Diskussionsentwurf Medienstaatsvertrag

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Schon der Name ist Programm: Statt "Rundfunkstaatsvertrag" wie bisher, heißt es nunmehr "Medienstaatsvertrag". Damit ist schon präjudiziert, dass es um mehr als Rundfunk und Fernsehen geht, nämlich um "Medien", also um alles, was die ÖR bisher noch eher in einer Legitimationsgrauzone als ihren Wirkungskreis definiert haben. Immerhin lautet die Einschränkung "digitale Medien", womit hoffentlich geklärt wäre, dass Zeitungen und Zeitschriften den ÖR nichts angehen.
Die Website "Telepolis", die diesen Entwurf verlinkt, sagt ganz richtig:
Man sollte sich nicht blenden lassen von der Rhetorik. Zum Beispiel nervt das ganze Gerede von "Trimedialität" und "Content-Netzwerk" alle, die in den Häusern wirklich arbeiten, es dient vor allem der Selbstdarstellung eitler Intendanten, die sich ein kleines persönliches Denkmal bauen wollen.

Auch das eigentliche Kernproblem wird beschrieben:
Das Hauptproblem ist der Programmauftrag. Und hierin wieder die Rolle von Information und Kultur.
"Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen", heißt es im Gesetz.

Und auch das ist eine ganz wichtige (und zutreffende) Beobachtung:
Es handelt sich immerhin um öffentlich-rechtliche Sender, nicht um Privatsender. Man kann diese nicht einfach aus ihren angestammten Verpflichtungen entlassen. Sie bekommen Gebührengeld nicht, um damit zu tun, was sie wollen, sondern um einen Programmauftrag zu erfüllen. Zu diesem gehört Kultur.

Soweit die Telepolis-Anmerkungen.

Den Entwurf selbst findet man hier: Entwurf Medienstaatsvertrag

Mitwirkung in Form von Stellungnahmen, Anmerkungen und Feedback (die erfahrungsgemäß allerdings ignoriert werden) gibt es leider nur noch bis zum 14. Januar. Wer da also mitreden will, der muss sich beeilen.

Ich stelle mal die wesentlichen Änderungen vor.
Bisher heißt es zum Programmauftrag:

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Synopse zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks –
Diskussionsentwurf Phase 1
Hinweise zum Umgang mit der Synopse:
 Es handelt sich um einen Diskussionsentwurf zur ersten Phase der Reform von Auftrag und Strukturoptimierung
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in der es noch nicht um Fragen der Finanzierung geht. Abstimmungsbedarf
besteht insbesondere noch zu den in eckige Klammern gesetzten Regelungen.
 Die vorgesehenen Änderungen sind in der rechten Spalte (Überschrift „Vorgesehene Änderungen“) rot
gekennzeichnet und unterstrichen.
 In nicht aufgeführten Paragraphen und Absätzen sind derzeit keine Änderungen vorgesehen (redaktionelle
Folgeänderungen ausgenommen).
 Gelegenheit für Stellungnahmen, Anmerkungen und Feedback besteht vom 19. November 2021 bis zum 14. Januar
2022 auf www.rundfunkkommission.rlp.de
Medienstaatsvertrag – Aktuell gültige Fassung Vorgesehene Änderungen
III. Abschnitt
Besondere Bestimmungen für den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk
III. Abschnitt
Besondere Bestimmungen für den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk
§ 26
Auftrag
§ 26
Auftrag
(1) 1Auftrag der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und
Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des
Prozesses freier individueller und öffentlicher
Meinungsbildung zu wirken und dadurch die
demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse
der Gesellschaft zu erfüllen. 2Die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen
umfassenden Überblick über das internationale,
europäische, nationale und regionale Geschehen in
allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. 3Sie
sollen hierdurch die internationale Verständigung, die
europäische Integration und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. 4Ihre
Angebote haben der Bildung, Information, Beratung
und Unterhaltung zu dienen. 5Sie haben Beiträge
insbesondere zur Kultur anzubieten. 6Auch
Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen
Angebotsprofil entsprechen.

Künftig soll er lauten (die neuen Hinzufügungen sind kursiv):

Auftrag der öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und
Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des
Prozesses freier individueller und öffentlicher
Meinungsbildung zu wirken und dadurch die
demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse
der Gesellschaft zu erfüllen. 2Die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen
umfassenden Überblick über das internationale,
europäische, nationale und regionale Geschehen in
allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. 3Sie
sollen hierdurch die internationale Verständigung, die
europäische Integration, und den gesellschaftlichen
Zusammenhalt sowie den gesamtgesellschaftlichen
Diskurs in Bund und Ländern fördern. 4Die öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten haben die Aufgabe, ein
Gesamtangebot für alle zu unterbreiten. 5Bei der
Angebotsgestaltung sollen sie dabei die Möglichkeiten
nutzen, die ihnen aus der Beitragsfinanzierung
erwachsen, und tragen dabei durch eigene Impulse und
Perspektiven zur medialen Angebotsvielfalt bei. 6Allen
Bevölkerungsgruppen soll die Teilhabe an der
Informationsgesellschaft ermöglicht werden. 7Dabei
erfolgt eine angemessene Berücksichtigung aller
Altersgruppen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen, der Belange von Menschen
mit Behinderungen und der Anliegen von Familien. 8Die
öffentlich-rechtlichen Angebote haben [im
Schwerpunkt] der Kultur, Bildung, Information und
Beratung zu dienen. 9Unterhaltung, die einem
öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entspricht, ist Teil
des Auftrags. [10Das öffentlich-rechtliche Angebotsprofil
soll in den eigenen Rundfunkprogrammen und
Telemedienangeboten in besonderem Maße dort
wahrnehmbar sein, wo die Nutzung dieser Angebote
üblicherweise besonders hoch ist.]
 
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Schon der Name ist Programm: Statt "Rundfunkstaatsvertrag" wie bisher, heißt es nunmehr "Medienstaatsvertrag". Damit ist schon präjudiziert, dass es um mehr als Rundfunk und Fernsehen geht, nämlich um "Medien", also um alles, was die ÖR bisher noch eher in einer Legitimationsgrauzone als ihren Wirkungskreis definiert haben. Immerhin lautet die Einschränkung "digitale Medien",

Dadurch wird alles zur Farce. Durch den Freibrief fürs Digitale braucht man nicht mehr streiten, ob es zu viele Sender gibt oder ob Spartenkanäle zu geringe Einschaltquoten haben. Konnte so ein linearer TV-Sender bisher 24 Stunden täglich Programm machen und war dadurch in seinen Ausgaben rein faktisch beschränkt, darf ein "Sender" in Zukunft vielleicht täglich 10.000 Sendestunden neu in die Mediathek stellen. Und "erfreulicherweise" wird dann dort auch jedes Genre und jede Zielgruppe irgendwie vorkommen, also genau was der Programmauftrag aus Intendantensicht bedeutet. Abrufzahlen und Nutzungszahlen dieser schwarzen Online-Löcher werden geheim gehalten - selbiges gilt für die Kosten der Produktion und Lizensierung. Auch kein Problem für die Verantwortlichen, denn eine harte Obergrenze wird man nicht definieren können oder wollen.

Frau Wille hat sogar bereits Kleinkinder als Argument für diesen unstoppbaren Wildwuchs entdeckt:
"Bereits die Hälfte der Zwei-bis Fünfjährigen nutze Streaming-Dienste, sagt Wille. Die Sender müssen deshalb dieser "veränderten Lebenswelt" gerecht werden."
 
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Die werden sich verzetteln, vieles ein bißchen und nichts mehr richtig machen. Podcasts statt lineares Radio mit Inhalt haben wir jetzt schon.
 
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"Übel!" - Ich denke es braucht eine Diskussion um eine Grundgesetzänderung:
DEFINIERE: WAS ist RUNDFUNK, was wird über Abgaben als GRUNDVERSORGUNG finanziert?
Momentan ist die Scholz-Ampel noch mit dem Thema "Corona!" überlastet. Wollen da interessierte Kreise das Medienthema unter dem Radar neu 'anpassen'?
 
Abrufzahlen und Nutzungszahlen dieser schwarzen Online-Löcher werden geheim gehalten - selbiges gilt für die Kosten der Produktion und Lizensierung.
Was für ein Unsinn. Die Rechenschaftsberichte des ÖR sind von jeder einzelnen Anstalt auf der jeweiligen Homepage einsehbar. Ebenso werden die Zugriffszahlen regelmäßig veröffentlicht.
Und grundsätzlich: Dass das lineare Versenden von Inhalten so langsam ausgedient hat, sollte mittlerweile auch der letzte Hinterweltler mitbekommen haben. Das ist nun mal ein Fakt, der auf der sich verändernden Gesellschaft beruht. Das man im Gegenzug zur Digitalisierung der Inhalte vorraussichtlich auch fünf lineare (TV-)Programme abschalten muss, hast du mitbekommen?
 
Das man im Gegenzug zur Digitalisierung der Inhalte vorraussichtlich auch fünf lineare (TV-)Programme abschalten muss
...was wiederum bedeutet, dass diese Inhalte nur noch nach Zahlung weiteren Geldes (für den Internetzugang) erhältlich sind - gegenüber jetzt, wo im urbanen Raum via DVB-T2 und im eher ländlichen Raum via Satellit zumindest ein üblicherweise ohne laufende Kosten benutzbarer Zugang bereit steht.

Ist irrelevant, weil ohnehin jeder Internet hat? Finde ich nicht, denn ich kenne Fälle, in denen die 3 GByte monatliches "Inklusivvolumen" ausreichen müssen - und die kann man nicht durch Streaming aufbrauchen (das ginge auch so schnell, dass man gar nicht erst damit anfangen muss). Daran wird sich in den kommenden Jahren sicher noch einiges ändern, aber öffentlich-rechtliche Inhalte, die es nur noch hinter Zugängen gibt, die generell extra Geld kosten, halte ich für regelrecht sittenwidrig. Zweite Rundfunkgebühr. Und ein Verstoß gegen die in §26 benannte Forderung, "Gesamtangebot für alle" zu machen und mit "Allen Bevölkerungsgruppen soll die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ermöglicht werden. Dabei erfolgt eine angemessene Berücksichtigung aller Altersgruppen, insbesondere von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, der Belange von Menschen mit Behinderungen und der Anliegen von Familien." ists dann auch nicht mehr so wirklich kompatibel.

Würden die relevanten Inhalte in die verbleibenden Programme verlagert und verdrängten dort einen Teil der Krimis, Soaps, Tierparkdauerbetrachtungen etc., könnte man ja vielleicht drüber reden. Aber eher friert die Hölle zu, als dass die linearen Programme mehr relevanten Inhalt bekommen.
 
Nach jetzigem Stand stehen wohl die Programme ZDFneo, ZDFinfo, Tagesschau24, One und ARD-Alpha zur Disposition. Bei Alpha sehe ich das persönlich kritisch, weil der im Großen und Ganzen ja doch als Bildungskanal angesehen werden kann. Bei Tagesschau24 würde ich eine Fusion mit Phoenix anstreben und damit die lineare Verbreitung weiter beibehalten. One und insbesondere ZDFinfo sind eh nur Kanäle, die mehr oder weniger bereits anderswo versendete Inhalte nochmal aufwärmen, praktisch also nicht gebraucht werden und damit auch kein Verlust wären. Den Teil von ZDFneo, der ebenfalls nur Altes wiederholt, braucht linear im Grunde auch niemand. Und der andere Teil davon, welcher sich eher ans junge Publikum wendet, wird von selbigem schon jetzt größtenteils nur in den Mediatheken konsumiert. Linear wäre ZDFneo damit also auch verzichtbar. Die eigentlich relevanten Programme, sprich die Dritten und halt auch ARD/ZDF, arte und 3sat bleiben vorerst linear erhalten.
 
@Radiokult
Wo sind denn in "Das Erste", im ZDF und in den Dritten relevante Inhalte, die sich noch dazu von der kommerziellen Konkurrenz unterscheiden? Manchmal gibt es welche in der Todeszone. Davor aber Dokusoaps, Boulevardmagazine, Kochshows, Trödelshows, allein heute vier Krimis im ZDF, unterbrochen von einer Kliniksendung. Das ist "Bild der Frau" in Bewegtbildern. Das WDR-Fernsehen hat es vergangenen Dienstag wieder geschafft, hintereinander drei Tatorte und eine Folge "Rentnercops" zu versenden. Es gab bei ARD/ZDF mehrere inhaltsgleiche Talkshows zum Thema Corona, immer fleißig assistiert von Robin Alexander, der ein Dauerabo besonders bei Lanz hat, und anderen Rechtsauslegern des AFD-Blattes "Welt". Die Neuigkeiten zu Corona kannte man bereits aus Spiegel Online oder spätestens den Fernsehnachrichten. Sie dann mehrfach hintereinander stundenlang totzuquatschen grenzt an Volksverdummung. Bei ARD und ZDF geht es wie im Schweinestall zu: Hauptsache viel und billig sowie redundant produzieren, Qualität zweitrangig.
 
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Wo sind denn in "Das Erste", im ZDF und in den Dritten relevante Inhalte, die sich noch dazu von der kommerziellen Konkurrenz unterscheiden?
Die beginnen bei der Tagesschau, heute und den regionalen Nachrichtensendungen der Dritten.

Robin Alexander... und anderen Rechtsauslegern des AFD-Blattes "Welt".
Könnte man so sehen, ist bei genauerer Betrachtung von Alexanders Geschreibsel und Gerede, u.a. bei Lanz, aber schlichtweg Unsinn. Klassisch konservativ hat nunmal nichts mit Rechtsausleger zu tun. Und wenn die Welt ein "AfD-Blatt" ist, was ist dann die Bild? Das NPD-Zentralorgan? Hast du auch sowas wie Argumente auf Lager?
 
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Die beginnen bei der Tagesschau, heute und den regionalen Nachrichtensendungen der Dritten.

Hab ich bei RTL auch alles. Nennt sich "Aktuell", "Direkt", "Nachtjournal" sowie "RTL West".

Könnte man so sehen, ist bei genauerer Betrachtung von Alexanders Geschreibsel und Gerede, u.a. bei Lanz, aber schlichtweg Unsinn. Klassisch konservativ hat nunmal nichts mit Rechtsausleger zu tun. Und wenn die Welt ein "AfD-Blatt" ist, was ist dann die Bild? Das NPD-Zentralorgan? Hast du auch sowas wie Argumente auf Lager?

Welt und BILD sind doch die Trutzburg der Coronaleugner. Ich lese übrigens beide Pamphlete.
 
@Radiokult
Es gibt die Sendung aber, sogar schon mehr als 30 Jahre, und RTL West hat im Gegensatz zu WDR Aktuell, das auch erst um 21:45 Uhr ausgestrahlt wird, seinen Fokus ganz überwiegend auf NRW liegen. Im übrigen besteht die Redaktion aus 50 Mitarbeitern, von denen zahlreiche im Land NRW verteilt arbeiten.

Der WDR hingegen schafft es, zeitgleich zum Heute-Journal und unmittelbar vor den Tagesthemen, die ersten 20 Minuten seines halbstündigen WDR Aktuell ebenfalls mit nationalen und internationalen Themen zu füllen. Redundanz statt Landesthemen.

Damit mir keiner mit den 75 Minuten Aktuelle Stunde und Lokalzeit kommt. Hier dominieren Boulevardthemen, um diese lange Zeitstrecke füllen zu können. Als kompakte Landesnachrichtensendung unbrauchbar.
 
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Ist übrigens ein gutes Stichwort. Die BILD steigt in das lineare Fernsehen ein - und von 2 kleinen Kabelnetzbetreibern weiß ich, dass am Tag des Sendestarts denen die Kunden die Hotline regelrecht blockiert haben, weil sie das Programm nicht einlesen konnten (da es schon eingelesen war, auf dem ex-Programmplatz von und halt bis zum nächsten Aufruf auch unter dem Namen von Zee TV) - die ARD will Tagesschau24, Alpha etc. perspektivisch aus dem linearen Fernsehen entfernen.

Offenbar existieren in diesem Land doch Parallelgesellschaften, in denen die Menschen jeweils völlig anders ticken. Die, die den Öffis vertrauen, sind also ausschließlich online unterwegs und nutzen bevorzugt "Briefmarkenvideos", die, die BILD vertrauen, wissen vermutlich gar nicht, dass es was anderes als Papier und lineares TV gibt.

Oder sind die bei BILD einfach nicht so vernebelt, dass sie die Mehrheit, die nach wie vor massiv linear nutzt, übersehen könnten?

digitalisierungsbericht_video_2021_Abb_2_uebertragungswege.png
(Digitalisierungsbericht Video 2021, S. 22, Abb. 2)

Mal sehen, ob die Inhalte von T24, Phoenix, Kika etc. eher aus dem linearen Fenrsehen verschwinden werden, als das SD-Fernsehen bei ARD und ZDF. Zutrauen würde ich es ihnen inzwischen. Nach der de-facto-Abschaltung des ARD-Hörfunks via Satellit halte ich jegliche Fehlentscheidung für möglich.
 
Ich find es immer wieder bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit wir als Gesellschaft der Erzählung auf den Leim gegangen sind, dass nur private Anbieter Unterhaltung machen sollten. Übersetzt bedeutet das nichts anderes, als dass die Medienpolitik gefälligst den Rahmen dafür schaffen soll, alles womit potenziell Geld verdient werden könnte, ausschließlich den Interessen kommerzieller Anbieter zu überlassen.

In jedem anderen Bereich unserer Gesellschaft führen wir zu recht eine Diskussion darüber, inwieweit deren Bereiche privatisiert oder vollständig dem freien Markt unterworfen werden sollten. Aus gutem Grund. Im Gesundheitswesen schauen wir zum Beispiel recht kritisch darauf. Und bei jedem Ansinnen, bei dem zum Beispiel private Versicherer vorschlagen würden, dass man doch nur noch alles gesetzlich versichern sollte, was teuer ist, damit alles, womit sich tatsächlich Geld machen lässt, ausschließlich durch private KV versichert werden kann, würde eine breite Öffentlichkeit sehr massiv widersprechen.

Im Medienbereich läuft seit zwei Jahrzehnten die selbe bizarre Diskussion. Mit dem Unterschied, dass diejenigen Anbieter, die die kommerziellen Interessen haben, gleichzeitig über die mediale Macht verfügen, ihre Argumente wieder und immer wieder in die Bevölkerung zu tragen. Sollte man eventuell mal drüber nachdenken.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich möchte auf öffentlich-rechtliche Unterhaltungsangebote nicht verzichten und dies ausschließlich "den Privaten" überlassen.
 
@thorr
Es wäre ja prima, wenn man merken würde, daß NDR 2 oder Bayern 1 einen dezidiert öffentlich-rechtlichen Charakter (in der Unterhaltung) haben. Da dem nicht so ist, kommt der Ärger auf. Ich kann das nur bedauern. Gerne hätte ich mein WDR 2 vor Weber zurück, daß noch nicht einmal schlechtere Quoten, aber eine riesige Playlist und einen höheren, qualitativ hochwertigen Wortanteil hatte. Der ARD-Hörfunk führt sich wie iheart auf und macht sich so selber überflüssig. Ich wäre froh, er würde das lassen. Denn so geht es aus meiner Sicht nicht weiter. Irgendwann werden CDU/CSU und FDP die Entwicklung nicht mehr tolerieren und den qualitativen Verlust der ARD gegen sie verwenden.
 
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Was für ein Unsinn. Die Rechenschaftsberichte des ÖR sind von jeder einzelnen Anstalt auf der jeweiligen Homepage einsehbar. Ebenso werden die Zugriffszahlen regelmäßig veröffentlicht.
Und grundsätzlich: Dass das lineare Versenden von Inhalten so langsam ausgedient hat, sollte mittlerweile auch der letzte Hinterweltler mitbekommen haben. Das ist nun mal ein Fakt, der auf der sich verändernden Gesellschaft beruht. Das man im Gegenzug zur Digitalisierung der Inhalte vorraussichtlich auch fünf lineare (TV-)Programme abschalten muss, hast du mitbekommen?
Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt: Die paar linearen Sender werden bald von den Kosten keine Rolle mehr spielen, wenn man parallel Online-Content produziert, der vom Umfang mehr als hunderten linearen Sendern entspricht. Da der Tag nur 24 Stunden hat, wird jeder Gebührenzahler prozentual immer weniger des Contents, der von seinen Gebühren produziert wird, überhaupt nutzen können. Es entsteht also ein riesiger Content-Butterberg. Und wenn dann wieder der Bedarf der ÖR ermittelt wird, werden die Online-Sachen dann eben mit aufgeführt werden, eben mit der Begründung, dass man mit den linearen Sachen allein den Auftrag nicht mehr erfüllen könnte.

Auf die Nebelbombe mit dem Rechenschaftsberichten gehe ich nicht ein. Ihr wollt mir doch nicht erzählen, dass jemals veröffentlicht wird, wie oft die verschiedenen Folgen des Angel-Podcasts in den Apps oder auf den Webseiten aufgerufen wurde. Und sowas wie die offiziellen GfK-Einschaltquoten fürs Fernsehen wird es für Online-Content (auf Sendungsbasis) nie geben. Meint ihr überhaupt, dass jemand systematisch erfasst, wie oft jemand der Aufforderung folgt, wenn er im inforadio gesagt bekommt, die "Themen des Tages aus Berlin und Brandenburg" wären auch in der inforadio-App nachhörbar? Da sehe ich eher die "drei Affen" vor mir. Die Ironie: Bisher hat man sich aufgeregt, dass die Spartensender quasi keine Zuschauer haben (was im Vergleich zu vielen Online-Inhalten noch Straßenfeger sind), die Abrufzahlen vieler Online-Inhalte werden sich im 3 bis 4-stelligen Bereich bewegen, sind also nischiger als jede heutige Nische. Ein ähnliches Phänomen sieht man ja auch bei den Musik-Streamern, auch diese haben die ÖR schon als Ausspielkanal erkannt.
 
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wenn man parallel Online-Content produziert, der vom Umfang mehr als hunderten linearen Sendern entspricht.
Vielleicht sollte man mal die Kirche im Dorf lassen. Um Content zu produzieren, brauchts auch Leute die das tun. Und soweit mir bekannt ist, haben auch die Mitarbeiter und Angestellten der ÖR nur zwei Hände. Und das die in Massen Leute einstellen, wäre mir auch neu.

Meint ihr überhaupt, dass jemand systematisch erfasst, wie oft jemand der Aufforderung folgt, wenn er im inforadio gesagt bekommt, die "Themen des Tages aus Berlin und Brandenburg" wären auch in der inforadio-App nachhörbar?
Das nicht. Aber die Zugriffe werden bis aufs Kleinste protokolliert, da kannste getrost von ausgehen. Contentabrufe verursachen nämlich Kosten, die die ÖR, übrigens so wie jeder andere Streamanbieter auch, bezahlen muss. DIese Streamkosten sind einer der Gründe, warum es die Radiostreams der ÖR nach wie vor nur in eher mäßiger Qualität gibt. Und es wird auch noch längst nicht alles in den Mediatheken in FullHD angeboten. Da gurkt noch jede Menge nur in der kleinsten HD-Auflösung herum, obwohl es mutmaßlich in 4K oder zumindest in FullHD gedreht wurde.

die Abrufzahlen vieler Online-Inhalte werden sich im 3 bis 4-stelligen Bereich bewegen, sind also nischiger als jede heutige Nische.
Nun, das eine ist die allgemeine Meinung und das andere die tatsächliche Realität. Soweit bei Youtube vorhanden, kannst du dich gerne mal die dortigen Zugriffszahlen auf deine vermeintlichen Nischeninhalte anschauen. Daraus lassen sich dann durchaus Rückschlüsse auf die Zugriffe in den Mediatheken ziehen. Ich bin da mitunter selbst überrascht. Der persönliche Geschmack ist bei sowas leider selten ein guter Ratgeber.

Die BILD steigt in das lineare Fernsehen ein
Nun, BildTV wäre so eine Geschichte für sich. Zum einen bekommt man da beim Zuschauen tatsächlich nach wenigen Minuten aus verschiedenen Gründen mindestens Brechreiz. Ein Großteil wird zeitversetzt bei Youtube veröffentlicht, wenn es sich denn jemand unbedingt anschauen will. Und zum Anderen haben die dort ganz andere Probleme. Der FRK hat seinen Mitgliedern empfohlen Bild überall aus dem Kabel zu werfen, was vor allem die kleineren Kabelnetze auch getan haben. Ursache ist der andauernde Streit um die Kabelnetzentgelte. Da sich Bild einen Transponder ausgesucht hat, auf dem sonst nur HD+-Programme zu finden sind, sind viele der Empfehlung offenbar gefolgt. Der Krach geht soweit das Bild ohne es groß kundzutun, aktuell seine Live-Strecken parallel auch über N24Doku (SD) ausstrahlt, um überhaupt hier und da im Kabel zu sein. Den Webstream des Programms hat man mittlerweile in den Pay-Bereich von Bild Online verfrachtet, weil auch dort bei freiem Zugriff vermutlich die Streamingkosten zu hoch sind. Es sieht danach aus, das man sich bei BildTV eventuell ein wenig verzettelt haben könnte.
 
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Gut, wenn dieses Hetzblatt abkackt. Marktanteil laut DWDL BILD TV 0,1%, Auflage BILD, gleiche Quelle, ca. 1,1 Mio. Es waren mal mehrere Mio. WELT Auflage nur 70.000. Ist hoffentlich auch bald Geschichte.
 
Vielleicht sollte man mal die Kirche im Dorf lassen. Um Content zu produzieren, brauchts auch Leute die das tun. Und soweit mir bekannt ist, haben auch die Mitarbeiter und Angestellten der ÖR nur zwei Hände. Und das die in Massen Leute einstellen, wäre mir auch neu.

Stimmt, fest einstellen wird man niemanden. Kann auch nicht erkennen, dass die Macher von Angel- und Beerdigungspodcasts angestellt sind.

DIese Streamkosten sind einer der Gründe, warum es die Radiostreams der ÖR nach wie vor nur in eher mäßiger Qualität gibt.
Jetzt bin ich doch neugierig: Spricht hier ein ÖR-Beschäftigter und gibt offiziell zu, dass die Qualität "eher mäßig" sei?

Nun, das eine ist die allgemeine Meinung und das andere die tatsächliche Realität. Soweit bei Youtube vorhanden, kannst du dich gerne mal die dortigen Zugriffszahlen auf deine vermeintlichen Nischeninhalte anschauen. Daraus lassen sich dann durchaus Rückschlüsse auf die Zugriffe in den Mediatheken ziehen. Ich bin da mitunter selbst überrascht. Der persönliche Geschmack ist bei sowas leider selten ein guter Ratgeber.
Wunderbar, Danke YT. Wenn ich das richtig sehe, hat keine ARD/ZDF Mediathek eine Ausweisung der Abrufe? Warum wohl? Und wir reden ja eigentlich hier von Podcasts und Radio. Wie gesagt, ich als Hörer erfahre nicht, welche Abrufe auf den offiziellen, nicht kommerziellen sendereigenen Plattformen der immer mehr produzierte Content hat, also lasse ich mir auch nicht einreden, dass vieles sich nicht versendet und einen mauen Longtail hat.

Also der Angelpodcast vom rbb hat nach 3 Monaten 1500 Aufrufe und da gab es noch eine Verlosung:
. Die "Die radioeins Vinylweihnacht" Youtube zu schenken hat sich mit 1700 Aufrufen auch "gelohnt".
 
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