Könnte mir vorstellen, dass beim Einsatz solcher Tonträger in Sendungen diese damals erst auf Band umgespielt wurden, alleine wegen der Fragilität.
Stimmt! Fragil und schwer sind die Platten, das hatte ich glatt verdrängt. Dabei müsste ich es wissen, seitdem ich einen Aktenkoffer voll Schellacks von meinem Berliner Nachbarn per Bahn in mein Elternhaus verfrachtet habe zwecks Digitalisierung. Da wird der Arm länger, also der eigene Arm, nicht der Tonarm.
Mir liegt eine teilweise Aufnahme der "Schellack-Souvenirs" von Bayern 3 vor, 30.9.1984. Vermutlich hat das mein Vater mitgeschnitten, was andererseits komisch ist, da seine Radio-Zeit damals wegen dieser neumodischen "Hottentottenmusik" (Vater liebte Swing, nicht allzu experimentellen Jazz und Bigband, aber eben keine Rockmusik und keine Popmusik) eigentlich schon vorbei war und er fast nur noch Nachrichten auf DLF und Radio DDR im Wechsel hörte. Nun ist die Aufnahme nicht die beste, der DDR-Recorder hat harte AGC, das ORWO-Band ist auch dolle gewesen, aber wie Schellackplatte klingt das kaum bis gar nicht. An manchen Stellen wage ich, leichtes Knistern zu hören, aber insgesamt ist mir das zu wenig für Schellack und ich würde auf Tonband tippen - und zwar von Anfang an, nicht später von Schellack überspielt.
Anhang anzeigen Schellack-Souvenirs - Bayern 3 - 30-09-1984 - 1.mp3
Anhang anzeigen Schellack-Souvenirs - Bayern 3 - 30-09-1984 - 2.mp3
(ob das Fade-in des Glenn-Miller-Medleys wirklich so gesendet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis)
Womit wurde die Platte überspielt? Spezielle Schellack-Nadel?
Das ist ein simpler "Brett-Spieler", also ein MDF-Brett mit paar Einfräsungen für Motor und Tellerlager, drunter ein primitiver Phono-Pre und ein "Speedbox" genannter Frequenzgenerator, der für den Synchronmotor (leider nur eine) Wechselspannung bereitstellt, wahlweise für 33 1/3 oder für 45 UpM. Eigentlich wären 2 Sinusspannungen nötig, um 90° phasenversetzt (also eine Sinus- und die dazugehörige Cosinus-Schwingung), um den Synchronmotor ohne kapazitive Hilfsphase wirklich ruckelarm betreiben zu können. Will man bei diesem Gerät 78 UpM haben, muss man den Teller vom Subteller abnehmen und den Riemen von Hand auf die größere Stufe legen und dann 45 am Frequenzgenerator auswählen. Von "Laufruhe" ist da überhaupt keine Rede mehr, das ist allerprimitivst und erinnert eher an "Schleudergang 1200 UpM". Aber für bissl Spaß mit den Schellacks hats gereicht.
Da steht er: ein Pro-Ject Debut Phono SB, eigentlich aus tschechischer Fertigung:
Digitalisiert habe ich mit einem handheld-PCM-Recorder
Olympus LS-11 via dessen Line-In. Reicht dafür vollkommen aus.
Am Plattenspieler ist ein einfaches
Ortofon OM 5E montiert. Die
Wechselnadel N78 hatte ich damals 2008 gleich dazu geordert. Damit ist das auch nur ein einfaches Umstecken (und Erhöhen der Auflagekraft, Ortofon empfiehlt 20 mN statt der 17,5 mN beim 5E für die Stereorille, ich halte das schon für etwas gewagt, so wie das ganze in Rotation und auf "eiernde" Bahn kommt).
Eigentlich sind bei Schellacks die Entzerrungen auch andere als RIAA, ein älterer EMT hat dafür sehr variable Einstellmöglichkeiten. Hier zu sehen am EMT 930 im Rundbau des hr (stand im Hörspielstudio)
Da kann man sich austoben:
Höre jetzt kaum einen großen Unterschied zum EMT.
Meine Platte zischt schon ganz übel. Ist aber auch massiv abgerödelt worden mit den Stahlnadeln. Ob man da mit einer TND65 noch mehr rausholen kann, wäre halt spannend.
Allerdings würde ich das nicht mit dem guten Shure 91er System tun.
Es gibt einige Tonabnehmer(familien) mit Wechselnadel für Schellack. Wenn man ein passendes Basis-System hat, kann man leicht wechseln. Offenbar gibt es auch was für das M91 von Shure:
Wie oft man wechseln kann, bis man den Body zerstört hat... keine Ahnung.
Man hat halt bloß massiv stereo-breites Knistern und Rauschen und muss auf Mono runtermischen oder wenn möglich am Verstärker umschalten.
Zurück zu den ERT: im Videostream ist des öfteren mal zu sehen, dass der in den Kameraperspektiven sichtbare EMT als Ablage für alles mögliche dient. Schreibblock, Laptop mit Mupro inkl. RME Babyface - also auf den Plattenteller. Das ist alles so robust, dass dabei wirklich nichts passieren kann? Ich hätte da angesichts des Wertes der "Unterlage" so dermaßen Bauchschmerzen, habe aber halt auch noch nie mit einem EMT gearbeitet.
Ich hätte da schon Schiss, dass ich was verrutsche und mir die Nadel kille.