Die Klassik-Radio-Zumutung

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Lauschmann

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Wie viel von verbalem Müll kann man in Verkleidung eines ambitionierten „Premium-Senders“ dem Zuhörer antun. KR hat es bewiesen – genug viel, dass einem, hier verirrten Musikliebhaber übel wird. Spendenaktionen, peinliche Call-in-Spiele und sinnfreies Geschwätz mit Protagonisten der gerade erwähnten Disziplinen, haben sich schon längst als Kern des angestrebten Programmprofils etabliert. Der irreführende Name ist jedoch geblieben. Oh, beinah hätte ich vergessen. Ab und zu kommt man doch in den Genuss eines Musikschnipsels. Man sollte aber schnell hören, weil die Entspannung garantiert von kurzer Dauer sein wird. Da meldet sich schon die nächste Quiz-Kandidatin, die gerade ihre Fabel für klassische Musik entdeckt hat. Sie möchte auch eine Slumdog Millionärin werden, meint die knifflige Frage nach Beethovens Schuhgrösse erraten zu können und damit ihre, sonst verkannte, Eloquenz unter Beweis zu stellen.
Vielleicht würden sich die profitversprechenden Fremdkörper noch einigermaßen in eine Musiklandschaft integrieren lassen, wenn die Überdosis nicht alle Grenzen der menschlichen Vernunft sprengen würde. Im Grundprinzip z.B. an einer Spendenaktion für gute Zwecke ist nichts auszusetzen. Jedoch wenn diese vom Sonnenaufgang bis zur Götterdämmerung, im Fünfminutentakt und epischem Elend, wiederholt wird, lässt sich die dahinterstehende Marketingstrategie nicht mehr vertuschen. Richtig geschmacklos wird aber dieser Spektakel, wenn dafür krebskranke Kinder herhalten müssen. Der Spendenertrag soll hier gewiss als ein moralisches, unantastbares Killerargument für die Rechtfertigung des Humbugs fungieren.
Wahrlich grotesk wirkt dabei, die, vor dieser Kulisse gerade laufende Werbung für Holger Wemhoffs Buch „Wo die Sprache aufhört – Mein Leben mit der Klassik“ - Ironie oder Schizophrenie? Ich würde sagen, eher eine versteckte Entschuldigung an die noch übriggebliebenen echten Klassik-Fans: „Ich kann nichts dafür“. Herr Wemhoff, Slumdogs Millionäre haben es nicht so mit dem Lesen. Sie telefonieren lieber. Wo hat sich also die giftige Krake eingenistet. In der Programmleitung-Etage? - Nicht nur. Stell Dir vor; es läuft schon wieder ein, aus der geistigen Dürftigkeit geborenes Quiz, und keiner ruft an. Oder es gibt einen Spenden-Marathon, und kein Wohltäter hält es für nötig seine Großzügigkeit der ganzen Welt zu verkünden. Somit wäre die beneidenswerte Herzoffenheit für die Not der Menschheit, durch offengelegte Armseligkeit des Egos nicht überschattet. Leider - von dies artiger Metamorphose kann man aber wirklich nur träumen. Also doch: das Publikum kriegt das Programm, was es verdient. Diese zynisch anmutende Ansicht lässt sich immer aufs Neue bestätigen. Es ist offensichtlich. Ein Radiosender - wohl bemerkt für klassische Musik - ist tatsächlich eine wenig geeignete Platform, um daraus ein großes Kapital zu schlagen. Vielleicht gerade vergleichbar mit einer Tofu-Kebab-Anlaufstätte für Vegetarier. Und wie reagiert die Aktie auf all die erbärmlichen Wachstums-Maßnahmen. - Dementsprechend. Seit 2010 peilt sie konsequent den Tiefflug Richtung Tal an. - Nein, nicht nur wegen der allgemein herrschender Misere auf der Börse.
Warum aber meine ganze Aufregung hier, anstatt abzuschalten, aus dem Sender-Speicher endgültig löschen – fertig. Vielleicht, weil es einst mein Lieblingssender war, und sonst, weil das Rundfunk-Angebot im klassischen Sektor sehr rar ist. Vor allem aber: Wenn man zuschaut, wie in jeder, auch denkbar kleinen Kulturnische; Qualität, Sinnlichkeit, Schönheit, oder das, was man sonst als wahre Werte bezeichnet, von Geistlosigkeit überrannt wird, dann will der Frust nun mal raus. Für diese Zwecke, könnte man denken, gibt es ja auf der KR-Webseite ein „Mein Community“ - Forum. Leider Fehlanzeige. Hier darf nur Honig geschmiert werden. Kritische Beiträge, auch jene im höflichsten Duktus gehalten, sind nicht erwünscht, und werden somit den Augen der Öffentlichkeit vorenthalten. Na ja, Zivilcourage ist nicht jedermanns Tugend.
Also liebe „Klassik“-Freunde, heute gibt es im Jackpot eine hausgemachte, von Stephan Heller persönlich angebissene Currywurst zu gewinnen. Jauchzet, frohlocket, rufet jetzt an! Ich habe diesmal rechtzeitig abgeschaltet, und das tut meinen Ohren wirklich gut.
 
In diesem Fall halte ich die Kritik eher für eine Zumutung: Der allererste Artikel beinhaltet direkt eine unerträgliche Hasstirade! Ist ja auch furchtbar, wenn der eigene Aktienbestand im Wert sinkt...
 
Lieber Lauschmann, wenn ich aus Deinem Text etwas die Luft rauslasse, bleibt sehr viel übrig, was ich teile. Verstümmelte Klassik-Häppchen, Self-Promo-Aktionen, die auch noch die letzte Atmosphäre akustisch kaputtknallen und den Wohlwollendsten vertreiben usw. usw.
Habe es früher oft gehört - man hat mich allerdings mit Jingle-Schalldruck verscheucht. Jetzt läuft beim Zwiebelschneiden in der Küche die CD "Barock zum Baden - Die schönsten Ausschnitte aus den feinsten Stellen der größten Highlights aus Best-of 500 Jahre Musikgeschichte". Da babbelt wenigstens keiner dazwischen...
 
Ich kann nicht so recht nachvollziehen, warum Liebhaber der E-Musik sich einen Sender antun, der auf Profit gebürstet sein muß. Wie Du zutreffende bemerkt hast, ist die E-Musik mit all ihren Facetten wie leichte Klassik, religiöse Musik, Oper, etc. ein Fremdkörper in der Rundfunklandschaft, wenn man sich einmal auf die Quoten bezieht. Wie soll daher ein Sender, der mit leichter Klassik versucht Geld zu verdienen, langfristig ohne Gewinnspiele (mit teuren Rufnummern), meinetwegen gekleidet in Spendenaktionen auskommen?
Dieses Verlustgeschäft wurde den ö.R. auf die Fahnen geschrieben, was so auch völlig in Ordnung geht, wird doch auf diese Weise die Minderheit der E-Musik-Liebhaber zuverlässig bedient. (Daß der NDR aus dieser Konvention mit seinem privatradioähnlichen NDR Kultur auszuscheren versucht, steht dabei auf einem anderen Blatt.)
Warum genießt Du diese Spielweise der Musik nicht auf den vielen, "seriösen" ARD-Sendern, wie SWF II, WDR III, HR II, Bayern IV oder die dem ZDF angehörigen Sender DKultur und DLF? Hier bekommst Du sogar regelmäßig live übertragene Konzerte (DKultur) geboten. Und dies garantiert ohne Werbung und Gewinnspiele. Mit diesen Alternativen gesegnet erübrigt sich Dein Lamento m.E. völlig.
 
Aber, Leukozyt, es gibt doch nicht nur entweder "Penetranzgewinnspiel mit Beethoven-Schnipseln" oder "Ö.R. mit Deutschem Requiem in Voll-Länge". Klassikradio hatte mal eine gute Mischung, die sogar mich als konservativen Öffi ansprach. Dann ham' se's überdreht.
 
@ Onkel
Das ist etwas arg reduziert auf den Punkt gebracht.
Ich gehe einfach mal davon aus, daß es für klassische Musik jenseits Mozarts 40ter und Beethovens 5ter keinen Markt in der deutschen Rundfunklandschaft gibt. Und selbst diese populären Stücke dürften selbst den einfachsten E-Musik Novizen sehr schnell auf den Senkel gehen. Nur, sobald etwas schwerere Kost wie z.B. Mahlers Titan gespielt wird, wird diese Gruppe vermutlich ganz schnell wegschalten.
Ich stelle mir vor, daß es ein ganz schmaler Grat ist, auf dem sich Klassikradio bewegt. Vielfalt muß da einfach früher oder später unter die Räder geraten. Andernfalls gäbe es in Deutschland viele private Radios mit E-Musik. (Mir ist nur Klassik Radio bekannt. Gibt es eigentlich noch weitere Privatsenden, die E-Musik bringen?)
Die ö.R. bieten eben diese reichhaltig breitgefächerte Spektrum, welches eine Privatsender früher oder später in den Ruin trieben - oder eben zu Gewinnspielen. :)
 
Wikipedia-Artikel 'Klassik-Radio' schrieb:
Musikstil

Aufgrund seiner Musikfarbe und Programm-Mixtur unterscheidet sich Klassik Radio von den zahlreichen Klassikwellen der ARD und dem Deutschlandradio, deren Musikprogramme traditionell den Charakter „ernster Musik“ aufweisen. Im Gegensatz dazu werden bei Klassik Radio keine ganzen Sätze oder Werke gespielt sondern lediglich Satzausschnitte. Diese sind bewusst so gewählt, dass insgesamt eine bessere Durchhörbarkeit des Programms entsteht. Zudem räumt der Sender der (klassischen) Filmmusik tagsüber und besonders abends relativ viel Platz ein. Der wohl größte Unterschied zu anderen Klassiksendern besteht jedoch bei der (nachts) gespielten Lounge-Musik. Insgesamt grenzt sich Klassik Radio mit diesem Programmkonzept bewusst von anderen Klassiksendern ab und wendet sich damit gezielt an eine vergleichsweise junge Hörerschaft ab 30 Jahre.
Diese Unterschiede werden häufig von Anhängern der öffentlich-rechtlichen Musikprogramme als Kritikpunkte an Klassik Radio angeführt. Das Format des Senders wird von ihnen als eine der Ursachen für Programmreformen bei den öffentlich-rechtlichen Kulturprogrammen in den letzten Jahren angesehen, die zu einer verbesserten Durchhörbarkeit in Verbindung mit einer verringerten „Ernsthaftigkeit“ der tagsüber gesendeten Programmstrecken geführt hätten. Im Zuge dessen hätten sich auch die Moderationsstile der öffentlich-rechtlichen Klassiksender in nicht begrüßenswerter Art und Weise verändert.

Gewinnspiele (!)

Regelmäßig wird bei Klassik Radio einmal jährlich ein kostenpflichtiges Call-In-Gewinnspiel veranstaltet. Dieses soll Aufmerksamkeit generieren und dient damit der Hörerneugewinnung sowie Hörerbindung. Bei diesen Gewinnspielen müssen die Hörer mithilfe von Tipps einen gesuchten Begriff erraten. An jedem Werktag gibt es einen weiteren Tipp, wobei gleichzeitig der Betrag im Jackpot jede Stunde weiter anwächst. Um den Jackpot knacken zu können, muss eine kostenpflichtige Hotline angerufen und dort der Lösungsvorschlag genannt werden. Die Anrufer geben dabei Vorname und Name, Alter sowie Telefonnummer an. Diese Daten werden nach Beendigung der Gewinnspielaktion gelöscht.

Das sagt doch schon viel aus, oder?
 
Die Male, in denen ich mich bei Klassik-Radio hinzugeschaltet habe, liefen stets populäre, symphonische Werke. Film- oder Loungemusik habe ich dort noch nie gehört. Dies hätte mich allerdings nicht daran hindern sollen, mal bei Wiki nachzuschauen. :oops:
Unter diesen Umständen treffen meine bisherigen Bemerkungen natürlich nur eingeschränkt zu.
 
Klassik Radio, der einzige Privatsender, der bei mir eine Chance hat. Gerade über Weihnachten dudelte (!) dieser Sender nachmittags stundenlang bei mir. Nebenbei wurde gelesen, gebastelt, gespielt und im Internet gesurft. Das Weihnachtsprogramm hat mir sehr gefallen. Auch sonst höre ich diesen Sender gern, meist jedoch erst ab 20 Uhr. Dann kommt alles das, was mich beruhigt und wo man nebenbei gut lesen kann. Werbung nehme ich zu diesem Zeitpunkt kaum wahr und ein Gewinnspiel oder eine Spendenaktion hat zu dieser Zeit wohl auch noch nie statt gefunden. Das mag in der Radioprimetime alles anders sein.

Wer das gar nicht mag, dem seien die Internetkanäle empfohlen. Der Lounge- und der Filmmusikkanal (Movie) sind genau meine Wellenlänge. Das bietet mir kein ÖR-Sender!!!

Dem echten E-Musik Fan kann dieses Easy-Listening nicht gefallen. Klar ist die Rotation eng und viel Neues kann es auch nicht geben, wenn man nicht Film und Lounge dazu nimmt. Wer Geld verdienen muss spielt keine Zwölftonmusik! Wenn mir es mir zuviel wird kann ich es auch ausmachen. Ich glaube jedoch, die Rotation ist immer noch höher als bei vielen privaten Popsendern.

Natürlich weiß ich auch, das sich Klassik Radio bis vor ein paar Jahren noch etwas anderes anhörte. Auch gab es ambitionierte Projekte. Nur die Finanzierung in der Nische ist ein hartes Brot, trotz bundesweit angestrebten Empfangsangebot. Für die Jazzwelle plus war es damals zu klein. Klassik Radio schafft es scheinbar im Moment nur so, der Aktienwert spiegelt das wohl auch so wieder.
 
Ich mag den Sender auch! Gerade weil er so anders ist als die anderen Klassik Wellen. Diese sind mir zu "streng". Die Art des Programmrahmens macht für mich Klassik stundenlang hörbar. Und zu Weihnachten war, wie Hörbub schrieb, der Sender ein wahrer Traum. Da kam nur Antenne Bayern mit der bayerischen Nacht am 24.12. ran. Ich kann verstehen, wenn der wahre Klassik-Liebhaber mit dem Sender nichts anfangen kann, deswegen muss man diesen aber nicht gleich dazu benutzen seine ungezügelten Aggressionen in verbaler Form hier loszulassen. Klassik Radio führt meiner Meinung nach sehr viele Menschen an die Klassik heran. Herrn Wemhoff halte ich übrigens für einen ganz wunderbaren Moderator.
 
Einerseits ist diese Häppchenklassik dem eingefleischten Verfechter der reinen Lehre völlig zu Recht ein Dorn im Auge, diese Zielgruppe will der Sender aber auch gar nicht ansprechen. Da passt schon das Soundprocessing nicht dazu.
Andererseits ist KR meiner Ansicht nach ein exzellentes Nebenbeimedium, welches bei mir im Auto sehr häufig läuft. Für den Konsum im Auto ist wiederum das Soundprocessing genau richtig.
Und die 3-Tages-Waldpiratencamp-Spendenaktion mit Herrn Wemhoff war für mich einer der Glanzpunkte im Vorweihnachtsprogramm.
Als Einstiegsdroge in die Welt der E-Musik macht KR einen hervorragenden Job. Mehr will und kann ein Privatsender mit diesem Musiksegment auch gar nicht sein.
 
Klassik Radio hat leider seit Jahren fast nichts mehr mit Klassik zu tun. Früher gab es mal Live-Übertragungen aus der Met.
Was es heute gibt, wurde ja hier beschrieben.

Für Klassik Liebhaber bleiben u.a. MDR Klassik, Radio Classique sowie etliche andere Klassik-Sender im Web und auf Sat.
 
Ich halte die Verlgeiche von Klassik-Radio mit öffentlich-rechtlichen Kulturwellen auch nicht für sehr zielführend. KR ist nunmal ein Sender der Geld verdienen muss. Das geht nur wenn ich auch eine entsprechende Hörerzahl habe. Mit einer dreistündigen Übertragung des fliegenden Holländers erreiche ich vielleicht ein paar tausend Klassikliebhaber deutschlandweit, aber davon kann kein privater Sender leben. Sowas ist eigentlich die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dafür zahlen wir Gebühren, was die Kulturwellen daraus machen ist dann eine andere Sache.

Im übrigen scheint des Programm auch nicht so schlecht anzukommen, sonst wären die MA-Zahlen nicht so gut. Im übrigen gilt auch hier, wers nicht mag, wird nicht gezwungen den Sender zu hören.
 
Und oftmals betreiben Klassikwellen der öffentlichen Programme dies als Dachmarke für ihr komplettes Klassikangebot, wo auch Orchestren mitfinanziert werden (vgl. BR Klassik als Dachmarke auch für das BR-Rundfunksymphonie-Orchester, etc. pp.). Das hat Klassik Radio nicht.
 
Hallo alle zusammen,
ich würde mich selbst keinesfalls als einen Hardcore-Klassik-Freak einstufen, der nur auf Schönberg schwört. Selbstverständlich in dem E-Sektor leisten die ÖR ihren zuverlässigen Dienst. Sonst gibt es noch die eigene CD-Sammlung und die Philharmonie. Also der ultimative, Musik-Genuss ohne Kompromisse. Es wäre zweifellos unvernünftig solche Ansprüche an einen privaten Klassik Light – Sender per se zu stellen. Allerdings, wie OnkelOtto schon angedeutet hat, irgendwo, zwischen Erbärmlichkeit und Himmelfahrt liegt die goldene Mitte. Es gab doch eine Zeit, und die sollte man nicht vergessen, wo KR eben in dieser Mitte sich ganz erfolgreich positioniert hat. Dieses oft gebrauchte Argument, ein Abstieg auf das Tutti Frutti – Niveau sei für einen privaten Profilsender die einzige Überlebenschance, scheint nicht wirklich zu überzeugen. Kommerz braucht ihre Opfer. Jedoch spätestens, wenn jene zur alleinigen Programm-Substanz expandieren, sollte man dringend den Sinn des ganzen Unterfangens hinterfragen. Um aktuell zu bleiben, das ganze vorweihnachtliche KR-Programm, hat dafür eben einen Anlass geliefert. Der Schwerpunkt meiner Kritik betrifft also die Maßlosigkeit. Keinesfalls sollte hier eine Utopie verwirklicht werden.
Sonst, KabelWeb, bezüglich Herrn Wemhoff sind wir uns einig. Ich bezweifle nur, dass er über die Entwicklung beim Sender glücklich ist.
 
„Premium-Senders“

Premium kostet immer Geld. Echte Klassikfreunde haben ihre Musik im Schrank, eine unentbehrliche Auswahl liegt längst als MP3-Vorrat bereit. Welcher zahlungskräftige Klassik-Fan tut sich diese Radio-Gequizze denn überhaupt noch an?

Jetzt rächt sich dass die Sender keine durchdachte Digitalstrategie haben.

Für diese Zwecke, könnte man denken, gibt es ja auf der KR-Webseite ein „Mein Community“ - Forum. Leider Fehlanzeige. Hier darf nur Honig geschmiert werden. Kritische Beiträge, auch jene im höflichsten Duktus gehalten, sind nicht erwünscht

Das ist die bekannte Consulting-Strategie. Wir wissen, dass 90% der Leute unsere optimierten Sender geringschätzen, daher muss jede Form des Meinungsaustauschs mit allen beherrschbaren Mitteln unterbunden werden. Statt dessen bauchpinselt man sich selbst bis der Arzt kommt.

Wenn nicht bald ein grundlegender Strategiewechsel erfolgt schmelzen die letzten Erlöse in sich zusammen wie Erdbeereis in der Sommerhitze.
 
Vor Jahren erzählte uns auf einem Volo-seminar in HH ein Klassik-radio-Vertreter - war es der damalige Chef, ich weiß es nicht -, dass sie nun den Ramp-Talk auch für ihr Programm entdeckt hätten. Mußte sehr grinsen. Wie lange geht denn ein Ramp-talk bei Best-of-best-of-Klassik? Vermutlich bis zum Schlußtakt. Weiß gar nicht, ob sie das immer noch praktizieren, ich kann das seichte Programm sowieso nicht ertragen.
 
@mediapussy: Hör es Dir an, da wird über die ersten Takte moderiert und dann hochgezogen. Jeder Kenner würde sich wohl mit Grausen abwenden, hätte ihn nicht die Rotation der besten Klassik-"Hits", die Werbung, die GEwinnspiele und das Soundprocessing schon vertrieben. Für den Fahrstuhl reicht's wohl.
 
Wie hier von einigen argumentiert wird, ist KR das ideale Programm zum "Einstieg" in die klassische Musik. Diese Meinung teile ich uneingeschränkt. Insofern kommt dem Sender eine wichtige Aufgabe zu, nämlich kulturunsensible (über diesen Begriff läßt sich vorzüglich streiten) Hörer an fremde, ernste Klänge heranzuführen.
Blöd wird's nur, wenn die richtigen Klassik- und E-Musik-Liebhaber mit einem kontinuierlich seichten Anfängerprogramm verprellt werden. Von einigen tausend Klassikeinsteigern kann sich der Sender langfristig nichts kaufen. Aus diesen Überlegungen heraus halte ich die momentan gefahrene Strategie ebenfalls für hochriskant.
 
CelticTiger, ich sehe das ähnlich. Das ist auch analog mit Andre Rieu und dem Zeugs. Das ist auch "Einstieg" in die klassische Musik. Wobei vom Genre her eher das so eine Mischung aus Unterhaltung ist, wo klassische Musik halt mehr als "Hintergrund" dient. Echte Klassikfans, darüber hinaus auch Liebhaber der Barock- und anderer Musik aus früheren Zeiten, die sind bei den öffentlichen Kultursendern besser aufgehoben.
Wenn ich jemanden einführen soll, in die Welt der Klassischen Musik, und ich würde einen Sender genannt bekommen, würde ich Klassik Radio nennen. Zur Vertiefung und zur besseren Analyse dann eben die schon viel genannten Kulturradios der ARD. Seitwärtseinsteiger, die aus anderen Musikstilen und -richtungen kommen, z.B. dem Jazz, kann Klassik Radio eine Bereicherung ihres persönlichen Radio-Portfolios sein.
Klassik-Radio ist kein "klassischer Kultursender", sondern eher ein Mittler zwischen einem Unterhaltungssender und einem Sender, der einem die klassische Musik bekannt machen möchte.
Wobei zum Unterhalt eines privat geführten Senders leider auch Geld verdienen gehört, denn, im Gegensatz zu den ARD-Kultursendern, ist die Klassik Radio GmbH & Co. KG mit Sitz in Hamburg eine 100%ige Tochter der Klassik Radio AG in Augsburg. Und die Investoren sowohl in die AG, die übrigens auch am CDAX gelistet wird, als auch die Komplementäre und Kommanditisten der Tochtergesellschaft, sind halt leider vom Erfolg des Senders abhängig.
Das ist genauso wie bei Antenne Bayern oder Radio 7 oder einem anderen Privatsender. Den sogenannten "Pop"-Sendern privatrechtlicher Art "verzeiht" man eher diese Gewinnspiel-Aktionen, da sie mittlerweile fast zum Alltag dieser Sender gehören, weil auch hinter diesen Sendern oftmals sehr einflussreiche Gruppen stehen. Bei einem Unterhaltungs-Klassik-Mischprogramm wie bei Klassik Radio, das etwas Seriosität vermitteln soll, sei diese Art der Gewinnscheffelung nicht zu erwarten. Aber dem ist leider nicht so: auch die Investoren dieses Senders möchten gerne Rendite sehen für ihre Einlagen. Das ist leider mal so.
Man darf, sowohl aus wirtschaftspolitischer Sicht, als auch aus genretechnischer Sicht nicht den Fehler begehen, Klassik Radio mit den tradierten ARD-Kulturradios, die gebührenfinanziert und, wie ich schon mal erwähnt habe, auch zum Teil als Dachmarke für die eigenen Produkte dienen, verwechseln. Klassik Radio hat kein eigenes Sinfonieorchester, wie z.B. der Hessische Rundfunk oder der Bayerische Rundfunk.
Zudem werden auch in Klassik Radios nicht nur die schweren, fast schwer verdaulichen Stücke gespielt, sondern mitunter auch eher leichte klassische Musik oder Operetten oder aber auch Musicals.
Das letzte höre ich fast nur auf Klassik Radio. Das ist dann doch keine Zumutung, sondern ein Addendum zu dem, was mir die ARD-Kulturradios nur mit Einschränkung bieten, weil die eben anders sind.
 
Klassik Radio hat kein eigenes Sinfonieorchester, wie z.B. der Hessische Rundfunk oder der Bayerische Rundfunk.

Die Aktionäre würden den Senderverantwortlichen was husten, unterhielte der Sender einen eigenen Klangkörper.
Gibt es so etwas eigentlich irgendwo bei Privatsendern in Europa, mal abgesehen vom RTL-Sinphonieorchester.
 
Meine Frau hört den Sender den ganzen Tag. Zusammen hören wir Klassik Radio am Wochenende im Auto.
Als Deep Purple Fan :) gefällt mir Klassik Radio am Wochenende sehr gut.

Ich höre Musik und Moderation die mir gefallen und mich an die Musik heranführen.

Das Programm in der Woche kann ich nicht beurteilen.
 
CeltigTiger, br-radio, Das ist das richtige Stichwort. Wenn man sich auf die königliche Fahne „Kultur“ schreibt (völlig egal ob light, elitär, erwachsen, oder „nur“ für Einsteiger – die sollte man nämlich nicht für Duffis halten), geht man der Verpflichtung nach - auch bei allen popularisierenden Inserts von beliebigen Unterhaltungsformen - einen gewissen kulturellen Rahmen nicht zu verlassen. Als Beispiel dafür könnte hier „Die wahre Geschichte“ dienen. An diesem Grundgebot lässt sich auch nicht beliebig rütteln. Die Differenzierung zwischen E-Musik für das Salonambiente und leichten Klassik-Hits für die Autofahrt ist hier gar kein Thema. Genauso die Unterscheidung zwischen privaten und ö-r in der Finanzierungsfrage. Fehlt die Bereitschaft des Unternehmens sich an diese oben genannte Regel zu halten, beleidigt man das treue Publikum und enttäuscht die Einsteiger. Dann bleibt nur noch der Fahnenwechsel, oder generell nach einem lukrativeren Geschäftsmodel, jenseits der Kultur, Ausschau zu halten. Ein überspannter Spagat ist keine Lösung, sonder ein Unfall.
 
Ich hatte Klassik Radio schon fast aus meinem Bewusstsein verdrängt, aber zu Weihnachten hat der Sender mich wieder voll erwischt, über das Küchenradio meiner Mutter, die gerade keinen Sender findet, der ihr besser gefällt. Beim Claim "der einzige Sender mit Anti-Nerv-Garantie" habe ich laut gelacht. Letztlich ist es ein ganz normales Hitradio mit allem, was dazugehört. Was ich allerdings wirklich nicht stimmig finde, ist dass sich der Sender einerseits als Entspannungsfunk zu verkaufen versucht, aber gleichzeitig insgesamt eher rastlos und hektisch wirkt und auch Wortbeiträge mit (ziemlich lauter) Musik unterlegt.
 
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