Meine Analyse der Berlin-Brandenburger MA 2003-2 Zahlen

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Radio Eins ist zu gratulieren zu ihrem enormen Hörerzuwachs. Die bei Sendebeginn mal anvisierten 100.000 Hörer rücken näher, für Herr Lehnert sicherlich späte Genugtung. Jetzt endlich scheint dass einzutreten, von dem der Wellenchef im August 1997 sprach: "... es gibt genug frustrierte Privatradio-Hörer, für die wir die Alternative sein können ...".
Die neuen Zahlen sind eindeutig: von den zehn relevanten privaten Programmen in der Region konnten nur drei Gewinne verbuchen, Spreeradio, Hundert,6 und Radio Paradiso, allesamt in den Hörerzahlen mit Abstand hinter Radio Eins. Die Spitzensender 94,3 r.s.2, BB Radio und 104.6 RTL haben verloren.
Gewonnen haben die öffentlich-rechtlichen Programme, besonders erwähnenswert der Zuwachs von infoRADIO, klares Indiz dafür, dass ein nicht unerheblicher Teil der Hörer in Berlin und Brandenburg (44 Tsd.) Wert darauf legt gut informiert zu werden.
Wie ist es nun zu erklären, dass die RBB-Programme so punkten?
Zum grössten Teil, weil sie einfach ordentliche Programme produzieren, wo man sich als Hörer wiederfinden kann. Radio Eins mit seinem Musikprogramm ist ohne Alternative, ähnlich ist es bei 88acht und Antenne Brandenburg. Und es gibt Wortbeiträge, die versuchen dem Hörer etwas näherzubringen. Mal gelingt es gut, dann wieder nicht so gut, aber immerhin es passiert wirklich etwas.
Wie sieht es bei den Privaten aus?
Rückläufige Umsatzzahlen aufgrund der schlechten konjunkturellen Lage erhöhten den ohnehin schon vorhandenen Optimierungsdruck von Seiten der Gesellschafter. Die Folge: Abbau von festen Stellen und Ersetzen durch Praktikanten oder Volontäre, Automatisierung von Abend- und Nachtstrecken, Fremdzulieferung der Nachrichten und damit Aufgabe der letzten noch erkennbaren inhaltlichen Eigenleistung. Nicht zu vergessen, der fast völlige Verzicht auf Off-Air-Promotion führte in nicht unerheblichem Maße dazu, dass Befragte aufgrund der Beliebigkeit der Programme den Namen ihres "Lieblingssenders" nicht im Kopf hatten. Die Inhalte beschränken sich mehr und mehr auf die Eigenpromotion und die Musik, beides wird allerdings als nervig empfunden ("da läuft immer dasselbe" etc.).
Es wäre wohl verfrüht von einem Trend hin zu mehr glaubwürdigen Inhalten im Radio zu sprechen, zu wünschen wäre es dem Medium allemal.
Die Macher des RBB-Hörfunks können sich gestärkt fühlen, aber es gibt keinen Grund überheblich zu werden. Die herben Verluste die fritz einstecken musste, sind nicht allein mit dem aktuellen Rückgang der Radionutzung der Jugendlichen zu erklären, Nein, da spielten personelle Entscheidungen auch eine Rolle. Der Verzicht auf Tommy Wosch war sicherlich nicht hilfreich.
 
Tolle Zusammenfassung, lieber Ex-Radiospion, nur war damals denn wirklich die Rede von anvisierten 100.000 Hörern? Es war doch so, dass Helmut Lehnert sagte, dass viele Privaten vor der 100.000er Grenze stünden und Radio EINS denen ein paar Hörer wegnehmen sollte. (Damals war die MA noch nicht per CATIA).
Bei Fritz ist sicherlich auch eine gewisse Abwanderung zu Radio EINS passiert, was nicht zu letzt auch mit der Veränderung bei den Moderatoren (z.B. Wosch) zusammenhängt.
Das viele Private sich nur noch minimal in der Auswahl der Rotations-Titel unterscheiden ist sicherlich nicht hilfreich. Absolut kein Alleinstellungsmerkmal, herzlichen Glückwunsch!Austauschbare Mods, austauschbare Claims, austauschbare Sender. Mehr is ja nich.
 
Ist zwar ser spekulativ, aber was glaubt Ihr, wie das F.A.Z. Businessradio abgeschnitten hätte angesichts des vom Ex-Radiospion konstatierten Wunsches von immer mehr Hörern, gut informiert zu werden?
 
an RayShapes:
In einem Interview für die "Berliner Zeitung" vom 21.08.1997 sagte Helmut Lehnert folgendes:

"Kann man mit einem solchen Programm ausreichend hohe Einschaltquoten erzielen? (Frage des Autors)

Das Programm soll Qualität haben, aber es ist nicht elitär. Wir werden nicht über die Köpfe der Leute hinweg reden, dafür werde ich schon sorgen. Schließlich müssen wir mit dem Programm auch Geld verdienen. Wenn wir 100 000 Hörer pro Stunde haben, wäre ich zufrieden."


an Makeitso:
Das private F.A.Z. Businessradio mit dem öffentlich-rechtlichen InfoRADIO zu vergleichen halte ich für unangebracht. Alleine die Recherchemöglichkeiten über den ARD-Pool und die höhere Anzahl von Mitarbeitern gibt InfoRADIO eine wesentlich bessere Ausgangslage als F.A.Z. das je hatte.
 
Da ich ja sowieso gerne dem Wort das Wort rede, halte ich es für denkbar, dass der Wunsch nach fundierter Information auch mit der dramatischen Haushaltslage in den beiden Bundesländern und mit der hohen Arbeitslosigkeit zu tun haben. Beispiel Brandenburg: Die Schließung von Prefil, das Drama um die Chipfabrik in Frankfurt/Oder und die Pleite der Luftschiffbauer in Forst - in Brandenburg gibt es in dieser Hinsicht nun mal nur eine Station mit lokaler Kompetenz. Und die Privaten haben ja jahrelang intensiv daran gearbeitet, den Menschen klar zu machen, dass bei ihnen mit echter Information nicht zu rechnen ist.

Zudem ist natürlich denkbar, dass in Zeiten der Werbeflaute auch die Off-Air-Aktivitäten der Privaten zurückgefahren wurden. Subjektiv habe ich zumindest in den letzten Monaten den Eindruck gehabt, von öffentlich-rechtlicher Werbung geradezu erschlagen zu werden - selbst Radio Multikulti hatte monatelang nahezu jeden Bahnhof zugepflastert. Außerdem ist der RBB seit rund zwei Jahren durch die Fusion und die Berichterstattung darüber nahezu omnipräsent. Auch wurde ständig über Verbleib oder Einstellung der ÖR-Sender geschrieben und diskutiert, was diese Sender natürlich auch stärker im Bewusstsein der Hörer verankert hat - und das soll ja Gerüchten zufolge bei den Befragungen eine gewisse Rolle spielen.

Wobei ich natürlich selbstverständlich auch die Qualität der Programme respektiere - und die für Dudelfunker belastende Musikzusammenstellung duchaus angenehm finde (solange nicht Roy Black dazwischen kommt....).

Zum FAZ-Radio: Sie hätten wohl trotzdem Probleme. Denn, als Wirtschaftsradio positioniert, ist ihr potentieller Hörerkreis weiter geschrumpft, da mangels Geld und mangels Vertrauen z.B. der Aktienmarkt für die breite Masse kein Top-Thema mehr ist. Und sobald es an die Arbeitsplätze geht und Firmen aus der Region ins Schlingern geraten, sind die anderen Sender auch am Thema dran (besonders eben die ÖR).
 
Hey - hier wird mit Niveau diskutiert. Danke an alle und besonders an Ex-Radiospion.

Ich möchte aber doch etwas provozieren. Radio 1 hat es leicht, weil das Ziel so niedrig gesteckt ist. In das Programm wird sehr viel Geld gesteckt und dafür ist der Erfolg einfach zu gering.

Das Programm muss nicht völlig anders gemacht werden, aber es sollten doch verdammt noch mal ein paar Handwerksregeln befolgt werden, um nicht gar so elitär zu sein. Ein paar Beispiele: Heute morgen der Sommerhit-Dreier: Was war daran Sommer? Drei lahme unbekannte Depristücke aus den 80gern. Wie kann so etwas passieren? Wie kann man so eine Aktion derartig konterkarieren?

Es gibt immer noch Live-Interviews, die völlig uninteressant sind, aber wirklich gestoppte Acht (!!!) Minunten lang sind!!! Gibt es denn da keine Airchecks? Keine Sendungskritik? Macht da jeder, wass er will?? Ganz schlimm: Die Profis am Samstag Morgen! Ellenlange Live-Telefonarien mit langweiligen stotternden Professoren.

Ich könnte tausende solcher Dinge aufzählen. Ich bin für intelligentes Radio und für Inhalte. Aber man muss doch das Handwerk beachten. Mit dem Geld, den Leuten, der Power muss man wesentlich mehr erreichen.

Zu FAZ:
Das Konzept war falsch. Das Programm klang öffentlich-rechtlicher und staubiger als jeder Anstaltsfunk. Die Chefs hatten keinen blassen Schimmer von Radio, besonders die Frankfurter Häuptlinge. Sie haben sich an ihrer Wirtschaftspositionierung festgeklammert, als Börsenberichterstattung für die Hörer nur noch eines bedeutete: DU BIST SCHON WIEDER ÄRMER GEWORDEN!!! Und das im Viertelstunden Takt. Anstatt Info Radio oder in München Bayern 5 da anzugreifen, wo sie verletztlich waren: Lokale Information, Service, Breaking News, schnelle moderne Radioformen.

Es ist zum Heulen, das eine Bande von Nichtskönnern jede Menge Geld in so ein Projekt versenkt hat und nun die Privatfunkszene auf Jahre wieder Angst davor haben wird, mit einem Newsprogramm auf den Markt zu gehen.
 
:mad:
Willkommen im Radioideologenforum! Manchmal finde ich es schon zum Kotzen wie hier diskutiert wird.

Ist irgendjemandem mal aufgefallen, dass Radio 1 in dem Maße zugelegt hat, wie sie sich getraut haben, ein paar Vorstöße in Richtung Mainstream zu machen? Das ist bei der Musik hörbar und nicht zuletzt bei den Mods. offenbar Programm. Die letzten Einkäufe hat R1 doch bei NRJ gemacht und nicht bei WDR4!

Auch der in Deiner, Ex-Radiospion, hervorragenden Analyse nicht einmal erwähnte Marktführer (Antenne Br) hat in den letzten Jahren das ganze Gegenteil gemacht: weniger Wort, engere Rotation als in den 90ern, weniger regionale Programme.

Was nun?

Außerdem ist es mehr als abenteuerlich ohne jede empirische Basis, mit wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu diskutieren. Vielleicht haben die Arbeitslosen im Osten ja sogar weniger Zeit zum Radiohören, weil sie so oft und lange auf dem Arbeitsamt sitzen müssen. **Ironie** Also, was soll der Unsinn.
 
@ Ex-Radiospion

Danke für die Quellenangabe, ich kann mich nur dunkel an einen Beitrag im Tipp damals erinnern, in dem das stand, was ich oben schrieb. Aber trozdem vielen Dank!

@ dudelhuber

Wer mit 8 Minuten langen Interviews nicht klar kommt, für den gibt es hier doch zig andere Sender, die ihm das Leben mit 1-3 Minuten Superduper-Weltnachrichten-Kompetenz versüßen.
Dafür, dass Professoren auch mal stottern u.ä., kann man den Sender wohl kaum verantwortlich machen. Soll denn lieber ein fachfremder Dödel interviewt werden? Selbst wenn: Jörg Thadeusz bei den Profis macht solche Defizite durch besagte Profs wieder vergessen.
Außerdem ist das nun mal die Darstellung des Lebens (und das Leben beginnt) und nicht die gelackte Scheinwelt, die manche für tolles Radio halten.
Das gleiche gilt für die Sommerloch-Titel. Die sind nämlich von hörern gewünscht und nicht aus der Rotationsmaschinerie. Auch wem das nicht passt, der hat wiederum die Möglichkeit aus diversen anderen Programmen auf breitestmögliche Verträglichkeit getestete Titel zu hören.

@ Ata

Ich fand neulich eine Aufforderung zum Anrufen bei Radio EINS ganz passend: „...vielleicht können Sie sich auch mal kurz aus der Schlange beim Arbeitsamt lösen und hier mitmachen...“
 
Ich muß Spion vollkommen recht geben.

Zitat Kenneth Yellowhammer:
"Ich sah, daß BBC und ITV Qualitätsfernsehen auf hohem Niveau machten. Also mußte es auch eine Marktlücke für billigen Schund geben"

In dieser Marktlücke tummeln sich mittlerweile zu viele.

Ich bin früher jedes Jahr nach Berlin gefahren um mich "zu inspirieren". (Also um zu klauen)

Bei meinem letzten Besuch 2001 war ich entsetzt. Ich hatte den Eindruck, daß eher die dortigen Privatsender dringend einer Inspiration bedurft hätten. Die Werbeverluste rühren nicht nur aus der Werbekrise sondern auch aus der Beliebigkeit des Mediums. Alles ist austauschbar die USP sind verschwunden, Radio wird immer unwichtiger. Warum soll ein Werbetreibender Geld dafür ausgeben, wenn niemand mehr hinhört? Schön, wenn laut MA 82000 Menschen das Radio eingeschaltet haben, wenn "mein" Spot läuft, aber wieviele nehmen den Spot überhaupt noch wahr?

Die machen mit ihren Sparprogrammen alles kaputt. Wenn ich ein paar potentielle Werbekunden anrufen würde, ob sie die Stermann und Grissemannshow sponsoren würden.....ich hätte vermutlich nach 10 Minuten die Sendung gewinnbringend verscherbelt, ein Verkaufsprofi nach 3!
 
@RayShapes

Volle Zustimmung für Deine "ergänzenden Bemerkungen" bezüglich des dudelhuberschen Beitrags.Dieser Beitrag war wichtig!

@Dudelhuber


Die Handwerksregeln (verdammt noch mal)werden hier in Sachsen
bis zur Überschreitung jeglicher Schmerzgrenzen beim interessierten Hörers befolgt-DAS IST JA DAS SCHLIMME !!!
Vielleicht sollten einfach mal die Regeln im ÖR-Bereich etwas modifiziert werden,so etwa in Richtung Wir-nehmen-den-Hörer-vielleicht-doch-etwas-ernster-als-der-private-Breifunk.
Vielleicht gibt es zu viele Regelwächter,vielleicht machen die mit ihrem Wachdienst sogar noch Kohle.
Und vielleicht sind sie gar auf dem Weg in eine Sackgasse?

Meinereiner hat sich jedenfalls richtig gefreut über das RadioEins-Ergebnis und weiß nicht erst seit jetzt,daß eine ADR-Anlage hier im Dschampgebiet unerläßlich ist.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und...

@radiowaves(falls es Dich noch gibt hier)

Ich hatte einen kompletten Systemabsturz mit Verlust aller Outlookdaten und jetzt auch eine neue Mailadresse...
 
Zum Thema Radio1 und die angepeilten Hörerschaft hörte man in der Tat in den letzten Jahren immer mal Zahlen zwischen 60.000 und 100.000, demnach müsste man mit den momentanen 85.000 also mehr als glücklich sein. Man liegt gesund in der Mitte des "Wunschtraums". Wobei die 100.000 bei der nächsten MA nach meiner Ansicht durchaus drin sein könnten. Glaubt ihr zum Beispiel, dass die Plakatkampagne neue Hörer generiert?
Ansosnten alles ruhig im Karpfenteich...
R.K.
 
Leute Leute - bitte differenziert argumentieren. Ich habe keine Lust auf idiologische Verbortheiten:

Mit Handwerksregeln meine ich nicht Liner Card Radio - das ist der Tod des Radios.

Ich meine, um nur ein paar Beispiele zu nennen:
Langweile deine Hörer nicht!
Drücke dich präzise aus!
Rede nicht arrogant an Ihnen vorbei, beziehe die Hörer ein und nehme sie ernst.
Sei nicht zynisch, ironisch - weil das im Radio nicht funktioniert.#
Benutze die Vielfalt der Radioformen, nicht nur das Interview!
Setze Töne und Sounds ein, weil sie spannend sind und Farbe reinbringen.
Spiele Musik, die deine Hörer wollen!
Plane Aktionen sorgfältig und führe sie sauber aus.
Mache mit deinen Moderatoren regelmäßige Airchecks, damit sie Demut vor dem Hörer lernen und nichtg abheben.

Und ich meine, das zu viele dieser Regeln bei Radio 1 verletzt werden.
 
@ dudelhuber

Sorry, aber DU hast ja die Beispiele (prof., Musikwünsche) oben gebracht. Also bezieh ich mich darauf!
 
Begrüßung !

Wirklich sehr interessante Ansätze in dieser Diskussion. ( Nahezu einmalig geworden hier, leider ) Nur schade das diese - zumindest aus meiner bescheidenen Sicht - zumeist elendig hinken.
Radio 1 als - im weitesten Sinn - Qualitätsradio zu bezeichnen,
im besonderen im Vergleich zu den "großen" Privaten, halte ich für sehr gewagt.
Ohne die Zahlen genau zu kennen, aber allein das Programm-budget von R1 dürfte dem Niveau von 104.6 ( nehmen wir mal Herrn Müllers Gehalt nicht dazu :), BB Radio und dem von 94.3RS2 zusammen entsprechen. Allein der Etat für City-Lights usw. ist selbst für Marketing-Krieger nicht drin. Und gemessen an den Aufwendungen, werte Kollegenschar, ist dieses Ergebnis kein wirklicher Erfolg. Aufwand und Nutzen im Verhältnis betrachtet.

Nun mag man(n) ins Gewicht werfen, dass eine ÖR Anstalt KEINEN
Wettbewerbsdruck - weil Refinanzierung - hat, da ja "nur" ein Programmauftrag, nämlich den der Grundversorgung, zu erledigen ist. Gehören dann aber auch "hörerfangende" Aktionen oder auch nur "Werbung auf Plakaten" zu diesem Auftrag ?
Zumal dieser ja zwangsweise von uns allen entrichten werden sollte. Diese Frage stellt sich aber nicht nur bei den Potsdamern.

Die Hallenser Jump-Leute, oder die Leipziger "MDR 1er" gehören auch zu dieser Spezies, die scheinbar endlos gefüllte Marketingkassen haben. Soweit ich das verfolgen konnte hingen da über Monate hinweg Poster, City Lights, Blow Ups usw.

Und dass, obwohl sich der MDR schon wieder ein Minus aus "nicht tatsächlich öffentlich-rechtlichen Spekulations- und Immobiliengeschäften" vorrechnen lassen musste, war unlängst zu lesen.

Interessant ist / war es zu beobachten, dass mit dem Rückgang der großen Werbeetats auch die "Investitionen" der Privaten
in Öffenlichkeit und Programm rückläufig wurden. Ein Trend der subjektiv betrachtet, sehr oft bereits vor der "rezessiven Phase" eingesetzt zu haben schien. aber das ist ein anderes Thema.

Die ÖR-Anstalten hingegen haben die bis zu 40% starken Einbrüche in der Werbeindustrie scheinbar lächelnd weggesteckt.
Kürzungen gibt's und gab es nicht. Warum auch ? Da werden alte Bestitzstände verteidigt, Positionen lieber doppelt besetzt, oder gleich neue geschaffen, damit auch ja niemand, ob fähig oder nicht, auf seine B-Stellen verzichten muss. Kein Neid.
Aber nur so ist zu erklären, dass ein ÖR-Sender bis zu 3 x mehr Personal vorhält, als - wenn überhaupt vergleichbar - ein vergleichbarer Privater.
Das erklärt dann auch mal die Zeit für einen "8-Minüter" ( "... das trägt..." ) weil ja zwei ( manchmal auch drei ) Redakteure ( Volos gibt's da nicht ) den Telefonpartner akquiriert haben. ( der im übrigen im Telefonbuch stand ) Deren Mühe soll nicht umsonst gewesen sein, denn 1. gäbe es schlechte Stimmung später in der Weinstube, oder 2. der Vorfall käme vor den Diskriminierungssausschuss der Frauenbeauftragten.

Keine Frage, allein die Herren Skupin und Wiebrecht sind ganz sicher sehr talentierte Persönlichkeiten, die es wirklich verdienen den Begriff "Moderator" im Berufstitel zu tragen ( Wobei beide - soweit ich weiß - "Journalist" bevorzugen ). Allein die Tatsache,
die beiden verpflichtet zu haben, spricht für den R1 -Verantwortlichen H.Lehnert.

Es wäre sicher kaum - im positiven Sinn - auszuhalten, wenn diese beiden mal "modernes Radio" machen müssten / dürften. Ein Experiment, aber ein lohnendes. Die beiden anstelle des sich mittlerweile selbst überholenden morgendlichen Sigmatismus von 104.6 RTL. Spannend. Aber wer getraut sich soetwas. Wahrscheinlich würden es die beiden selbst nicht wagen. "Auf Zeit sprechen ?", "Kommerzscheiße spielen?" "Werbung ?" "Pfui !".
Oder anders herum:
Wenn R1 mit der notwendigen Professionalität aktueller Radiorealitäten umgehen könnte, dann müssten sich viele große Private ernsthaft Gedanken machen.

Und der Kollege Lehnert und seine B- und C- Stellen wären gut beraten sich diesen Realitäten zu stellen. Entweder den selbstgesteckten "elitären"Programmauftrag erfüllen und dabei nicht auf die Quote schielen und sich entsprechende "privatverkommende Hilfsmittel"zu eigen zu machen, oder ein entsprechendes hochwertiges Live-Style Produkt zu produzieren, welches eine potentielle Zielgruppe - und nicht ausschließlich die "B-Stellen-Fraktion" und ohne Kompromisse anspricht, oder einfach nur - abtreten.

Mir geht nur diese Argumentation auf den Zeiger, die ständig den Vergleich ÖR vs Privat anführt. In diesem Fall - zugegeben - mehr anhand einer ÖR Anstalt.
Über die Privaten könnte man nicht minder erschreckende exemplarische Beispiele ( Bsp. zweckfreie Unternehmensphilisophien ) anführen, klar. Würde aber den Rahmen jeder Ausführung noch mehr sprengen.

FAZ und Info zu vergleichen ( ein "Vorschreiber(in) hat bereits darauf verwiesen ) ist nicht wirklich fair. Was kostet Info, was hat FAZ gekostet. Wer von beiden muss(te) Geld verdienen, wer verdient(e) welches ? Der Vergleich hinkt, das ist mein Thema.

Vergleicht 94.3 und 104.6 RTL auf gleichem Niveau, aber nicht
( zB. ) BB Radio mit Antenne Brandenburg. Obwohl es auch wieder interessant ist, dass "umso mehr Styling im Programm" auch die ÖR in der Nutzergunst steigen.

Und zum Schluss eine Prognose:

Die ÖR greifen sich verstärkt die "Alten", weil diese von den Privaten nicht "verkauft" werden können und daher von diesen sträflich vernachlässigt werden. Folge: Die Nettozahl steigt.
Das hat man bei Antenne Brandenburgs BCI rechtzeitig erkannt. Auch 888 setzt auf das 59plus Segment und gewinnt.

Weitere Folge: Bei einem Durchschnitsalter jenseits der 50 ist zwar - momentan - kein Geld zu verdienen, aber das ist nicht nötig Aber auch diese Hörer - sorry - sind irgendwann ( das ist Biologie ) nicht mehr da. Und was dann ? Das die dann 50jährigen noch immer Scott McKenzie hören wollen, ist nicht wiklich anzuhnehmen. Traurig: Wieder weniger Hörer, weil nicht weit genug gedacht. Das hatten wir doch schon mal, als die Privaten noch der Meinung waren "59plus" vermarkten zu können.

Das ist zumeist das Problem: ÖR-Sender denken nicht im Voraus.
Private denken meisten gar nicht, aber sie planen. So wie im BWL Studium gelernt, bei der Erstellung des ersten Buisiness-Plan. Die ersten 3, dann fünf, Abschreibung auf 10 usw.

Oh, ist ein wenig länger geworden. Sorry dafür. Ach so, ehe jemand in meinen Ausführungen eine persönliche Abrechnung mit R1, dem dortigen Wellenchef, den Privatradios, oder gleich der ganzen Radiowelt zu erkennen glaubt, nee - is' nicht, ganz im Gegenteil. Es gibt nur Sachen, die man auch mal aussprechen sollte und heute waren mal die Potsdamer dran. Die anderen kommen auch noch ... :)


Gruß in die Runde


BBT
 
@ mehrere:

Ich habe FAZ-Radio doch gar nicht mit Info verglichen, mir ist selbst klar, daß das hinken würde. Ich habe nur gefragt, wie FAZ nach Eurer Ansicht in der aktuellen MA abgeschnitten hätte, wenn es denn noch existierte, und ob es Info nicht doch den einen oder anderen Hörer gemopst hätte.

Und darauf hätte ich immer noch gern eine Antwort.
 
Freut mich, wenn ich hier zu einer niveauvollen Diskussion beitragen kann.

an dudelhuber:
Ich bin der Meinung Radio Eins könnte besser gemacht werden. Es tut sich da aber offensichtlich ein schier unüberwindbares Problem auf, an dem Herr Lehnert zu knabbern hat. Er möchte, dass seine Moderatoren so authentisch wie möglich rüberkommen. Da ist es natürlich nicht angebracht zu reglementieren, sprich anzuweisen, wie was zu machen ist. Nun könnte er sich mit jedem einzelnen Mitarbeiter zusammensetzen und ihn von gewissen "Handwerksregeln" persönlich überzeugen. Damit ist Herr Lehnert entweder gescheitert oder er hat es gar nicht erst versucht, weil es zu aufwendig wäre. Beides kann ich mir gut vorstellen, weil ein nicht unerheblicher Teil der Mitarbeiter schon zwanzig oder mehr Jahre in diesem Business tätig und nicht mehr so einfach für neue Ansichten zu begeistern ist.
Muss man das nun zwingend schlimm finden? Ich denke Nein.
Wenn, um auf Dein Beispiel zu sprechen zu kommen, acht Minuten Interviews mit irgendeinem Professor laufen, dann kann dass sicherlich anstrengend für den Hörer sein. Dass Du es nun völlig uninteressant fandest muss ja nicht heißen, dass es allen anderen Hörern genauso ging. Und wenn Du Dich nun darüber ärgerst, ist dass für das Programm und seine Bekanntheit auch von Nutzen. Es wird ja sicherlich für Dich auch einen klaren Einschaltgrund gegeben haben. Ich nehme mal an es war die Musik. Da gibt es zwar ebenso immer mal wieder was zu bemängeln. Letztens hörte ich z.B. Eminem. Da habe ich mich maßlos drüber geärgert. Aber drangeblieben bin ich trotzdem, weil ich gespannt auf den nächsten Titel war. Okay, ganz so lief es dann in meinem Kopf doch nicht ab. Ich war eher zu faul umzuschalten. Und ich wüsste auch nicht so recht wohin. Radio Eins ist eben schon ein bißchen wie das reale Leben, und das gefällt einem ja bekanntlich auch nicht immer.

an BBT:
Ich verstehe nicht so ganz auf was Du in Deinen Ausführungen hinauswillst.
Zitat am Ende: "Es gibt nur Sachen, die man auch mal aussprechen sollte und heute waren mal die Potsdamer dran. Die anderen kommen auch noch ..."
Das riecht nach Generalabrechnung, der Sensemann lässt grüssen. Was soll das?
Die öffentlich-rechtlichen müssen sich ob sie es wollen oder nicht dem Wettbewerb mit den Privaten stellen. Einerseits weil sie sich teilweise auch durch Werbung finanzieren, die vermarktet werden muss und zum Anderen, weil sie aus den MA-Zahlen natürlich auch ihre Legitimation ziehen. Dass sie dabei auch auf Mittel zurückgreifen, die erst durch die Privaten populär wurden (massive Off-Air-Promotion) halte ich daher für legitim.
Desweiteren würde mich mal Deine Definition vom "modernen Radio" interessieren. " 'Auf Zeit sprechen ?', 'Kommerzscheiße spielen?' 'Werbung ?' " Alles klar.
Du schreibst weiter: "Wenn R1 mit der notwendigen Professionalität aktueller Radiorealitäten umgehen könnte, dann müssten sich viele große Private ernsthaft Gedanken machen." Meiner Meinung nach haben wir die Situation schon, und das ist auch gut so.
 
@Makeitso: Meine Meinung zu FAZ heute findest Du weiter oben.

@Ex-Radiospion: Ich halte es nicht für legitim, dass ÖR auf Gebührenmittel für Off-Air-Promotion zurückgreifen - dieses Geld ist fürs Programm und sonst nix. Wenn Sie über Werbung etwas erwirtschaften und es in PR stecken, soll es mir recht sein. Aber wenn Radio Multikulti die halbe Stadt zupflastert und wohl eher keine Werbeeinnahmen hat, dann wird mein Konto richtig sauer - und ich werde es auch.

@BBT: Du sprichst mikr teilweise durchaus aus dem Herzen - aber versteher ich Dich richtig, dass jeder, der ein Publikum jenseits der 49 anspricht, bescheuert ist und nicht planen kann? Ist nicht genau so etwas u.a. eigentlich der ör-Auftrag?
 
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