Hamburger Abendblatt
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Rätselraten um "sex neue Rotlichtviertel"
Media Markt provoziert in Hamburg mit einer bewusst zweideutigen Werbeaktion.
Hamburg - Eine Woche dauerte das Rätselraten. Von "Riesenteilen, geilen Sounds und sexy Stücken" war auf den Plakaten an Hamburger Bushaltestellen und im Radio die Rede. Werbung für neue Sexshops? Eine Kampagne für eine Bordellkette?
Nichts dergleichen: Die bewusst zweideutige Aktion stammte von Media Markt. Die Technikkette wollte mit den Plakaten auf Sonderangebote ihrer sechs Kaufhäuser in Hamburg und Umgebung aufmerksam machen. Hinter den "sexy Stücken" verbargen sich Fernseher und Espressomaschinen.
"Wir wollten provozieren, um uns von der Masse der Werbung abzuheben", sagt Martin Dilkaute, Geschäftsführer des Media Markts in Wandsbek und verantwortlich für das Marketing in Hamburg. Dabei nimmt es der Chef bewusst in Kauf, dass sich manch ein Kunde von der Werbung abgestoßen fühlt: "Wir können es nicht jedem recht machen", sagt Dilkaute.
Entwickelt wurde die Kampagne bei der Münchner Werbeagentur redblue, der Hausagentur von Media Markt. Die Kreativen dort sind auch für die bundesweit angelegte Kampagne "Projekt 2003" zuständig, mit der sich Media Markt als besonders preisaggressiver Anbieter positioniert.
Die beiden Techniktöchter des Metro-Konzerns, Media Markt und Saturn, gehören seit langem zu den auffälligsten Anbietern im Markt für Unterhaltungselektronik. Saturn gelang es zuletzt mit der "Geiz ist geil"-Kampagne - entwickelt von der Hamburger Agentur Jung von Matt - , gleich hundertfach in den Medien kopiert zu werden.
"Je liberaler die Gesellschaft wird, desto mehr finden sich auch Reizworte wie ,geil' und andere Doppeldeutigkeiten in der Werbung", sagt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft. "In der Regel weiß die Zielgruppe mit solchen Gags auch umzugehen." Eine Kampagne wie die von Media Markt könne freilich auch nach hinten losgehen. "Für die gut situierte Hamburgerin ist das nichts."
Für das Unternehmen mit dem roten Logo hat sich die Werbung nach Dilkautes Worten aber ausgezahlt. "Nach der Auflösung am vergangenen Sonnabend kamen doppelt so viele Kunden in unsere Filialen wie an einem normalen Wochenende." Das habe allerdings auch an den längeren Öffnungszeiten bis 20 Uhr gelegen.
Nach einem guten ersten Quartal hatten die Media Märkte in Hamburg vor allem im April und Mai dieses Jahres mit der Konsumflaute zu kämpfen. "Wir sind noch mal mit einem blauen Auge davongekommen", sagt Dilkaute. Insgesamt gehören Media Markt und Saturn aber zu den wenigen Gewinnern in der augenblicklichen Krisensituation. HA
erschienen am 17. Jun 2003 in Wirtschaft