Historie von ARD-"Nachtexpress" und -"Radiowecker"

Wenn ich mich recht entsinne, kann man das mit den hohen Faktoren auch in der zeitgenössischen („Spiegel“ -) Berichterstattung über die ARD-Musikredakteure nachlesen, die damals unter diversen Pseudonymen belanglose Instrumentaltitel komponiert und ins eigene bzw. das Programm der wohlgesinnten Kollegen gehievt haben, um ihr schmales Salär aufzubessern.
 
Naja, so ganz schmal war das ÖR-Salär schon nicht. Aber die mit Musikstudium ausgebildeten (und meist nur unter dieser Voraussetzung eingestellten) Musikredakteure sahen innerhalb der ARD die Chance, mit Ihrem Einfluss auf das Musikprogramm nach dem Verfahren zu handeln: "Spielst Du mich, spiel ich Dich".

Ähm, war es nicht Gong?
 
OK, ich hätte beim Salär Kursivschrift verwenden sollen. ;)

Im Laufe der Jahre gab es mehrere Enthüllungen. Schon Ende der 40er wurden ähnliche Aktivitäten von Ralph Siegel sen. aufgedeckt; damals ging es um Kurt Feltz, der seine eigenen Kompositionen gern im NWDR spielte.

Anfang der 70er war es dann Helmut Markwort (!) beim „Gong“, der eine ganze Reihe von ARD-Redakteuren auffliegen ließ. Der „Spiegel“ hat das später aufgegriffen, die mittlerweile digitalisierten Berichte findet man inzwischen online:

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41955378.html etc.
 
Vielleicht kannst Du sogar genauer ermitteln, wer von wann bis wann den Nachtexpress gegeben und vor allem übernommen hat
Auf die schnelle nur folgendes:

Ab dem 1. Juli 1959:
  • Musik bis zum frühen Morgen von 0:05 bis 5:50 Uhr, zunächst noch ausschließlich mit Musik, erst ab 1962 mit Nachrichten. Wetter sogar noch später, „da man befürchtete, durch womöglich unzuverlässige Wettervorhersagen bei DDR-Hörern Vertrauen zu verspielen.“ (!)

Ab 1. Juli 1978 Restrukturierung mit
  • Bis zwei dabei von 0:05 bis 2:00 Uhr (am Wochenende bis 3 Uhr, „Bis drei dabei“)
  • Musik bis zum frühen Morgen von 2:00 bis 4:30 Uhr
  • Radiowecker ab 4:30 Uhr.

Ab 2. März 1980 parallel das
  • ARD-Nachtkonzert, zunächst von 0:05 bis 2:00 Uhr,
ab 23.12.1985 dann bis 4:00 Uhr. Ab diesem Zeitpunkt wird auch der
  • ARD-Nachtrock von 0:05 bis 2:00 Uhr (am Wochenende bis 4:00 Uhr)
ausgestrahlt. Dieser heißt ab 1. januar 1990 ARD-Popnacht und dauert ab 28. Juni 1992 bis 5:00 Uhr (am Wochenende bis 6:00 Uhr). Ab dann ging auch das Nachtkonzert so lange.

[Quelle: ARD-Jahrbuch 1985]

Die gebenden Anstalten waren 1984:

Rich (BBCode):
Nacht   Bis zwei dabei usw.     Nachtkonzert
Mo->Di  SFB                     hr, hr, hr, SR
Di->Mi  SDR                     SFB
Mi->Do  hr                      NDR, NDR, RB, NDR
Do->Fr  BR                      WDR
Fr->Sa  WDR                     SWF
Sa->So  SWF, SR, SWF, SWF       SDR
So->Mo  RB, NDR, NDR, NDR       BR
 
Weitere RB Nachtmoderatoren waren u.a. Achim Kinzel, Peter Otto, Holger Postler, Erhard Schiemann und die nach wie vor im Bremen Eins Programm zu hörende Sabine Szimanski.
Radio Bremen sendete alle 4 Wochen in der Nacht von Sonntag auf Montag, der NDR aus Hamburg alle 14 Tage und der NDR aus Hannover alle 4 Wochen. Dort war u.a. Hans-Georg Martin (HGM) im Einsatz, der vielen im Norden sicher noch bekannt ist aus der Hitparade von NDR Radio Niedersachsen, die seinerzeit samstags um 9 Uhr lief. Alle 4 Wochen, immer wenn in Niedersachsen am Sonnabend schulfrei war, liefen dort die Titel der Hitparade in der jeweiligen Maxi-Single-Version und zwar voll ausgespielt und komplett ohne Reinsabbeln. Das war "Radio at its best" !

Die Musikzusammenstellung hatte dann immer die Hansawelle-Allzweckwaffe Bernd-Steffanowski. Klaus Nelhiebel hat dann später teilweise Moderation und auch Musikzusammenstellung übernommen.
 
Und keiner hat sich gefragt, wie ich bei der angegebenen Quelle auf die Daten ab 1990 komme. Es war noch die

[Quelle: ABC der ARD, 1994]

im Spiel. Am 22. Dezember 1985 kam erstmalig der
  • ARD-Nachtexpress von 0:05 bis 4:00 [sic! Trotz alter Rechtschreibung ohne „ß“] und anschließend der
  • ARD-Radiowecker.
Die Verteilung der gebenden Anstalten blieb zunächst unverändert. Irgendwann nach einer geistig-moralischen Wende wurden auch die neu hinzugekommenen Anstalten berücksichtigt. Ich erspare mir jetzt aber, das genaue Datum herauszuklamüsern. Im Oktober 1995 ergab sich folgendes Bild:

Rich (BBCode):
Nacht   Nachtexpress              Nachtkonzert         Popnacht

Mo->Di  SFB, SFB, ORB, SFB        hr, MDR, hr, SR      SFB, WDR, SFB, WDR
Di->Mi  WDR                       WDR, MDR, WDR, WDR   WDR
Mi->Do  RB, hr, SR, hr            ORB, SFB, RB, SFB    hr, SR, hr, RB,
Do->Fr  BR                        SDR, SWF, SDR, SWF   BR
Fr->Sa  SDR, NDR, SDR, NDR        BR                   SDR
Sa->So  SWF                       RB, NDR, NDR, NDR    SWF
So->Mo  NDR, NDR, NDR Kiel, NDR,  SDR, SWF, SWF, SWF   WDR
        NDR, NDR, NDR Hann., NDR
 
Ende August 2011 gestaltete Reinhard Meynen für den RBB eine Ausgabe des „ARD-Nachtexpress“, in der er kuriose Stücke spielte. Ich suche einen Mitschnitt dieser Sendung. Kann mir jemand behilflich sein?

Darüber hinaus: Hatte jemand in den Achtzigerjahren die ARD-Nacht vom Südwestfunk mitgeschnitten? Ich war ab etwa 1986 an fast jedem Wochenende dabei, kam aber leider nicht auf die Idee, sozusagen für die Ewigkeit mitzuschneiden. Wenn mir jemand Material überlassen mag: Wir finden bestimmt etwas zum Tauschen. Danke schön.
 
Hatten wir das schon hier? Aufnahme im Studio H des hr. Helmut Hansens letzter Nachtexpress 1984 (der Chef HH -vorne- mit Manfred Adolph, Desirée Bethge, Elisabeth Böhm und Jürgen Kolb v.r.n.l.). Abschiedsbesuch während der Sendung.
 

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Kurz nochmal zurück zum Nachtrock, folgendes ist auf der Seite zur heutigen Reinke-Sendung zu lesen:
Mitte der 80er Jahre: Wolfgang Niedecken hatte ein neues Album, und er war unterwegs auf Werbe-Tour. Da fragte ihn Werner Reinke: "Bevor ich dich mit dem zweihundertsten Interview zum selben Thema langweile: Hast du nicht stattdessen Lust, eine Sendung zusammenzustellen und selbst zu moderieren?"

"Joote Idee" befand der Künstler. Und im Reinkeschen Kellerstudio wurden Platten ausgesucht und eine Sendung vorproduziert. So begann der ARD-Nachtrock mit den Worten: "Ab die Post, hier ist der Wolfgang Niedecken, der moderiert heute!" Wolfgang war begeistert, Werner war begeistert und Werners Söhne Markus und Andreas waren hocherstaunt. Vor allen Dingen aber: Die Hörer der Sendung gingen steil.
Den Beginn hat Werner vorhin sogar (auf Nachfrage eines gewissen Forums ;)) kurz abgespielt, war sowas eigentlich damals häufiger der Fall, also prominente Gast-oder Co-Moderatoren, ggf. dann auch nicht live? (wobei das immer noch viel besser gewesen wäre als live nur Verkehr und den nächsten Titel anzusagen.)

Oder war das eine hr-, respektive Reinke-Spezialität?
 
Zuletzt bearbeitet:
Laut ARD-Richtlinie für die Nachtversorgung waren Studiogäste an und für sich untersagt. Monothematische Sendungen auch. (Und trotzdem gab es aus Saarbrücken zum Beispiel Eine Elvis-Nacht.) Auch stationseingenes Layout durfte nicht eingesetzt werden. (Was dem Südwestfunk aber am selbigen vorbeiging.)

Kurzum, da sich ohnehin keiner so recht an die Richtlinie hielt, kamen solche Sendungen schon mal vor. Freilich bedurfte es dafür liebevollen Engagements und gewissenhafter Vorbereitung. Also doch eher eine Spezialität.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da muss ich jetzt mal fragen, und ich nehme das Risiko in Kauf das dieses Bekenntnis zu einer Kölner Mundart-Rockband und ihrem Kopf birgt, ob von dieser Sendung irgendwo ein Mitschnitt existiert.
Nein, ich frage tatsächlich selbst und nicht für einen Freund 😅
 
Vielleicht kannst Du sogar genauer ermitteln, wer von wann bis wann den Nachtexpress gegeben und vor allem übernommen hat
Neuere Forschungen haben gezeigt:

Musik bis zum frühen Morgen startete nicht am 1. Juli, sondern in der Nacht von Freitag, den 3. auf Samstag, den 4. Juli 1959. Das wöchentliche Schema gestaltete sich wie folgt:

Rich (BBCode):
Nacht   gebende Anstalt
Mo->Di  SFB
Di->Mi  hr
Mi->Do  SDR
Do->Fr  BR
Fr->Sa  WDR
Sa->So  SWF
So->Mo  NDR
 
Ein Fundstück aus alten Tagen. Irene Harprecht mit der Musik bis zum frühen Morgen im ARD-Nachtprogramm vom 01.01.1984. Ich dachte zu diesem Zeitpunkt rollte bereits der ARD-Nachtexpreß durch das Land, aber so kann man sich irren.


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  • swf101011984.mp3
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Noch ein Mitschnitt und damit verbunden eine weitere Frage, wer hat das ARD-Nachtprogramm vom Westdeutschen Rundfunk aus Köln am 01.01.1983 moderiert?

Ich dachte zunächst an Buddha Krämer, aber es scheint wohl Uli Lux zu sein, der damalige Redakteur aus der Radiothek Fünf nach Sieben. Später, nach erfolgreicher Klage gegen den WDR auf Weiterbeschäftigung arbeitete er dort als Musikredakteur. In dieser Nacht wurde das Musikprogramm jedoch von Dietmar Kindler zusammengestellt. Leider findet man von Lux kein Audio im Netz um zu vergleichen.

Ist euch Uli Lux oder auch Ulrich Lux als Radio-Moderator ein Begriff?
 

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  • 01011983.mp3
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Zuletzt bearbeitet:
Bien sûr, Monsieur! Ich habe an dich schon gedacht, sowie ich mit dem digitalisieren durch bin schicke ich dir die Mitschnitte zu. Doch nun habe ich leider erst einmal ein Problem an diesen 3 Kassetten hier,

20210228_1624480.jpg


sie quietschen mir nicht nur um die Ohren sondern auch in die Aufnahme hinein!!!
Ich hoffe es liegt an den Spulen, dafür spricht das die Kassette plötzlich mal stehen blieb.
Schlechter wäre der Fall einer Bandermüdung. Nun kann ich versuchen das Band umzuspulen auf einen anderen Kassettenkern. Es gibt natürlich keine Garantie, aber es unversucht zu lassen wäre eine Sünde.
Auf den Kassetten sind diese Aufnahmen:


Bis 3 dabei im ARD-Nachtprogramm mit Thomas Koschwitz & Hartmut Clarko Musik bis zum frühen Morgen, 01. Januar 1981

NDR2 Silvesterparty aus Wilhelmshaven mit Dieter Lampe & Holger Thomas, 01. Janaur 1981

NDR2 Internationale Hitparade - Der Jahresrückblick mit Wolf Dieter Stubel, 27. Dezember 1980
 

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  • HR01011981.mp3
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  • NDR01011981.mp3
    3,1 MB
  • Kassettenprob.mp3
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