Der Deutschlandfunk "früher"

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Maschi

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Bekanntlich ist der Deutschlandfunk heute auf den Tag genau seit 60 Jahren auf Sendung:
Ich habe den Sender glaube ich erst in diesem Jahrhundert so richtig kennen-und schätzengelernt, entsprechend habe ich die früheren Zeiten mit noch (viel) mehr U-Musik-Formaten am Tag nicht miterlebt, immerhin noch sowas wie "Oldies und Evergreens", weder aber etwa die Wunschnacht noch eben (Pop-)Musiksendungen am Tage.

Was sind so Eure Erinnerungen die ggf. auch mit historischen Mitschnitten (oder Bildern) angereichert werden können? Auch was die Informationsformate oder Nachrichten etc. angeht, historische Jingles, alles was nur geht ;)
 
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Gute Idee. Mich würde insbesondere die Entwicklung des Sendeschemas hin zum heutigen, das ja in der Form schon sehr lange existiert und nur behutsam verändert wird, interessieren!
 
Unter all den eigenen oder z.B. im Forum zusammengesammelten Programmunterlagen konnte ich zumindest einen Samstag anno 1987 herausfischen, interessant, dass, neben dem Zeitfunk am Mittag, das Wochenendjournal quasi und "Klassik-Pop-et cetera" definitiv seinen Platz bis heute gehalten hat, ansonsten war noch mehr Musik drin:Bild und Funk 05.09.1987.jpg
 
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Was sind so Eure Erinnerungen
Ich kenne den DLF seit etwa 1987/1988 und hatte mich ihm von der AM-Seite her angenähert, weil ich DXer war – was nach Tschernobyl 1986 interessanter wurde. Empfang über LW 153 kHz und MW 1539 kHz. Ich erinnere mich an Hörspiele und Features wochentags am Nachmittag, was ich damals sehr attraktiv fand. Außerdem die ausführlichen Nachrichtensendungen. Deshalb blieb ich dabei und höre seitdem täglich den DLF. Nur die Deutsche Welle brachte damals noch ausführlichere Nachrichten. Man bedenke: Damals gab es noch keine reinen Nachrichtenwellen der ARD.

Auffällig war der starke Fokus auf die Bedürfnisse der DDR-Bürger, deshalb begann der Zeitfunk morgens schon um fünf Uhr in der Frühe. Der DLF sendete in den 1980er Jahren vor allem für Ostdeutschland und fürs europäische Ausland, in zweiter Linie für alle, die sehr an Politik interessiert waren. Man konnte damals noch direkt DLF, DS und Radio DDR 1/2 und RBI vergleichen. Worlds apart.

Als größten Einschnitt bei den Programmreformen habe ich die Einführung der Nachrichten alle 30 Minuten tagsüber und mit einer Dauer von zehn Minuten alle zwei Stunden in Erinnerung – zu einer Zeit, als der Privatfunk Einzug hielt und alles kurz und knackig formatiert wurde, war das ein Statement in Richtung Information und Qualität. Außerdem die Informationen am Abend, was als Nachtsendung im Hörfunk damals ganz neu war (parallel führte damals auch der BBC World Service die Newshour abends ein). Irgendwann in den 1990ern – oder war es in den 2000ern? – wurde dann wohl das heutige Sounddesign eingeführt und das alte, leise Pausenzeichen verschwand, was ich damals schade fand. Ich weiß nicht mehr, in welchem Zeitraum es war, als der DLF das ARD-Nachtkonzert von zwei bis vier Uhr nachts ergänzte. Irgendwann zog sich der DLF daraus zurück, und die ARD musste die Sendestrecke selbst übernehmen.

Ich glaube, der Deutschlandsender > Deutschlandradio Berlin > Deutschlandradio Kultur > Deutschlandfunk Kultur hat viel mehr Veränderungen erleiden müssen als der DLF in Köln. Das sollte man bei der Gelegenheit nicht vergessen.

Ich habe leider keine eigenen alten Aufnahmen mehr. Mitschnitte waren wegen der schlechten Qualität auf MW/LW auch nicht attraktiv. Die ältesten DLF-Dokumente in meinem Archiv stammen aus Wiederholungen in den letzten Jahren (Bundestags-Rede 40 Jahre Kriegsende von von Weizsäcker 1985; Hajo Steinert interviewte Christa Wolf im Oktober 1989; dann kommt schon Essay und Diskurs von 2005).
 
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Mary Roos, das "Binger Mädche" und Werner Böhm, besser bekannt als "Gottlieb Wendehals" haben beim Deutschlandfunk moderiert 😮

Ich kann mich noch erinnern, dass es auch Volksmusik-Sendungen gab (die hatte mein Vater immer gehört) und, ich glaube montags, eine Wunschsendung, wo fast alle Musikrichtungen vorkamen.
 
Dieses im Programmschema oben erwähnte "Heut geht es an Bord.Musik von der Waterkant" tönte sonnabends immer aus dem "Elbia" in der Küche. - Sonntags zum Essen dann die mittägliche Volksmusik zum Essen. (Ja, das Leben spielte sich in meiner Kindheit und Jugendzeit in der Küche ab.)
 
Werktags, ich glaube, es war zwischen 18:00 und 18:30 Uhr, gab es „Der aktuelle Plattenteller“: eine halbe Stunde Musik, in der Unterhaltungsmusik, gerne auch mal B-Seiten, gesendet wurde.
 
Wenn es erlaubt ist, hier ein Mitschnitt von der Langwelle 153 kHz, der sich noch auf einem Band des kaum überschaubaren Tonbandsammelsuriums eines Bekannten findet... Am 4. Januar 1976. Gegen 00:00 Uhr.
Ein beredtes Beispiel dafür, wie wohl der DLF früher etwas weiter von Mainflingen entfernt rüberkam. Wer sagt denn, das Langwelle nachts kein Fading hat? Und dann die Überlagerungstöne, die einmal von Nachbarsendern, dann vom Löschgenerator des gerade verwendeten Tonbandgerätes stammten. (Revox hat 160 kHz Löschfrequenz?) Und ganz zu schweigen von den allenthalben vorhandenen Netzstörungen. Spaß gemacht haben muss das Ganze bestimmt nicht. Es musste schon ein besonderer Grund vorliegen, wenn man damals DLF einschaltete. Nun ja, "Capella", die Sturmflut damals. DLF auf UKW kam erst so um 1980 und dann mit minimaler Strahlungsleistung. Keineswegs rauschfrei und schon garnicht stereotauglich.
Und ja, Carlo May vermisse ich. Habe nie so recht verstanden, wieso man den einfach so rausgekickt hatte aus dem Sonntagnachmittagsprogramm des "Dr. Stratocaster"?
 

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Hast du diese Sendung gerne gehört?
Ich habe sie nie gehört und interessiere mich auch nicht für volkstümliche Musik, ich war aber mit Anita Enders bekannt und habe von ihr die Geschichte zur Sendung erzählt bekommen.

Der damalige Musikchef wollte unbedingt eine Sendung dieser Art einführen und beauftragte Anita Enders damit, die nicht sehr glücklich darüber war. Hinzu kam, dass es damals nur wenige geeignete Titel im DLF-Archiv gab und der Markt auch sehr überschaubar war. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis genug Material organisiert war, um die Sendung in zufriedenstellender Form gestalten zu können.

Enders wurde auch selbst aktiv und schrieb unter Pseudonymen Titel für Slavko Avsenik; da es einige davon in den „Wettstreit nach Noten“ im DLF schafften, kam es Mitte der 70er zum Eklat und Enders sowie ihr Chef Gert Beines erhielten die Kündigung. Enders klagte sich erfolgreich wieder rein, Beines ging zum AFN.
 
Anfang Oktober 1969 ging "Wettstreit nach Noten" erstmal über den DLF-Äther. Volksmusik war damals offenbar voll der heiße Scheiss, wie der Spiegel im Januar 1974 zu berichten wußte.

 
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Das muss man natürlich auch immer aus der damaligen Zeit betrachten, also wenn "39 Prozent wollten Volks- und Wanderlieder hören" und selbst der "WDR funkt pro Woche zumindest 500 Minuten volkstümliche Musik", muss das eine große Nummer damals gewesen sein.
 
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Volksmusik passte gut ins DLF-Programm, weil es insgesamt politisch deutlich rechter als heute angesiedelt war – gegen die DDR gerichtet und auf der Linie der Vertriebenenverbände. Und der Springer Verlag setzte die DDR auch in der Programmübersicht in der Hörzu in Anführungszeichen. Es war eine andere Zeit. Die Volksmusik war nicht nur Unterhaltung, auch sie war damals viel politischer als heute.

Man denke auch an die DDR-Presseschau jeden Morgen um 7.35 Uhr.

Wenn man genauer darüber nachdenkt, war es ein zweischneidiges Schwert: Der DLF betrieb politische Aufklärung im besten Sinne, er hatte aber auch seinen Anteil am Kalten Krieg im Äther.
 
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Anfang Oktober 1969 ging "Wettstreit nach Noten" erstmal über den DLF-Äther. Volksmusik war damals offenbar voll der heiße Scheiss, wie der Spiegel im Januar 1974 zu berichten wußte.

So schreibt zum Beispiel ein Udo Diemer, Vorsitzender des Original Oberkrainer Fan-Clubs in Wattenheim, Drohbriefe an: Veranstalter von Heimatabenden. »Sie haben«, gab er dem Spielmanns- und Fanfarenzug im Flecken Einzelthum zu bedenken, »die falschen Oberkrainer verpflichtet und sind sich vielleicht noch gar nicht bewußt, welche Folgen es haben kann.« Fazit der Drohung mit »finanziellem Ruin": »Die richtigen, echten, wirklichen »Original Oberkrainer Avsenik' sind an diesem Abend übrigens noch zu einem Gastspiel zu haben.«
[...]
Um ihr Erstgeburtsrecht zu dokumentieren, haben sich die meisten renommierten Ensembles das Beiwort »Original« im Kapellentitel zugelegt.
Danke für dieses Juwel!
 
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  • Trio Rio - New York - Rio - Tokyo, instr. (Sample).mp3
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In meiner Kindheit wurde bei uns immer DLF gehört (sofern ich nicht den Sender verdrehte :)). Der Empfang über die MW Braunschweig war immer problemlos möglich. Das Programm bestand aus ausführlichen Nachrichten und viel Musik. Morgens gab es "Wir machen Musik", "Melodie und Rhythmus", "Bunte Noten". Vormittags Klassik und Opernmusik und abends den Plattenteller. Montagabend gab´s das "Schlagerderby" und ich glaube freitags lief ein Wunschkonzert für die Zone. Erst in den 1970er Jahren wurde das Informationsangebot deutlich ausgebaut und die Musiksendungen verschwanden zusehends. Beigefügt das Programm vom 06.01.1964.
 

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In meiner Kindheit wurde bei uns immer DLF gehört (sofern ich nicht den Sender verdrehte :)). Der Empfang über die MW Braunschweig war immer problemlos möglich. Das Programm bestand aus ausführlichen Nachrichten und viel Musik. Morgens gab es "Wir machen Musik", "Melodie und Rhythmus", "Bunte Noten". Vormittags Klassik und Opernmusik und abends den Plattenteller. Montagabend gab´s das "Schlagerderby" und ich glaube freitags lief ein Wunschkonzert für die Zone. Erst in den 1970er Jahren wurde das Informationsangebot deutlich ausgebaut und die Musiksendungen verschwanden zusehends. Beigefügt das Programm vom 06.01.1964.
Damals lief ja wirklich vor allem Musik, unterbrochen von Nachrichten! :eek: Und abends dann die dreistündigen Fremdsprachenprogramme des "Europa-Programms", die vermutlich vor allem aus Wort bestanden. Beschreibt das Schema einen Werk- oder Wochenendtag?

Interessant: Einige Elemente gibt's heute noch. Den Frühkommemtar um 6.05 am Wochenende und das "Kleine Konzert", wenn eine reguläre Sendung entfällt. :)
 
@ thorr : Der 6. Januar war ein Montag. Das Programm könnte man als "Dudelfunk Deluxe" bezeichnen.

In den 1970er Jahren begann dann die Informationsoffensive. Das Programmschema wurde danach lediglich sehr behutsam in Richtung Informationssender verändert. Im Vergleich zu heute ist das "Programmgerüst" wenig verändert worden. Die Morgensendung um 5.05 Uhr richtete sich in erster Linie an die DDR-Bevölkerung, die früh aufstehen mußte. Beigefügt das Programm von Dienstag, dem 01.04.1975.
 

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