Der Anspruch

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Gelb, das können auch nur Hypothesen sein. Im Gegensatz zu unseren Nachbarländer sind in Deutschland Neologismen einerseits und wegfallende grammatikalische Vielfalt andererseits nicht genehmigungspflichtig. In unserem sonst alles geregelten Lande gelten eben nur die quasi-verbindlichen Duden, Wahrig und dergleichen. Dadurch haben wir die Chance (oder das Übel), die Sprache als semper evoluent et reformanda zu betrachten.

Ein Dir zustimmender bermavino
 
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Oh oh, liebe(r) Gelb, Deine Schlußfolgerungen - so logisch sie auch klingen - gelten erst seit der neuen Rechtschreibung. Ein LKW war im Genitiv tatsächlich eines LKWs würdig, kamen uns mehrere entgegen, waren es immer LKW. Das galt übrigens auch für PKW, beziehungsweise Abkürzungen aller Worte, die im Plural dieselbe Endung hatten wie im Singular. Gut zu beobachten in älteren Dudenwerken. Apropos Werken - oder auch W'en. Auch das wurde mal anders als heute gehandhabt, und auch das ist schon eine Weile her. Früher haben wir mehr Mühe aufgewandt, um die genaue Sprachform zu finden, heute wird oft noch nicht mal ein bißchen Zeit aufgewendet (AUA! - aber erlaubt ...), und so hat man heute aufwändige (aaaaargh!) Recherchen, ganz oben auf den Mauerkronen, so hoch, daß selbst die Avantgarde unter den Nachwuchsjournalisten nur selten drankommt. Ich kann nicht mehr und schneide jetzt lieber weiter an meinen Tönen ...
 
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Die Tochter eines Kollegen hat keine Probleme mit der Rechtschreibreform, obwohl sie vor der Reform eingeschult wurde und umstellen musste. Ich persönlich schreibe auch für Printmedien und mache in meinen Texten auch nicht mehr orthographische Fehler als zuvor, und das ohne Nachsitzen!

Auch sehe ich bisher in den Anglizismen kein grundsätzliches Problem. Unsere Sprache war schon immer starken Einflüssen anderer Sprachen ausgesetzt. Sie ist voller Wörter lateinischen, spanischen, französischen und seit Jahrzehnten auch englischen Ursprungs, ich würde sagen, unser schönes Deutsch wäre ein ausgetrockneter Weihnachtsbaum, wenn wir es nun entsprechend säubern wollten.

Sprache ist zum Glück kein vollkommen regulierbares, stringentes System. Das ist auch gut so.

Mit Sorge beobachte ich jedoch eine zunehmende Unfähigkeit, selbst einfache Zusammenhänge sprachlich zu artikulieren. Stichwörter ersetzen zunehmend ausformulierte Gedanken. Ebenso verhält es sich mit dem Verständnis.

Zum Ausgangspunkt zurück, zu unserem eigenen Anspruch: Hier haben gerade die Medien eine große Verantwortung. Viele Jugendliche reden nur noch in Schablonen, die mich an die Sprache aus Vorabendserien erinnern. Selbst die Sprechhaltung und Aussprache oft gar nicht geschulter Darsteller werden übernommen. Auch die Politikersprache ist sehr schablonenhaft, und Kollegen übernehmen dies einfach. Oft tritt dabei ein, was ein Vorredner mit direktem Bezug auf den geposteten Satz des hr-Mitarbeiters beschrieben hat: Diese Schablonen verdecken meist Ahnungslosigkeit, Inkompetenz; sie sind heiße Luft.

Ich weiß nicht, ob es ein Reflex auf diese Entwicklung ist, oder nicht sogar Ursache, wenn unsere Radiosender keine Reportagen und Beiträge mehr senden, die länger als zwei Minuten sind, weil angeblich alle Untersuchungen zeigen, dass die Leute innerlich nach 1,30 schon abschalten. In den Medien wird kaum noch mal ein Gedanke zu Ende ausformuliert. Als Reflex darauf lernen Politiker, nur noch in Überschriften zu sprechen, und niemand fragt sie, was sich damit eigentlich sagen wollen.

Wer seine Realität nicht mehr in Worte fassen kann, wird sie auch nicht verstehen. Wenn die Fähigkeit zur sprachlichen Artikulation komplexer Sachverhalte und existentieller Probleme abnimmt, nimmt die Gefahr verbaler und körperlicher Aggressionen zu.

Die Ursachen dieser Entwicklung liegen sicher nicht in der Rechtschreibereform, auch nicht allein in den Anglizismen. Ich sehe hier gerade die Medien in der Verantwortung, aber nicht zuletzt auch die zunehmende Kommunikation mit elektronischen Medien.
 
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OnkelOtto schrieb:
Ich trucks mit Fassung ;)
Das ist doch aber kein Grund, hier rumzutrucksen!

Ansonsten: Sollte man nicht auch einmal den Aküfi hinterfragen, der ausnahmsweise mal keine neue, sondern eine altbekannte Plage ist? Egtl. :D liegt es doch nahe, von Atomkraftwerken zu sprechen, statt über Ahkahwehs zu radebrechen.
 
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Zum Thema Mehrzahl-s nur noch eines:

Ein Professor von mir hat in einer Vorlesung (die zu dem Zeitpunkt an einem "toten Punkt" angekommen war) in etwa folgendes verlauten lassen:

"Wenn Sie zu jemandem [aus dem Ruhrgebiet] sagen: 'Komm mit den Wagen', dann müssen Sie damit rechnen, dass er nur mit einem Fahrzeug kommt. Sagen Sie hingegen 'Komm mit die Wagens', [aufgrund der angeblich absoluten Verweigerung des Akkusativs und des Dativs im Regiolekt 'Ruhrdeutsch' heißt es dort statt 'den' 'die',] wird derjenige tatsächlich mit mehreren PKW erscheinen."
(Allerdings gilt dies anscheinend nur für Worte, deren Anzahl sich nicht im Begriff bzw. dessen Veränderung widerspiegelt.)

Trucks mit Fassung. ;)
 
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Ein lateinisches Wort "fenester" ist mir übrigens nicht bekannt.
Vorsicht bei allzu schlauen Begründungen, wenn man nur ein gefährliches Halbwissen hat.
 
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DerKork schrieb:
Zum Thema Mehrzahl-s nur noch eines:

Ein Professor von mir hat in einer Vorlesung (die zu dem Zeitpunkt an einem "toten Punkt" angekommen war) in etwa folgendes verlauten lassen:

"Wenn Sie zu jemandem [aus dem Ruhrgebiet] sagen: 'Komm mit den Wagen', dann müssen Sie damit rechnen, dass er nur mit einem Fahrzeug kommt. Sagen Sie hingegen 'Komm mit die Wagens', [aufgrund der angeblich absoluten Verweigerung des Akkusativs und des Dativs im Regiolekt 'Ruhrdeutsch' heißt es dort statt 'den' 'die',] wird derjenige tatsächlich mit mehreren PKW erscheinen."
(Allerdings gilt dies anscheinend nur für Worte, deren Anzahl sich nicht im Begriff bzw. dessen Veränderung widerspiegelt.)

Trucks mit Fassung. ;)

Wenn wir grade bei Professoren sind:

Uns sagte mal ein durch verschiedene Medienauftritte recht populär gewordener Professor der Sprachwissenschaften in einem Seminar, die Vereinheitlichung der Rechtschreibung sei das Einzige, das die Deutschen in ihrer Geschichten wirklich auf die Reihe gebracht hätten. Dies sei der wahre Grund für die Endlosdebatten um Reformen. Es gebe eine unbewusste Angst, das gesamte mühsam zusammen gehaltene Vaterland könne dadurch in Gefahr geraten.
 
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ach, was kann denn die arme Sprache dafür, daß Menschen sich ihrer wie Kleidung oder Autos oder, oder..... bedienen, um voneinander abzugrenzen, hervorzuheben oder abzuwerten ?

Möge sie leben und sich weiterentwickeln, tot ist nur Latein (u das bezweifelt bestimmt der Vatikan:) ) .

Den Rest mache Mensch unter sich aus......
 
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Bleibt zu hoffen, dass die Radioschaffenden sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sind.
 
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Und noch ein Beitruck von mir: ein schöner Thread, in manchen Passagen erkenntniserweiternd (ich benutze hier die alte Rechtschreibung, weil sie mir in diesem Fall optisch treffender erscheint), latent aggressiv im Krieg der Postings, doch konstruktiv und versöhnlich im Abgang. Und dank "Stereo" auch wieder hinführend zum eigentlichen Thema. So machen die Radioforen Spaß!
 
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