Gendern im Radio

Beispiel "2.000 Bürger haben heute gewählt" - waren dies ausschließlich Männer oder sind auch Personen gemeint, die nicht männlich sind?
Ich weiß nicht, wie lange es das Wort "Bürger" schon gibt, aber seit seiner erstmaligen Nutzung bis ungefähr (gefühlt) ins Jahr 2019/2020 hat jeder, der es gehört hat, ohne Nachhilfe gewusst, dass damit Frauen und Männer und alles was es noch so gibt gemeint sind.
 
Y. Ja, es gab doch auch diesen Vorschlag mit X von Lann Hornscheidt. Auch wenn ich solchen Vorschlägen und Denkweisen durchaus eine hohe Reflektiertheit und eine gewisse Kreativität nicht absprechen kann, wird sich so etwas nicht durchsetzen lassen, weil es einfach zu radikal ist. Dessen war sich aber auch Lann Hornscheidt bewusst, wenn ich mich da an ein Interview erinnere. Vielleicht mag man sich irgendwann an Doppelpunkte oder Sternchen gewöhnen, wer weiß das schon. Ich möchte allerdings an das Binnen-I erinnern, das ja der erste Ansatz in diese Richtung war. Auch dieses hatte sich über fast 30 Jahre hinweg nie vollständig durchsetzen können. Insofern wäre ich da vorsichtig. Sprache entwickelt sich dynamisch aus ihrem Gebrauch, also wirklich basisdemokratisch, "grassroots" quasi. Viele Redewendungen und Formulierungen, die vor ein bis zwei Generationen noch völlig üblich waren, wirken heute bisweilen exotisch und dafür haben sich andere Begriffe durchgesetzt. Ich gebe zu, dass ich in Bezug auf Sprache eher konservativ agiere. Redewendungen wie "nicht wirklich" bereiten mir bis heute Bauchschmerzen, während sich andere längst daran gewöhnt haben und auch der Duden mittlerweile recht progressiv mit sprachlichen Veränderungen umgeht. Und so lange ich über die ganzen Gendersatzzeichen noch stolpere, lese ich eben darüber hinweg und verwende sie auch selbst sowohl schriftlich als auch mündlich nicht.
 
Ich habe mir mittlerweile angewöhnt nicht-gegenderte Worte in Gedanken zu gendern.
Und genau DAS machen im Prinzip alle normalen Menschen/Frauen, wenn sie sich in einem allgemein gehaltenen Text widerfinden wollen. Mit dem kleinen Unterschied zu "euch", dass sie sich dabei nicht künstlich aufregen und dem Schreiber nicht feindliche Absichten unterstellen...
 
Ich weiß nicht, wie lange es das Wort "Bürger" schon gibt, aber seit seiner erstmaligen Nutzung bis ungefähr (gefühlt) ins Jahr 2019/2020 hat jeder, der es gehört hat, ohne Nachhilfe gewusst, dass damit Frauen und Männer und alles was es noch so gibt gemeint sind.
Das stimmt ja nicht, derselbe Beispielsatz "2.000 Bürger haben heute gewählt" konnte vor 1918 in Deutschland keine Frauen meinen. Generisches Maskulinum ist Uneindeutig.
 
Redewendungen wie "nicht wirklich" bereiten mir bis heute Bauchschmerzen

Mir nicht wirklich.
Auch die Genderforderungen- und Vorschläge jucken mich nicht (wirklich), weil es ein Naturgesetz gibt, das dies alles eines Tages davonschwemmen wird: Sprache ist wie ein Fluss - beide suchen sich ihren Weg, und selbst wenn die Menschen Staumauern, Schleusen, Kanäle, Gullydeckel und Baggerseen anlegen, irgendwann landet das Flusswasser im Meer. Genauso fließt die Sprache in ihr Meer, das Meer des am leichtesten Verstehens und am leichtesten Anwendbaren, allen Barrikaden zum Trotz, seien es nun Binnen-Is, Sternchen, Unterstriche oder Doppelpunkte.
 
Generisches Maskulinum ist Uneindeutig.
Was ist daran uneindeutig? Im damaligen Kontext, also für die damaligen Hörer/Leser war vor der Einführung des Frauenwahlrechts zweifelsfrei erkennbar, dass damit nur Männer gemeint sind.

Und heute, 200 Jahre später, ist es für uns ebenso logisch und klar verständlich, dass bei aktuellen Wahlen auch Frauen an die Urne gehen.

Wie gesagt, es heißt ja auch Bürgerbeauftragter, Bürgerhaus, Bürgermeister, Bürgerwehr usw.

Gibt es eigentlich einen besonderen Grund dafür, warum RSH das Wort "Marktführer" gendert?
 

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Ich könnte mich eher mit dieser Y-Variante anfreunden als das mit den Sternchen-Formen und Sprechpausen. Obwohl ich das auch etwas albern finde, muss man dem Y-Vorschlag zugute halten, dass sich die Formen regelmäßig bilden lassen, sie immer aussprechbar sind und man Texte fließend lesen kann.
 
Welche Fußnote, wo finde ich die? Im Artikel oder darunter jedenfalls nicht.
Am Ende des von dir verlinkten Artikels. Willst du uns eigentlich verarschen?16F40992-1E4C-463D-8041-83400E7B3B37.jpeg

Endlich sagt es mal jemand. Das Sternchen in unserer Schriftsprache ist längst vergeben und gelernt: Es weist auf eine Fußnote hin und nicht auf ein geschlecht.
Meinen Satz aus dem Zusammenhang zu reißen und für die eigene Agenda (oder einen flapsigen Spruch) zu missbrauchen, ist aber auch kein guter Stil. Bitte unterlassen!
 
Ich will es mal so ausdrücken: Du hast unfreiwillig eine Wahrheit ausgesprochen, die eigentlich gar nicht in dein Weltbild passt. Und nun, dabei ertappt, willst du es nicht gewesen sein.
 
Willst du uns eigentlich verarschen?
Die Frage ist, wer hier wen "verarscht" (warum der rüde Umgangston) ?
Das steht da jetzt, aber vorher stand das dort nicht!

Beweis: Google-Cache!

Zweiter Beweis: Screenshot von gestern im Anhang.

Zum Thema: Der HR gendert besonders "schön", nämlich völlig falsch!
Hessen ist ein Eigenname, den man nicht verändern kann/darf.

Gott bewahre uns vor den Sternchen.
 

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Die Frage ist, wer hier wen "verarscht" (warum der rüde Umgangston) ?
Das steht da jetzt, aber vorher stand das dort nicht!
Welche Rolle spielt das? Dann wurde die Fußnote ursprünglich vergessen. Es ist doch trotzdem völlig klar, worauf das Sternchen abzielte. Du versuchst wieder einmal einen Skandal zu inszenieren, wo es keinen gibt. Das ist ja fast so, als würde man einen Radiosender „mangelnde Trennung von Nachrichten und Werbung“ unterstellen, weil einmalig aufgrund einer Eilmeldung aus dem Verkehrszentrum der letzte Werbespot ins Schlagzeilenbett reingelaufen ist. Würde ja auch niemand machen. ;)

Zum Thema: Der HR gendert besonders "schön", nämlich völlig falsch!
Hessen ist ein Eigenname, den man nicht verändern kann/darf.
Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Namen des Bundeslandes und seinen Bewohnern, die im Plural genauso wie das Land heißen. Selbstverständlich ist es möglich (und erlaubt), eine feminine Pluralform zu bilden (der Hesse - die Hessen; die Hessin - die Hessinnen). In der Tat ist „Hess*innen“ trotzdem sehr ungeschickt und unschön gegendert.
 
Ich will es mal so ausdrücken: Du hast unfreiwillig eine Wahrheit ausgesprochen, die eigentlich gar nicht in dein Weltbild passt. Und nun, dabei ertappt, willst du es nicht gewesen sein.
Das hat mit meinem Weltbild nichts zu tun. Das kennst du nicht, und ich habe mich hier bislang auch nicht zum Thema Gendern positioniert. Als Top-Journalist der grundsätzlich und ausnahmslos aus erster Hand zitiert, solltest Du das wenigstens sauber tun. Tust du aber nicht. Dafür verdrehst du weiter. Es ist ermüdend.
 
Die beiden Hauptargumente für das Gendern fallen bei etwas näherer Betrachtung völlig in sich zusammen:

In Deutschland gibt es etwa vierhundert Menschen, die "divers" im Pass eingetragen haben.
Für eine derart kleine Minderheit den Genderstern zu benutzen ist eine massive Ungleichbehandlung anderer Minderheiten gegenüber.

Inkonsequentes Gendern bewirkt bisweilen sogar das Gegenteil: Bürgermeisterkanditat*innen bedeutet konsequent ausgelegt, dass Bürger und Meister ausschließlich männlich sind, lediglich Kandidaten können männlich und weiblich sein. Es müsste korrekt also lauten Bürger*innenmeister*innen*kandidat*innen. Lässt man die zusätzlichen Gendersterne weg, verwendet man immer noch das generische Maskulinum, ändert dieses lediglich in einem willkürlichen Teil des Wortes ab. Wenn aber das generische Maskulinum angeblich nicht alle meint, führt das nicht in allen Teilen gegenderte Wort zu einer tatsächlichen Diskriminierung von Frauen und Diversen.
Die gerechteste Variante ist weiterhin das generische Maskulinum, welches immer alle Menschen meint.
Wenn überhaupt ist es ein Nachteil für Männer, da man eine Gruppe Frauen immer mit dem Zusatz "innen" kenntlich machen kann, die bloße Nennung der generisch männlichen Form diese Abgrenzung jedoch nicht zulässt.

Die Nennung beider Geschlechter wird verwendet, mit dem Argument, dies sorge für mehr Gleichberechtigung in der Arbeitswelt. Die mit überwältigendem Abstand am stärksten benachteiligten Menschen auf dem Arbeitsmarkt sind allerdings Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderte. Wenn überhaupt müssten diese sprachlich sichtbar gemacht werden, um diese Nachteile auszugleichen.
Nennt man nur Männer und Frauen fokussiert man sich auf das männliche oder weibliche Geschlecht, etwa eines Arztes. So diskriminiert man einerseits pauschal alle Diversen, da diese nun, im Gegensatz zum generischen Maskulinum nicht mehr mitangesprochen werden. Zum anderen wird so der Fokus der möglichen Diskriminierung ausschließlich auf Frauen als benachteiligte Gruppe gelegt, was diese zum einen als "Opfergruppe" stigmatisiert und andere Benachteiligte ausgrenzt, weil auch sie sich nur im gegnerischen Maskulinum mitantesprochen fühlen können.

Gendergerechte Sprache ist somit in Wahrheit alles andere als gerecht. Sie ist massiv diskriminierend, insbesondere auch Frauen und Diversen gegenüber.
 
Gendergerechte Sprache ist somit in Wahrheit alles andere als gerecht. Sie ist massiv diskriminierend, insbesondere auch Frauen und Diversen gegenüber.
Das würde ich nicht unterschreiben. Ich würde eher sagen: Sie ist durchaus "gerecht" und kommt somit ihrem Zweck nach, das aber nur gegenüber Genderaspekten, alle anderen - wie du ausgeführt hast - lässt sie außer Acht. Sie reduziert das notwendig Generische in einer Sprache, die heterogene Gruppen zusammenfassen muss, die oft nur eine Eigenschaft vereint (z. B. alle Personen, die den Beruf des Arztes ausüben), und macht Sprache damit weniger praktikabel.

Allem anderen stimme ich dir weitgehend zu.
 
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