Nee, nee, Radlimann hat schon recht.
Diesselben Sender und Redaktionen, die vor vier Jahren noch jede Propaganda-Meldung der amerikanischen und europäischen (auch deutschen !) Nachrichtendienste ungeprüft als Aufmacher durch den Äther ge****** haben, setzen jetzt vor jede britisch-amerikanische Darstellung ein "angeblich", verweisen auf die Herkunft.
Themen, die die Vorgehensweise der Alies in besseres Licht rücken könnten, fehlen in unseren Sendungen/Zeitungen völlig (Ausnahme ausgerechnet bei den Krawallblättern BILD, B.Z. und der zugegebenermaßen konservativen, aber eben seriösen F.A.Z.).
Wenn ein Kriegsberichterstatter darauf verweist, daß die Bombenangriffe und die Bodeneinsätze dieses Mal wesentlich genauer verlaufen als in den Kriegen zuvor, die Alliierten offensichtlich stärker auf die Zivilbevölkerung Rücksicht nehmen als beispielsweise beim Kosovo-Krieg (eigentlich Krieg gegen Jugoslawien !), gehen die Moderatoren nicht weitere darauf ein -- es paßt eben nicht zur aktuellen "Kampagne".
Inzwischen höre ich wieder die Bezeichnung "Amis", und die wird in der Regel nicht aus Amerika-Liebe verwendet. Die ressentimentsbegründete Sprachverwirrung geht so weit, daß in Nachrichten und Beiträgen sogar das Unwort "Achse" in Bezug auf Berlin/Paris/Moskau nachgeplappert wird -- Nazi-Jargon ! Dafür hätte es vor kurzer Zeit noch Prügel vom Chefredakteur gegeben.
Der RBB-Reporter Jan Tönnies berichtet mit unverhohlener Symphatie von den Demos vor der US-Botschaft in Berlin, von Berichterstatter-Distanz keine Spur. Beispiel, am Tag des Kriegsbeginns : Ein Demonstrant fordert, daß Bush vor`s Kriegsgericht gestellt wird, Tönnies gibt mit den Worten "Ein frommer Wunsch in Gottes Ohr" zurück zum deutlich neutraleren Volker Wieprecht (Radio 1, Der Tag). Ähnliche Beiträge, teilweise spaßig-bunt aufgemacht, höre ich von Tönnies häufig auf Info-Radio, zuletzt Freitag in seinem Bericht über "Hupen für den Frieden".
Das ist einseitge Berichterstattung, die durch Zweifel an der Legitimation des Krieges nicht gerechtfertigt ist. Zitat "Radiotroll" :
"Zudem ist dieser Krieg völkerrechtlich nicht legitimiert, weshalb eine kritische Distanz zu den Kriegshandlungen durchaus berechtigt ist."
Das Völkerrecht wird in Bezug auf die Einmischung in innere Angelegenheiten seit dem Kosovo-Krieg nicht mehr so interpretiert wie zu Kalter-Kriegs-Zeiten. Der Vorwurf, der Krieg gegen Rest-Jugoslawien sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg gewesen, wurde von deutschen Gerichten ín einer Reihe von Prozessen zurückgewiesen, sonst säßen jetzt Schröder, Fischer und Scharping in Den Haag in den Zellen neben Milosevic.
Damals die Begründung : Ein Krieg zur Beseitigung einer menschenrechts-feindlichen Diktatur oder eines nach außen aggressiven Regimes sei durch das Völkerrecht gedeckt, eine Teilnahme Deutschlands daran im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen werde vom Grundgesetz gestattet.
Der Präzedenzfall, der das amerikanische Vorgehen im Irak rechtfertigt, ist von den Deutschen sehenden Auges mitgeschaffen worden, entgegen aller Warnungen.
Drum sollten wir das Klische "Die und Wir" aus unseren Köpfen rauslassen, wenn wir berichterstatten und im Sender informieren. Und wir sollten uns hüten, alles was "den Gegner" belastet, hervorzuheben, und entlastende Fakten wegzulassen.
Also, statt "kritischer Distanz zu den Kriegshandlungen" besser "kritische ÄQUI-Distanz zur Darstellung aller Beteiligten".
Wir wollen schließlich überparteiliche Journalisten sein, nicht Hofberichterstatter einer Friedensbewegung (?) oder der Allianz.