Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

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Tweety

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Der Rundfunk in Deutschland ist ja, nach den Erfahrungen aus der Geschichte, von den Alliierten föderalistisch organisiert worden. Rundfunkhoheit ist hauptsächlich Sache der Bundesländer und dem Bereich Kultur zugeordnet. Daher ja auch so viele öffentlich-rechtliche Anstalten in der BR Deutschland. So weit so gut.

Tatsächlich hat sich das Modell bisher ja auch mehr schlecht als recht bewährt. Wenn man sich aber die Rundfunklandschaft im Jahr 2011 in Deutschland ansieht, muss man feststellen, dass nur noch marginale Unterschiede festzustellen sind. Es dudelt in Berlin, Stuttgart, Hamburg usw. In vielen Ländern auch noch doppelt und dreifach Versorgung und Programme die sich auf dieselbe Zielgruppe stürzen und Frequenzen blockieren, nur um keinen privaten Anbieter zum Zuge kommen zu lassen.
Mit diesem System scheint man nunmehr in einer Sackgasse zu sein. Mittlerweile kann man aber, aufgrund der technischen Möglichkeiten (Internet, SAT-Verbreitung, Kabel), auch ohne Aufwand fast überall Programme aus dem Rest der Republik (und der Welt) empfangen. Ab dem Spätsommer kommt auch noch DAB+ dazu und auch dort werden im Bundesmux viele Programme deutschlandweit zu hören sein.

Es macht von daher wahrscheinlich wenig Sinn weiter am föderlistischen Rundfunk festzuhalten, weil die Realität mitlerweile eine andere ist als im Nachkriegsdeutschland. Wäre es nicht sinnvoller wenn man das GG entsprechen ändern würde und der Rundfunk wieder länderübergreifend organisiert würde und den Ländern entzogen würde und zentral gesteuert würde? Andere Länder kriegen das ja auch hin ohne das direkt die Grundfesten der Demokratie ins Wanken geraten. Es gibt in Europa ja auch kein Land was sich so einen oppulenten öffentlich-rechtlichen Rundfunk leistet wie Deutschland.

Die Vorteile lägen auf der Hand. Kostenersparnis, klarere Abgrenzungen der einzelnen Programme, keine Zufunzelung der Landschaft, freie Frequenzen für andere Anbieter.

Einziger Nachteil wäre natürlich, dass wahrscheinlich Arbeitsplätze bedroht wären. Dem könnte man aber durch Sozialpläne und Übergangszeiten begegnen.

Jetzt feuer frei. :D;)
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Im Prinzip wäre die Zeit mehr als reif dafür. Das größte Gegenargument - auch wenn sich die Verantwortlichen eher die Zunge abschneiden würden, als das zuzugeben - dürfte aber die Pfründesicherung sein. Man könnte ja auf einmal tatsächlich überflüssig werden. Das ist ja nichtmal nur ein Problem des Rundfunks, das findet sich ja auch in anderen Industrien und ebenso in der Politik: wenn man mal konsequent überflüssiges abbaute... könnte keiner ausrechnen, was für Auswirkungen das auf andere Bereiche hat. Ich habe manchmal den Eindruck, unsere Welt ist zu komplex geworden, um sie wirklich noch beherrschen zu können - daher auch hier: gute Idee, Umsetzung wohl leider nicht zu erwarten...

LG

McCavity
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Aus medienrechtlicher Perspektive muss ich da wiedersprechen. Wir müssen uns weiterhin diese Art der Organisation leisten, denn nur damit kann in Ansätzen das Pluralismusgebot und generell eine freiheitlich demokratische Meinungsäußerung von statten. Über den Realzustand brauchen wir jetzt nicht diskutieren, da es ja hierbei um die Sinnzusammenhänge geht.

ÖR darf keinesfalls in die Hände weniger und das wäre ja zentral, gelegt werden. In Rechtskreisen gibt es hierzu die Auffassung, dass der zuständige Medienpolitiker eigentlich diesen Posten nur rein formal bekleidet, da medienpolitisch nichts geregelt werden muss bzw. sollte. Da die Länder auch die Kulturhoheit haben, ist es nur sinnvoll es auch bei den Ländern zu belassen.

Im übrigen würde eine GG-Änderung in diesem Zusammenhang niemals durchkommen, da das ja vollkommen den Gerichtsentscheidungen des BVerfG widersprechen würde. Rundfunk muss so organisiert sein, dass ein staatlicher Eingriff auf die Inhalte verhindert werden kann. Und nur so nebenbei: Adenauer hat´s probiert (ZDF) und ist damit auf die Nase gefallen, was aber gut war, denn dadurch haben wir erst dieses System bekommen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Wäre es nicht sinnvoller wenn ... der Rundfunk wieder länderübergreifend organisiert ... den Ländern entzogen ... zentral gesteuert würde?
Vermutlich nicht, denn ob die Lobby nun bei Landesmedienanstalten oder einem zentralen Wasserkopf kratzen geht, ist ganz sicher egal.

Die Vorteile lägen auf der Hand. ... keine Zufunzelung der Landschaft
Die wäre aber aus technischen und/oder geografischen Gründen trotzdem notwendig.

..., freie Frequenzen für andere Anbieter.
Also auch hier wieder Funzelei, nur nicht mit Einheitsbrei als Inhalt, sondern "Alternativen", wie auch immer die gestaltet sein mögen.

Davon abgesehen, dass ohnehin niemand offenkundige Regulierungen am Markt möchte, auch wenn sie de facto Praxis sind, bringt der Ansatz nichts.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Rundfunk muss so organisiert sein, dass ein staatlicher Eingriff auf die Inhalte verhindert werden kann.

Stimme ich dir zu, aber wer sagt, dass das bei den Ländern nicht passieren kann bzw. passiert? Die politische Einflussnahme ist ja schon jetzt nicht gerade gering und auch bei einer zentralen Stelle könnte man gewisse Sicherheitsmechanismen einbauen.

Zitat von Tweety
Die Vorteile lägen auf der Hand. ... keine Zufunzelung der Landschaft
Die wäre aber aus technischen und/oder geografischen Gründen trotzdem notwendig.

Nicht unbedingt, da man dann ja auch bundesweit planen könnte. Man müsste da dann keine Rücksichten mehr auf Koordinierungen in anderen Bundesländern nehmen. Das würde sich natürlich besonders in kleineren Bundesländern positiv auswirken.

Adenauer hat´s probiert (ZDF) und ist damit auf die Nase gefallen, was aber gut war, denn dadurch haben wir erst dieses System bekommen.

Man muss das auch im Kontext der jeweiligen Zeit sehen. Wir leben im Jahr 2011 und nicht mehr im Jahr 1961. Ich möchte die Verdienste des bisherigen Systems ja auch nicht kleinreden, aber Zeiten ändern sich nun mal und man muss sehen, ob die jetzige Regelung noch zeitgemäss und vor allem zukunftsfähig ist. Da habe ich so meine Zweifel.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Tweety schrieb:
Programme die sich auf dieselbe Zielgruppe stürzen und Frequenzen blockieren, nur um keinen privaten Anbieter zum Zuge kommen zu lassen.

Das ist eine korrekte Zustandsbeschreibung.

Meister Propper schrieb:
Wir müssen uns weiterhin diese Art der Organisation leisten, denn nur damit kann in Ansätzen das Pluralismusgebot und generell eine freiheitlich demokratische Meinungsäußerung von statten.

Das ist das korrekt formulierte Ideal.

Leider sind Ideal und tatsächlicher Zustand weit voneinander entfernt und es ist nicht zu erkennen, dass die Länderanstalten es schaffen werden, dem Ideal näherzukommen. Es ist nicht einmal zu erkennen, dass sie es überhaupt versuchen.
Von daher ist es pragmatisch gedacht und in seiner Logik konsequent, das System insgesamt in Frage zu stellen. Denn es verharrt in einem Zustand, der seiner Grundidee diametral widerspricht und ihr systematisch zuwiderhandelt.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Tatsächlich hat sich das Modell bisher ja auch mehr schlecht als recht bewährt.
Es hat uns zumindest davor geschützt, dass ein politisches Lager den Zugriff auf die eine große Rundfunkanstalt erhalten konnte, und das ist aus meiner Sicht der größte Verdienst des föderalen Systems. Als in den 80er-Jahren im Bayerischen Rundfunk die gesamte Führungsebene mit CSU-Apparatschiks besetzt war und im ZDF sich CDU-Politiker raussuchen durften, von welchem Redakteur sie sich interviewen lassen wollen, gab es z.B. den WDR und den HR, die dagegengehalten haben.

Wenn man sich aber die Rundfunklandschaft im Jahr 2011 in Deutschland ansieht, muss man feststellen, dass nur noch marginale Unterschiede festzustellen sind. Es dudelt in Berlin, Stuttgart, Hamburg usw.
Dass es in der ARD viele Wellen gibt, die einer öffentlich finanzierten Anstalt schlicht unwürdig sind, dürfte zumindest hier unstrittig sein. Allerdings gibt es in der ARD gerade Dank des föderalen Systems viel mehr, auch originär öffentlich-rechtliche Formate, als es sie in einer zentralen Rundfunkanstalt gäbe. Wer die neun LRA (und vielleicht noch das ZDF und das DRadio) zu der einen großen Rundfunkanstalt zusammenlegen möchte, um ein bundesweites Radio Eins, ein bundesweites NDR Info, ein bundesweites Bayern 2 zu bekommen, der sollte sich klar darüber sein, dass in der zentralen Rundfunkanstalt möglicherweise dann ein Helmut Reitze, ein Udo Reiter oder ein Bernhard Hermann den Ton angibt, und wir stattdessen bundesweite Ausgaben von MDR Jump, NDR Kultur und Dasding bekommen, und dann nach ein paar Jahren hier im Forum Fragen auftauchen wie "Was war der Zündfunk?", "Hab alte Kassette mit 'Nachtclub' entdeckt?" oder "Gab es früher wirklich Beiträge >3min im Radio?".

In vielen Ländern auch noch doppelt und dreifach Versorgung und Programme die sich auf dieselbe Zielgruppe stürzen und Frequenzen blockieren, nur um keinen privaten Anbieter zum Zuge kommen zu lassen.
Die UKW-Überversorung vieler ARD-Dudler ist ein Ärgernis; zu erhoffen, dass eine Fusion von Sendeanstalten hier Abhilfe schaffen würde, ist aber einigermaßen naiv. Bei der SDR/SWF-Fusion wurde großspurig angekündigt, dass Frequenzen an das Deutschlandradio und den Privatfunk abgegeben würden; am Ende gab es dann aber plötzlich doch noch Versorgungsbedarf, weswegen man auf die Frequenzen doch nicht verzichten könne, und, abgesehen von einer mittelstarken Frequenz, die tatsächlich privatisiert wurde, und ein paar Kleinsendern, die auf Dasding umgestellt wurden, hat sich nichts getan. Also nix mit "keine Zufunzelung der Landschaft, freie Frequenzen für andere Anbieter".

Vor 1998 gab es in weiten Teilen BaWüs ein Angebot aus sehr unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen Programmen (SDR 1, SWF 1, S2 Kultur, SDR 3, SWF3, S4 BW). Die Fusion hat das völlig kaputtgemacht.

Es gibt in Europa ja auch kein Land was sich so einen oppulenten öffentlich-rechtlichen Rundfunk leistet wie Deutschland.
Zunächst mal sind "wir" 83 Millionen, dass wir da mehr Rundfunk haben als z.B. 10 Millionen Tschechen, ist trivial. Relativ zur Einwohnerzahl stehen wir gar nicht so schlecht da. Das mit Abstand teuerste Rundfunksystem, sowohl absolut als auch relativ, haben die USA.

Die Vorteile lägen auf der Hand. Kostenersparnis, klarere Abgrenzungen der einzelnen Programme, ... Einziger Nachteil wäre natürlich, dass wahrscheinlich Arbeitsplätze bedroht wären.
Ja, vor allem journalistische. Die Bürokratie wurde sowohl bei der SWR- als auch bei der RBB-Fusion eher noch aufgebläht. Und zu einer stärkeren Angrenzung der Programme zueinander haben die Fusionen auch nicht geführt. Ebensowenig zu Kostenersparnissen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

die neun LRA (und vielleicht noch das ZDF und das DRadio) zu der einen großen Rundfunkanstalt zusammenlegen möchte, um ein bundesweites Radio Eins, ein bundesweites NDR Info, ein bundesweites Bayern 2 zu bekommen, der sollte sich klar darüber sein, dass in der zentralen Rundfunkanstalt möglicherweise dann ein Helmut Reitze, ein Udo Reiter oder ein Bernhard Hermann den Ton angibt, und wir stattdessen bundesweite Ausgaben von MDR Jump, NDR Kultur und Dasding bekommen

Die Gefahr besteht ohne Zweifel, aber die bundesweiten Ausgaben haben wir doch grösstenteils längst. Die heissen eben nur anders in den anderen Bundesländern. ;)
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Ja es sind Ideale, aber an diesen muss man doch festhalten, anstatt zu sagen, wir geben das System auf, weil der Realzustand nunmal nicht ideal ist, was er auch nie sein wird. Ich denke, wenn man etwas ändern möchte, dann muss man bei kleinen Dingen anfangen oder sie genauer definieren. Wer sich schon einmal den Rundfunkstaatsvertrag und das Presserecht angesehen hat: Es ist eine Fülle von Regelungen, aber alle sind z.T. viel zu allgemein gehalten und die Kontrolle ist derer ist noch nicht wirklich ausgefeilt.

Man könnte z.B. die Bestimmung für die Mitglieder des Rundfunkrates neu definieren (siehe ZDF-Intendanten-Skandal). Man könnte die Strukturierung bei Einreichen eines neues Telemedienkonzepts abändern und auch da klare Regelungen treffen, wie sie z.B. dann getroffen worden sind, was alles nichts im Internetauftritt der ÖR verloren hat. Nur das Problem war da auch: Es dauert alles viel zu lange von den Entscheidungsprozessen und woran liegt´s? Z.T. zu wenig Personal in den Verwaltungen und Einsparungen und zum anderen an bürokratischen Monstern, die uns durch EU und anderen zentralen Einrichtungen beschert wird. Und auch auch diesem Grund wäre es total verkehrt, das zentral zu regeln, weil da gar nichts mehr vorwärts gehen würde.

Viele kleine Baustellen gibt es im Medienrechtsbereich und die größte und schlimmste ist die Tatsache der unterschiedlichen Rechtsebenen (Länder, Bund, RStV, EU-Regelungen zum Wettbewerb, TMG etc.). Daher muss kein System geändert werden oder als Ganzes in Frage gestellt werden, vielmehr müssen vereinzelte Korrekturen vorgenommen werden (siehe oben). Es wäre schon geholfen, wenn der Deutsche Pressekodex mal strikt eingehalten würde und dieses Gremium klare Ansagen / Mahnungen aussprechen würde anstatt immer Einzuknicken und auch hier immer schwammigere Regelungen zu finden, die einen noch größeren Graubereich eröffnen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Mhmmm, ich sehe vor allem folgende Probleme:

1) Auch wenn die Programme durchaus Strecken haben, die sehr ähnlich sind so unterscheiden sie doch Abends und vor allem am Wochenende in ihren Programmen sehr deutlich und welche der Sendungen soll man " retten" und welche einstampfen ?

2) Das gleiche Problem sehe ich bei den Moderatoren: Ich will auf meine Lieblinge ( Werner Reinke, Dagmar Fulle, Tommy Stärker, Thomas Meierhöfer, Roger Handt) nicht verzichten, aber andere Menschen würden bestimmt auch andere Moderatoren bevozugen und welchen nummt man dann?

3) Auch die Themenwahl für die eizelnen Sendungen stelle ich mir dann schwer vor: Es gibt Themen, die interessiert den Hesen, aber nicht den Menschen aus NRW, Bayern .. und umgekehrt.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Als in den 80er-Jahren im Bayerischen Rundfunk die gesamte Führungsebene mit CSU-Apparatschiks besetzt war und im ZDF sich CDU-Politiker raussuchen durften, von welchem Redakteur sie sich interviewen lassen wollen, gab es z.B. den WDR und den HR, die dagegengehalten haben.

Das ist schon richtig, lag aber dann vielleicht nicht zuletzt an den SPD-Apparatschiks im WDR. Sicher, so entstand - bundesweit gesehen - ein gewisses Gleichgewicht. Frage wäre nur, ob der Verzicht sämtlicher "Apparatschiks" und die Verbannung von Politikern jeglicher Couleur aus den Rundfunkräten nicht doch die bessere Alternative wäre.
Und wenn die Fusion des SWR zu keiner Kostenersparnis geführt hat, so ist da etwas gründlich schief gelaufen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Auch die Themenwahl für die eizelnen Sendungen stelle ich mir dann schwer vor: Es gibt Themen, die interessiert den Hesen, aber nicht den Menschen aus NRW, Bayern .. und umgekehrt

Lokale Fenster wären ja nach wie vor möglich. In anderen Ländern funktioniert es ja auch.
 
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@ Tweety

Das käme aber wieder sehr auf die Art der Lokalfenster an.

Kannst Du mir Beispiele für Deiner Meinung nach gute Lokalfenster zeigen ?
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Kannst Du mir Beispiele für Deiner Meinung nach gute Lokalfenster zeigen ?

Also ich weiss, dass z.B. die BBC mit BBC local 40 lokale Fenster hat. Ob es sich dabei um eigenständige Programme oder lokale Fenster handelt, entzieht sich jetzt meiner Kenntnis. Selbst wenn man für jedes Bundesland noch ein regionales Programm anbieten würde, wäre es auch in Ordnung Da könnte man z.B. Berlin/ Brandenburg und NDS, HH, HB in jeweils einem Programm zusammenfassen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Die 40 Local Radios der BBC sind eigenständige Programme, keine Lokalfenster. Allerdings gibt es in den Abendstunden oft Gemeinschaftssendungen von jeweils mehreren Lokalradios, und nachts wird BBC Radio 5 Live übernommen. Lokalisierungen gibt es allerdings meines Wissens auf den nationalen Programme Radio One und Radio Two, allerdings mehr im Rahmen von Sondersendungen als als reguläre Infofenster.

Zu den 40 BBC-Lokalradios kommen übrigens noch sechs National Radios für Schottland (mit Lokalfenstern), Wales und Nordirland, und elf nationale Radioprogramme. Insgesamt komme ich bei der BBC so auf 57 Programme (ohne World Service). Bei der ARD komme ich inkl. Deutschlandradio auf 62.
 
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@ freiwild

Danke für die Infos. Bin jetzt nicht so der grosse Kenner der britischen Rundfunklandschaft. ;)
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Die zwei wesentlichen Punkte hat freiwild m.E. angesprochen. Hier:
Es hat uns zumindest davor geschützt, dass ein politisches Lager den Zugriff auf die eine große Rundfunkanstalt erhalten konnte, und das ist aus meiner Sicht der größte Verdienst des föderalen Systems. Als in den 80er-Jahren im Bayerischen Rundfunk die gesamte Führungsebene mit CSU-Apparatschiks besetzt war und im ZDF sich CDU-Politiker raussuchen durften, von welchem Redakteur sie sich interviewen lassen wollen, gab es z.B. den WDR und den HR, die dagegengehalten haben.
Wir alle wissen, dass der öffentliche-rechtliche Rundfunk in Deutschland weder so politikfern ist, wie er sein sollte, noch so unparteiisch, wie er gerne wahrgenommen würde. Solange es in den Bundesländern von Schwarz-Gelb über Jamaika bis zu Grün-Rot unterschiedliche politische Mehrheiten gibt, sind wir wenigstens von einer Gleichschaltung noch weit entfernt. Nicht auszudenken, wenn es nur eine große Anstalt gäbe, deren Rundfunkrat mehrheitlich von den Parteien besetzt wäre, die im Bundestag die Regierung bilden. Nun möchte ich weder Union und FDP noch Rot-Grün unterstellen, damit missbräuchlich umzugehen. Es reicht schon, dass die Möglichkeit zum Missbrauch besteht. Und dass die Berichterstattung so tendenziös wäre wie heute, aber nur noch eine Richtung kennen würde, ist zu erwarten.

Und das:
Wer die neun LRA (und vielleicht noch das ZDF und das DRadio) zu der einen großen Rundfunkanstalt zusammenlegen möchte, [...] der sollte sich klar darüber sein, dass in der zentralen Rundfunkanstalt möglicherweise dann ein Helmut Reitze, ein Udo Reiter oder ein Bernhard Hermann den Ton angibt, und wir stattdessen bundesweite Ausgaben von MDR Jump, NDR Kultur und Dasding bekommen, und dann nach ein paar Jahren hier im Forum Fragen auftauchen wie "Was war der Zündfunk?", "Hab alte Kassette mit 'Nachtclub' entdeckt?" oder "Gab es früher wirklich Beiträge >3min im Radio?".
So ist es. Wenn man oben vom Qualitätsprodukt bis zum Plastikschrott alles rein tut und einmal kräftig durchmischt, kommt mit viel Glück noch etwas Mittelmäßiges heraus.
Wenn ich irgendwo in Deutschland unterwegs bin und mir anhöre, was ich da so geboten bekomme, bin ich jedesmal gottfroh, wenn ich wieder ins Sendegebiet vom RBB komme. So wenig, wie ich mir mein radioeins nehmen lassen möchte, wollen andere wahrscheinlich auf ihr Bayern 2 oder WDR 5 verzichten. Und ich kann es nur zu gut verstehen.

Das mit Abstand teuerste Rundfunksystem, sowohl absolut als auch relativ, haben die USA.
Absolut? Kann ich mir nicht vorstellen. Ich finde aber auch keine belastbaren Daten dazu, weil sich die Finanzierung aus zu vielen Komponenten zusammensetzt und daher kaum mit der von unserem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vergleichbar ist.
Was meinst du mit relativ? Doch nicht etwa die Kosten, die jeder Rundfunkteilnehmer zu tragen hat? Die gibt es in diesem Sinne gar nicht. Wenn da etwas von Einzelpersonen kommt, handelt es sich um Spenden auf freiwilliger Basis. Das jedenfalls sagen die Informationen, die mir vorliegen. Eines Besseren belehren lasse ich mich natürlich immer gerne.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Absolut? Kann ich mir nicht vorstellen. Ich finde aber auch keine belastbaren Daten dazu, weil sich die Finanzierung aus zu vielen Komponenten zusammensetzt und daher kaum mit der von unserem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vergleichbar ist.
Was meinst du mit relativ? Doch nicht etwa die Kosten, die jeder Rundfunkteilnehmer zu tragen hat? Die gibt es in diesem Sinne gar nicht. Wenn da etwas von Einzelpersonen kommt, handelt es sich um Spenden auf freiwilliger Basis. Das jedenfalls sagen die Informationen, die mir vorliegen. Eines Besseren belehren lasse ich mich natürlich immer gerne.
Mit "relativ" meine ich die durchschnittlichen Kosten, die ein Medienkonsument für seinen Rundfunkkonsum ausgibt, einschließlich indirekter Kosten.

In den USA gibt es zwar keine GEZ-Gebühr oder ähnliches wie bei uns; das Rundfunksystem wird im wesentlichen aus folgenden Komponenten finanziert:
  • Werbung
  • Entgelte der Kabelnetzbetreiber (cable channels) und Plattformbetreiber (z.B. Sirius)
  • Pay-TV (im amerikanische Sinn, also "Premium TV")
  • Spenden (vor allem religiöse Sender)
  • staatliche Zuwendungen (PBS, NPR).
Shoppingkanäle lasse ich mal weg. Ich habe jetzt auch gerade keine Statistik zur Hand; aber ich meine gelesen zu haben, dass etwa 70-75% der US-Haushalte Kabel- oder Satellitenfernsehen haben. Anders als bei uns ist Kabel- und Satellitenfernsehen eine Art Basis-Pay-TV, über das die Programme finanziert werden, entsprechend hoch sind die Gebühren, und da gehen pro Monat mal locker über 40 Dollar raus. Wie viele Amerikaner dazu noch "Premium TV" haben (also Showtime, HBO...) weiß ich gerade nicht, sind aber wohl auch nicht wenige. Dann gibt es noch Werbung; standardisiert sind das 18 Minuten pro Sendestunde in Radio und Fernsehen. Wem das im Radio zu viel ist, holt sich für plusminus 15 Dollar im Monat Pay-Radio.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein anderes Land auf diesem Planeten gibt, dessen Rundfunksystem absolut oder pro Einwohner annähern so teuer ist wie das US-amerikansiche.
 
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Aber alles in allem nicht mit unseren Rundfunkgebühren vergleichbar, oder?
Dass die Akzeptanz von Pay-TV/Radio ausgeprägter ist, ist ja nicht nur in den USA so. Aber ich glaube nicht, dass man die Kosten so werten kann wie unbedingt zu zahlende Rundfunkgebühren.
 
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Nicht auszudenken, wenn es nur eine große Anstalt gäbe, deren Rundfunkrat mehrheitlich von den Parteien besetzt wäre, die im Bundestag die Regierung bilden
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Das stimmt. Ich weiss auch nicht, warum da überhaupt Parteien vertreten sein müssten. Wenn es wirklich eine zentralistische Anstalt geben würde, dann hätten Parteien und Politiker, Kirchen und andere Lobbyisten da erstmal gar nix drin zu suchen. Die totale Unabhängigkeit davon wäre natürlich Grundvoraussetzung und müsste streng überwacht werden. Italienische Verhältnisse kann ja nun wirklich keiner wollen.

Wenn ich irgendwo in Deutschland unterwegs bin und mir anhöre, was ich da so geboten bekomme, bin ich jedesmal gottfroh, wenn ich wieder ins Sendegebiet vom RBB komme. So wenig, wie ich mir mein radioeins nehmen lassen möchte, wollen andere wahrscheinlich auf ihr Bayern 2 oder WDR 5 verzichten. Und ich kann es nur zu gut verstehen.

Das kann man auch als Argument gegen föderalistischen Rundfunk angesehen werden. Vielleicht hätten die Leute in Stuttgart oder Emden auch gerne sowas wie Radioeins oder Bayern 2. Es spräche ja nichts dagegen solche Programme dann bundesweit zu verbreiten und eben nicht nur im jeweiligen Bundesland. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dann ungefähr 15-20 unterschiedliche (!!!) Formate angeboten würden. Nur dann eben bundesweit und von einer Anstalt, statt von 9 verschiedenen.
 
AW: Föderalistisch organisierter Rundfunk in D ein Auslaufmodell?

Das stimmt. Ich weiss auch nicht, warum da überhaupt Parteien vertreten sein müssten. Wenn es wirklich eine zentralistische Anstalt geben würde, dann hätten Parteien und Politiker, Kirchen und andere Lobbyisten da erstmal gar nix drin zu suchen. Die totale Unabhängigkeit davon wäre natürlich Grundvoraussetzung und müsste streng überwacht werden. Italienische Verhältnisse kann ja nun wirklich keiner wollen.
Das Problem ist nur: Wer entscheidet, wer da rein darf? Und wer ist unabhängig genug, um das zu überwachen? Wahrscheinlich ist es schon sinnvoll, einen Querschnitt der Bevölkerung im Rundfunkrat sitzen zu haben. Dazu gehören die Kirchen ebenso wie die Parteien. Bloß ist das, was sich aktuell in den Räten findet, kein echter Querschnitt. Darüber hinaus wäre es schön, wenn die nicht alle nur da wären, um über ihre Interessen zu wachen, sondern auch so etwas wie Leidenschaft mitbrächten. Das ist gegenwärtig das größte Problem.

Das kann man auch als Argument gegen föderalistischen Rundfunk angesehen werden. Vielleicht hätten die Leute in Stuttgart oder Emden auch gerne sowas wie Radioeins oder Bayern 2. Es spräche ja nichts dagegen solche Programme dann bundesweit zu verbreiten und eben nicht nur im jeweiligen Bundesland. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dann ungefähr 15-20 unterschiedliche (!!!) Formate angeboten würden. Nur dann eben bundesweit und von einer Anstalt, statt von 9 verschiedenen.
Wie sollen die alle ins UKW-Band passen? Mit DAB+ wäre das natürlich möglich, aber ich finde es zum einen utopisch und zum anderen nicht wünschenswert. Ein bundesweites radioeins, ein bundesweites Bayern 2 - liebend gern! Aber erklär das mal den vier Millionen Hörern, die bisher täglich SWR3 eingeschaltet haben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass da unterm Strich etwas herauskommt, was besser ist als der Status quo. Für ein ordentliches Kultur- und ein akzeptables Nachrichtenradio mag es ja noch reichen, aber erfahrungsgemäß ist die Popkultur immer das erste, was bei Umstrukturierungen welcher Art auch immer auf der Strecke bleibt. Dass fünf von neun ÖRAs schon heute komplett frei davon sind, spricht eine eindeutige Sprache.
 
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Die Frage, wie man die Aufsichtsgremien von parteipolitischem Einfluss frei machen kann, hat aber mit der Frage, ob eine große Zentralanstalt und kleinere Länderanstalten besser sind, nichts zu tun. Nur solange die Gremien nicht frei sein, ist ein föderale Struktur besser, weil schwieriger durchsetzbar, also eine zentralistische.
 
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Wie sollen die alle ins UKW-Band passen? Mit DAB+ wäre das natürlich möglich, aber ich finde es zum einen utopisch und zum anderen nicht wünschenswert.
Ok, bei UKW wirds dann schwierig, aber ob und wie die UKW-Zukunft aussieht ist ja immer noch nicht so wirklich entschieden. 20 öffentlich-rechtliche Programme über DAB+ und dann noch werbefrei, das wärs doch. Würde man den Rundfunk zentralisieren wäre das alles auch kein Problem. Beim jetzigen System geht es halt nicht, weil man dort halt immer nur die lokalen öffentlich-rechtlichen im jeweiligen Bundesland verbreiten kann/darf/ will. Von den 3 Deutschlandradios mal abgesehen. Das finde ich sehr schade. Es wäre doch ein Traum, wenn man alle öffentlichen-rechtlichen Radioprogramme deutschlandweit über DAB+ empfangen könnte. Mit der jetzigen Situation ist das rechtlich aber wohl nicht möglich. :(
 
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@ Tweety

Über das internet ist es heute schon möglich,daß Du alle öffentlichrechtlichen Radio-und Fernsehsender empfangen kannst. In den neueren Fernsehgeräten sind die DBVT- Empfangsteile gleich mit eingabut und das hat das gleiche Ergebnis zu Folge. Also ist eine Verkleinerung gar nicht nötig.
 
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