Der langsame Tod des Mediums Radio

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@Nymphenburger: ich glaub eher, dass Antenne Bayern den besseren Eindruck macht, aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

Ja das stimmt natürlich. Aber bei Antenne kommen oft gekürzte Songs dazu, da wird manchmal ein gutes Lied (das normalerweise länger als 4 Minuten läuft) mal eben auf 2:xx runter geschnitten und manchmal noch ein höherer Pitch dazu gemixt (gut, als Senderidentifikation beim DX ganz hilfreich). Dafür hat man dann bei Antenne Bayern dann möglicherweise doppelt so viele Songs in der Stunde, aber Bayern 3 spielt Songs unverändert und in voller Länge, das schätze ich. Zumal ich meist Zeit habe beim Radiohören.

Die Sendungen sind bei beiden m.E auch sehr unterschiedlich. Während bei Antenne Bayern die Sendung (aber fast immer nur der Moderator) wechselt, gibt es trotzdem die gleiche Musik (außer Samstagsabends). Bei Bayern 3 gibt es z.B. den Kulturabend (mit anderer, alter Musik), Schlager der Woche (höre ich gern) wo Charthits nach Platzierung gespielt werden. Aber das hat Antenne Bayern ja mittlerweile auch eingeführt.
 
@Dr. Fu Man Chu : Nur zur Aufklärung - deutsche Hitradios sind keine "Gemischtwarenläden" und schon gar nicht auf den "Massengeschmack" zugeschnitten, sondern streng formatierte Hot-AC-Radios, die weitgehend mit dem Musikprofil des US-Pendants übereinstimmen. Ich muss das wissen, denn ich vergleiche laufend die Titelliste der deutschen Import-Dudler mit dem amerikanischen Hot-AC-Radio, andere in diesem Forum tun das offensichtlich nicht und kennen deshalb die Intention der Macher zu wenig oder gar nicht. Oder warum glaubst du hat hier noch nie ein Berufener die Dinge zurechtgerückt? Weil alles was ich über die deutsche Formatpolitik gesagt habe letztlich zutrifft und keines Kommentars bedarf. Für die wirtschaftliche Feinanalyse bist wiederum du zuständig, lieber "Dr. Fu Man Chu".

Wir sollten uns von der irrigen Vorstellung freimachen das Radio bediente einen statistisch eruierten "Mehrheitsgeschmack", in Wahrheit wird den Leuten streng reglementierter amerikanischer Hot-AC-Brei mit kleineren australo-europäischen Farbtupfern vorgesetzt und übers gesamte Printwellen-Imperium (einschließlich seiner öffentlich-rechtlichen Satelliten) ausgebreitet. Wem's nicht passt hat eben Pech gehabt, am Radio kommt eh keiner vorbei - immerhin bestimmt das Angebot die Nachfrage - so lautete jahrelang die Devise, aber gerade die junge Kernzielgruppe rückt immer mehr von diesem Dogma ab.

Natürlich gibt es keinen statistisch definierbaren "Durchschnittsgeschmack", der ein bisschen Rapping, ein bisschen Kraftrock, massig Teen-Elektro-Pop, ein paar deutsche Jammerballaden und einige 80er-Classics in bunter Abfolge zu schätzen weiß. Wenn man Glück hat kommt man innerhalb der Zielgruppe auf 5% Hartgesottene, die mit etwas gutem Zureden was Positives daran finden, sich tagtäglich denselben krassen Mix reinzupfeifen. Wenn man drei bis vier große landesweite Geschmacksrichtungen definiert wachsen Zustimmungsraten und Werbeeffekte aber ganz erheblich - dann macht sogar "Hot AC" als Ergänzungsformat Sinn.

Ich bleibe dabei DLF und DR sind total verkopfte und verschwubelte Sender. Wenn man wissen will wie es geht: BBC 4. Das Bessere ist stets Feind des Guten.

Der DLF ist ein interessantes und hochwertiges Einschaltprogramm, für den Dauerkonsum aber völlig ungeeignet. Die Tagesschiene von DLR Berlin ist formattechnisch wirklich ziemlich in die Hose gegangen.
 
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Der DLF ist ein interessantes und hochwertiges Einschaltprogramm, für den Dauerkonsum aber völlig ungeeignet. Die Tagesschiene von DLR Berlin ist formattechnisch wirklich ziemlich in die Hose gegangen.

Leider werden aber beide Sender politisch kaum gefördert, weil die Länder ihre Radios gegen den nationalen Rundfunk stellen...
 
Der nationale Rundfunk ist aber ebenfalls eine Einrichtung der Länder... :confused:
Es ist eher ein Stiefkind der Länder, gewollt, aber nicht gefördert. Das ist ein grundlegendes Problem. Will man nationalen Hörfunk, muss bzw. sollte man ihn fördern. Möchte man das nicht, müsste man sich andere Lösungen einfallen lassen...
Ein nationaler Rock-und Popsender wäre vielleicht hilfreich, um die müde gewordenen ARD-Sender wieder auf Vordermann zu bringen!
 
Wohin soll er denn wachsen? Könnten sie mehr Stellen ausschreiben, gäbe es dort längst auch die bekannten Verwaltungsmonstren, wie es sie in Köln wenige hundert Meter weiter in der Innenstadt und auch sonst bei fast allen ARD-Anstalten gibt.

Ob sie wirklich Hunderttaussende an neuen Hörern hätten, wenn sie endlich eine bessere UKW-Abdeckung hätten (die wohl tatsächlich in den Staatskanzleien verhindert wird), mag sein. Oder auch nicht. Das ist nun mal kein Massenprogramm. Dafür zum Zuhören. Das wird hier doch in jeder MA-Debatte kritisiert, dass nie ermittelt wird, wer da wirklich hinhört. Es sind einfach unterschiedliche Philosophien. Ich habe gar nichts gegen gut gemachtes Nebenbeigedudel. Das hat auch seine Berechtigung. Aber die Freudentränen steigen mir eben eher bei Feature & Co ins Gesicht.
 
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Politisch gefördert...die Politik sollte sich endlich vollkommen aus dem Rundfunk und den Medien heraushalten. Nur so gibt das ganze Sinn: Die Medien als Kontrollinstanz.
 
@ Radiokatze, nette Forderung aber leider unrealistisch. Viele Dinge sind einfach bis sich die "Politik" einschaltet.

Die Preisverleihung des Deutschen Radiopreises in Hamburg steht. Dann wird der How the Who der Deutschen Radioszene auflaufen, feststellen das noch mehr graue Haare dabei sind und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, dass alles so toll ist. Es werden nette Reden gehalten, die immer wieder betonen, wie prägend doch Radio gewesen ist. Natürlich so etwas ist schön, nette Party, gutes Essern & Trinken, Show Act und man trifft alte Freunde und Bekannte.

Nur leider denkt die offizielle Radiowelt wenig über die Zukunft nach. Mehr oder weniger heißt das Motto: Weiter so, jetzt ist alles gut gegangen, der Wandel geht an uns, aus unerfindlichen Gründen, weitestgehend vorbei. Keiner fühlt sich für die Zukunft verantwortlich, denkt über seinen Tellerrand hinaus. Der VPRT macht Verbandsarbeit und schlägt weiter die Schlachten der 90er und 2000er Jahre, die RMS bastelt an ihren Kombis rum, dreht etwas an Preisschraube und klagt über die ach so böse ASS, die Öffis machen ihren Beamtentrott und müssen offene Geheimnisse, das sie Umfragen faken, zugeben (komisch, bei den Privaten wurde immer sauber gearbeitet???) und hier im Forum kämpfen DAB-Taliban, gegen UKW-Fans und als gemeinsamen Nenner haben sie ihre nostalgische Radiosozialisierung: Motto - Auf dem Weg zum Einschaltradio.

Zukunft liebe Leute sieht anders aus. Erstens kommen Veränderungen meist schneller als man denkt und zweitens ganz anderes als erwartet. Da fällt mir nur noch dieses abgewandelte Zitat ein: "Weder Ochs noch Esel halten unser Radio auf!" Derweil sind etliche Programme so kulinarisch wie Kantinenessen im Liegenschaftsamt.
 
die Braut Radio ist in die Jahre gekommen und ist mittlerweile ein spätes Mädchen. Wenn man sie jetzt nicht mit Make up, chicen Klamotten, Schmuck und Wellness aufhübscht, dann bleibt sie verlassen am Straßenrand stehen. Einige Sender versuchen den Doppelaxel, ziehen ihr Klamotten von Rudis Reste Rampe an und schicken sie nicht zum Friseur, dafür bekommt sie ein Megafon und darf den ganzen Tag rufen: Ich bin die tollste und schönste Braut aller Zeiten!

Wow, die Radioforen.de haben einen Poeten! Das ist echt gut!

Wos ich eigentlich wollte sagen. Heute früh zufällig wieder den Witz vom Schäfer und dem Audi-Fahrer gehört, vielleicht mit Vollbart, aber ist ja z. Zt. modern. Passend zum Thema:

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Ein Schäfer hütet in einer einsamen Gegend seine Schafe. Plötzlich taucht in einer großen Staubwolke ein nagelneuer grauer Audi TT auf und hält direkt neben ihm. Der Fahrer des TT, ein junger Mann in Brioni-Anzug, Cerutti-Schuhen, Ray-Ban-Sonnenbrille und einer YSL-Krawatte steigt aus dem Wagen und fragt den Schäfer:

"Wenn ich errate, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann eins?"

Der Schäfer schaut den jungen Mann an, dann seine friedlich grasenden Schafe, und antwortet ruhig:

"In Ordnung."

Der junge Mann parkt den TT, verbindet sein Notebook mit dem Handy, geht im Internet auf eine NASA-Seite, scannt die Gegend mit Hilfe seines GPS-Satellitennavigationssystems, öffnet eine Datenbank und 60 Excel-Tabellen mit einer Unmenge Formeln. Schließlich druckt er auf seinem Hi-Tech-Minidrucker einen 150-seitigen Bericht aus, dreht sich zu dem Schäfer um und sagt:

"Sie haben exakt 1.586 Schafe."

Der Schäfer sagt:

"Das ist richtig. Suchen Sie sich ein Schaf aus!"

Der junge Mann nimmt ein Schaf und lädt es in seinen Wagen ein. Der Schäfer schaut ihm zu und sagt:

"Wenn ich Ihren Beruf errate, geben Sie mir das Schaf dann zurück?"

"Klar, warum nicht!"

antwortet der junge Mann.

"Sie sind Unternehmensberater!"

"Das ist richtig! Woher wissen Sie das?"

"Ganz einfach!" sagt der Schäfer. "Erstens kommen Sie hierher, obwohl Sie niemand gerufen hat. Zweitens wollen Sie ein Schaf als Bezahlung haben dafür, dass Sie mir etwas sagen, was ich ohnehin schon weiß. Und drittens haben Sie keine Ahnung von dem was ich mache. - Kann ich jetzt meinen Hund wiederhaben?"

(Nach Hören wiedergegooglet bei lustigestories.de)
 
Für mich klingt das eher wie Grimms Märchen: "Es war einmal eine schöne Braut ...."

Schon Jesus von Nazareth soll gewusst haben, dass man dem einfachen Fischer die Dinge hinter der Fassade am besten in einfachen, einprägsamen Gleichnissen nahebringt. - Ich bin, rückblickend auf meine schulischen Leistungen, so ein einfacher Fischer, und ich finde Dr. Fu Man Chus Radio-Metapher von der abgehalfterten Megaphon-Braut trifft den Nagel auf den Kopf! :)

Die Beiträge in den Radioforen sind häufig sehr viel kreativer als die Programme, auf die sie sich beziehen...

Wird auch daran liegen, dass so einige Radioforen-Autoren (jetzt wieder) viel mehr Zeit und Ruhe zum Erschaffen ihrer Beiträge haben dürften als die Macher der besagten Programme.
 
Diabolisches Lächeln..., danke für die Blumen.

Das Problem ist in meinen Augen nicht, das wir schlechtes Radio haben (haben wir), das was hier Macher genannt wird , sind eher Verunstalter. Das Problem ist mangelnde Konkurrenz. Misserfolg wird nicht mit Marktaustritt bestraft. So wird besinnunglos weitergesendet, überlagerte Musikkonserven geöffnet bis der Arzt kommt und grenzdebil moderiert. Spricht man mit der Gesellschafterebene über diese Sender, dann erntet man im besten Fall ein gepflegtes zucken der Augenbrauen. Wer clever ist hält da lieber seine Klappe.

Deutsches Radio?
Das sind Restaurantbesitzer, Kellner und Köche die stolz sind, dass sie aufgewärmte Convience Food auf Kantinenniveau anbieten und auf das Argument ihr kocht schlecht antworten: Meine Kantine ist ja voll, was willst Du?! Dabei vergessen sie, es gibt nur eine oder zwei Kantinen in der Stadt und in einem Szeneviertel gründen vielleicht mehre ambitionierte Restaurants. Dazu fällt mir noch frei einem Abwärts Album von 1981 https://i.ytimg.com/vi/KZWuR3GX16g/0.jpg ein: Das Radio ist einsam.
Dann einmal frohes Gelingen meine Damen und Herren. Am Horizont zieht ein Sturm auf. Wird interessant zu sehen, wir ihr dann auf euren Seelenverkäufer den Sturm abwettern wollt oder steht ihr dann in den Wanten und schreit nach Hilfe wenn der Kahn sinkt?
 
Dabei wäre es so einfach: Alles machen, was Radio kann. Heute ist es ja eher ein "alles weglassen, was Radio kann". Deshalb bleiben ein paar fade Konservensendungen übrig, die mit immer neuen, schrillen Etiketten beklebt werden, die Dinge versprechen, die nie und nimmer drin sind.
 
Am liebsten mag ich Zitate wie "früher war alles besser" und "ich will wieder ein Programm wie Radio Luxemburg", am besten noch mit wechselnden Musikfarben.

Ja, genau das will ich. Nur: Für die breite Masse funktioniert es eben nicht mehr. Aber Thema verschiedene Musikfarben: Hör mal z.B. beim BRF rein. Die machen das heute noch so - und werden auch im deutschen Grenzgebiet gern als WDR-Alternative gehört. Von "meinem" VRT Radio 2 will ich gar nicht mal reden, nur soviel: Da kommt manchmal echtes Radio Luxemburg - Gefühl auf.
 
...und wieder einmal ein frustrieter Radiohörer, der am liebsten von sich auf andere schließt.
Ich bin der zweite Frustrierte! Weil selbst ich alter Sack vom üblichen Radio,
hier SWR, sehr enttäuscht bin. Wer sich im Netz umsieht, kann sich nur wundern,
mit welcher engen Musikauswahl und - Farbe (und das auf mehreren Wellen!)
ein großer Sender daher kommt.
Das Radio muss nicht neu erfunden, besser muss es werden!
 
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