AW: Katastrophaler Absturz von Untersberg Live
...Dem Handwerker, der Hausfrau ist an Angeboten, günstigen Einkaufsmöglichkeiten und dem lokalen Geschehen gelegen. Und nach dieser Zielgruppe richtet man sein Musikformat aus, um den Hörer beim Lokalsender zu binden.
Interessante Theorie.
Das hört sich eher nach dem sehnsüchtigen Wunsch eines realitätsfremden Marketing-Mitarbeiters eines kleinen Bayern-Lokalen an: Meine Zielgruppe sind Hausfrauen und Handwerker, meine Werbe- und Formatpositionierung besteht aus dem Bestreben, genau diese Menschen hörfunkmäßig glücklich zu machen.
Nein, nein, nein lieber Joe - so klappt das leider nicht - zumindest nicht in der Realität!
Was macht den Handwerker und die Hausfrau im Jahre 2007 glücklich?
Günstige Einkaufsmöglichkeiten? ...die gibt's beim Aldi als Heftchen oder im Internet.
Betrachtet man den Trend der Tagesreichweiten der Funkanalyse Bayern 2007 (Standort Berchtesgadener Land) genau, dann stellt man fest:
Reichweitenstärkster Sender ist ABY mit einem Zugewinn von 1,2 % verglichen mit dem Vorjahr - im ländlichen Gebiet scheinen wohl Gewinnspiele und eine enge Rotation eindeutig vor "...günstigen Einkaufsmöglichkeiten und dem lokalen Geschehen..." zu stehen.
Bayern 1 gewinnt, verglichen mit 2006, 0,2 Prozent an Reichweite - sehr mager - da sind sie also auch nicht hin, die knapp 10 % ehemaligen Untersberg live treuen Lokalhörer.
Bayern 3 freut sich im Berchtesgadener Land um einen Zugewinn von 0,8 Prozent Reichweite - vermutlich ABY-gefrustete Hausfrauen mit Hitmusik-Geschmack - ohne Interesse an lokalem Geschehen.
Wo sind sie hin, die ganzen Hörer von Untersberg live?
Wirft man einen Blick auf die gesamte lokale Radioszene im südost-bayerischen Raum, finden sich interessante Zahlen, die Zündstoff für Diskussionen rund um die Tagesreichweite hergeben:
Tagesreichweiten im Vergleich:
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(2004, 2005, 2006, 2007)
Radio Oberland ... 10,2 ... 14,2 ... 22,3 ... 24,0
Untersberg live ... 29,9 ... 28,1 ... 25,0 ... 16,3
Alpenwelle ... 11,5 ... 13,0 ... 17,7 ... 16,2
RADIO CHIEMGAU ... 28,1 ... 17,8 ... 17,0 ... 13,1
Radio ISW ... 20,1 ... 21,4 ... 22,7 ... 12,9
Radio Charivari ... 14,8 ... 14,4 ... 7,8 ... 12,6
Gibt es etwa wesentlich mehr radio-orientierungslose Zielgruppe als im Berchtesgadener Land?
Das magerste Reichweitenergebnis liefert uns Charivari Rosenheim - dicht gefolgt von Radio ISW (Landkreis Mühldorf) und Radio Chiemgau (Traunstein).
Überraschende Zahlen gibt's aus Garmisch von Delia Reich: Radio Oberland punktet und schafft als einziger Südostbayern-Lokaler eine konstante Steigerung der Reichweite.
Woher kommen diese Zahlen?
Klingt vielleicht Formatradio flächendeckend so einheitlich und abgedroschen, dass sogar Handwerker und Hausfrau zunehmend zum iPod von Sohn/Tochter greifen?
B5aktuell gewinnt 3,2 Prozent. Wollen die Menschen wesentlich mehr Information in gesprochenem Wort, keine Musik mehr?
Gibt's im Lokalradio zu wenig Gewinne im 6stelligen Eurobereich?
Vielleicht stimmt nichts von alledem - vielleicht auch alles. Ich weiß es nicht - nur soviel:
Passieren muss etwas in der südost-bayerischen Lokalradioszene, denn so kann's selbstverständlich nicht weitergehen. Was genau passiert, das wird interessant zu beobachten.
Gruß,
McRadioMat