FM-Abschaltung vs. DAB+-Abschaltung

Isser nicht. Trotz jeweils ca. 140 Frequenzen für DLF und DKU ist eine flächendeckende Versorgung absolut nicht gewährleistet. Die Programme kamen zu spät, da waren die für Grundnetzsender nutzbaren Frequenzen schon vergeben. In Ostdeutschland hat man halt wegen der historischen Zusammenhänge die UKW-Grundnetzkette von Stimme der DDR / DS Kultur, die außer in Sachsen nun bei DKU ist und in Sachsen beim DLF (angeblich, weil es Frau Biedenkopf so wollte, so wurde es damals zumindest erzählt). Entlang der innerdeutschen Grenze hat man paar starke DLF-Standorte, die einst die DDR erreichen sollten. Ansonsten ist das fast alles Funzel-Flickwerk, hübsch teuer im Betrieb (Antennengewinn oft mickrig), nicht abdeckend in der Reichweite.

Die Abhängigkeit von Stadtfrequenzen sieht man schön an Jena, wo es seit der Abschaltung der Stadtfrequenzen in großen Teilen des Stadtgebietes, vor allem in der Innenstadt, keinerlei Chance gibt, die DRadios auf anderen Frequenzen zu empfangen. Man hängt plötzlich wieder in Zuständen wie bis Anfang der 90er Jahre: Weitempfang mit großen Antennen. Und das ist völlig unpraktikabel in jeglicher Hinsicht - und ist mobil nicht anwendbar.

Auf DAB sind die DRadios hingegen wirklich weitgehend bundesweit zu empfangen.
Naja, *wirklich* bundesweit ist das auch nicht, auch die haben Abbrüche. Ganz abgesehen davon, dass der Usecase ohnehin auf einige Urlaubsreisen mit dem Auto beschränkt sein dürfte.

Vorerst. Sie wollen nun WLAN und Ladeinfrastruktur in den Bunkern installieren. Das ist ein echter Brüller. Dann mal viel Spaß mit den fragilen IP-Netzen.
Och, wir haben ja auch bald 5G-Broadcast im Regelbetrieb, das ist nicht schlechter als DAB und vor allem hat es weniger Abbrüche, da die Fehlerkorrektur deutlich überlegen ist.
Ein Radio muss für die meisten Menschen so einfach zu bedienen sein wie ein Wasserhahn. Das bekommt man nur mit dedizierten Internetradios oder Smartspeakern hin. Die Ausstattung mit solchen Geräten (vor allem offenbar mit Smart-Speakern) ist zwar hoch, aber ich würde sie nicht als überall gegeben voraussetzen. Es sprechen da auch andere Punkte dagegen (Rückverfolgbarkeit der Nutzungsvorlieben, Bespitzelung im Wohnzimmer durch die Wohnzimmerwanzen).
Die letzen Punkte mögen zwar stimmen, interessieren aber 99% der User überhaupt nicht, und zum anderen haben Streaminggeräte bereits heute eine recht große Verbreitung. Der gewöhliche Deutsche ist vor allem eins: geizig. Da kauft kaum jemand ein neues Gerät, wenn es auch irgendwie anders geht. Eine FM-Abschaltung würde wohl das Ende des linearen Rundfunks besiegeln.
 
Die Politik folgt bereits dem Bevölkerungswillen und wird es künftig noch mehr tun: Tod dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die inzwischen zumindest in manchen Regionen mehrheitlich hysterisch-psychotische Bevölkerung will keine öffentlich-rechtliche Stimme, die eben auch sagen könnte, was sie für eine verkommene Gesellschaft sind. Es wird in Zukunft also nicht mehr, sondern weniger öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben und dieser wird seiner journalistischen Freiheit beraubt werden.
Na, dann werden doch auch analoge Frequenzen frei:)
Ich glaube persönlich dass niemand ein Problem mit dem ÖRR hat, höchstens mit der zuweilen recht eigenen Agenda (was ist denn bitte aus Hart-aber-fair geworden!) und den im Verhältnis recht hohen Gebühren.
Ich gucke zumindest gerne mal Tatort:)

Aber das wäre OT, bitte nicht darauf einsteigen oder eigener Thread.
 
@lg74:
Ok, vielleicht sind es nicht per se weniger Senderstandorte bei DAB.

Aber definitiv weniger Sender.

Auf UKW braucht es an jedem Standort für jedes Programm einen eigenen Sender, der Strom verbraucht und eine eigene Frequenz benötigt.

Insofern passt dein Vergleich von 31 UKW-Sendern für Bayern 2 zu 80 DAB-Standorten überhaupt nicht. Denn von dort werden auf EINER Frequenz 11 Programme übertragen und eben nicht nur Bayern 2, und das mit deutlich geringerer Sendeleistung als an den meisten Grundnetzsendern.
Natürlich ist das erstmal so. Wobei DAB ja mehr Standorte als FM braucht, und somit zwar an pro Standort weniger Sender gebraucht werden, aber dennoch eine ganze Menge in Summe.
Abgesehen davon brauchen die DAB-Empfänger deutlich mehr Strom als einfache FM-Empfänger.
Und klar, ich habe jetzt nur die Quantität des Programmangebots DAB vs UKW beleuchtet. Über die Qualität der Programme kann man separat diskutieren. Da sehe ich bei DAB tatsächlich auch kaum einen Mehrwert. Aber das ist ein anderes Thema…
Ja, das ist ein eigenes Thema.
Die meisten Leute hören eben *ihren* Sender und zappen nicht durch irgendwelche Spartenkanäle. Da trifft die Theorie ziemlich hart auf die Realität. Ich bin gespannt, wie viele der ganzen DAB-Spartenkanäle in ein paar Jahren überhaupt noch übrig sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der gewöhliche Deutsche ist vor allem eins: geizig. Da kauft kaum jemand ein neues Gerät, wenn es auch irgendwie anders geht.
Echt, so pauschal?

Schau mal, das steht seit gestern hier im Flur:

Sony-Toaster.jpg

Vom Nachbarn (Mitte 80, übrigens ex-DT64-Redakteur, reiner Zufall, wohnt direkt unter mir). Braucht er nicht mehr. Seine Frau und er haben sich neues Spielzeug gekauft. Ich hätte auf gleichem Wege schon 2 große (!) Fernseher geschenkt haben können (und damals dankend abgelehnt, da in meinem Leben kein Platz für einen Fernseher ist) sowie eine riesige Yamaha-Soundbar mit UKW-Tuner drin billigst abkaufen können (auch dankend abgelehnt), ich habe einen Toaster hier von ihnen (WMF!), ich habe einen anderen Toaster von ihnen bereits an einen jungen neuen Nachbarn verschenkt, der Vorläufer dieses Backofens steht hier bei mir ungenutzt (damit er nicht auf den Schrott kommt). Ihr altes (nun wirklich altes) Laptop dient mir am Heimatort als Computer am Scankopierdrucker und wird hoffentlich das Zeitungslesegerät meiner Mutter. Manches von ihnen habe ich bereits ins Sozialkaufhaus getragen, damit es noch Verwendung finden kann.

Obige Geräte gehen nun zu meinem Patenjungen, der ist zum Studium und richtet sich gerade seine Wohnung ein. Er freut sich drüber.

Es gibt nach meiner Wahrnehmung eine Menge Menschen, die ihr Geld nicht panisch beisammen halten, sondern ausgeben - auch für immer neues technisches Spielzeug, oder für neue Möbel etc. Ob das Zeugs, das sie dann kaufen, immer hochwertig und langlebig ist oder von ihnen überhaupt sinnvoll gebraucht werden kann, steht auf nem anderen Blatt. Wenn ich mal Sperrmüll-Abholungen in Wohngebieten sehe, was da alles an gut brauchbaren Sachen rausgestellt und verpresst wird, das ist unfassbar. Zuweilen habe ich den Eindruck, es gibt nicht nur "Fast Fashion", sondern auch "Fast Furnishing".

Voriges Jahr habe ich 3 Erwachsenen-Fahrräder (alle "Nachwende"-Produktion) aus dem Sperrmüll vorm Nachbarhaus am Heimatort gezogen und der Flüchtlingshilfe übergeben, auch wenn der Nachbar plautzte "was gähn mich de Flüchtlinge an?". Mit neuen Reifen und bissl Pflege fanden die sofort Abnehmende.

Bedingung aber für einen Neukauf: die Menschen müssen Lust auf das Produkt haben. Es muss ihnen attraktiv erscheinen. Sie müssen es haben wollen. Und da habe ich bei einer UKW-Zwangseinstellung durchaus meine Bedenken, ob Lust auf DAB+ entsteht und nicht, wenn die Grundlagen vorhanden sind, nicht gleich IP verwendet wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na, dann werden doch auch analoge Frequenzen frei
Werden sie auch. Angefangen von Funzelstandorten aufzugebender Programme bzw. zumindest UKW verlassender Programme - so ist es offen artikuliert für MDR Sputnik in Sachsen-Anhalt geplant. Ob der MDR z.B. die Petersberg 104,4 in die MDR-Aktuell-Kette eingliedern könnte und damit dort gleich mehrere Funzeln ersetzen könnte, weiß ich nicht. Sinnvoll wäre es aber.

Auch in Thüringen und Sachsen wird es wohl Abschaltungen geben, vor allem bei MDR Aktuell, das dann dort auch nur noch via DAB+ und Stream zu haben sein wird.

Der BR schaltet ja auch schon Standorte ab.

Das DRadio vergreift sich inzwischen ja sogar an solchen Kalibern wie Jena (höchste Bevölkerungsdichte und höchste AkademinerInnendichte weit und breit, dazu vermutlich auch höchste DRadio-Nutzungsquote weit und breit).

Und das sind bis hierhin nur die mittelbar politischen (über die zu knappe Finanzierung) frei werdenden Frequenzen. Hinzu kommen perspektivisch direkt auf politisches Geheiß (Medienstaatsvertrag) einzustellende Programme.
 
Vom Nachbarn (Mitte 80, übrigens ex-DT64-Redakteur, reiner Zufall, wohnt direkt unter mir).

Wenn der beim ÖRR war entspricht sein Ruhegald eher nicht dem des gewöhnlichen Deutschen:)
Von der Technik-Affinität mal ganz zu schweigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oder man hat deutlich mehr Senderstandorte als bei UKW, siehe z.B. Bayern 2 (31 UKW, über 80 Standorte DAB+).
Stand "jetzt", wo die häppchenweise UKW-Abschaltung beim BR in vollem Gange ist und es bereits Lücken im UKW-Netz gibt. Vor ein paar Jahren waren für Bayern 1/2/3 noch knapp über 40 Standorte aktiv.
 
Wenn der beim ÖRR war entspricht sein Ruhegald eher nicht dem des gewöhnlichen Deutschen
Der ist um die 84. Der war zur Wendezeit um die 50 und da schon nicht mehr beim Jugendfunk. Er hat dann noch die Abwicklung mit betreuen müssen und war dann "raus". Seine Frau war beim Fernsehen und auch mit der Wende "raus". Da war bei beiden nichts mit den West-ARD-Pensionen. Ihre Rentenbezüge kenne ich nicht.

Aber selbst in meinem Elternhaus mit einem recht "normal" (ca. 800 DDR-Mark Einkommen) bezahlten Vater, der 1990 sofort seinen Job verlor und nie wieder einen bekam und einer Mutter, die eine Top-Stelle hatte, diese aber 1973 wegen Schwangerschaft aufgab, dann wegen meiner Startschwierigkeiten bis 1980 gar nicht arbeitete, dann 1980 - 1990 nur halbtags arbeitete und erst dann nochmal neu durchstartete mit 53, um 4 Jahre später an Krebs zu erkranken und wieder länger auszufallen, wurde nie am Hungertuch genagt. Es wurde da aber auch sehr nachhaltig gelebt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Das kam teils aus den Elternhäusern und wohl auch teils aus dem eigenen geistigen Horizont, es wurde langlebiges, wertiges gekauft. Ich muss heute sagen, die Wohnungseinrichtung (Wohnzimmer, Bibliothekszimmer) meiner Eltern würde ich so wie sie ist 1:1 für mich übernehmen, wenn mir das möglich wäre. Da gibt es fast nichts zu verändern, an der Möblierung aus den 1950er Jahren (Hellerau 602) / 1960er Jahren (Eigenentwurf meines Vaters) gar nichts.
 
Zuletzt bearbeitet:
Würde in Deutschland DAB abgeschaltet, würde das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu vermehrten Verkäufen von DAB-Radios führen, da die potentiellen Hörer dann eben auf Streamingdienste ausweichen würden, da Streaming-fähige Geräte ja bereits in den allermeisten Haushalten vorhanden sind und Streaming bereits heute der häufigste digitale Empfangsweg ist.
Und, wie gesagt, man kann ja IMHO DAB machen, nur eben als Ergänzung, nicht als Ersatz.
Das haben wir schon vor ein paar Monaten durchgekaut:
 
Es werden etablierte Programm angeboten, auf stabilen Sendestandorten und die FM-Empfänger haben einen deutlich geringeren Stromverbrauch als die DAB-Empfänger.

Abgesehen davon brauchen die DAB-Empfänger deutlich mehr Strom als einfache FM-Empfänger.
Wird durch Wiederholung nicht viel wahrer (mess es nach!). Der Stromverbrauch eines digitalen Radios (FM, AM, auch DAB, mit Digitalanzeige) hängt nicht von der empfangenen Frequenz ab. Ein solches digitales Radio im Batteriebetrieb hört schneller auf zu spielen als ein analoges Transistorradio. Stimmt auch. Liegt allerdings daran, daß diese Radios mit verbauten Chips (AM, FM, DAB, Digitalanzeige) eine Mindestspannung benötigen, bevor sie überhaupt spielen... Hast Du jetzt 4x1,5V eingelegt, hört das Radio mit Chip (auch bei reinem UKW-Empfang) bereits bei 4,8-5V auf zu spielen. Hast Du eines ohne Chip, spielt es auch noch, wenn die Batterien nur noch <3,5V liefern. Das Radio hat keinen höheren Stromverbrauch, aber es benötigt eine höhere Mindestspannung. Die Ansprüche sind höher - nicht der Verbrauch.

Nimmst Du die Batterien aus dem nicht mehr spielenden digitalen Radio raus und packst sie in ein Transistorradio aus den 70ern, spielt das sogar noch einige Wochen (eine 20er Licherkette kann ich damit noch 8 Wochen lang 24/7 leuchten lassen).
 
Ein allerbilligstes / allereinfachstes UKW-Transistorradio kann extrem sparsam sein bei Zimmerlautstärke, da kommt tatsächlich kein DAB-taugliches Gerät mit - weder im DAB+-Modus noch im UKW-Modus.

Auf der anderen Seite hat man bei massiven Geräten fürs Wohnzimmer teils heute bei formal höherer Funktionalität weit geringere Leistungsaufnahme als "damals".

Mein UKW-Tuner von 1991 ist mir seinem Trafo-Netzteil mit Längsregler und beheizter VFD-Anzeige deutlich gieriger als mein Internet-/DAB/UKW-Gerät aktueller Fertigung mit kleinem Farbdisplay, bei dem aber DAB+ völlig unbrauchbar ist (fehlerhaftes HE-AAC-Decoding, Störungen im DAB-Modus generell, mackige Speicherverwaltung), bei dem UKW weitgehend unbrauchbar ist (es rauscht massiv) und Internetradio auch nur eingeschränkt funktioniert (permanente Knackstörung durch alle 0,6 Sekunden doppelt ausgespielte Samples). Sowas hätte 1990 niemand auf den Markt bringen und dann nicht weiter supporten können. Heute ist das alles normal.
 
Eine Erfahrung die ich oft gemacht habe ist, dass DAB-Radios bei Sendern in LC-AAC deutlich länger durchhalten, als bei HE-AAC-Programmen. Offenbar erfordern diese mehr Rechenleistung.
Das konnte ich hier noch gut testen, als MDR Klassik noch in LC unterwegs war. Normalerweise fängt ja, wenn der Strom zuneige geht, das Display an zu flackern bzw es kommt ne Meldung "Batterie schwach", jedoch aber nur bei HEAAC-Sendern. LC-AAC Programme lassen sich noch viel länger hören ohne dass das Radio in die Knie geht.
Leider gibts hier im Osten fast keine Programme mehr in diesem Format, auch nicht die mit hohen Bitraten.
LC-AAC ist für mich nur noch per DX aus Bayern, Berlin und Thüringen zugänglich (jeweils BR Heimat, BR Klassik, BR24 und 89.0 RTL im TH Mux).
 
Eine Erfahrung die ich oft gemacht habe ist, dass DAB-Radios bei Sendern in LC-AAC deutlich länger durchhalten, als bei HE-AAC-Programmen. Offenbar erfordern diese mehr Rechenleistung.
Das ist eine sehr interessante Feststellung! So tief bin ich da nie eingedrungen - zumal ich kein DAB-Radio mit Batteriebetrieb besitze, an dem man dieses Verhalten durch das "integrierende" Leersaugen der Batterien besonders solide testen kann.

Ja, LC-AAC erfordert weniger und HE-AAC erfordert mehr Rechenleistung. "LC" steht ja auch für "low complexity". Dabei wird wie bei den Vorgängercodecs MP3 und MP2 auch - wenngleich mit anderen mathematischen Verfahren - der gesamte zur Übertragung vorgesehene Frequenzbereich durch den AAC-Encoder geschickt und auf Decoderseite muss er nur wieder decodiert werden.

Bei HE-AACv1 ("high efficiency") wird bekanntlich mit halber Abtastrate gearbeitet für den AAC-Encoder. Statt 48 kHz läuft der also nur mit 24 kHz, statt 32 kHz läuft er mit 16 kHz (siehe einst MDR Klassik). Übertragen werden kann deshalb gemäß Shannon/Nyquist nur bis knapp 12 bzw. knapp 8 kHz. Alles darüber entfällt, so dass die karge Bitrate nicht mehr in volle Breitbandigkeit des Audiosignals gesteckt werden muss, sondern nur noch in eine deutlich reduzierte Bandbreite. Es bleiben also mehr Bit je Sekunde und Bandbreite übrig, was zu einer erträglicheren Audioqualität führen soll.

Bei MDR Kultur und den anderen MDR-Wellen mit 88 kBit/s ist die Kante derzeit bei 10,2 kHz, darüber wird rausgefiltert, obwohl bis knapp 12 kHz formal theoretisch übertragen werden könnte:

Core-Frequenzgang MDR-DAB (88 kbps Subchannel Size).png

Die Höhen werden bekanntlich auf Empfängerseite rekonstruiert. Dazu wird in den ancillary data eine Information mitgesendet, die diese hinzugerechneten Höhen etwas besser an das Original anpassen sollen, vor allem hinsichtlich der spektralen Energieverteilung.

Das Empfangsgerät muss bei LC-AAC also das ankommende Audio decodieren und dem Wandler übergeben. Bei HE-AACv1 muss es:

- das ankommende Audio decodieren

- eine Abtastratenwandlung auf die doppelte Core-Abtastrate ausführen

- die Höhen gemäß Rechenvorschrift aus dem übertragenen Audiobereich berechnen und mittels der mitgesendeten Zusatzdaten korrigieren

- beide Audio-Frequenzbereiche summieren

- Audiodaten an den Wandler übergeben

Ja, das ist mehr. Irgendwo steht auch, wieviele Taktzyklen das jeweils erfordert.

Dass sich das spürbar auf die Batterielaufzeit auswirkt, ist echt spannend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei MDR Kultur und den anderen MDR-Wellen mit 88 kBit/s ist die Kante derzeit bei 10,2 kHz, darüber wird rausgefiltert, obwohl bis knapp 12 kHz formal theoretisch übertragen werden könnte:
Warum eigentlich? Warum wird die SBR nicht einfach ab 12kHz draufaddiert?
Da wird doch viel echter Frequenzbereich verschenkt, der als LC-AAC noch vorhanden wäre.
Genauso mit 112kbps brutto, das endet doch irgendwo bei 14kHz wenns LC-AAC ist, im HE-Modus ist (du hattest es öfters analysiert) jedoch auch schon bei ≈12kHz Schluss. Ich versteh das nicht.

Genauso nervt mich das, dass ich das bei höheren Bitraten immer noch heraushören kann, wenns HE ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Warum eigentlich? Warum wird die SBR nicht einfach ab 12kHz draufaddiert?
Ich habe mich bislang nicht tiefer mit HE-AAC befasst. Ich kenne nur von noch geringeren Bitraten ein noch tiefer endendes LC-AAC-Audiospektrum.

Hier Radio BeO (Schweiz) während ihres eigenen DAB-Versuches (eigener Testmux), die Variante mit 64 kBit/s HE-AACv1:

beo-he-aac-mit-64-kbps-frequenzgang-kern-codec-png.13229


Da war bei 9 kHz Schluss. Voll aufgeblasen mit "Fake-Höhen" ging das dann bis 17 kHz:

beo-he-aac-mit-64-kbps-frequenzgang-kern-codec-sbr-png.13230


Keine Ahnung, wie das signalisiert wird für den Decoder. Müsste man sich mal durch die Spezifikationen fressen.

Da wird doch viel echter Frequenzbereich verschenkt, der als LC-AAC noch vorhanden wäre.
Ja, aber dafür ginge die Bitrate dann in eine größere Audiobandbreite und würde vermutlich zu insgesamt schlechterem Qualitätsempfinden führen. Anders kann ich das derzeit nicht interpretieren. Ob das anbieterseitig am Encoder parametrisierbar ist oder ob das seitens der Encoderprogrammierer als der von ihnen als optimal empfundene Parametersatz fest vorgegeben ist, weiß ich nicht.

Genauso mit 112kbps brutto, das endet doch irgendwo bei 14kHz wenns LC-AAC ist, im HE-Modus ist (du hattest es öfters analysiert) jedoch auch schon bei ≈12kHz Schluss. Ich versteh das nicht.
Bei HE-AAC läuft der Encoder mit halber Abtastrate. Also bei 48 kHz Quelltakt nur mit 24 kHz. Damit gehen gemäß Shannon/Nyquist nur maximal knapp 12 kHz Audio zu übertragen. In der Praxis sah ich da Werte um 11,5 kHz, soweit ich mich erinnere.

Bei LC-AAC kannst du auch breitbandig bis 20 kHz rauf fahren - hast aber dann wieder das Problem, dass du die magere Bitrate auf zuviel Audiobandbreite verteilst, so dass am Ende der qualitative Eindruck nicht gut ist. Deshalb lässt man dann von vornherein weniger Bandbreite auf den Encoder. Der Fraunhofer-AAC-Encoder, den es einst zu den letzten Versionen des "echten" Winamp dazu gab, hat für 48 kHz Samplerate gesetzt:

96 kBit/s LC-AAC knapp 15 kHz
128 kBit/s LC-AAC 15,7 kHz
160 kBit/s LC-AAC 17,2 kHz
192 kBit/s LC-AAC 18,5 kHz
224 kBit/s LC-AAC 20,0 kHz
256 kBit/s LC-AAC 21,0 kHz

Genauso nervt mich das, dass ich das bei höheren Bitraten immer noch heraushören kann, wenns HE ist.
Es ist HE-AAC und es bleibt HEAAC. Die Höhen sind decoderseitig hinzugerechnet. Vor allem synthetische signale (Sinus) in diesem Frequenzbereich kommt als völlig falsches Signal aus dem Decoder raus - da können die Frequenzen komplett falsch sein. Das ist prinzipbedingt. Messtechnisch ist das Schrott, es soll nur Brillanz suggerieren.


Hast Du Dich eigentlich mal hier dran versucht?


Heute hast Du noch die Chance dazu. Das sind zwei Übertragunsgwege. Sind Unterschiede zu hören? Sind die deutlich? Ist eines ganz klar besser als das andere? Was disqualifiziert dann das andere?
 
Zuletzt bearbeitet:
Damit gehen gemäß Shannon/Nyquist nur maximal knapp 12 kHz Audio zu übertragen. In der Praxis sah ich da Werte um 11,5 kHz, soweit ich mich erinnere.
Also geht das nicht weiter nach oben, auch nicht mit 128/136/144kbps?
Heute hast Du noch die Chance dazu. Das sind zwei Übertragunsgwege. Sind Unterschiede zu hören? Sind die deutlich? Ist eines ganz klar besser als das andere? Was disqualifiziert dann das andere?
Ich habs mir mal schnell abgespeichert, nehm mir die Tage mal Zeit dafür.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also geht das nicht weiter nach oben, auch nicht mit 128/136/144kbps?
Nicht mit HE-AAC. Da läuft bei 48 kHz Quelltakt (Funkhaus) der Encoder-Kern nur mit 24 kHz und kann damit maximal bis knapp 12 kHz übertragen. Alles darüber bleibt Fake.

Ab 96 kBit/s reiner Audiodatenrate kann man vorsichtig auf LC-AAC wechseln, 120 kBit/s LC-AAC sollen grob vergleichbar sein mit 192 kBit/s MP2, bei kanalmittigen (Mono-)Inhalten sogar besser. 128 kBit/s LC-AAC sind besser als 192 kBit/s MP2.

Die zugehörigen Subchannel-Datenraten bei DAB+ sind höher. Addiere auf die Netto-Audiodatenraten jeweils 2 kBit/s für die Titelanzeige und ca. 5- 8 kBit/s für die Slideshow und multipliziere die Summe mit 1,1 - dann hast Du in etwa das, was brutto bereitstehen muss.

BR Klassik (144 kBit/s Subchannel-Datenrate und LC-AAC) kommt auf 130,467 kBit/s Nettodatenrate (dazu gibt es in der entsprechenden ETSI-Spec eine Tabelle). Nach Abzug von 2 kBit/s Dynamic Label und 8 kBit/s Slideshow bleiben 120 kBit/s Audio.

Umgekehrt gerechnet: 96 kBit/s Audio + 2 kBit/s Dynamic Label + 5 kBit/s Slideshow sind 103 kBit/s. Eine passende Stufe wäre 112 kBit/s Subchannel Size, das sind bei LC-AAC mit 48 kHz Samplerate 101,133 kBit/s brutto, bei LC-AAC mit 32 kHz Samplerate sind es 101,600 kBit/s brutto, bei HE-AAC mit 48 / 24 kHz Samplerate sind es 101,867 kBit/s brutto und bei HE-AAC mit 32 / 16 kHz Samplerate sind es 102,067 kBit/s brutto. Man hat da also ca. 95 kBit/s Audio, wenn man 112 kBit/s Subchannel-Datenrate nutzt und eine moderate Slideshow-Datenrate fährt.

Bei DAB ist also ab 112 kBit/s Subchannel-Datenrate aufwärts prinzipiell LC-AAC in Erwägung zu ziehen. Problem: es gibt viele Empfangsgeräte der ersten Generation(en), die LC-AAC fehlerhaft decodieren und vor allem an der unteren Grenze der sinnvollen LC-Datenraten grausig matschen. Deshalb gehen manche Anstalten auch bei 120 kBit/s Subchannel-Datenrate noch auf HE-AAC. Blöderweise gibt es aber auch heute noch massig neu verkaufte Geräte, die HE-AAC nicht korrekt können und die Fake-Höhen falsch berechnen. Watt machste nun?

Ich habs mir mal schnell abgespeichert, nehm mir die Tage mal Zeit dafür.
Danke, super! Bin sehr gespannt. Habe im Bekanntenkreis schon drei sehr interessante Aussagen bekommen.
 
Da wir gerade ins Technische abdriften - ich bin mal über folgenden Artikel gestolpert:
Zitat:
Interessanterweise benutzen die Privatradios im bundesweiten Ensemble durchgehend 72 kbit mit HE AAC v1 und damit eine eher ungünstige Konstellation zwischen Bitrate und Klangergebnis.

Was ist von der Erklärung zu halten? Scheint für mich Sinn zu ergeben...
Ich wollte das Fass hier eigentlich nicht aufmachen, aber ich habe auch den Eindruck dass gerade Privatstationen via DAB so bescheiden klingen wie Amateurfunk via DStar:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das haben wir schon vor ein paar Monaten durchgekaut:
Ne, da ging es ja um die Technik an sich. DAB hat ja mittlerweile auch schon 30 Jahre auf dem Buckel, dass andere Techniken da mittlerweile deutlich überlegen sind und auch global eine deutlich größere Verbreitung haben bzw. bekommen werden ist da ja abzusehen.
Mir ging es eher darum, in wie weit es wirklich Sinn ergibt insbesondere ländliche, dünn besiedelte Gebiete anstatt mit einem leistungsstarken FM-Sender mit mehreren DAB-Sendestationen abzudecken, da sich der Mehrwert doch meiner Meinung nach doch sehr in Grenzen hält bzw. die Nachteile überwiegen, alleine schon dadurch, dass es einerseits kaum Empfangsgeräte in privaten Haushalten gibt, andererseits aber bereits Internet in faktischen allen Haushalten und entsprechende Internetradios bereits extrem günstig zu haben sind, wie z.B. dieses Ding hier, für 50€:
Ich sehe einfach nicht, dass DAB noch irgendwie ein Erfolgsmodell werden könnte, denn es hat seit 1995 nicht funktioniert.
 
Internet kommt auch nicht aus dem luftleeren Raum. Es wird oft vergessen, dass das Streaming mit derartigen Empfangsgeräten einen WiFi- oder WLAN-Anschluss von einem Router, der am Internetanschluss hängt, notwendig macht.
Im Gegensatz dazu ist Rundfunk "eindimensional", das heißt ohne feste Verbindung zum Endgerät, ohne Peer-to-peer, ohne Rückverfolgungsmöglichkeit. Und damit auch völlig unabhängig von der verfügbaren Serverkapazität. Ob es nun garkeinen Hörer gibt, oder mehrere Millionen gleichzeitig, das ist beim "klassischen" Rundfunk von der technischen Seite her gesehen völlig ohne Belang.
Ich wehre mich vehement dagegen, dass WLAN-Streaming und Rundfunk in einen Topf geworfen werden. Im Endeffekt verlangt Streaming nach mehr Infrastruktur und nach mehr Stromverbrauch von der "Senderseite" her gesehen und dann noch von der Empfängerseite in gewisser Weise ebenso.
Man erinnere sich an die letztens geführte Diskussoion über Abschaltung des Kabel-TV. Die Abschaltung brachte ja Werbestrategen auf die Idee, internetbasiertes TV als solches zu verkaufen. Und funktioniert nicht, wenn Internet nicht geht.
Es wird mit zwar mit hohen Downloadraten geworben, für Streaming ist aber auch Upload von mindestens 10 MB nötig, sonst hakelt's gewaltig. Das zeigt deutlich, dass der Traffic abhängig ist von der momentanen Userzahl. Seit 14. November war's extrem. Momentan wieder etwas besser.
Und das ist beim klassischen Rundfunk eben, wie gesagt, vom Prinzip her nicht der Fall. Wie nun moduliert wird, AM, FM oder digital, spielt dabei zunächst keine Rolle.
Die Diskussion hier reduziert sich auf die Reichweite. Bei DAB+ gibt es durch SFN gewisse Einschränkungen.
Sonst keine. Eine noch so gut ausgeklügelte Senderstandortauswahl wird nie perfekt sein können, auch bei UKW/FM nicht. Man erinnere nur sich an Überreichweiten. Troposcatter oder Sporadic-E. Terrestrischer Empfang hat stets seine prinzipbedingten Eigentümlichkeiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ist von der Erklärung zu halten?
Ich habe den Text mal schnell überflogen. Vieles von dem, was da steht, würde ich sofort unterschreiben. Der verweis auf die britische Analyse ist etwas tragisch, da dort offenbar (auch nur schnell überflogen) voll ausgesteuertes Material verwendet wurde, sieht man in den vielen senkrechten Linien oberhalb der Übertragungsbandbreite in den gezeigten Sonagrammen. Und voll ausgesteuertes Quellmaterial übersteuert bei Anwendung einer Datenreduktion. Je komprimierter die Dynamik des Originalmaterials, umso schlimmer übersteuert es dann. Sieht man in den bunten Bildern: jede Linie ist eine punktuelle Übersteuerung des Audios, die von der Analysesoftware (Adobe Audition) als "voller Frequenzgang" missinterpretiert wird. Die sind also mit massiv übersteuertem Audio in den Test.

Auch haben sie offenbar nicht auf dem Schirm gehabt, dass nackte Audiobitraten und DAB-Subchannel-Datenraten zwei Paar Schuhe sind. 56 kBit/s HE-AACv2 sind, wenn man ein sparsames Dynamic Label und eine sparsame Slideshow mit überträgt, vielleicht nach Fehlerschutz 63 kBit/s. Wenn ich DAB+ hernehme mit HE-AAC und 48 kHz Samplerate des Quellsignals, ergeben 72 kBit/s Subchannel Size (also das Radio zeigt "72 kBit/s" an) nach Fehlerschutz 65,200 kBit/s Nettodatenrate. Das ist die nächstgelegene Bitratenstufe. Die haben also, wenn sie "56 kBit/s" getestet haben, eigentlich real eher sowas wie 72 kBit/s getestet.

Zu der Aussage

Interessanterweise benutzen die Privatradios im bundesweiten Ensemble durchgehend 72 kbit mit HE AAC v1 und damit eine eher ungünstige Konstellation zwischen Bitrate und Klangergebnis.

kann ich nichts fachlich fundiertes beitragen. Effekte, nach denen ein Codec ab einer bestimmten Bitrate aufwärts qualitativ massiv zugewinnt, sind bekannt und normal. MPEG 1 Layer II ist z.B. bei 96 oder 112 oder 128 kBit/s joint stereo (da trickst man schon zur Rettung dessen, was noch zu retten ist, mit den Stereokanälen) unbrauchbar, oberhalb geht es dann qualitativ steil nach oben, 160 kBit/s sind in etwa der mathematische Wendepunkt der Kurve, 192 kBit/s MPEG 1 Layer II können bereits so gut sein, dass vielen Menschen nichts mehr auffällt, alles weitere darüber führt immer sicherer in den Bereich, der als "transparent" betrachtet wird.

Bei LC-AAC passiert der Übergang von "unbrauchbar" zu "wird gut" schon bei niedrigerer Bitrate - ab ca. 128 kBit/s stereo ist es für fast alle Menschen in fast allen Situationen schon "wie Original". Die feinen, fiesen Kollateralschäden wahrzunehmen ist dann das zweifelhafte Privileg sehr sensibler oder auch aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit audiotechnisch sehr erfahrener Menschen. @Ralle_Köln kann dazu was sagen...

Unter 96 kBit/s geht LC-AAC in den "unbrauchbaren" Bereich. Doch bei AAC gibt es ja dann die Eskalationsstufe HE-AAC (AAC + SBR). Und die suggeriert nochmal mehr Qualität, es gibt also einen qualitativen Sprung, zumindest wird das so von der Mehrheit der Menschen wahrgenommen. Es gibt dazu auch weitaus schlimmere Kollateralschäden, aber die fallen den meisten offenbar nicht auf. In diesem Bereich operieren die meisten Programme via DAB+, Audio so um die 70 bis 50 kBit/s.

Ob HE-AAC (AAC + SBR) wirklich so eine Schwelle hat, oberhalb der es richtig "davonzieht" - naja, ich weiß nicht...

Das Problem ist: man kann sowas, da es um Psychoakustik geht, nicht "geradeaus" messen. Es gibt kein Messverfahren, dass - vergleichbar den klassischen Audio-Messverfahren, die Gleichlaufschwankungen, Signal-Rausch-Abstand, Frequenzgang, Stereokanaltrennung oder Klirrverhalten bestimmen, eindeutige Qualitätsaussagen bei psychoakustischen Codecs ermitteln könnte.

Deren Qualität ermittelt man in Hörtests (MUSHRA-Hörtests - multiple stimuli with hidden reference and anchor), bei denen Probanden einige Audiobeispiele anonym (ohne Wissen, welcher Codec und welche Bitrate) vorgespielt bekommen, die sie jederzeit gegen eine bekannte Referenz (das "Original") vergleichen können. Sie müssen dann auf einer Skala den qualitativen Eindruck verglichen zu dieser Referenz angeben. Mit dabei im Sack der Testfiles ist aber ein zweites mal die Referenz, aber ohne dass das bekannt ist ("Hidden Reference"). Das dient der statistischen Bewertung der qualitativen Einschätzung der höchsten Qualitäten bei den datenreduzierten Fassungen. Auch mit dabei sind sogenannte "Anker", das sind Testfiles, die den zu testenden Codec nicht durchlaufen haben, sondern z.B. einfach ohne das Audio zu "zermatschen" bei 10 kHz abgeschnitten wurden. Da fehlen dann nur die Höhen, aber alles andere ist unverändert sauber. Das nimmt man her zur Einordnung der Gesamtergebnisse.

Vereinfacht: die "Hidden Reference" bekam im Durchschnitt von 100 Testpersonen sagen wir mal 98% Audioqualität zugebilligt mit einer gewissen Streubreite. Das echte Testfile mit einem bestimmten Codec und der höchsten getesteten Bitrate bekommt im Mittel 97% zugebilligt mit vergleichbarer Streubreite. Das File mit der zweithöchsten getesteten Bitrate bekam noch im Mittel 96% zugebilligt, die Streubreite überlappt immer noch die Streubreiten des besten datenreduzierten Files und auch die der hidden Reference. Erst das datenreduzierte File mit der dritthöchsten Bitrate wird signifikant schlechter bewertet, meinetwegen mit 92% - und die Streubreiten überlappen sich nicht mehr.

Da kann man dann sagen, die höchste und die zweithöchste Bitrate sind für viele Menschen tatsächlich ununterscheidbar zum Original ("transparent"), eine Unterscheidbarkeit in aber noch sehr geringem Maße ist erst bei der dritthöchsten Bitrate gegeben.

Auf diese Weise testet man sich da durch, teils mit dutzenden oder hunderten Probanden. Ein elend aufwendiger Prozess, vor allem logistisch aufwendig. Deshalb gab es natürlich Bemühungen, den MUSHRA-Prozess zu simulieren, also das Wertungsverhalten von Menschen zu simulieren. Eine Methode, das zu tun, ist PEAQ. Da gehen das Originalfile, das datenreduzierte File und spezielle Bewertungskriterien rein, die den psychoakustischen Maskierungseffekt bzw. das Überschreiten der Maskierungsschwelle bei zu geringer Bitrate bewerten. PEAQ ist durchaus umstritten, da es je nachdem, in welchem Bitraten- und Qualitätsbereich man sich befindet, deutliche Abweichungen zu MUSHRA geben kann.

Aber auch MUSHRA liefert je nachdem, welche Menschen man testhören lässt, sehr unterschiedliche Ergebnisse. Wenn man Presslufthammer B-B-Bernhard und seine Kollegen testhören lässt, kommen da wesentlich "gnädigere" Bewertungen raus als wenn man den Chef-Mastering-Ingenieur der Deutschen Grammophon testhören lässt.

Die EBU wollte 2009 die Überlegenheit von DAB+ (Parole "halbe Bitrate, gleiche Qualität") mit einem umfangreichen MUSHRA-Test belegen. Sie hatten sich dazu audioerfahrene Leute hergenommen - und das Ergebnis war vernichtend. Selbst 128 kBit/s Subchannel Size (115,8 kBit/s netto, 113,8 kBit/s Audio weil ohne Slideshow) war nicht auf dem Niveau, das man für weitaus niedrigere Bitraten erhofft hatte. Und 64 kBit/s Subchannel Size HE-AACv1 (Audiobitrate um 56 kBit/s, ebenfalls ohne Slideshow getestet damals) wurde mit 44 von 100 bewertet im Mittel über alle Testhörenden und alle Testbeispiele.

Man wiederholte dann den Test mit "non experts", es kamen deutlich euphorischere Ergebnisse raus - und darauf gründet offenbar unser heutiges DAB+ hinsichtlich Bitraten...

Hier die Schlüsselgrafik dieses umfangreichen Tests EBU - BPN 094, ich habe den Text und die Grafiken von einem der damals beteiligten Audio-Ingenieure (in diesem Fall aus Norwegen) erhalten, der Mann hatte dazu auch so manche Geschichte zu erzählen, u.a. über den phantastischen, plötzlich und viel zu jung verstorbenen Gerhard Stoll vom IRT:

EBU - BPN 094 - listening test DAB MP2 - AAC.png

"01_original" ist die Hidden Reference, die eigentlich 100 Punkte repräsentieren sollte, es aber natürlich aufgrund der subjektiven Tests nicht tut. Das ist auch die einzige Rubrik, die von den "experts" im Mittel höher bewertet wurde als von den "non-experts": die Erfahrenen waren treffsicherer im Vergleich "Hidden Reference" gegen bekannte Referenz (identisches Audio) als die Unerfahrenen.

Platz 2 war bei den "experts" im Mittel über alle Testhörenden und alle Beispiele das 192er MP2 mit ca. 88 Punkten. Platz 3 mit 80 Punkten war bei den "experts" das 128er LC-AAC (netto 113 kBit/s). Die konnten das also doch recht gut unterscheiden. Die "non-experts" bewerteten glatt 10 Punkte höher.

Bei 96 kBit/s (netto-Audio ca. 84 kBit/s) wurde von beiden Gruppen das HE-AAC besser bewertet als das dann offenbar schon dumpf und undifferenziert werdende LC-AAC. Die "non-experts" bewerteten 96 HE-AAC mit ca. 87 Punkten, die "experts" mit ca. 68 Punkten. Fast 20 Punkte Unterschied zwischen erfahrenen und unerfahrenen Testhörenden!

Noch krasser bei 64 kBit/s (netto-Audio ca. 56 kBit/s) HE-AAC. Die "experts" bewerteten knallhart mit 44 Punkten (!), die "non-experts" mit ca. 74 Punkten. Da war den "experts" selbst das bei 10 kHz tiefpassgefilterte Audio lieber (ca. 47 Punkte) als das durch HE-AAC ruinierte Signal.


Nochmal zur "Hörtest-Simulation" PEAQ. Schau Dir mal die Grafiken hier an:


Vor allem die linke Grafik (PEAQ) hier:


Das sind die simulierten, nicht auf echten Testpersonen beruhenden Bewertungen für MP2, LC-AAC und HE-AACv1/v2. Es bleiben dabei Fragen zur Methodik offen, denn ein Wert größer 0 (blaue MP2-Kurve ganz rechts oben) sollte doch bitte nicht auftreten. Aber ganz grob sieht man das typische Verhalten der Codecs. Und das sind hier bei AAC die echten Audiobitraten, nicht die DAB-Subchannel-Datenraten, die wären um den Anteil an Dynamic Label und Slideshow sowie noch ca. 10% Aufschlag wegen Fehlerschutz höher.

Da sieht man z.B., dass 192 kBit/s MPEG 1 Layer II (blau) grob mit 128 kBit/s LC-AAC (grün) gleichziehen (bei mono-Inhalten performt LC-AAC da aber wesentlich besser wegen seiner effizienten Kanalcodierung). Man sieht aber auch, dass HE-AACv1 (rot) bei seinen höchsten Bitraten von LC-AAC (grün) qualitativ überholt wird und erst unterhalb 96 kBit/s einen Vorteil ergibt.

Was die Kurven aber deutlich zeigen: die Aussage

Tontechniker erklären, der in weiten Teilen in Deutschland genutzte Codec MPEG-4 HE AAC v1 ist erstaunlich stark bei 48 kbit/s Bitrate. Eine Erhöhung der Bitrate auf 72 kbit/s bringt hingegen kaum eine Qualitätsverbesserung. Erst bei 96 kbit kommt es zu einem Qualitätssprung.

sehe ich in der roten Kurve nicht - im Gegenteil. Jedes kBit/s mehr hilft - bis bei ca. 96 kBit/s Netto-Audiodatenrate (DAB+ um die 112 kBit/s inkl. Slideshow) LC-AAC formal besser wird. Wenns denn nur alle Empfangsgeräte korrekt decodieren könnten...
 
Zuletzt bearbeitet:
Internet kommt auch nicht aus dem luftleeren Raum. Es wird oft vergessen, dass das Streaming mit derartigen Empfangsgeräten einen WiFi- oder WLAN-Anschluss von einem Router, der am Internetanschluss hängt, notwendig macht.
Natürlich, nur wer hat denn bitte kein Internet zu Hause? Die Telekom vermarktet nicht einmal mehr Festnetzanschlusse ohne Internetflat, und die immer viel zitierten Rentner ohne Internetzugang sind mittlerweile entweder ausgestorben oder online - ganz abgesehen davon, dass die Bedienung eines Internetradios auch nicht komplizierter als die eines DAB-Radios ist.

Im Gegensatz dazu ist Rundfunk "eindimensional", das heißt ohne feste Verbindung zum Endgerät, ohne Peer-to-peer, ohne Rückverfolgungsmöglichkeit. Und damit auch völlig unabhängig von der verfügbaren Serverkapazität. Ob es nun garkeinen Hörer gibt, oder mehrere Millionen gleichzeitig, das ist beim "klassischen" Rundfunk von der technischen Seite her gesehen völlig ohne Belang.
Ich wehre mich vehement dagegen, dass WLAN-Streaming und Rundfunk in einen Topf geworfen werden. Im Endeffekt verlangt Streaming nach mehr Infrastruktur und nach mehr Stromverbrauch von der "Senderseite" her gesehen und dann noch von der Empfängerseite in gewisser Weise ebenso.
Ja, in der Theorie mag das so sein, aber wie so oft schlägt die Realität die Theorie, sonst hätten wir heute auch x25 statt TCP/IP oder Beta statt VHS:)
Man erinnere sich an die letztens geführte Diskussoion über Abschaltung des Kabel-TV. Die Abschaltung brachte ja Werbestrategen auf die Idee, internetbasiertes TV als solches zu verkaufen. Und funktioniert nicht, wenn Internet nicht geht.
Wann geht denn mal Internet nicht? Vor allem, wenn beides über Kabel läuft. Da vermutlich sogar beides gleichzeitig aus. Oder gleich der Strom. Dann geht auch kein Fernseher.

Es wird mit zwar mit hohen Downloadraten geworben, für Streaming ist aber auch Upload von mindestens 10 MB nötig, sonst hakelt's gewaltig. Das zeigt deutlich, dass der Traffic abhängig ist von der momentanen Userzahl. Seit 14. November war's extrem. Momentan wieder etwas besser.
Und das ist beim klassischen Rundfunk eben, wie gesagt, vom Prinzip her nicht der Fall. Wie nun moduliert wird, AM, FM oder digital, spielt dabei zunächst keine Rolle.
Die Diskussion hier reduziert sich auf die Reichweite. Bei DAB+ gibt es durch SFN gewisse Einschränkungen.
Sonst keine. Eine noch so gut ausgeklügelte Senderstandortauswahl wird nie perfekt sein können, auch bei UKW/FM nicht. Man erinnere nur sich an Überreichweiten. Troposcatter oder Sporadic-E. Terrestrischer Empfang hat stets seine prinzipbedingten Eigentümlichkeiten.
Ja, natürlich, durch die Fehlerkorrektur ist der Rückkanal nötig - verloren gegangene Pakete werden bei TCP dann einfach nochmal gesendet, und da ein Internetstream gepuffert wird, kommt es dann auch nicht zu aussetzern. Daher streamt auch niemand (mehr) per UDP, denn das hätte die gleichen Nachteile wie der Broadcast bei DAB - wenn Pakete verloren gehen kommt es zu Aussetzern. Was mich in diesem Kontext interessieren würde (ich habe auf die Schnelle nichts dazu gefunden) - wie wird das bei 5G-Broadcast gehandhabt? Besitzt 5G im Gegensatz zu DAB eine Fehlerkorrektur?
Wie auch immer. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Rundfunk natürlich auch Vorteile gegenüber Internetstreams hat. Aber die hat FM ja umso mehr. DAB konkurriert aber mit Internetstreams nicht mit FM.
 
Ne, da ging es ja um die Technik an sich. DAB hat ja mittlerweile auch schon 30 Jahre auf dem Buckel, dass andere Techniken da mittlerweile deutlich überlegen sind und auch global eine deutlich größere Verbreitung haben bzw. bekommen werden ist da ja abzusehen.
Welche anderen Techniken?
HD-Radio gibt es nur im Amerikanischen Raum, genauso wie Sirius Sat.
Da gibt es weitaus mehr Länder die DAB+ nutzen.
Als sonstige Alternative bleibt nur noch Mobilfunk.

Mir ging es eher darum, in wie weit es wirklich Sinn ergibt insbesondere ländliche, dünn besiedelte Gebiete anstatt mit einem leistungsstarken FM-Sender mit mehreren DAB-Sendestationen abzudecken, da sich der Mehrwert doch meiner Meinung nach doch sehr in Grenzen hält bzw. die Nachteile überwiegen...
Ein Mehrwert ist das ich als Dance Musikliebhaber quer durch Deutschland fahren kann, egal ob Sauerland, Emsland oder Mecklenburgische Seenplatte und durchgehend ein Programme wie SunshineLive hören kann.

Ich verstehe auch deinen Vergleich mit den ländlichen Gebieten nicht, im Westlichen Niedersachsen wird von den gleichen Standorten gesendet wie von UKW, nur das dort für etwa 10 Programme nur ein Sender benötigt wird, während für UKW pro Programm ein Sender benötigt wird.
 
Zurück
Oben