberrechtlich geschützte Musik tauschen. Das Geld fließt den Künstlern, Rechteverwertungsgesellschaften und der Musikindustrie zu. Bei schätzungsweise zehn Millionen Tauschbörsennutzern in Deutschland wären das 100 Millionen zusätzliche monatliche Einnahmen. Und das ist wesentlich wirkungsvoller als ausgewählte P2P-Nutzer zu verklagen wie aktuell geschehen. Denn dadurch kauft niemand mehr CDs, man schränkt höchstens den Musiktausch übers Netz ein, weil die Community durch solche Aktionen verunsichert wird. Zudem herrscht ein regelrechter Hass auf die Plattenbosse, und viele würden EMI, Warner, Sony etc. boykottieren.
 
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