wir sind uns doch wohl einig, dass niemand ein Wlan-Netz zuhause aufspannt, nur um einen Internet-Streaming-Empfänger ins Netz zu bringen.
Das wäre in manchen mir bekannter Fälle aber die beinahe zwingende Folge, wenn Radio und / oder TV nicht mehr (oder nicht mehr auf dem terrestrischem Empfangsweg) verfügbar wäre.
Es geht ja noch derber: die DVB-T2-Abschaltung dreier Standorte beim MDR hat inzwischen Hilferufe der Art "Satantenne dürfen wir nicht, Kabelanschluss gibt es nicht, Internet hat nur 3 MBit/s" verursacht.
es gibt für die meisten Anwender keinen Grund, sich für zu Hause einen DAB-Empfänger anzuschaffen, wenn die Internet-Empfänger für gleiches Geld doch viel mehr bieten.
Sie bieten tatsächlich viel mehr Programme und das wenn man Glück hat und das Portal einen Streamlink mit höherer Bandbreite vorrätig hält auch höhere Qualität. Aber auch da kann es Fiesheiten geben. Der oben verlinkte
https://www.galaxus.de/de/s1/product/denver-internetradio-denver-ir-122-bluetooth-schwarz-internetradio-wlan-bluetooth-radio-37261043
ist laut zu sendendem Menü eindeutig ein Skytune-basiertes Gerät. Möglicherweise ist das auch eine Auftragsfertigung von hier
King Champion, experienced manufacturer of internet / Wi-Fi radio, DAB/DAB+ Radio, Bluetooth and Wireless streaming audio devices
www.kchampion.com
Ich besitze den Skytune-basierten
King Champion, experienced manufacturer of internet / Wi-Fi radio, DAB/DAB+ Radio, Bluetooth and Wireless streaming audio devices
www.kchampion.com
der hat aber auch noch UKW und DAB/DAB+. UKW rauscht stark und hat nur 100er Tuningraster, RDS-Radiotext zeigt Buchstabensalat. DAB+ ist auch völlig unbrauchbar - LC-AAC hat ständig Knackgeräusche, HE-AAC wird zusätzlich noch fehlerhaft decodiert und beglückt einen mit schauderhaften "singenden" Artefakten bei Sprache und rotzräudig-kratzigem Klang. Im Audiospektrum sind an den Ansetzstellen der Spektralbandreplikation tiefe Kerben und die SBR-Höhen sitzen nach oben im Spektrum verschoben. Das Gerät kann also nicht konform zur
ETSI TS 102 563 decodieren, vor allem schon ab Kapitel 4 "Introduction" nicht:
MPEG 4 HE-AACv2 specifies two transforms, but only the 960 transform is permitted for DAB+ audio, with core sampling rates of 48 kHz, 32 kHz, 24 kHz and 16 kHz.
Das Fehlerbild deutet auf 1024er statt 960er Transformationslänge hin. Sowas wird heute verkauft. Es gibt weitere Fehler, die die Nutzung von DAB+ erschweren, z.B. das nicht-Abspeichern von Services, die unter gleichem Namen bereits in vorher eingelesenen Muxen vorhanden sind und das sture alphabetische Sortieren ohne Berücksichtigung der Muxe, dafür nach Groß- und Kleinbuchstaben getrennt.
Die Internetradio-Funktion des Gerätes decodiert korrekt (das läuft in einem ESP-Mikroprozessor und nicht im DAB/UKW-Chip), aber alle ca. 0,6 Sekunden wird ein Audiosample doppelt ausgespielt, so dass es bei Klassik zu hörbarem Dauerknacken kommt. Wenn der Denver hier die gleiche Decoderbibliothek verwenden sollte, wäre das da evtl. gleich.
Weiter: Skytune erlaubt (ob auch beim Denver, weiß ich nicht) das manuelle Eingeben von Streamadressen über ein geräteeigenes Webinterface. Das ist schonmal fein, da ist man nicht auf die Streamlinks aus der lausigen Skytune-Datenbank angewiesen. Aber die neuen HLS-Streams der ARD (auch die hochwertigen 192er LC-AAC) spielen nicht, das Gerät friert ein und muss stromlos gemacht werden. Und zwar egal, ob die Encoder Qbit (z.B. BR) oder Ferncast (getestet WDR 3 und hr 2) sind. Derweil lassen sich BBC-HLS-Streams mit 320 kBit/s LC-AAC unfallfrei spielen, ABC (Australien) mit 192 kBit/s LC-AAC auch. Die ARD macht mal wieder irgendwas besonders fortschrittliches und sperrt Geräte aus. Rückfallebene sind dann lausige 128 kBit/s MP3 Icecast. Danke auch.
Bitte: welcher "normale" Mensch soll sich sowas antun? Das ist doch nur was für IT-Freaks mit Erfahrung in Digital Audio.
Auch wenn die Verfügbarkeit echter Flats stetig ansteigt, man muss dennoch auf das Datenvolumen achten.
Das wird mit den ARD-HLS-Streams lustig. Die haben eine Vorauswahl im M3U8: 96 oder 192 LC-AAC. Wenn man noch breitbandig unterwegs ist und keine Einstellmöglichkeit in der Player-Software hat, zieht das dann vermutlich konsequent 192 kBit/s, was für den Handylautsprecher in mono viel zu viel ist, die ARD (und damit deren Finanzen) belastet und das Datenkontingent leersaugt. Wenn der Tarif dann auf 64 kBit/s gedrosselt wird, hilft aber auch die Rückschaltung auf 96 kBit/s LC-AAC nicht mehr, das stottert.
Wirklich genial gemacht. Statt einfach einen Stream für geringe Bandbreite, der auch bei gedrosseltem Mobiltarif spielt (48 kBit/s HE-AACv2), einen Stream für Allerweltsanwendungen mit 96 kBit/s LC-AAC und einen Stream für hohe Ansprüche mit 128 kBit/s LC-AAC anzubieten und für Kulturwellen noch einen 192er oder besser 256er LC-AAC und als Rückfallebene immer einen 128er MP3 - alle per Icecast - macht man es mal wieder modern und kompliziert.
Die ARD wirkt auf mich bei solchen Entscheidungen immer wie ein Flugzeug, das vollgestopft ist mit der modernsten Technik, bei dem man aber das Fahrwerk vergessen hat, so dass es nicht landen kann. War ja schon bei der Satellitenradio-Geschichte so. Das schöne LC-AAC 5.1, das offenbar kein Consumer-Receiver spezifiaktionskonform decodieren und nach AC-3 transcodieren (!) kann, so dass teils Betroffenen, die bis dahin kinderleicht AC-3 aus dem Sat- oder Kabelreceiver in den AVR geschickt haben, empfohlen wurde, sich zum Radiohören einen neuen Fernseher zu kaufen. Es hatte mit 448 kBit/s AC-3 einfach problemlos funktioniert. Musste man natürlich in was moderneres nicht funktionierendes eintauschen. Und selbst wenn man es irgendwie decodiert, ist es technisch schlechter mit NF-Bandbreiten, bei denen man weinend davonlaufen mag (14,5 kHz oder so bei einer Kulturwelle in 5.1).
Der DLF zeigt, wie das geht:
Der Deutschlandfunk bietet Live-Streams in unterschiedlicher Qualität (MP3, AAC, Opus) zum Mithören des Programms an. Hier finden Sie alle Streaming-Urls.
www.deutschlandfunk.de
Alles übersichtlich aufgelistet, alles spielt. Hey, Opus mit 24 kBit/s ist auch dabei. Da kann man, wenns eh nur Nachrichten via Handy sind, Bandbreite sparen (und auch dem DRadio Kosten ersparen).
Für wen will man diese millionenschwere DAB-Umrüstung überhaupt stemmen?
Ich hatte immer den Eindruck: für die Geräteindustrie. Aber die sitzt inzwischen auch weitgehend in China etc., warum sollte man sie pushen?
Zweiter Eindruck: für die Medienpolitik. Gibt dann mehr Programme, auch mehr private Programme. Die kannibalisieren sich aber am Webekuchen gegenseitig, der hat insgesamt nur ein endliches Budget.
Wenn ich aber schaue, wo überall ein DAB-only-Programm plärrt - Radio Bob bei den Dachdeckern, Absolut 80s bei den Malern, Absolut Relax in Wartezimmern - wird es doch schon gern genutzt. Vor allem offenbar mit nicht-Öffis (klar, für die meisten lokalen Öffis reichte ja bislang UKW). Und die medienpolitik findet es nach meiner Wahrnehmung supergut, wenn die Öffis möglichst wenig genutzt werden. Also noch ein Pluspunkt für DAB+. Oder nur eine Paranoia von mir.
Klar, die Schweiz nutzt DAB. Noch ein Land. Mit nicht einmal 9 Millionen Einwohnern...
Großbritannien auch. Traditionell in schauderhafter Diktiergerätequalität. Die Rückkehr von mono ins Radio. Es gab mal eine Webseite
http://digitalradiotech.co.uk/ die UKW, DAB, DVB-T-Radio und AM (!) verglichen hat und zu dem Schluss kam, dass britisches DAB schlechter als AM klingt. Leider nicht im Web-Archiv vorhanden.
Die Briten haben heute noch die BBC-Hauptprogramme in 192 MP2 auf DVB-T:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
www.digitalbitrate.com
Auf DAB haben sie mit Ausnahme von Radio 3 nur 128 oder weniger - und zwar MP2:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
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Die Privaten sind dort auf DAB in einer Qualität unterwegs, die einen nur fassungslos macht:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
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Hier 64 kBit/s Subchannel Size MP2 - dankenswerterweise wenigstens mono:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
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Oder 32 kBit/s HE-.AACv2 mit Fake-Höhen und Fake-Stereo:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
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Das sind 28,733 kBit/s abzüglich Titelanzeige. Geil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemand nutzt.
Noch schärfer ist aber Australien:
Bitrate measurements of TV channels and Radio DAB+ DTT FIBER Satellite Cable OTT.
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Die Öffis gehen ja beinahe noch mit ihren Bitraten, das Klassikprogramm hat sogar 120 kBit/s Subchannel Size LC-AAC (um die geschätzt 100 kBit/s Audiobitrate) - via Stream haben sie 192 kBit/s LC-AAC. Aber die Privaten sind geil:
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Am besten ist die Hörprobe von dem da (achtung, leise drehen!):
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Was soll das bitte?
Das grelle Klirren der SBR-Höhen wirkt in meinen Ohren wie Nadelstiche:
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Hat dieses System da wirklich relevante Nutzungszahlen oder ist das nur Geldverbrennung?