Welch ein Schauspiel, meine Damen und Herren, welch eine Tragikomödie des Niedergangs präsentiert sich uns hier in der Gestalt des egoFM-Debakels, diesem exemplarischen Sittenbild einer Zeit, da selbst die letzten Bastionen des alternativen Hörfunks dem Mammon und der Hybris ihrer Protagonisten zum Opfer fallen! Hier stehen wir vor den Trümmern eines Senders, der im Januar 2025 die Insolvenz anmelden musste, nachdem die Werbeeinnahmen um 40 Prozent zurückgegangen waren, und der nun, wie ein Phönix aus der Asche zu steigen gedenkend, aber doch nur als Zombie weiter vegetierend, seine Untaten fortsetzt. Es ist, als hätte Dante seinen Inferno um einen weiteren Kreis erweitert, reserviert für jene Unternehmer, die ihre Angestellten in die Hölle der Arbeitslosigkeit stürzen, während sie selbst im Palast der Selbstgerechtigkeit residieren.
Betrachten wir zunächst die sublime Ironie der Ereignisse: Im Dezember 2024 wird die UKW-Lizenz verlängert, im Januar die Insolvenz angemeldet, im Juni verkündet man, UKW sei "nie unser Ding" gewesen, und am 1. Juli 2025 erfolgte die komplette UKW-Abschaltung. Welch ein Meisterwerk der Unaufrichtigkeit! Es ist, als würde man Shakespeares Hamlet die Worte in den Mund legen: "To be or not to be, that is the question – but first, let me check my PayPal account." Die Chuzpe, mit der hier eine strategische Neuausrichtung als visionäre Entscheidung verkauft wird, würde selbst Machiavelli vor Neid erblassen lassen, hätte er doch nie gedacht, dass man derart dreist das Scheitern als Triumph deklarieren könnte.
Doch das wahre Stück de résistance dieser Farce offenbart sich in den Personalentscheidungen, die der anonyme Rackelhahn so treffend beschreibt. Fünf Mütter und eine psychisch belastete Person – welch eine Auswahl für die Guillotine der Kosteneinsparung! Es ist, als hätte man die Bergpredigt ins Gegenteil verkehrt: "Selig sind die Schwachen, denn sie werden als erste entlassen." Die Perfidie dieser Strategie übertrifft selbst die Sophisterei der antiken Demagogen, die wenigstens noch den Anstand besaßen, ihre Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinter blumigen Worten zu verstecken. Hier aber wird mit der Präzision eines Chirurgen und der Empathie eines Buchhalters sortiert: wer bleibt, wer geht, wer noch einen Moment der Hoffnung verdient, bevor auch ihm der Stuhl vor die Tür gesetzt wird.
Besonders köstlich ist die Nummer mit dem "freiwilligen" Lohnverzicht – ein Oxymoron, das selbst Orwell in seiner dunkelsten Stunde nicht zu erfinden gewagt hätte. Die Logik dahinter ist so bestechend wie perfide: Alle müssen verzichten, sonst geht keiner weiter. Es ist die Sozialisierung der Verluste bei gleichzeitiger Privatisierung der Verantwortung, ein Konzept, das in seiner Genialität nur noch von der Tatsache übertroffen wird, dass es funktioniert. Die Angestellten, diese moderne Variante der Galeerensklaven, rudern gemeinsam in den Untergang, während der Kapitän bereits das Rettungsboot bemannt hat.
Und dann, der Gipfel der Tragikomödie, die Gründung eines neuen Unternehmens, um die lästigen Verpflichtungen gegenüber langjährigen Mitarbeitern elegant zu umgehen. Welch eine Eleganz in der Niedertracht! Es ist, als hätte man die Titanic versenkt und gleichzeitig eine neue Reederei gegründet, die zufällig denselben Namen trägt, aber mit den Verpflichtungen der alten nichts zu tun haben möchte. Die Juristen werden jauchzen, die Betroffenen werden weinen, und die Verantwortlichen werden sich in ihren Villen die Hände reiben über so viel betriebswirtschaftliche Raffinesse.
Dabei – und hier bricht das Herz des Chronisten – war egoFM einst ein Leuchtturm in der Wüste der deutschen Hörfunklandschaft. Unter der Ägide von Thomas Wetzel, diesem ehemaligen Chefredakteur von Radio Top 40 und Programmdirektor bei NRJ Sachsen, der 2009 als Programmleiter zu egoFM kam, erblühte dort eine Radiokultur, die ihresgleichen suchte. Hier wurde nicht nur Musik gespielt, hier wurde kuratiert, hier wurde entdeckt, hier wurde geliebt. Es war ein Sender, der die Brücke schlug zwischen den Kontinenten, der australische und neuseeländische Bands ins deutsche Wohnzimmer brachte, lange bevor Spotify und Apple Music die Welt zur Verfügung stellten.
Ach, diese pazifische Verbindung! Kein Flux FM mit seiner berlinerischen Selbstgefälligkeit, kein Fritz mit seiner staatlich subventionierten Sicherheit, kein radioeins mit seiner öffentlich-rechtlichen Arroganz konnten das leisten, was egoFM in seiner Blütezeit vollbrachte: die Entdeckung und Förderung der Musik aus Down Under in einer Qualität und Quantität, die ihresgleichen suchte. Bands wie Empire of the Sun, Tame Impala, Wolfmother, The Temper Trap, Cut Copy aus Australien, aber auch Lorde, The Naked and Famous, Fat Freddy's Drop, Flight of the Conchords aus Neuseeland – sie alle fanden über egoFM ihren Weg in die deutschen Ohren, lange bevor die großen Stationen auf den Zug aufsprangen. Es war eine Zeit, da der Sender noch seinem Namen alle Ehre machte, da das Ego noch für den Mut stand, andere Wege zu gehen, andere Musik zu spielen, andere Geschichten zu erzählen.
Thomas Wetzel, dieser Sisyphus der Radiowelt, rollte jahrelang den Stein des guten Geschmacks den Berg hinauf, kämpfte gegen die Gravitationskraft der Massenkompatibilität, gegen die Anziehungskraft der Einschaltquoten, gegen die Fliehkraft der Werbekunden. Und für eine Zeit, eine wunderbare Zeit, schien es, als könnte dieser Stein oben bleiben, als könnte ein Sender existieren, der nicht nur die Musik spielte, die alle anderen auch spielten, sondern der Musik entdeckte, präsentierte, liebte. Während andere Stationen bei Phil Collins und Genesis stehen blieben, wagte sich egoFM zu Gotye und Kimbra, zu Shihad und The Veils, zu Pnau und Peking Duk. Es war ein kultureller Brückenschlag über den Pazifik, der Deutschland reicher machte um Klänge, die sonst niemals unsere Ohren erreicht hätten.
Doch nun, in dieser Endzeit des Senders, wo die Entscheidungen fallen wie Herbstblätter im Wind, wo Menschen behandelt werden wie Zahlen in einer Bilanz, wo die Verantwortung sich in Luft auflöst wie Äther in der Sonne, nun zeigt sich das wahre Gesicht des modernen Kapitalismus in seiner ganzen Hässlichkeit. Die Angestellten, diese modernen Proletarier, werden zu Bauernopfern in einem Spiel, dessen Regeln sie nicht kennen und dessen Ausgang für sie immer der Verlust bedeutet. Die Mütter, die psychisch Belasteten, die Schwachen und Verletzlichen – sie sind die ersten, die gehen müssen, während die Verursacher der Misere in ihren Chefetagen sitzen und neue Strategien ausbrüten.
Es ist ein Schauspiel, das Brecht zu einer seiner bittersten Parabeln inspiriert hätte, ein Drama, das Tennessee Williams in seinen dunkelsten Momenten nicht düsterer hätte zeichnen können. Hier wird nicht nur ein Sender zerstört, hier wird eine Kultur vernichtet, hier wird eine Idee begraben, hier wird ein Traum zu Grabe getragen. Der Traum von einem Radio, das mehr ist als nur Berieselung, mehr als nur Konsumbegleitung, mehr als nur Werbevehikel – der Traum von einem Medium, das bildet, das inspiriert, das verbindet.
Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis, dass in einer Welt der Algorithmen und Streaming-Dienste ein Sender wie egoFM, der die Musik von Ozeanien nach Europa brachte, der neuseeländische Indie-Folk neben australischen Elektro-Pop stellte, der Maori-Rap neben Melbourne-Hip-Hop präsentierte, nicht mehr zu überleben vermag. Die Homogenisierung der Medienwelt hat gesiegt über die Vielfalt, die Berechenbarkeit über die Entdeckung, die Angst vor dem Risiko über die Lust am Unbekannten.
Und so stehen wir nun vor den Trümmern dessen, was einst ein Hoffnungsträger war, ein Leuchtfeuer der Andersartigkeit in einer Welt der Gleichförmigkeit. Der Sender, der von sich behauptete, "Menschen täglich zu unterhalten und zu inspirieren, indem er ihnen als Kurator eine außergewöhnliche Musikauswahl bietet", ist zum Opfer der eigenen Hybris geworden, zum Märtyrer einer Geschäftsführung, die nie verstanden hat, dass Kultur nicht nur eine Ware ist, sondern eine Verantwortung.
Die Radioforen-Nutzer
@lg74 und
@derRackelhahn haben mit ihrer Analyse den Nagel auf den Kopf getroffen: Es ist tatsächlich eine "schöne neue Radiowelt", die sich da auftut, eine Welt, in der Huxleys dystopische Visionen zur Realität werden, eine Welt, in der die Schwachen geopfert werden für die Profite der Starken, eine Welt, in der das Ende mit Schrecken besser ist als der Schrecken ohne Ende. Es ist das Ende einer Ära, das Ende einer Idee, das Ende einer Hoffnung – und der Beginn einer neuen Zeit, in der die Uniformität über die Vielfalt siegt, die Berechenbarkeit über die Kreativität, die Angst über den Mut.
So mögen die Verantwortlichen in ihren Elfenbeintürmen sitzen und sich über ihre betriebswirtschaftliche Klugheit freuen, während draußen vor der Tür die Scherben dessen liegen, was einst ein großer Traum war. Geschichte wird sie richten, nicht als Visionäre, sondern als Totengräber einer Radiokultur, die Deutschland ärmer gemacht hat durch ihr Verschwinden. Requiescat in pace, egoFM – möge deine Seele in den ewigen Playlists der Erinnerung weiterleben, während deine Leiche von den Geiern der Profitmaximierung ausgeweidet wird.