Irak-Krieg geht mit auf den S...

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Das Grauenhafte an "Agenturvorlesern" ist doch, dass sie gerade NICHT für's Hören schreiben. Sie schreiben gar nicht. Sie kopieren aus dpa oder AFP oder wie auch immer und lesen es dann eben vor. Kaum ein Gedanke, ob es stimmen könnte, ob man es versteht. Vorlesen eben statt selbst zu schreiben. Und da darf man sich schon fragen, ob diese Leute über das nachdenken, was sie da kopieren und lesen.

Dass der Konjunktiv in der deutschen Alltagssprache kaum noch vorkommt, ist zwar an sich richtig - aber er ist ja schließlich nicht ausgestorben!
Zudem geht es hier doch darum, ob das, was wir sagen, stimmt. Wir müssen klar machen, ob unsere Information gesichert ist oder eine Vermutung etc. Sonst werden wir unserer Verantwortung nicht gerecht, und da habe ich auch kein Problem mehr damit, meinem Chef zu erklären, dass es so sein müsse und wir andernfalls unser Nachrichtenressort schließen könnten.

Meinetwegen kann man konjunktivische Formulierungen auch anders verarbeiten. "Bagdad steht kurz vor dem endgültigen Fall. Davon ist zumindest GWB überzeugt..." Geht vielleicht auch.
Hinter dem Prinzip, so zu sprechen wie das "Volk", steht aber doch nicht, das Volk zu kopieren, sondern so zu formulieren, dass der Hörer beim ersten (und einzigen) Hören versteht, was gemeint ist. Also müssen wir den Weg finden zwischen "inhaltlich korrekt" und "sprachlich verständlich".
Und da ist der Konjunktiv eine meist verständliche Möglichkeit - wenn man mit ihm umzugehen weiß. Also Journalisten, Redakteure, Menschen mit Kenntnis der deutsche Sprache.

<small>[ 06-04-2003, 11:42: Beitrag editiert von der beobachter ]</small>
 
@berlinreporter

Du hast in Deinem Beispiel zwar mächtig übertrieben - aber prinzipiell meine ich das so.
(das Brathänchen ist im Osten eben ein Broiler-grins)

Und wie @der beobachter schrieb:
---Das Grauenhafte an "Agenturvorlesern" ist doch, dass sie gerade NICHT für's Hören schreiben. --- sehe ich auch so.

Begriffe wie Implementierung-Referendum-Richtlinienkompetenz - klingen schön wichtig, werden aber kaum verstanden

Aber es ging ja um den Konjunktiv.
Das der Konjunktiv für das erste Hören und auch Verstehen wirklich geeignet ist, würde ich in Frage stellen.

Das in einer Meldung klar heraus kommt ob Fakt oder Vermutung oder woher die Info stammt - würde ich unglesen unterschreiben.

Gruß in die Runde
 
Also, daß der Konjunktiv zwecks besseren Verstehens der Meldungen durch die Rezipienten (vulgo: Hörer) immer seltener Verwendung findet, das halte ich denn doch für eine bequeme Ausrede, ebenso übrigens, wie die Behauptung, er finde in der Alltagssprache kaum noch statt.

Grund ist vielmehr, daß die meisten derer, die sich heutzutage Journalisten zu nennen wagen, den Konjunktiv nicht mehr beherrschen, bestenfalls in der Hilfskonstruktion mit "würde" und vor allem, wie die Diskussion in diesem Thread hier zeigt, daß sie nicht zwischen Konjunktiv und indirekter Rede zu unterscheiden vermögen.

Fast jedes hier genannte Beispiel ("Mein Feund meinte, er wolle nur noch ein paar Videos holen, dann....") hat nämlich nix mit Konjunktiv, aber viel mit eben der indirekten Rede zu tun.

Beide werden denn auch gern in den Meldungen verwechselt: Statt "George Bush sagte in einer TV-Ansprache, die US-Armee habe den Flughafen von Bagdad unter Kontrolle" heißt es dann "...die US-Armee hätte den Flughafen von Bagdad unter Kontrolle".

Insofern ist es nicht die schlechteste Entscheidung, ganz darauf zu verzichten, ehe man weiterhin falsche Grammatik ins Land bläst...

<small>[ 06-04-2003, 20:49: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
@Makeitexactlyso: Genau das ist das Problem - wer es nicht kann, kann es nicht verwenden.

Und, weil mich vorher jemand der Arroganz bezichtigte: Ist es nicht arrogant, wenn Menschen, die nicht über die nötigen Kenntnisse verfügen, einfach sagen: "Jetzt ist es eben so richtig und nicht mehr wie früher!"

Es gibt in Deutschland bestimmte Instanzen, die vorgeben, was in unserer Sprache richtig ist, z.B. der Duden. Darüber sind sich auch die meisten Deutschen einig. Journalisten gehören nicht zu den Menschen, die diese Regeln ändern dürfen - ganz gleich, ob "das Volk" sie beherrscht oder nicht. Es gehört zum Handwerkszeug eines Journalisten, die Regeln zu kennen. Wenn nun jemand den Boden dieser Regeln verlässt, nur um "dem Volk" nach dem Mund zu reden, dann ist das für einen Journalisten ein Entlassungsgrund. Grammatikalische Regeln sind - genau so wie Ausspracheregeln im Radio - seine ureigene Arbeitsgrundlage - und er kann diese nicht ignorieren.

Ein Beispiel hier aus dem wilden Osten: Fast jeder spricht hier den Begriff Receiver falsch aus (rissaiwer) - soll ich das jetzt in einer Nachrchtenmeldung über DAB-T auch so machen?

Also, bitte: Wenn der Konjunktiv und die indirekte Rede nicht vom Duden oder anderen Institutionen abgeschafft werden, dann sollte man sie auch weiterhin korrekt benutzen. Und wenn ich einen Sachverhalt darstellen will, der nicht bestätigt ist, dann komme ich um die Benutzung dieser Formen nicht herum ohne die Menschen anzulügen.

<small>[ 06-04-2003, 23:24: Beitrag editiert von berlinreporter ]</small>
 
Bin ganz auf Deiner Linie, berlinreporter.

Leider meint man hierzulande schon seit langem, mangelnde Leistung am besten durch Absenkung der Leistungsanforderungen kompensieren zu können. Die Quote der Abiturienten liegt unter 50%? Machen wir halt das Abitur noch leichter! Schüler haben Probleme mit der Rechtschreibung? Also werden die Rechtschreibregeln verändert (und letztlich so sehr verwässert, daß es mittlerweile fast wurst ist, wie man manche Wörter schreibt, weil sowieso niemand mehr durchblickt, wie sie nun geschrieben werden sollten.

Das ist, als sagte (Konjunktiv!) das NOK, die deutschen Hochspringer seien (indirekte Rede!) zu schwach, um die Olympia-Norm zu schaffen, also müsse man die Norm absenken. So brächte man zwar deutsche Hochspringer zu den Spielen, diese wären aber schlicht und einfach nicht mehr konkurrenzfähig und landeten unter ferner liefen (oder sprangen). Und genauso präsentiert sich das Land im internationalen Wettbewerb - man schaue sich nur die Pisa-Studie an.

Diese, beziehungsweise die Diskussion darüber, ist ebenfalls ein gutes Beispiel: Da entblöden sich die Kultusminister und Ministerpräsidenten derjenigen Bundesländer, die besonders schlecht abschnitten, nicht, hämisch darauf hinzuweisen, daß bayerische Schüler als Deutschlands Beste international auch nur Mittelmaß sind, anstatt sich zu überlegen, wie die Situation insgesamt verbessert werden kann.

Gerade bei den Journalisten ist es aber schon seltsam, daß sie ausgerechnet in dieser Frage so wenig Sendungsbewußtsein entwickeln. In manch anderer Hinsicht sind sie da weitaus weniger zimperlich - wenn es zum Beispiel darum geht, ihre politischen Ansichten zu penetrieren. Während diesbezüglich gern so getan wird, als sei es die vornehmste Aufgabe des Journalisten, dem Volk beizubringen, was es zu denken hat, redet man in Sachen deutscher Grammatik willig dem Volk nach dem Munde.

Aber Grammatik kann man sich auch nicht so lange zurechtbiegen, bis sie einem paßt, man muß sie eben tatsächlich beherrschen.

<small>[ 07-04-2003, 00:14: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
@makeitso:

???

Mein Lieber, bei indirekter Rede gibt es keinen Unterschied zum Konjunktiv, da bei bei indirekter Rede nun mal der Konjunktiv benutzt wird. Nicht jeder Konjunktiv ist indirekte Rede, aber umgekehrt.

Duden-Homepage:

Konjunktiv: Aussageweise (Modus) des Verbs, die ein Geschehen oder Sein nicht als wirklich, sondern als erwünscht, vorgestellt, von einem anderen gesagt, nur behauptet darstellt; Möglichkeitsform, z. B. er sagte, er komme; er käme, wenn er Zeit hätte.

<a href="http://www.wissen.de" target="_blank">www.wissen.de:</a>

Konjunktiv
[der; lateinisch]
Möglichkeitsform
ein Modus des Verbums zur Bezeichnung der Abhängigkeit eines Prädikats von einem anderen. Der deutsche Konjunktiv ist formal ein alter Optativ; hauptsächlich verwendet wird er heute in indirekter Rede ("er sagte, er werde kommen") und in irrealen Bedingungssätzen ("wenn er käme,... ").

<small>[ 07-04-2003, 00:15: Beitrag editiert von HeinzSchenk ]</small>
 
Wollen wir jetzt nochmal über den Unterschied zwischen indirekter Rede und Konditional referieren? <img border="0" title="" alt="[Breites Grinsen]" src="biggrin.gif" />

<small>[ 07-04-2003, 00:18: Beitrag editiert von berlinreporter ]</small>
 
@ HeinzSchenk:

Interessanter Punkt; m.E. widerspricht sich der Duden hier aber selbst, wenn er "er komme" und "er käme" als dieselbe Form des Verbs darstellt. Wie soll das gehen?

Leider werden häufig Konjunktiv und indirekte Rede schon deshalb vermischt und verwechselt, weil sie gelegentlich dieselbe Form annehmen. Beispiel: "Er sagte, sie hätten es getan" und "Wenn sie es nur getan hätten". Das aber beweist noch nicht die Gleichartigkeit - "Das Fenster" und "Die Fenster" sind auch unterschiedliche Aussagen, obwohl die Substantivform identisch ist.

Der Konjunktiv erklärt sich auch aus seinem Namen heraus: Das lateinische "konjungere" heißt "verbinden"; ein Konjunktiv ist also notwendig, wenn das Verb in einer Verbindung zu etwas steht. Diese Verbindung ist das ausgesprochene oder nur gemeinte "Wenn": "Wenn er doch nur endlich nach Hause käme", "Käme er doch nur endlich nach Hause".

Die indirekte Rede hingegen bedarf dieser Verbindung nicht und daher sind Konjunktiv und indirekte Rede nach meiner bescheidenen Meinung eben nicht ein und dasselbe.

<small>[ 07-04-2003, 00:36: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
Nein nein nein.

Indirekte Rede steht IMMER im Konjunktiv. Er sagte, er nehme gerne drei Löffel Essig auf seine Pizza.

Konjunktiv muss nicht immer indirekte Rede sein, sondern kommt auch in der Welt der Mathematik und der Kochkunst vor: Man nehme drei Löffel Essig, gegeben sei ein rechtwinkliges Dreieck ABC.

Du meinst nur den Konjunktiv II (irreal), aber das, was in der indirekten Rede benutzt wird, ist eben Konjunktiv I. (lies es doch wirklich mal bei wissen.de nach)
 
Na gut, man läßt sich ja belehren, zumal von jemandem, der offensichtlich weiß. wovon er schreibt.

Das ändert an der Tatsache als solcher allerdings nichts: Dann verwechseln die lieben Kollegen eben nicht Konjunktiv und indirekte Rede, sondern Konjunktiv I und Konjunktiv II, was es nicht wirklich besser macht - das Ergebnis ist das selbe.

P.S.: Ist "gegeben sei ein rechtwinkliges Dreieck ABC" nicht eher ein Imperativ?

P.P.S.: Pizza mit drei Löffeln Essig? Bäähhh!!! <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" /> <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />

<small>[ 07-04-2003, 12:04: Beitrag editiert von Makeitso ]</small>
 
Um eine härtere Diskussionsgrundlage zu liefern, hier eine kurze Zusammenfasssung der Regeln zur indirekten Rede bzw. zum Konjunktiv:

- Bei der Wiedergabe von direkter Rede benutzt man in der indirekten Rede den K(onjunktiv) I, wenn die K-I-Form sich von der entsprechenden Indikativform unterscheidet (d. h. eindeutig ist).

- Bei Zusammenfall von K-I-Form und Indikativform benutzt man die entsprechende K-II-Form (auch dann, wenn diese Form nicht eindeutig ist).

- Wenn in der direkten Rede eine Konjunktivform (I oder II) benutzt worden ist, wird diese in der indirekten Rede unverändert beibehalten.

Konjunktiv I: Infinitivstamm + Konjunktivendungen
ich komme - du kommest - er / sie / es komme - wir kommen - ihr kommet - sie kommen

Konjunktiv II: Präteritumstamm + Konjunktivendungen
stark: ich käme - du käm(e)st - er / sie / es käme - wir kämen - ihr käm(e)t - sie kämen

schwach: ich lebte - du lebtest - er / sie / es lebte - wir lebten - ihr lebtet - sie lebten

Verwendung Konjunktiv I
*indirekte Rede
*modaler Relativsatz (Vergleichsatz)
*Wunsch oder Aufforderung
*Oft in mathematischen Fachtexten, in Anweisungen und Anleitungen auf Rezepten

Verwendung Konjunktiv II
*irrealer Aussage- und Fragesatz
*Oft bei Adverbien fast/beinahe, vermutlich, wahrscheinlich, vielleicht
*Zum Ausdruck von Höflichkeit bzw. vorsichtiger Zurückhaltung und Unaufdringlichkeit
*Irrealer Wunschsatz
*Irrealer Konditionalsatz
*Irrealer Konzessivsatz
*Modaler Relativsatz (austauschbar mit Konjunktiv I)
*Irrealer Konsekutivsatz

Ich hoffe, das hilft erstmal weiter.

<small>[ 07-04-2003, 19:43: Beitrag editiert von berlinreporter ]</small>
 
Um mal zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Heute sah ich im Laufband von n-tv die Meldung, daß im Kongo ein Massenmord an rund 1.000 Zivilisten entdeckt wurde. Eintausend! Zivilisten!!

Nun frage ich mich: Wo sind die Programmänderungen und Sondersendungen in Radio und Fernsehen? Wo die betroffenheitstriefenden Moderatoren? Und wo, nebenbei bemerkt, sind die Menschenketten und Mahnwachen?
 
...und nicht zu vergessen: Pupen, äh, Hupen für den Frieden! Wahrscheinlich muß erst untersucht werden, ob Amerikaner in mittelbarer- oder unmittelbarer Weise womöglich beteiligt hätten sein können und sei es nur durch Duldung, dann geht´s aber ab!
 
@ berlinreporter: <img border="0" title="" alt="[Boah!]" src="eek.gif" /> <img border="0" title="" alt="[Boah!]" src="eek.gif" /> <img border="0" title="" alt="[Boah!]" src="eek.gif" />
 
@Makeitsohardtounderstand: Was wolltest Du mir mit den Smileys sagen? <img border="0" title="" alt="[Durcheinander]" src="confused.gif" />

Und zum Kongo: Sind wohl gerade keine Korrespondenten frei - die sind alle im Irak "embedded". Immerhin - BBC ist ausführlich am Thema dran.
 
@ berlinreporter: Die <img border="0" title="" alt="[Boah!]" src="eek.gif" /> 's symbolisieren Erstaunen und Hochachtung angesichts derart geballter Grammatikkompetenz.

Eigentlich hätten auch noch ein paar <img border="0" title="" alt="[Durcheinander]" src="confused.gif" /> 's dazu gehört, weil ich nur die Hälfte verstanden habe...
 
Oh - na denn danke für den Bauchpinsel <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />

Ich hab´s übrigens nicht aus dem Gedächtnis geschrieben...
 
</font><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><hr /><font size="2" face="Verdana, Arial"> Um mal zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Heute sah ich im Laufband von n-tv die Meldung, daß im Kongo ein Massenmord an rund 1.000 Zivilisten entdeckt wurde. Eintausend! Zivilisten!!

Nun frage ich mich: Wo sind die Programmänderungen und Sondersendungen in Radio und Fernsehen? Wo die betroffenheitstriefenden Moderatoren? </font><hr /></blockquote><font size="2" face="Verdana, Arial">Die Frage muß noch erheblich verschärft werden: Wo sind die Meldungen dieses Sachverhaltes? Auf <a href="http://www.tagesschau.de" target="_blank">www.tagesschau.de</a> kein Wort, auch unter "Ausland" nichts. Tolles Informationsflaggschiff.

Freihändig tippte ich als nächstes <a href="http://www.voanews.com" target="_blank">www.voanews.com</a> , wo ich dann "nur" unten auf der Seite schauen mußte.


</font><blockquote><font size="1" face="Verdana, Arial">Zitat:</font><hr /><font size="2" face="Verdana, Arial"> Und wo, nebenbei bemerkt, sind die Menschenketten und Mahnwachen? </font><hr /></blockquote><font size="2" face="Verdana, Arial">Eine müßige Frage, da hier in Deutschland erst garkeiner von dieser Massenabschlachtung erfährt. Und das sollte wohl in der Tat zu denken geben...
 
genau das ist der springende punkt!
jahrelang ist kein mensch auf die straße gegangen um gegen die menschenverachtende politik des regiems in bagdad zu demonstrieren. kein hahn hat danach gekräht, wieviele zivilisten von sadam und seinen leuten unterdrückt, gefoltert und getötet wurden (ich wette, es waren auch tausende!!!) natürlich auch deshalb, weil das thema in den medien nie so ausführlich wie die momentane situation behandelt wurde. aber jetzt, wo die usa und england einen krieg gegen dieses land führen und dabei auch zivilisten umkommen, gibt es demos und proteste von millionen menschen! das ist die welt, in der wir leben!
schande!
 
@K6: Habe eben Tagesthemen gesehen - Kongo fand nicht statt. Dafür die Versteigerung einer surrealistischen Sammlung für 30 Millionen Euro.
 
Man könnte neben Kongo natürlich auch Tschetschenien heranziehen, Israel oder Hungersnot in Afrika oder Menschenrechtsverletzungen und Hinrichtungen rund um den Globus, Tag für Tag.

Aber, ums abzukürzen, es ist doch deutlich:

Der Angriffskrieg der USA (die selbst immer wieder von Amnesty International abgemahnt werden) hat eine andere Bedeutung, ist eine globale Bedrohung. Ich möchte nicht wissen wie locker den Nordkoreanern momentan der atomare Knopf sitzt.
Äpfel und Birnen werden bei jedem neuen Krieg, bei dem Pazifisten auf die Straße gehen, verglichen. Jedes Mal wird ihnen vorgeworfen, sie seien Heuchler, da sie bei anderen Konflikten nicht initiativ werden.
Aber ich denke, Heuchler sind eher diejenigen, die so tun als ob sie jeden Tag bei AI anrufen und alle anderen aburteilen.
Klar sterben unschuldige Menschen in allen beschriebenen Konflikten - aber man sollte sich vielleicht mal die Relationen vor Auge halten.

In privaten wie öffentlich-rechtlichen Medien werden uns Tag für Tag wichtige Infos vorenthalten - aus dem einfachen Grund: Die Sendezeit reicht bei allen wohl kaum für das ganze Ausmaß humanitärer Weltkatastrophen.
 
@ Star 69:

"Klar sterben unschuldige Menschen in allen beschriebenen Konflikten - aber man sollte sich vielleicht mal die Relationen vor Auge halten." Gute Idee:

7 irakische Zivilisten, die, weil für Selbstmordattentäter gehalten, von US-Soldaten erschossen wurden: Rund 2 Minuten Sendezeit pro Nachrichten plus nochmals 5 Minuten je Sondersendung.

1000 kongolesische Zivilisten, vorsätzlich ermordet und in Massengräbern verscharrt: 0 Sekunden Sendezeit.

Wie war das doch gleich mit den Relationen?
 
Noch was Hübsches zum Thema "Die Relationen im Auge behalten", gerade gehört in den Kurznachrichten auf "Radio Eins":

Meldung a): "Dem seit vier Jahren andauernden Bürgerkrieg im Kongo sind nach Schätzungen von Hilfsorganisationen rund 3,3 Millionen Menschen zum Opfer gefallen, mehr, als jedem anderen Konflikt seit dem 2. Weltkrieg."

Meldung b): "Ein Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders Al Djazira ist in Bagdad getötet worden."

Und nun ratet mal, welche Meldung als Aufmacher und welche als allerletzte lief...
 
Zuerst mal das hier:
Ich habe doch mit einigem Spaß die Diskussion über den Konjunktiv verfolgt (Ind., KI, KII, indir. Rede etc.) und hatte nicht erwartet, dass diese Abhängigkeiten und Verwendungen so unklar sind. Aber zur Beruhigung (oder Beunruhigung): Was ich in grauer Vorzeit im Linguistik-Seminar neben mir sitzen hatte, war auch komplett uninformiert. Und das waren Germanisten! Jetzt können wir unseren Kollegen (und Praktikanten) ja immer diesen Thread empfehlen, damit sie sich weiterbilden können. <img border="0" title="" alt="[Winken]" src="wink.gif" />

Welche Toten kümmern uns?
Ein wesentliches Problem bei der Berichterstattung über Massaker, Tote, Selbstmordattentate etc. liegt doch darin, dass wir selbst Teil der Angelegenheit sind.
Was in Nachrichtensendungen gemeldet wird, landet irgendwann beim Hörer, der reagiert (oder auch nicht) und geht auf die Straße. Vorausgesetzt, er ist betroffen - oder fühlt sich so.

Wir melden aber nach dem Prinzip: "Melde, was deinen Hörer interessiert". Es ist eben nicht so, daß Millionen Tote im Kongo hier interessieren oder betroffen machen. Meinen wir zumindest. Also halten wir uns mit entsprechenden Meldungen zurück.
Tote im Irakkrieg sind dagegen besser zu "verkaufen". Und dann gehen die Menschen wieder auf die Straße.

Die Leute gehen bei Toten im Kongo nicht auf die Straße, weil sie es nicht erfahren. Erführen sie es, gingen sie auch nicht. Oder? Also melden wir auf der 1, was sich verkauft/emotionalisiert ("Korrespondent in Bagdad getötet"). Das ist zynisch, aber es ist so.

Oder liege ich damit falsch? Glaubt ihr, die Menschen regten sich, wenn wir den Kongo ausführlich behandelten?
 
"1000 kongolesische Zivilisten, vorsätzlich ermordet und in Massengräbern verscharrt: 0 Sekunden Sendezeit."

Eine Cui-Bono-Preisfrage als Hinweis darauf, warum sowas bei voa läuft und in den Tagesthemen nicht :

Welche europäischen "Mächte" haben in diesem Bürgerkrieg ihre Finger im Spiel ?

(Dies ist eine Zuschauer-Frage, man darf auch jemanden anrufen oder googeln)

D.e.a.s.o.n.

P.S. Immer noch toller Thread, schade, daß wir nicht komplett sind.
 
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