Interessant, dass die Konvergenzdebatte (da geht es um die befürchtete Verflachung der öf-re-Programme durch den bösen, bösen Einfluß der Kapitalisten, wird größtenteils von hauptamtlichen Kulturpessimisten in den Feuilletons geführt) hier von der Gegenseite aufgegriffen wird. Die beiden Mediensysteme sollen, wenn ich euch richtig verstanden habe, hübsch separiert funktionieren.
Radiohexe, ich bin deiner Meinung, dass sich die formatierten Programme der ARD qualitativ (noch) von dem Gros der Pivaten absetzen. Bei Kritikern wird häufig ein subjektiver Höreindruck verallgmeinert, der kaum objektivierbar ist. Allerdings: Das Formatradio-Prinzip ist kein Programmkonzept, sondern eine Marketingstrategie. Alles mögliche wird privatisiert, damit der Staat entlastet wird. Wenn sich also der öf-re-Rundfunk am Markt behauptet und sich zu einem nicht unbedeutenden Teil aus Werbeeinnahmen finanzieren kann, ist das doch gesellschaftlich zu begrüssen. Der Markt dient ja auch als Kontroll- und Steuerungsinstanz. Gleichzeitig werden an die Privaten Qualitätsmaßstäbe herangetragen, die sie sonst ignorieren würden. Also: beide Seiten bewegen sich aufeinander zu (mehr „Volksnähe“ bei den Öf-Re, mehr Qualität bei den Privaten), ohne völlig in einander aufzugehen.
„Es ist deutlich geworden: Gewisse Konvergenzerscheinungen der Programmangebote lassen sich bei einer übereinstimmenden Rezipientenschicht der Hörfunkanbieter nicht vermeiden. Von einer allgemeinen Konvergenz der beiden Rundfunksysteme kann kaum gesprochen werden, nachweisen lässt sie sich fast ausschließlich im Bereich der populären (Tonträger-)Musik. In den Sparten Nachrichten, Kulturprogramm (mit Feature, Radioessay, Jazz, sogenannter E-Musik, radiophoner Kunst u.ä.) und in bezug auf das Klangdesign der Sender (z.B. Tempo: Anzahl der Schnitte, Musiktitel und Elemente der Produktion oder Programmverbindung) kann – mit Blick auf die oben genannten medienwissenschaftlichen Untersuchungen nur von einer hörbaren Divergenz öffentlich-rechtlicher und kommerzieller Hörfunkanstalten gesprochen werden.“
Zitat: Frank Schätzlein: Dudelfunk-Theorie
http://www.akustische-medien.de/texte/dudelfunk.htm
Auch wenn das nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal ist: der Wortanteil bei den öf-re-Werbewellen liegt immer noch ca. 10% höher als bei den Privaten. Aber Quantität ist nicht gleich Qualität:
„Das zur Verfügung stehende Kapital wird bei diesen [Privat-]Sendern zur Verbesserung der Produktions- und Übertragungstechnik sowie zur Eigenwerbung eingesetzt, es dient nicht der Finanzierung künstlerischer Programmformen, die verhältnismäßig finanzaufwendig sind. Programminhalte werden hier nicht mehr in ihrer Eigenschaft als kulturelles Gut betrachtet und entsprechend gefördert, sie sind vielmehr nur noch ökonomische Ware.“ (Schätzlein)
Qualität muss bezahlt werden. Sicher gibt es auch ganz bedenkliche Formen von Geldverschwendung (wie das in überbürokratisierten öffentlichen Einrichtungen leider häufig der Fall ist, hier muss mal ganz kräftig ausgekehrt werden). Aber man versucht ja auch zu sparen (siehe leider gescheitertes Gemeinschaftsprogramm „Radio 3“ von SFB, ORB und NDR).
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind mediale Verbünde. Das eine Programm dient dabei als „Resonanzverstärker“ des anderen. Programminhalte mit künstlerischem Anspruch und hohem kulturellen Wert (mit niedrig scheinendem Marktwert) werden in den Medienverbund einbezogen und über die erfolgreichen (Werbe-)Programme mitfinanziert. Durch das positive Image der Massenprogramme können Minderheitenprogramme neue Rezipientengruppen erreichen, wodurch sie ihren ökonomischen Wert steigern können und auch wieder für rein kommerzielle Programme interessant werden (zumindest theoretisch). Thema KiKa: wird doch jetzt auch ein (kommerzielles) Radio für Kinder in Berlin geplant, oder?
Sollten sich nicht die privaten Sender auf die Herausforderung der werbefinanzierten Öf-Re's einlassen und statt der Abschaffung unliebsamer Konkurrenz diese als Anregung zur Qualitätsverbesserung ansehen? (also: Konvergenz in die andere Richtung)? Radio ist das meistgenutzte Medium. Eine weitere Steigerung der allgemeinen Hörerzahlen ist kaum noch zu erwarten. Der Markt ist gesättigt. Wenn also Frequenzen für Minderheitenprogramme der ARD-Anstalten genutzt werden bedeutet das, daß der Markt nicht durch mehr Konkurrenz innerhalb des privaten Rundfunksystems noch enger wird, was die Überlebenschancen der einzelnen Sender verringern würde.
Meine „Mediensozialisation“: eindeutig Sesamstraßen-Kind (wieso, weshalb, warum - wer nicht fragt bleibt dumm!). Und natürlich ‘s Urmel und die Katze mit dem Hut.