Lieber Diddel69,
normalerweise würde ich Deinen Betrag lesen und weiterklicken.
Da Du aber schreibst, dass Deine Argumentation aus der tiefsten Überzeugung kommt, werde ich jetzt doch eine Anmerkung machen:
Du hast eigentlich mit allem Recht, was Du sagst.
Aber nur, wenn man einige wichtige Radiostrategien ausblendet.
Die Hauptstrategie: Nach dem Motto, Cola muß immer gleich schmecken, selbst wenn irgenwo Krieg ist, oder geistesschwache Idioten Anschläge verüben, sollte mein Radiosender nicht plötzlich ein ganz anderer sein.
Soll heißen: Ein Unterhaltungs-Programm sollte, selbst am 11. September 2001, nicht plötzlich versuchen Journalistenradio zu sein. Denn das glauben einem die Hörer sowieso nicht. Unterhaltungsprogramm sollen natürlich nicht die Augen verschließen, aber sie sollten Ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um das Thema - vielleicht auf der Emotionsebene - abzudecken.
Die Musikindustrie reagierte mit Musik und nicht mit journalistischen Zusammenfassungen. Und genauso sollte ein Unterhaltungsmoderator mit seinen Mitteln reagieren. Damit meine ich jetzt keine Witzchen machen - sondern menschlich sein.
Wenn ein Unterhaltungs-DJ plötzlich mal schockiert ist, hat das auch eine große Wirkung. Da muß er nicht plötzlich versuchen innerhalb von einer Sekunde ein Journalisten-Image zu bekommen. Ereignisse, wie das am 11.September 2001, werden von den Nachrichten abgedeckt. Und wenns sein muß, gibt es alle 2 Minuten Nachrichten. Denn natürlich will der Hörer informiert werden. Aber machen wir uns mal nichts vor, es gibt einige Sender in Deutschland, die ich gerne höre, um mich unterhalten zu lassen, diese Sender wären aber die Letzten gewesen, die ich am 11.September 2001 eingeschaltet hätte.
In den USA wurde untersucht, was für eine Auswirkung der Golfkrieg auf die Radioquoten hatte: Alle Sender, die ihr Programm umgestellt haben, haben verloren. Die (Musik-)Sender, die normal weitergemacht haben, lediglich stündliche CNN-News ins Tagesprogramm geschaltet haben, haben Ihre Quote in dieser Zeit halten bzw. ausbauen können.
Nicht das ich falsch verstanden werde:
Wenn ein Moderator sowieso keine journalistische Kompetenz hat, warum sollte er dann plötzlich journalistische Höchstleistungen abgeben müssen. Glaubt man einem doch sowieso nicht.
Live-Schaltungen nach New York während TV-Total mit Stefan Raab wäre das albernste gewesen, was ich mir hätte vorstellen können.
ALSO:
Im Radio gibt es Journalisten und es gibt Moderatoren. Manchmal ein Moderator auch gleichzeit Journalist -- manchmal aber auch nicht.
Liebe Grüße aus Berlin
Berliner