Interviewfüchse

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der beobachter

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Das gute Interview stirbt ja angeblich bald... :rolleyes: Also mal die Frage her, die ich mir immer wieder stelle.
Wie bekommt man sperrige Interviewpartner zum reden?
Beispiel: Der Interviewpartner ist keine "Profi", durchaus gesprächsbereit, hat, wie das ausführliche Vorgespräch am Telefon gezeigt hat, aber etwas zu sagen und kann im Prinzip auch formulieren.
Mikro her - und er schweigt, stammelt oder erzählt alles Mögliche. Nur nichts zum Thema.
Hat man ja schon ausgiebig gehabt, seine Tricks gefunden, aber immer wieder kommt einer, bei dem keiner der bisherigen "Tricks" funktioniert.

Solche Erfahrungen und Tricks würde ich gerne hier lesen mit dem Ziele gegenseitiger Bereicherung.
Ob mit Interviewprofis/Pressesprechern/PR-Startegen oder mit den Amateuren für die beliebten "bunten" Beiträge oder News.
Situation, Anlass und Interviewerfahrung des IPs dazu und ab!

Hoffe, das Thema ist euch nicht zu popelig. Bin gespannt. db
 
AW: Interviewfüchse

1. Tip: Mach ein nur oberflächliches Vorgespräch, das hilft gegen das 'hab ich doch eben schon gesagt'

2. Kauf Dir kleine Ohrkopfhörer und laß deren Kabel so runterbaumeln, daß Dein gegenüber die Dinger nicht bemerkt. Am besten hängst Du auch nur eine´der beiden Kapseln im Ohr, die andere versteckt Du z.B. unterm Hemdkragen.

3. Nimm ein Aufnahmegerät mit, dessen Tasten Du ERFÜHLEN kannst, das läßt Du dann gediegen auf deinem Rücken baumeln und kannst die Aufnahme unauffällig mit der linken Hand kontrollieren.

4. Halte Das Mikrophon immer deutlich unter den Mund Deines Gesprächspartners, eher nach oben gerichtet rd. 20 cm vom Hals entfernt, Popschutz unterhalb des Kinns. Da hinzuschauen macht sehr schnell sehr viel Mühe für Deinen Gesprächspartner ...

5. SCHAUE DEINEM INTERVIEWPARTNER IMMER AN!
Irgendwann vergißt derjenige dann, daß Du ein Mikro hast, und fängt an zu reden ...

6. Erkläre ihm (während das Band schon läuft), wie das geht mit dem Schneiden, da wird derjenige abgelenkt. Laß Ihn ein Blick auf das Gerät hinter Deinem Rücken werfen dabei (indem Du selber kurz nachschaust - 'Das ist für die Aussteuerung verstehen Sie', danach sofort wieder Gesprächspartner Anschauen, daß dessen Blick erst gar nicht wieder zum Mikro geht ...) Verwickle ihn danach in ein kurzes belangloses Gespräch über etwas, von dem Du weißt, daß er sich da sicher auskennt... vielleicht sprecht Ihr über irgendetwas in der Umgebung, da schaust Du dann hin, und da muß dein Gesprächspartner dann auch hinschauen (Reflex, laß ihn Dir irgendetwas vorführen/zeigen/erklären, egal!)
... und dann kannst Du Deine Fragen stellen - am besten immer mit dem Zusatz '...oder WIE ist das?' , alternativ hilft auch 'Sie sagten sagten vorhin ..., können sie mir das nochmal genauer erzählen? Wie war das jetzt?'
Am besten ist es, wenn ein solcher Gesprächspartner dann irgendetwas in der Hand hält!

7. Bring Zeit und Geduld mit ... :D

CU
 
AW: Interviewfüchse

Wow, kk, das ist ja einiges,

ich hab nur einen popeligen Tipp, der aber schon oft bei Interviews
mit Funktionsträgern gewirkt hat. (O-Ton Interviews, natürlich nicht live!)

Wenn mal jemand was von "Durchführungsmaßnahmen" u.ä. schwafelt,
lasse ich ihn sein ganzes Pulver verschießen (Ausnahme: alles länger als 2 Minuten )

Dann runzle ich die Stirn es folgt ein ungläubiges, herbtrockenes

"Wie jetzt?" (Ähnlich Samy Deluxe im gleichnamigen Lied, kommt SEHR auf die Performance an)

Schwupps schon habe ich den Menschen zurück, der mir
auf derselben Augenhöhe Auskunft gibt.

probierts mal aus...
 
AW: Interviewfüchse

Guuuter Thread!

Mir ist nochwas eingefallen. Für Live-Interviews und nervöse Medienunerfahrene Gesprächspartner (Hörer :cool: )

Das funktioniert, wenn der Sender Programm auf der Warteschleife hat:


(Smalltalk)

"OK, gleich sind wir soweit. Sie hören noch etwas Musik und ich sprech Sie dann an"
(Ab in die Warteschleife, nach 5-10 sekunden zurückholen)

"Guten Morgen/Tag Herr X!"
(Paaaause)

"War nur ein Test, bis gleich"

(Die ganze Nervosität entlädt sich in einen kurzen Lacher des Gesprächspartners und er hat die Live-Situation schonmal geübt)

Vielleicht hilfts ja. Bin gespannt auf weitere Antworten.
 
AW: Interviewfüchse

Für eigentlich unspannende (weil sich formal immer wieder wiederholende) Musiker-Interviews: versucht, die Künstler aus der 'normalen' Interview-Frage-Antwort-Situation rauszuholen. Bei Fritz erprobt und für gut befunden: Das sogenannte "Fritz-Frühstück", bei dem der Mod. mit dem Künstler in einer Sofa-Ecke sitzt und eher plaudert als "abfragt". Dabei kommen oft interessante, ungewohnte Töne heraus. Kann man allerdings nur machen, wenn man in der Morningshow genug Zeit zur Verfügung hat.
 
AW: Interviewfüchse

Für mich gut bewährt, wenn ich (nach einem Vorgespräch) auf eine möglichst bildhafte Antwort hinausmöchte: Selbst mit einem grob vereinfachten Bild einsteigen. Fragen, ob ich mir das so oder so vorstellen kann. Die Antwort ist dann in den meisten Fällen ebenfalls sehr bildlich, da der Interviewpartner - bewusst oder unbewusst - in diese Schiene gerät.
 
AW: Interviewfüchse

@ darzla:

Ich find - das ist einer der wichtigsten tipps überhaupt: ich sag den mikro-unerfahrenen leuten immer: leute, wir machen hier kein interview, sondern wir führen ein plaudergespräch. ich bin die neugierige nase, sie erzählen mir, was sie so wissen.. das funktioniert ganz gut. WAS zum desaster geraten kann, und es oft auch tut, wenn die leute nicht mikro-erprobt sind: vorgespräche. oft kommt die berühmte frage: na, welche fragen werden sie mir denn stellen?? ANTWORTET da bloss nicht drauf, weil der typ macht dann nichts anderes mehr als bis zum "offiziellen" interview angestrengt irgendwelche sätze zusammenzuschustern. es wird zum kotzen klingen. ich antworte auf diese frage dann meist charmant: sie sehen's gleich, weil es geht gleich los, sobald ich die aufnahmetaste drücke"... oft erklär ich denen das auch genau so wie hier... mit dieser ehrlichkeit stoßt man dann auch meist immer auf verständnis...
 
AW: Interviewfüchse

@ radioxtreme:

Im besten Fall wird's sehr interessant. Ich hatte in meiner Prakti-Zeit Gelegenheit, Moby für einen Kurzbeitrag zu interviewen, brauchte also nur drei, vier O-Töne. Weil ich aber wirkliches Interesse hatte (Moby war damals ein kleiner Held für mich) und auch relativ gutes Hintergrundwissen hatte, entwickelte sich schnell ein Gespräch. Aus den geplanten zehn Minuten wurden fast 45, ich hatte den Eindruck, der Künstler war zufrieden. Ich war's auf jeden Fall :)
Natürlich muss man aufpassen, dass man nicht zu sehr aus der Fan-Perspektive fragt, denn das interessiert den Durchschnittshörer meist nicht. Auf jeden Fall keine Angst haben vor "Stars" oder "Künstlern", das sind auch nur Menschen, und meistens wollen sie auch so behandelt werden (Ausnahmen gibt's natürlich auch schillernde: die Gallaghers z.B. würde ich sehr ungern interviewen).
 
AW: Interviewfüchse

Also beim Oton-Nehmen laß ich fast immer ein belangloses Vorgespräch vom Stapel. Das geht bis zur Kaffeesorte am Morgen. Aber noch nichts zum Thema! UNd als seehr praktikabel hat sich meine sogenannte Bunkerknackerfrage bewährt: "Wann sind sie denn heute früh aufgestanden?" Lacht jetzt nicht! Das geht wirklich gut. Weil damit etwas Verwirrung entsteht, der Gesprächspartner muß fast immer etwas nachdenken (er will die Journalisten ja nicht anlügen) und die Leute vergessen dann nämlich zu 99 Prozent ihre bereits fertigen Sätze für das eigentliche Interview. Da steige ich dann sofort ein. Und fast immer kommen die Antworten viel lockerer. Wenn ich einen behördlichen Laberfrosch (gern Polizei) habe, der alles mit Maßnahmen, Durchführungsbestimmungen, Nahbereichserkennung usw. zutextet, dann laß ich den auch erst mal reden. Dann frage ich den Assistenten wie lang der Oton war, der antwortet: 5 Minuten (leicht übertreibend) und dann sage ich dem Interviewpartner: So, schöne Sache, war alles absolut korrekt. Aber wir haben heute nur dreißig sekunden...Fassen wir mal zusammen! geht auch ganz gut
Im Live Gespräch versuche ich dem Gesprächspartner vor allem die Gedanken an die womöglich hundertausendfache Zuhörer- oder Zuseherschaft auszutreiben. Deshalb formuliere ich grundsätzlich persönliche Fragen. Also frage immer: Erklären Sie mir doch mal warum, wieso, womit usw. Ich fordere NIE auf: Erklären sie doch mal unseren Zuschauern zu Hause...usw. dann macht fast jeder Interviewpartner zu, bzw. die Profis fangen an, kleine Volksreden zu halten und in Wischiwaschi Phrasen zu verfallen.
Für mich ist immer das Wichtigste, den Interviewpartner in eine persönliche Gesprächssituation, Gesprächshaltung zu bekommen. Dann werden die Antworten vernünftig und brauchbar.
Bei Profis (gute Pressesprecher usw.) kann man sich alle Vorgespräche sparen( wäre sogar falsch). Da steige ich sofort ins Interview ein. Das hat einen klitzekleinen Überraschungseffekt. Die erste Antwort ist dann ziemlich oft die beste. Wenn solche Leute mauern oder maulfaul sind, dann darf es auch mal eine kleine, persönliche Provokation sein. A la. "Sie haben mir jetzt also erklärt, daß tralalalalal usw. Das hört sich aber sehr ungewöhnlich an!" Wenn es garnicht anders geht, dann wird eine technische Panne vorgeschoben, und der entscheidende Teil des Gesprächs wiederholt...das geht live natürlich nicht! :rolleyes:
 
AW: Interviewfüchse

*grübel* hm.... danke radioforum, danke nomos.. also der schmäh mit der technischen panne war mir neu - aber er hat was.... :D
 
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