Knulti, Dein unbedingtes Vertrauen in die Polizei ehrt Dich auf den ersten Blick, passt aber in diesem besorgniserregend unkritischen Maße überhaupt nicht mehr in die Jetztzeit.
Die Polizei, genauso wie einige andere Quellen, gehören zu den "privilegierten Quellen". Das ist sogar von presserechtlicher Relevanz.
"Damit sind Quellen gemeint, bei denen Journalisten unterstellen dürfen, dass ihre Informationen stimmen. Dies kann presserechtlich, im Falle einer juristischen Auseinandersetzung, bedeutsam sein. Als privilegierte Quellen gelten in Deutschland die etablierten Nachrichtenagenturen, aber auch die Mitteilungen von Behörden, die zu wahrheitsgemäßen Auskünften verpflichtet sind, wie die Pressestellen der Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden."
journalistikon.de
Zugleich gibt es schon seit einiger Zeit eine Debatte darum, ob gerade die Polizei noch als privilegierte Quelle gelten kann. So beruhte u.a. die erste Berichterstattung des WDR über Kölner Silvesternacht 2015 auf (fehlerhaften) Polizeiberichten.
Netzpolitik.org hat 2022 ein Plädoyer für eine kritische Haltung zu den Pressemeldungen der Polizei veröffentlicht:
Zu viele Journalist:innen übernehmen unkritisch, was die Polizei sagt, schreibt und twittert. Dabei ist nach unzähligen Vorfällen klar: Die Polizei ist nicht neutral, sondern ein eigenständiger Akteur in der öffentlichen Meinungsbildung. Es wird Zeit, sie auch so zu behandeln. Ein Kommentar.
netzpolitik.org
Der Vorschlag des Autors ist aber
nicht, ab sofort gar keine Meldungen der Polizei mehr zu veröffentlich, die Journalisten nicht in eigener Anschauung überprüft haben. Sondern er plädiert für einen journalistischen Umgang mit Meldungen und fordert:
"Wer es mit dem Journalismus ernst meint, muss polizeiliche Verlautbarungen überprüfen und darf diese nicht einfach übernehmen. Man muss nachfragen und nachhaken, eine zweite Meinung oder unabhängige Zahlen einholen, sich durch soziale Medien wühlen, andere zu Wort kommen lassen. Schlicht gesagt: die Plausibilität der polizeilichen Aussagen prüfen."
Bei der kritisierten Meldung wäre es vielleicht aber auch möglich gewesen, dass z.B. ein Augenzeuge / eine Social Media Meldung die Unterscheidung zwischen Rugby und Football nicht gewusst hätte und den gleichen Fehler gemacht hätte. Und dann?
Es geht hier auch um eine Verhältnismäßigkeit. Wäre jemand ernsthaft verletzt worden, wäre die Recherche für die Meldung wahrscheinlich aufwändiger gewesen.
Grundsätzlich ganz auf das Prinzip der privilegierten Quelle zu verzichten, ist im Arbeitsalltag von Journalisten einfach nicht möglich, glaube ich.
Für wichtig halte ich den Umgang eines Mediums mit Fehlern:
Wird transparent korrigiert? Wird schnell korrigiert?
Es gibt Medien, bei denen stehen noch Jahre lang erwiesen falsche Meldungen ohne Korrektur auf der Website. DAS ist ein echtes Problem!