ERF Jess (bislang: Pop) - das christliche egoFM?

Danke an @s.matze für den ausfühlichen Ausflug in die Rundfunkgeschichte!

Meiner Erinnerung nach gab es im Wesentlichen drei Gründe für das Ende der Mittelwelle:
  • Das Verschwinden der AM-Bereiche aus den Autoradios.
  • Eine EU-weite Vorgabe im Zuge der Deregulierung, wonach es keine doppelte terrestrische Ausstrahlung mehr auf den AM-Bereichen geben sollte. Damit entfiel die jahrzehntelang praktizierte parallele Nutzung der MW/LW für Programme, die auch auf UKW oder später DAB/DAB+ liefen. AM sollte freigegeben werden für weitere Angebote, die sich dann aber nicht mehr einstellten.
  • Und dann kam das Kostenargument hinzu: UKW und DAB/DAB+ seien viel günstiger und klängen auch besser als MW/LW.
Die Übergabe der MW an den ERF war damals nicht problematisiert worden. Niemand wollte die Frequenzen haben, und die Sendetechnik war betriebsbereit. Sendete nicht sogar später noch China Radio International auf der alten 1440 kHz aus Luxemburg? Viel spannender war die Einspeisung in die hessischen Kabelnetze, die sorgte damals tatsächlich für Aufsehen.

Was die Geldgeber angeht, könnte es weiterführen, einmal die Spuren von Trans World Radio zu verfolgen, das war der Sender, über den der Evangeliums-Rundfunk früher über KW und MW aus Monte Carlo sendete, und sich das Projekt Through the Bible anzusehen. Der Klassiker im Abendprogramm ab 21 Uhr wurde seit 2013 ganz neu produziert und ist nicht über erf.de abzurufen, sondern nur über ttb.org. Hier und hier ist die deutsche Ausgabe zu finden.

Zustimmen würde ich @Dr.Znorko , was die Lage von ERF Plus angeht. Am Programm zeigt sich, wie divers die Hörerschaft zusammengesetzt ist. Man nimmt das wohl hin, um die Spendeneinnahmen nicht zu gefährden, und macht ein Programm, das von Harmonie geprägt ist. Der große Umbruch steht dort erst noch bevor. Man reformiert erst einmal das Angebot für die jüngere Hörerschaft, die bereiter ist, Veränderungen mitzugehen, und die das wahrscheinlich auch so fordert.

Ich glaube, wir hatten noch nicht erwähnt, dass der ERF ein Beispiel für den sogenannten konstruktiven Journalismus wäre, der gesellschaftliche Probleme zwar nicht unter den Teppich kehrt, aber von der bloßen Beschreibung weg will und Lösungen in den Vordergrund stellt. Die Lösung heißt in diesem Fall: Christlicher Glaube. Im DLF gabs vor einer Woche ein Streitgespräch zu dem Ansatz zwischen Maren Urner und Florian Harms zum konstruktiven Journalismus insgesamt (mp3).
 
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Meiner Erinnerung nach gab es im Wesentlichen drei Gründe für das Ende der Mittelwelle:
  • Das Verschwinden der AM-Bereiche aus den Autoradios.
Halte ich für etwas gewagt. Damals hatten das noch die meisten intus.
  • Eine EU-weite Vorgabe im Zuge der Deregulierung, wonach es keine doppelte terrestrische Ausstrahlung mehr auf den AM-Bereichen geben sollte. Damit entfiel die jahrzehntelang praktizierte parallele Nutzung der MW/LW für Programme, die auch auf UKW oder später DAB/DAB+ liefen. AM sollte freigegeben werden für weitere Angebote, die sich dann aber nicht mehr einstellten.
M. E. falsch. Die EU hat mit Rundfunk nun mal gar nichts zu tun.
  • Und dann kam das Kostenargument hinzu: UKW und DAB/DAB+ seien viel günstiger und klängen auch besser als MW/LW.
Zum Beginn der Ende der MW war DAB alt allenfalls in den Kinderschuhen.

Zum Ende der MW hat in Deutschland sicherlich die jahrzehntelange Doppelversorgung der ARD-Wellen mit UKW geführt, die in den eigenen Sendegebieten kaum Vorteile geboten hat, statt dass hier Wortprogramme als Zusatz darauf gekommen wären. Und vorallem, dass man auf die MW die damaligen Gastarbeiterprogramme abgeschoben hat.
Aber na klar waren den Hörern auch die bessere Klangqualität auf UKW bewusst. Zumal es bis auf den DLF und DLR (und dann auch ERF) eine reine Doppelversorgung war. Gut, ganz am Ende beim WDR noch VF darüber.
Die privaten Versuche Anfang der 2000er mit z. B. 612 oder Megaradio waren dann schon 20-30 Jahre zu spät.
Die Übergabe der MW an den ERF war damals nicht problematisiert worden. Niemand wollte die Frequenzen haben, und die Sendetechnik war betriebsbereit.
Das klingt nachvollziehbar.
Sendete nicht sogar später noch China Radio International auf der alten 1440 kHz aus Luxemburg?
LUX und nicht DE.
 
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M. E. falsch. Die EU hat mit Rundfunk nun mal gar nichts zu tun.
Doch, schon. Es ging damals um die Deregulierung von Post und Telekom, um die Freigabe von Frequenzen für private und ausländische Anbieter. Und die Doppelversorgung über UKW und MW/LW war nicht nur in Deutschland zu finden, sondern in der ganzen EU. In Hessen führte das z.B. zur Trennung der MW von hr1 mit hr chronos und hr skyline.

Der Niedergang von AM und die Hinwendung zu anderen Verbreitungswegen hatte sich mit dieser Entwicklung überschnitten, darunter auch die Einführung von DAB. Niemand wollte mehr die alte Technik haben.
 
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Es ist halt ein Generationenwechsel. Auch in frommen Kreisen. Die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgewachsenen Menschen in bibeltreuen Kreisen schmetterten die Jesuslieder, die der ERF (in schwindender Menge) teilweise in seinem ersten Programm noch bringt, mit Gitarrenbegleitung als moderne Alternative zu den alten Chorälen, die ja bis heute(!) die sonntäglichen Gottesdienste der Landeskirchen prägen (wo mitunter auch deshalb die Besucherzahlen immer mehr schwinden, während Freikirchen, wo mit Bands gesungen wird, teilweise aus den Nähten platzen). Posaunenchöre waren eine Jugendbewegung! Man könnte sagen: Was dem weltlichen Radio der volkstümliche Schlager, sind im Verkündigungsfunk diese Lieder. Die Generation Reinhard Mey/Konstantin Wecker hatte dann im christlichen Bereich einen Manfred Siebald. Weniger "schmalzig", kritischere, selbstreflektierende Texte. Auch das klingt heute "Oldschool". Die fromme Jugend hat heute meist englisch gesungene Lobpreismusik, die stark von den Einflüssen des Soul, R&B und Pop geprägt ist. Daneben gibt es vor allem in den USA, in kleinerem Stil aber auch hierzulande, eine christliche Musikszene, die alle Genres umfasst, von Country über Gospel, Soul, Pop, Indie bis Metal und Techno. Allerdings wird nur wenigen Acts ein Erfolg ausserhalb der eigenen Filterblase zuteil. Wenn ERF es mit Jess künftig etwas mehr gelingt, aus dieser hinaus zu senden (was ja eigentlich der selbsterlegte Auftrag ist), wäre das durchaus zu begrüßen.
 
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Doch, schon. Es ging damals um die Deregulierung von Post und Telekom, um die Freigabe von Frequenzen für private und ausländische Anbieter.
Ich glaube das hatte eher was mit Mobilfunk und nichts mit MW/LW zu tun.
Und die Doppelversorgung über UKW und MW/LW war nicht nur in Deutschland zu finden, sondern in der ganzen EU.
Gibt es, aber immer weniger, noch in dem einen oder anderen EU-Land.
In Hessen führte das z.B. zur Trennung der MW von hr1 mit hr chronos und hr skyline.
Da die MW 594 bis auf die Gastarbeitersendungen überflüssig war wurde tagsüber neu Chronos als Receycler der hr-Wortbeiträge (gute Idee) da drauf gelegt.
hr skyline war eines der 3 (UKW-) Plusprogramme ("hr1 plus").
 
hr skyline war eines der 3 (UKW-) Plusprogramme ("hr1 plus").
Es gab 4 (!) Plusprogramme: HR1Plus, HR2Plus:Klassik, HR xxl, HR Skyline (anfangs noch mit Musik).
HR Skyline war das Plusprogramm von HR4, nicht von HR1. HR1 Plus wurde später zu HR Chronos. HR2Plus:Klassik zu HR Klassik. Wobei HR4 und HR Skyline ja auch abends ab 20 Uhr Gemeinschaftsprogramm hatten (Musik liegt in der Luft!). Erst ab 5. Juli 2004 wurde HR Skyline mit eigenem Programm bis Mitternacht ausgebaut. Am 30. August 2004 wurde dann aus HR Skyline das neue HR Info.

Die Plusprogramme waren ursprünglich nur für DAB geplant und auch als solche initiiert und zugelassen worden! Die UKW-Stützfrequenzen kamen nach und nach.

Die geschichte der 594 kHz war wie folgt:

HR1 radio aktuell (seit den 80ern) --> HR1plus (ab 1998) ---> HR Chronos (ab 2001) --> HR1 (ab 12.09.2001 wegen der US-Anschläge) --> --> HR Chronos* (ab 2002) --> HR1/nachts zeitweise:MDR Info (ab 20.03.2003 wegen Irak-Krieg) --> HR Skyline² +Sondersendungen/Ausländerprogramm/Landtagsdebatten/Fußball (ab Juli 2003 nach der Einstellung von Chronos) --> HR Info + Sondersendungen etc (ab 2004).

* Dieses Programm bestand ohnehin auch aus Übernahmen aus dem HR1-Programm (samstags u. sonntags) bzw. HR4-Programm (sonntags), die dann ebenfalls auf der MW 594 zu hören waren, weil die Wiederholungen / Parallelausstrahlungen eben Bestandteil des originären HR Chronos waren.

² abends HR4, als Bestandteil des regulären HR Skyline-Programms von Juli 2003 bis Juli 2004.

Die 594 lief ursprünglich seit 1952 in Heiligenstock mit 100 kW und Hhr.Meißner mit 20 kW, ab den späten 60ern dann aus Weiskirchen mit 1000 kW und Hhr.Meißner mit 250 kW, später reduziert auf 100 kW. Zuletzt wurden die Standorte Weiskirchen b.Rodgau noch mit 250 kW und Meißner mit 90 kW betrieben. Zum Jahresende 2009 hat der HR seine Mittelwellen-Sender stillgelegt.

Anschließend war im Gespräch, die Frequenz für Privatfunk auszuschreiben.
 
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Also die neue Jinglemelodie bei ERF Jess klingt irgendwie der alten vom MDR Sachsenradio sehr ähnlich. Die Tonfolge ist fast genau die gleiche, nur das lediglich die Endmelodie fehlt. Vergleicht ruhig mal die hier reingestellten Mitschnitte mit diesem Video. Ein sehr verrückter Zufall.
 
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Das Programm von ERJ Jess gefällt mir weiterhin sehr gut, höre es (mangels Satelliten-Verbreitung) immer über DAB. Gerade die Ausflüge in den Modern-Country-Bereich und Alternative/Indiependent können sich, finde ich, hören lassen. So ein Programm gehört eigentlich bundesweit in den 5C - schade, dass dort (das aus meiner Sicht uninteressante) ERF-Hauptprogramm (ERF Plus, vormals ERF1) sendet....

Die Jingles für ERF Jess stammen von WiseBuddah, kann man hier anhören:
youtube.com/watch?v=yckd9DpNq_s

Ich hatte dem Sender auch wenige Tage nach dem Start eine längere Mail zukommen lassen, wo ich mich für die hervorragende Musikauswahl bedanke aber auch ein paar Titelvorschläge mache, leider habe ich nie eine Antwort erhalten, was ich nicht besonders christlich finde. In der Bibel heißt es: "liebe deinen Nächsten!". Und der Nächste ist der Hörer vor Ort. Der Hörerservice lässt also offenbar zu wünchen übrig.

Schade, dass man es dort offensichtlich nicht für nötig erachtet, auf Reaktionen der Stammhörer einzugehen. Denn ich würde mich durchaus schon als Stammhörer bezeichnen. Interessant finde ich auch, dass weiterhin immer gegen Mitternacht oder kurz nach Mitternacht das "Vaterunser" gebetet wird, wo bei anderen Stationen die Nationalhymne läuft.

Insgesamt ein hörenswertes Programm.
 
Zuviel des Lobes...

Bei ERFjess hält jetzt auch vermehrt Dudelpop aus den Charts einzug. :mad::wall: Konkret beobachte ich diese negative Entwicklung seit Monatsanfang (April). Dabei wiederholen sich die Titel teilweise alle zwei (!) Stunden, womit man auf einem Niveau wie Energy angekommen ist.

05.04.2022
19:58 Wincent Weiss - Morgen
19:28 Alvaro Soler - Magia
18:47 Ava Max - Kings & Queens
17:48 Wincent Weiss - Morgen
17:24 Die Fantastischen Vier - Zusammen (feat. Clueso)
15:56 Leony - Remedy
15:36 Purple Disco Machine - Fireworks (feat. Moss Kena & The Knocks)
15:27 Johannes Oerding - Plan A
14:51 Alan Walker - Faded
13:49 Tom Gregory - Footprints
13:38 Lena - Strip
13:04 Lost Frequencies - Rise
12:47 Johannes Oerding; Wincent Weiss - Die guten Zeiten
11:24 Justin Timberlake - Say Something (feat. Chris Stapleton)
11:03 OneRepublic - Run
09:52 Wincent Weiss - Morgen
08:03 Ava Max - Who's Laughing Now
06:32 Alvaro Soler - Magia
06:10 Lost Frequencies - Where Are You Now
05:32 Joris - Signal
05:05 Anastacia - I'm Outta Love
04:33 Johannes Oerding - An guten Tagen

Auf meine Zuschrift mit passenderen Titelvorschlägen habe ich keine Antwort bekommen. Ich denke es ist eine Frage der Zeit, bis man das Programm noch mehr mit Dudelmusik verwässert. Sehr bedauerlich!

Alle zwei Stunden Wincent Weiss, da kann ich ja gleich N-JOY hören.
 
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Es wird immer schlimmer. Im Abstand von 10 Minuten liefen heute Abend "Leony" und Calvin Harris mit ihrem gefälligen Dancepop-Gedudel. Heute früh wurde ich von Lewis Capoldi angebrüllt. Dazu x-mal am Tag "Wincent Weiß" und Stefanie Heinzemann.

Heute Abend war dann der vorläufige Tiefpunkt erreicht:
21:35 Somewhere Over The Rainbow - What A Wonderful World Alle Farben; Israel Kamakawiwo'Ole; Robin Schulz


Am Nachmittag lief schon Ed Sheeran im Halbstundentakt! :wall:

Playlist von Donnerstag, 07.04.2022
16:38 I Don't Care Justin Bieber; Ed Sheeran
17:05 Perfect Ed Sheeran

Mir reicht es, ich schalte ab. Ist nicht mehr zu ertragen. Wenn ich Bock auf SVV habe und alle 30 Minuten Ed Sheeran brauche, kann ich gleich Energy hören. Schade, dass man den Sender innerhalb weniger Wochen derart kaputtgemacht hat.

Anfragen werden generell nicht beantwortet. Hinweise zur Musik verhallen ungehört. Traurig!

:thumbsdown::thumbsdown::thumbsdown:
 
Sie sind jetzt also in das neue ERF-Medienhaus umgezogen und senden von dort aus. Das Storytelling findet also ein vorläufiges Ende. In diesem Video sehen wir immerhin, dass das Großraumbüro beim ERF noch lebt, das wäre vielleicht auch etwas für den Studiobilder-Thread, aber ich poste es erstmal hier:


Vor einem Monat war die Eröffnungsfeier:

 
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