AW: Ken Jebsen: Demagogie und Antisemitismus auf GEZ-Kosten
Wenn die Angaben von Jebsen stimmen, ist der Rauswurf reine Willkür.
Wenn sie stimmen - was bei Jebsens Faible für Viertelwahrheiten nicht unbedingt gesagt ist. Ausserdem ist der Rauswurf so oder so berechtigt. Dass (und wenn) er seltsam begründet wird, hat das vermutlich auch allem arbeitsrechtliche Gründe.
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Das andere auch Theorien über irgendeine Lobby verbreitet, ist ein Beleg dafür, dass sie stimmen? Oder wie? Verstehe ich nicht.
Es war mir eigentlich klar, daß dieser Anwurf kommt.
Das war kein Anwurf sondern eine notwendige Nachfrage. Aber nun weiss ich wenigstens, was für eine Lobby da deines Erachtens am Werke war:
An die Lobby derer, die Wert auf unkritische, kapitalismusfreundliche Medien legen.
Du meinst also, Jebsen sei wegen seiner "Kapitalismuskritik" gegangen worden. Kritik an unserem Wirtschaftssystem ist zur Zeit nun wirklich nicht tabuisiert. Vor ein paar Jahren sah das noch anders aus, auf Höhepunkt der Internetblase war Kapitalismuskritik etwas für ewiggestrige Ideologen. Heute zeigst du dich eher als Ideologe, wenn du die damals völlig hegemonialen neoliberalen Positionen predigst.
Nun meinte angeblich schon August Bebel, der Antisemitismus sei der Antikapitalismus der dummen Kerle. Egal ob das Zitat stimmt, die enthaltene Analyse ist jedenfalls richtig. Im Bild des reichen, raffgierigen, amoralischen Judens wird die Wut über negative Aspekte des Wirtschaftssystems unserer Gesellschaft personalisiert und ethnisiert. Aus strukturellen Problemen wird persönlichen Boshaftigkeit. Und weil man die Schuldigen identifiziert hat, kann man sich weiteres Nachdenken über den Kapitalismus ersparen.
Selbst wenn man die direkten antisemitischen Aussagen von Jebsen ausser Acht lässt, bleibt die Struktur seiner Kapitalismuskritik dieselbe. Irgendwo sitzen für ihn reiche Mächtige Menschen, die amoralisch und geldgierig sind und die Weltgeschichte steuern. Weil dieses Weltbild nicht deutlich anders und intelligenter als das des klassischen Antisemiten ist, nur weil die Juden nicht so eine überragende Rolle spielen, nennt man es auch strukturellen Antisemitismus. Besser, da weniger missverständlich, wäre "strukturell wie Antisemitismus". Und so eine wenig kritische Denkweise müssen sich neben Jebsen auch die ganzen anderen Truther und Verschwörungstheoretiker vorwerfen lassen.
Genau. Warum sonst hätte er den Zusatz "selbst Jude" hinzufügen müssen, wenn er sich auf Kissinger als "jüdischen Führer" bezogen hätte?
Zur Verdeutlichung, weshalb er jetzt mit Kissinger kommt?
Weil er sagte, das Problem der Juden seien ihre Führer, wie es das Problem auch aller anderen Gruppen auch sei. Und als Beispiel bringt er einen US-amerikanischen "Führer", der zwar auch im jüdischen Glauben verwurzelt ist, aber "von Juden nichts hält". Also gerade der Antityp der "jüdischen Ostküstenverschwörung".
Deine Interpretation ist abwegig. Du lässt den Satz mit Kissinger da völlig ohne jeden inhaltlichen Zusammenhang mit dem Text vorher und nachher stehen. Das wäre tatsächlich nur noch wirr. Wofür soll Kissinger da stehen, als Beispiel eines guten oder schlechten amerikanischer Führer? Ist er für Jebsen ein schlechter amerikanischer Führer, weil er sich nicht für Israel Interessen einsetzt? Dass er "von Juden nichts hält" hat übrigens nicht mal Jebsen behauptet.
Wie ich bereits schrieb: Jebsens Assoziation "ökonomisch" wird aus seiner Einstellung rühren, daß es in der Politik nur um Geld und Macht geht, nicht um Humanität. Diese Einschätzung hat er mehrfach in dieser Email deutlich gemacht. Ihm wird dieser Lapsus ebenso passiert sein, wie ich oben anstatt "Antisemitismus" das Wort "Faschismus" geschrieben habe. Jebsens Email ist ja nun wirklich kein durchdachtes Statement.
Antisemitismus und Faschismus zu assoziieren, liegt nahe. Ökonomisch und humanitär hingegen eher nicht. Du schreibst ja selbst, dass dies seinem Weltbild eher entspricht. Er hat sich also nicht verschrieben, sondern sich das Zitat bewusst oder unbewusst so zurechtgelegt, dass es ihm in den Kram passt.
Ich bin ja nun kein Verfechter der Theorie, daß Ken Jebsen generell ein Ausbund reinster Logik sei, erst recht nicht seine hier zitierte Email. Ich bin nur der entschiedenen Meinung, daß Jebsen kein Antisemit ist.
Ich weiss nur immer noch nicht, wie du zu diesem Glauben kommst. Ich vermute aus dem Glauben, ein doch irgendwie linker Kapitalismuskritiker könne kein Antisemit sein. Das ist einfach falsch und ein Blick in die Geschichte zeigt das überdeutlich. Ein Beispiel, die KPD in der Weimarer Republik:
http://phase2.nadir.org/rechts.php?artikel=630&print=#o3
Und natürlich gibt es amerikanische Konzerne, die gut am WK II verdient haben. Daneben gibt es ökonomische und im Wirtsachaftssystem liegende Gründe für die Entstehung und Durchsetzung des deutschen Faschismus. Jebsen hat sicher in dieser Email höchst schlampig formuliert, aber damit ist er kein Antisemit.
Doch, das ist er. Sonst würde er die ökonomischen Gründe nicht ausgerechnet in den USA suchen, sondern in Deutschland. Sonst würde er nicht wieder die historischen Fakten zurechtbiegen und sich aus dubiosen geschichtsrevisionistischen Quellen bedienen (und diese noch überbieten). Und er analysiert nicht das Wirtschaftssystem, sondern personalisiert schon wieder. Und er ernennt einen Juden zum Erfinder der Nazi-PR (und das ist schon die für ihn günstigste Interpretation). Und dann noch Rockefeller, Gottbeiuns aller VT'ler, gleichrangig neben den Rothschilds.
Wenn man sich einmal durch rechtsextreme revisionistische Texte gequält hat, dann erkennt man wessen Geistes Kind Jebsen ist. Und das ist doch keine Wunder, die ganze Trutherszene aus der er seine Inhalte schöpft bedient sich bei der extremen amerikanischen Rechten.
Wenn ich mich aber recht entsinne, war von Mördern die Rede.
Jebsen nannte die natürlich nicht Mörder, er sprach ganz wertfrei von höchstens 1-2 der Gefangenen, die einen Menschen getötet hätten. Wenn ich mich recht erinnere, das Video wurde aus dem Verkehr gezogen.
Wie dem auch sei, die einen wiegeln ab, die anderen bauschen auf.
Jebsen wiegelt nicht ab, der lügt einfach. Das ist nicht ganz dasselbe.
Aber selbst wenn Jebsen hier - im Gegensatz zu Uri Avnery - die richtigen Argumente nicht einfallen und er nur abwiegeln kann, macht ihn das nicht zu einem Antisemiten.
Es macht ihn nur zu einem chronischen Lügner. Und das ist eben der Unterschied zwischen legitimer Kritik an der israelischen Politik wie Avnery sie betreibt und dummer Hetze Marke Jebsen. Ersterer hält sich an die Tatsachen, letzterer phantasiert sie sich passend zusammen. Aber für Jebsens Fans geht das wohl als künstlerische Freiheit durch.