• Diese Kategorie ist für Diskussionen rund um die Programminhalte der Sender gedacht. Über Frequenzen und Empfang kann sich unter "DX / Radioempfang" ausgetauscht werden.

Mitwirkungsmöglichkeiten über die Rundfunkräte

Falsches Feindbild. Es waren und sind die smarten jungen Manager- und Beratertypen (Betriebswirte, Juristen, Medienirgendwasisten), die in die Branche fluten und den eingeschnarchten Boomern ebenso wie den von Dir zitierten "Mitvierzigern" mal zeigen, wie man ein Radioprogramm effizent, rentabel und MA-tauglich macht.
Irrtum. Nicht die Manager und Berater haben zwanzig Jahre Stillstand produziert. Wenn die größte inhaltliche 'Weiterentwicklung' im Abschaffen der Begriffe Vita, Meridian, Prisma und Metro (sind ja sowieso viel zu intellektuell für das angestrebte Publikum) sowie im Rückholen von zwei altgedienten hr3-Moderatoren ins hr1-Programm besteht, dann sagt das eine Menge über die nicht vorhandene Wandlungsfähigkeit eines Hörfunkprogramms aus.
 
Wohin soll es sich denn Deiner Meinung nach wandeln? Bin wirklich an einer Antwort interessiert, die über das Boomer-Dissing und deren vermeintliches Bremsklotzverhalten hinausgeht.
 
Ich glaube nicht, dass es darauf hinaus läuft.
Das glaube ich auch nicht, das war natürlich überspitzt formuliert. Denn das wäre ja letztendlich das Eingeständnis: Man produziert ein Produkt, dass möglichst billig sein muss. Mehr nicht.

Und was kann noch billiger sein als ein Programm, das fast nur noch Musik dudelt? Da kann man Jingles noch und noch senden, man mache "Radio für das Land". Wenn die gesprochenen Inhalte sich nur noch um Musikklatsch drehen, ist das Programm am Ende. Fans, die Radio nur als "Musikprovider" verstehen und deswegen schätzen, sehen das natürlich anders.

Es gibt zwei Vorwürfe, die dem ÖR in jüngster Zeit massiv und immer wieder gemacht werden. Zum Einen mangelt es angeblich an Ausgewogenhei, da wo noch Wort "passiert" - eine Meinung, die ich nicht teile. Zum Anderen klagen die, die gar nicht mehr einschalten, dass im Radio oft nur noch Musik - egal welche - gedudelt wird. Was zweifellos stimmt.

Man soll sich bloß nichts vormachen: Wenn sich die politischen Verhältnisse in eine gewisse Richtung ändern, was hoffentlich nicht passiert, wird es SWR1,3,4 und seine Pendants in Hessen, Bayern usw. bald nicht mehr geben. Und es ist schwer, für ein Programm einzutreten, dass nur ein paar Musikfans begeistert, sonst aber nichts mehr zu bieten hat.

Falsches Feindbild. Es waren und sind die smarten jungen Manager- und Beratertypen
Na, da habe ich meine Zweifel.

Ich glaube eher, man möchte den vermuteten "Hörgewohnheiten" entsprechen. Und die lauten: Radio nur noch als Hintergrundgedudel oder in Form von schnellen, kurzen Informationen (auf den Info-Kanälen).
Wer mehr will, hört Podcasts im Netz.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Wohin soll es sich denn Deiner Meinung nach wandeln? Bin wirklich an einer Antwort interessiert, die über das Boomer-Dissing und deren vermeintliches Bremsklotzverhalten hinausgeht.
Ich bezweifle, dass da jetzt noch was zu retten ist - der Zug ist schon weg.

In diesem Forum wird aus differenzierten Statements leider oft ein Strohmann-Argument gepickt, um unliebsame Meinungen vom Tisch zu kriegen. Daher in Kurzform nur zwei Dinge, die hätten passieren müssen. Nicht auf einmal, sondern kontinuierlich:

1. Abschied vom rein rückwärtsgewandten Image als Alterungsbegleitprogramm. Slogans, die das Programm in den letzten 20 Jahren repäsentierten: "Gib mir das Gefühl zurück?" "Spielt die Originale?" "Und das Gefühl ist wieder da?" "Die schönsten 80er?" Wer unter 45 kennt die Herren Reinke und Koschwitz als Sendergesichter überhaupt?
Konstruktive sinngemäße Vorschläge (bin kein Werbetexter): "hr1 - hier gibt's mehr" oder "hr1 - bringt dich weiter", "hr1 - zusammen nach vorne", "hr1 - die Welt in deinem Radio". Es gibt noch andere menschliche Grundbedürfnisse, als sich alternd in Erinnerungen von früher einzuigeln. Zumal das für Leute, die heute 50 oder 60 sind, nicht die Primärbeschäftigung ist.

2. Fokus auf intellektueller, weltoffener, wirtschaftlicher und regionaler Kompetenz. Der hr hat Korrespondenten und Studios in Madrid, Brüssel, Los Angeles, Rabat. Kompetente Nachrichtenredaktionen. Regionalstudios über Hessen verteilt. Einen ganzen Senderverbund mit Korrespondentennetz im Backend. Bestimmt gibt es einen Haufen Menschen in Frankfurt, die für diesen Sender brennen.
Und dann ist aktuell das große Thema in der wöchentlich einzig verbliebenden Magazinsendung abseits des Fußballs namens 'dolce vita': Der Herbst kann so schön sein. Und noch schöner wird er, wenn es was Schönes zu essen gibt. Essen für die Seele. Wir stellen ein Kochbuch, vor. Der Kürbis in einem Pflanzenlexikon. Trüffel, die bald aus Hessen kommen sollen.
Fehlt nur noch der große Angebotsvergleich von Sterbeversicherungen. Ich bin selber Anfang 50, und soll ich dir sagen was ich tu, wenn ich Kürbis kochen will? Ich geh ins Netz und besorgt mir das am Besten bewertete Rezept, zur Not von Marion. Eine dreistündige Hörfunksendung mit den o. g. Themen geht an meiner Lebenswirklichkeit unfassbar vorbei. Was soll das in hr1? Ab nach hr4 damit, dort hören vornehmlich Menschen, die genau diese Dinge spannend finden, und die sich bewusst und gern die Zeit dafür nehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
@tchibo:
Na, da haben wir doch immense Schnittmengen in unserer Auffassung. Ich mit meinen bald 68 Jahren stimme Dir mit Deinen 50 in weiten Teilen zu. Also scheint es doch nicht so sehr eine Frage des Alters zu sein, sondern die Art der Erwartungshaltung an das Radio - generationenunabhängig. Mein jüngster Radio-Bekannter ist noch nicht mal 20. Der lechzt nach einem gut gemachten, feuilletonistisch-informativ geprägten Programm fern von Kürbisrezepten.

Bleiben wir bei diesem Beispiel. Kürbis! So etwas fand in hr1 in den 80ern und 90ern nur in "Haus und Garten" statt, einer 10-minütigen Landfunk-Sendung vor den 10-Uhr-Nachrichten. Auch als die Generalausrichtung unter Jan Metzger Richtung Info-Radio ging, blieb der Kürbis außen vor. Im Gegenteil: Man etablierte Sendungen wie "Der Tag" oder die journalistischen Morgenstrecken oder "Thema" am Vormittag.

Der Kürbis kam dann Jahre später mit den Servicesendungen rund um Kochtopf und psychologische Lebenshilfe. Ab da fand "Info" nur noch auf hr-iNFO statt (im Grunde ein gutes Alibi für die sanfte Verflachung des ehemaligen Flaggschiffs hr1). "Wer politische Information will - tiefergehend als die stündlichen Weltnachrichten - schalte bitte um. Wir machen Kürbis."

In diesem Thread wird immer wieder die Utopie aufgemacht, man könne über den Rundfunkrat Einfluss auf die Generallinie eines Programms (in diesem Fall hr1) nehmen. Das ist Illusion. Letztendlich ist ein Radioprogramm im Jahr 2025 nicht die Aneinanderreihung von Gremien-Entscheidungen, sondern die knallharte Ausrichtung nach Beraterempfehlungen, wie sie Mannis Fan oben beschrieben hat - akustische Edelsteine wie "Reinke am Samstag" mal ausgenommen.

Ich bedauere das sehr, weil ich das Programm selbst über viele Jahre mitgestaltet habe, allerdings nie an den "Schalthebeln der Macht". Und ja, auch ich habe Kürbisrezepte verlesen, diese Art der Hörerbetreuung aber nie auf die ganze Welle ausgedehnt.
 
Hier mal ein paar Themen, die mich aktuell bewegen, und die ich mir im Hauptradiogramm des hr in den kommenden Wochen dringend wünschen würde:

a) Die Entwicklung des Arbeitsmarkts, besonders hinsichtlich Ausbildungsstellen für meine Kinder. Denn der Markt kippt gerade. Der hr hat die Wirtschaftskompetenz. Man munkelt, auch hessische Hörerinnen und Hörer haben Kinder, über deren Zukunft sie grübeln. Wenn man Leute zwischen 35 und 55 ansprechen will: Deren Kinder verlassen jetzt die Schule.
b) Dolce Vita: Wohin mit der Family in Urlaub? Sind klassische Urlaubsländer wie Spanien und Griechenland bei Temperaturen jenseits der 40 Grad überhaupt noch geeignet? Im Sommer zu heiß, im Winter zu stürmisch? Urlaub dort nur noch im Mai und im September - und was machen Familien mit Schulkindern? Billigfliegen in den Urlaub vermeiden? Zu welchen Kosten, und mit welchem Zeitaufwand? Sind deutsche als Urlauber dort überhaupt noch willkommen?
c) Dolce Vita: Mal was neues! Weihnachtsgebäck in der EU: Mantecados, Krimkaker, Melomakarona. Weihnachtssymbole abseits des klassischen Christbaums: Madeiros, Caganer und geschmückte Schiffe. Über Weihnachten in den Urlaub: Wo feiert sich das Fest und der Jahreswechsel am aufregendsten? Wahrscheinlich kommt stattdessen wie jedes Jahr nach dem Kürbis das Rezept für Spritzgebäck und Lebkuchen, und fertig. Dieses Jahr dann mit bunten Zuckerstreuseln.
d) Los Angeles nach den große Bränden: Wo steht Kalifornien aktuell? Welche Lehren hat man gezogen? Nachdem der Täter gefasst ist: Müssen wir mit Brandstifung leben lernen? Bleibt die Westküste der USA langfristig bewohnbar? Der hr hat dort Korrespondenten - Infos aus erster Hand sollten damit zu kriegen sein.
e) Zwei Jahre Schwarz/rot. Was wurde aus der Schwerpunktverlagerung der Landesregierung? Aus Umwelt wurde Landwirtschaft, aus Sport wurde Heimat. Welche Folgen hat das für die Menschen, für die nachgeordneten Behörden, für ehemals oder jetzt neu geförderte Organisationen und Stellen?

Wenn sich der hr vom Privatfunk unterscheiden möchte, dann mit sowas. Und Slogans haben eine Wirkung. Der aktuelle Slogan sagt alles zur Frage, wo man hin will: "Einfach gute Musik" - mehr harmony.fm-Niveau in drei Wörtern geht nicht. Und die haben eine Redaktion aus genau einer Person.
 
In diesem Thread wird immer wieder die Utopie aufgemacht, man könne über den Rundfunkrat Einfluss auf die Generallinie eines Programms (in diesem Fall hr1) nehmen. Das ist Illusion. Letztendlich ist ein Radioprogramm im Jahr 2025 nicht die Aneinanderreihung von Gremien-Entscheidungen, sondern die knallharte Ausrichtung nach Beraterempfehlungen
Welche anderen Möglichkeiten gibt es denn für den normalen Hörer?
Was würde disruptiv wirken?
 
Hier mal ein paar Themen, die mich aktuell bewegen, und die ich mir im Hauptradiogramm des hr in den kommenden Wochen dringend wünschen würde:

Wenn mich ein Thema "bewegt", dann google ich Infos, suche mir entsprechende Podcasts oder Dokus oder frage die KI. Dann warte ich nicht 14h am Tag während meiner Wach-Phase darauf, dass möglicherweise eines dieser Themen zufällig auf genau dem Sender angesprochen wird, den ich gerade eingeschaltet habe.

Wenn alle hunderttausend Hörer eines Senders den ganzen Tag darauf warten, dass genau ihr Wunsch-Thema auf genau ihrem eingeschalteten Sender läuft, dann hast Du rein statistisch auch bei einer völlig veränderten Programmierung mit höherem Wortanteil und viel Magazin mindestens 99.900 enttäuschte Zuhörer!

Die meisten Radiosender sind Tagesbegleitprogramm, auch für intellektuell interessierte Hörer. Die schalten ihren Lieblingssender beim Frühstück für die aktuellen Nachrichten und Einordnungen der weltpolitischen Ereignisse der Nacht ein und vielleicht nochmal auf dem Nachhauseweg im Auto, um einen kurzen Abriss des Tagesgeschehens im Inland zu bekommen. Information in der Tiefe läuft über Podcasts beim Joggen oder die KI-/ Internetsuche, wenn ein Problem akut ist!

Wenn man für Information und Bildung nur ein begrenztes Zeitbudget hat, möchte man dieses nicht nach dem vorgegebenen Takt eines Redakteurs einsetzen müssen, sondern dann, wenn man es gerade entbehren kann!

Wer mehr Muße hat (Rentner?) hört dann auch vielleicht mal einen Sender mit mehr Wortanteil über mehrere Stunden und freut sich über ein bisschen Welt- oder klassische oder Jazz-Musik und wartet geduldig auf das eine Interview oder Feature, das einen interessiert.
 
Du erklärst gerade, warum Radio heutzutage aus dem Kreis der relevanten journalistischen Medien ausgeschieden ist. Ich stimme Dir sogar zu, was das Nutzerverhalten betrifft. Man hat sich seine Hörer aber systematisch so erzogen.
Was ist eigentlich so schlimm daran, wenn mir im Radio bisweilen ein Thema begegnet, mit dem ich nicht gerechnet habe, das ich vielleicht bis dahin nicht kannte, oder dessen Bedeutung mir nicht klar war, weil ich dem Thema mal den Stempel "interessiert mich nicht" aufgedrückt habe? Sind wir schon so reduziert und konditioniert, so aufnahmeunfähig, dass wir lieber gar nichts mehr wissen wollen als etwas, was uns vielleicht nicht Prio eins interessiert?
Es sieht danach aus. Aber öffentlich-rechtliche, gebührenfinanzierte und mit einem Versorgungsauftrag ausgestattet Sender müssen das ja nicht auch noch befördern und verschlimmern, sondern sie sollten stattdessen etwas bieten, was dem Anspruch, mit dem sie so gerne hausieren gehen, auch einigermaßen gerecht wird.
 
Die meisten Radiosender sind Tagesbegleitprogramm, auch für intellektuell interessierte Hörer
Die "ntellektuell interessierten" Hörer, die sich wirklich informieren wollen, schalten z.B. morgens den DLF ein, nicht den Sender mit "den größten Hits aller Zeiten"!
Die meisten Radiosender sind Tagesbegleitprogramm
Und das muss flach sein, ausschliesslich aus Musik bestehen, und Themen stören nur?
Wenn man für Information und Bildung nur ein begrenztes Zeitbudget hat, möchte man dieses nicht nach dem vorgegebenen Takt eines Redakteurs einsetzen müssen, sondern dann, wenn man es gerade entbehren kann!
Sorry, der Satz gibt keinen Sinn. Meinst Du das jetzt aus Sicht des Hörers? So nach dem Motto: Ich habe am Samstagabend keine Zeit, deswegen brauchen wir auch keine Sportschau im TV?
Wer mehr Muße hat (Rentner?) hört dann auch vielleicht mal einen Sender mit mehr Wortanteil über mehrere Stunden
Die klassische Argumentation, mit der Flachfunk verteidigt wird: Neue Hörgewohnheiten! Nur noch Hintergrundgedudel, vermischt mit ein wenig Boulevard und ein paar Pop-Histörchen, für den, der Nachrichten sucht, die schnelle, kiurze Information auf der Infowelle - ansonsten: Schaltet Podcasts ein!

Die logische Schlussfolgerung: Man kann die Programme ganz abschalten! Denn für ein Programm, wie es auch in Fahrstühlen oder im Kaufhaus im Hintergrund läuft, lassen sich wirklich keine Gebühren rechtfertigen!
 
@yra: Wenn Du so selektiv arbeitest und Dir aus dem Nichtlinearen nur das raussuchst, was Dir als Information zu pass kommt, bleibst Du zwingend in Deiner Bubble (nicht Du persönlich, sondern allgemein der Mediennutzer).
Nur lineare Programme mit ihrem "fließenden" Informationsangebot bringen Aspekte, vielleicht auch Denkanstöße, denen Du in der eigenen Echokammer kaum begegnen würdest.
Was die aktuellen linearen Programme allerdings aus dieser unglaublichen Chance der Daseinsberechtigung machen, steht auf einem anderen Blatt.
 
Das erinnert mich an etwas, was mir vor ein paar Jahren jemand von einer Uni in den USA erzählt hat (könnte genauso gut irgendwo anders spielen): Dort hat man die Studenten, die sich im Wohnheim ein Zimmer teilen sollten, mittels Algorithmen durchleuchtet und einander passgenau zugeordnet. Um irgendwann festzustellen, dass sich niemand mehr mit Menschen aus anderen Kulturen, mit anderen Meinungen, anderen Weltanschauungen, anderen Werten, anderen Erfahrungen auseinandersetzen musste - ein unglaublicher Nachteil in der Entwicklung von Geist und Persönlichkeit.

Aufs Radio übertragen: Die interessantesten Einblicke in andere Welten (durchaus auch Musikwelten), Erfahrungen und Gedankengänge habe ich bekommen, wenn ich zufällig in eine Sendung hineingeraten war, die ich niemals gezielt eingeschaltet hätte. Leider gibt es das so gut wie gar nicht mehr.

*Immer* schon vorher zu wissen, was mich erwartet - wie langweilig.
 
*Immer* schon vorher zu wissen, was mich erwartet - wie langweilig.
Da musste ich dran denken:

BATSMAN: And you have no idea what that shape is until it is completed.

SISKO: That's right. In fact, the game wouldn't be worth playing if we knew what was going to happen.

JAKE: You value your ignorance of what is to come?

SISKO: That may be the most important thing to understand about humans. It is the unknown that defines our existence. We are constantly searching, not just for answers to our questions, but for new questions. We are explorers. We explore our lives, day by day, and we explore the galaxy, trying to expand the boundaries of our knowledge. And that is why I am here.
 
Freut mich, zu sehen, dass die Diskussion hier jetzt doch noch recht lebendig geworden ist. 😊

Wenn mich ein Thema "bewegt", dann google ich Infos, suche mir entsprechende Podcasts oder Dokus oder frage die KI.

Ich glaube ehrlich gesagt, dass da wirklich jeder nur für sich selbst sprechen kann. Ich zum Beispiel bin wissenschaftliche Bibliothekarin und als Fachreferentin für Naturwissenschaften tätig, und ich verbringe an der Arbeit den Großteil meines Tages damit, am Bildschirm fachliche und bibliotheksbezogene Informationen zu recherchieren, zu sondieren und dann weiter zu verarbeiten, z.B. wenn es um die Literaturauswahl für den Bibliotheksbestand geht oder darum, Nutzerfragen zu beantworten. Und ihr könnt mir glauben: das Allerletzte, was ich in meiner knappen Freizeit tun möchte, ist, diese ständige Informationsrecherche fortzusetzen und mich durch irgendwelche Mediatheken oder Streamingdienste zu wühlen, auf der Suche nach Inhalten, die mich vielleicht interessieren könnten. Statt dessen mache ich am Liebsten das Radio an und hoffe, dass es mich überrascht, unterhält, inspiriert und vielleicht sogar ein bisschen herausfordert, weil da im Idealfall auf der anderen Seite Menschen tätig sind, die es als ihre Aufgabe betrachten, ein vielfältiges, interessantes und gehaltvolles Programm mit einem gelungenen Mix aus Anspruch und Entertainment zu gestalten. Bloß klappt das bei den ÖR Programmen leider so gut wie gar nicht mehr, weil es dort zunehmend an Inhalt, Substanz und selbst an ein bisschen neuer Musik mangelt. Zugegebenermaßen höre ich gerne ein Programm, bei dem der Musikanteil überwiegt, was aber deshalb noch lange nicht heißt, dass ich keinen Wortbeitrag von mehr als 30 Sekunden Länge ertrage, und ich will auch nicht immer nur die Lieder hören, die in meiner Jugend mal in waren - ich höre ja jetzt auch nicht mehr die selben Alben, die ich damals mit 20 gehört habe. Wie auch schon einige Vorredner hier sagten: bin ich dankbar für jegliche Horizonterweiterung, ge4ade weil meine Zeit nicht reicht, mich in irgendwas zu vertiefen, und für ein bisschen Vielfalt nehme ich den Beifang, der mich vielleicht mal nicht so anspricht, gerne in Kauf. Ich entdecke gern neue Themen und auch Musik, die ich vorher noch nicht kannte oder bereits vergessen geglaubt hatte. Und ist das nicht auch die Kunst, um die es beim Radiomachen eigentlich geht? Ein Programm zu gestalten, dass Gehalt, Substanz und Information bietet und das dann so geschickt zu verpacken, dass die Menschen nicht nur nicht gelangweilt sind, sondern immer noch mehr davon wollen? Aber was aktuell stattfindet, ist irgendwie das genaue Gegenteil davon. Die Order scheint nur noch zu lauten "Bloß nicht anecken, möglichst nicht unangenehm auffallen, niemals aus der Reihe tanzen und auf keinen Fall irgendwas am durchgestylten Ablauf ändern, aber dabei bitte IMMER vor guter Laune nur so sprühen". Gerade letzteres, diese gespielte Fröhlichkeit, die vor allem in den Morningshows praktiziert wird, geht mir manchmal so auf den Keks, dass ich das Radio ausmachen muss. Aber nach und nach werden nun offensichtlich alle nicht so aufgedrehten hr1 Mods durch Leute ersetzt, die damit anscheinend kein Problem haben. Und dann werden die Inhalte auch noch dermaßen zusammengespart, dass man dieselben Comedy-Einspieler, Telefon-Interviews und Boulevard-Nachrichten mitunter in einer Woche oder noch am selben Tag zwei- oder dreimal hört. Baukastensystem? Klar, kein Thema, aber dann doch bitte nicht ständig auf einem Sender dieselben Beiträge wiederholen! Ich weiß nicht, ob es schon irgendwem aufgefallen ist, aber selbst beim "Rätselhaften Samstagsding" auf hr1 werden jetzt anscheinend nur noch alte Rätsel wiederholt. Homer Simpson würde sagen "LAAAAAAANGWEILIG!"

Aber was ich daran am allerschlimmsten finde - und das ist mir als Hörerin eigentlich auch erst durch die Lektüre hier im Forum klar geworden - ist, dass man offensichtlich zu allem Überfluss eine Beraterfirma dafür bezahlt, um dieses eingedampfte etwas von einem Programm herzustellen. WTF...?!?

Okay... statt den Menschen, die beim Radio arbeiten, und deren Aufgab3 das eigentlich wäre (und früher definitiv war, oder nicht?) liefern also heutzutage offenbar irgendwelche externen kommerziellen Marketingspezialisten die Programm-Konzepte, was mich auch direkt zu der brennenden Frage führt, was das denn eigentlich kostet. Das erklärt dann natürlich so einiges, unter anderem die weitgehende Abwesenheit von Authentizität und Herzblut bei gleichzeitig zunehmender Sterilität, die ich beim hr1-Hören mehr und mehr empfinde. Das Ganze ist wirklich ein Desaster, wenn man so darüber nachdenkt, und diese meine Sicht als Hörerin ist es, die ich gerne an den Rundfunkrat vermitteln und darüber in den Dialog gehen möchte (um mal zum Thema dieses Threads zurück zu kommen 😁). Wird das etwas ändern? Vielleicht nicht, und nach wie vor weiß ich nicht, ob die Mehrheit der Hörerschaft so wie ich empfindet; aber die meisten dürften ja auch ähnlich wie ich früher die Zusammenhänge gar nicht kennen.

Fazit: Ich will nach wie vor nicht einfach so aufgeben, was eigentlich erstaunlich ist, da ich sonst auch eher zum Fatalismus neige. Doch in diesem speziellen Fall zähle ich mich einfach lieber zu den Einwohnern des kleinen gallischen Dorfes, als mich ohne Wiederstand dem römischen Imperium zu ergeben (beim Teutates!) 😎
 
das Allerletzte, was ich in meiner knappen Freizeit tun möchte, ist, diese ständige Informationsrecherche fortzusetzen und mich durch irgendwelche Mediatheken oder Streamingdienste zu wühlen, auf der Suche nach Inhalten, die mich vielleicht interessieren könnten. Statt dessen mache ich am Liebsten das Radio an und hoffe, dass es mich überrascht, unterhält, inspiriert und vielleicht sogar ein bisschen herausfordert, (...) Bloß klappt das bei den ÖR Programmen leider so gut wie gar nicht mehr, weil es dort zunehmend an Inhalt, Substanz und selbst an ein bisschen neuer Musik mangelt.
So gut hat das ganze Dilemma hier schon lange niemand mehr auf den Punkt gebracht.
 
hr1 sendet Werbung. Und da ist nun mal "Masse" wichtig. Und die meisten sind auch zufrieden damit.
Ein hr1 Gemischtwarensortiment der 80er Jahre hätte heute in der MA einen peinlichen ganz hinteren (aber nicht den letzten) Platz.
 
Ach ja? Klassisches Dilemma: Leider kannst Du nicht beweisen, ob das dann tatsächlich der Fall wäre und ich nicht, dass es nicht der Fall wäre. Der Beweis wird bei Sendern dieser Reichweitengröße ja nicht angetreten.
 
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