Mobbing

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Bei meinen Reisen von Nord nach Süd und von Süd nach Nord und den daraus resultierenden Gesprächen fällt mir eines immer stärker auf: Die Zunahme von Mobbing.

Neuerdings scheint es einen Zusammenhang zu geben zwischen den derzeitigen Rationalisierungen bei vielen landesweiten Privaten (v.a. Niedersachsen) und der Angst vor Arbeitsplatz-"Freistellung" (wie es viele PDs nennen).

Viele Moderatoren scheinen bewusst anderen Fehler unterjubeln zu wollen, um die eigenen Moderationsschichten zu retten. Teilweise werden sogar ganze sendefertige Pre-und Backseller gelöscht, Musiktitel absichtlich ausgetauscht, um andere bei der Musikredaktion schlecht dastehen zu lassen etc...

Ganz besonders interessant: Je jünger das Format, um so mehr und brutaler wird gemobbt. So jedenfalls meine Feststellungen.

Wie sieht es denn bei den Kollegen hier aus?
 
Bei vielen Redaktions- Sende- und Automationssystemen wird jede Aktion in ein Log geschrieben. Mit Benutzername und Zeit. Da müssen die Mobber gut aufpassen, damit sie nicht selbst in die Grube fallen, denn das vermeindlich vom Kollegen gelöschte Backsellerchen oder der vertauschte Titel könnte sich plötzlich zum Bumerang entwickeln, wenn bekannt wird, wer's wirklich war.

Mobbing gab's schon immer und geht auch unabhängig von wirklichen Handlungen als reine Informations-Manipulation. Nach dem Motto "Wo Rauch ist, ist auch Feuer" wird einem Gerücht irgendwie immer etwas wahres nachgesagt vor allem wenn mehrere Quellen es berichten, auch wenn trotzdem alles Falsch sein kann. Dummerweise wird Mobbing nicht von allen Führungskräften wirksam bekämpft, sondern teilweise sogar als Mittel zur Mitarbeitersteuerung eingesetzt. Grässlich, weiß die Jasemine.
 
Ist eigentlich auch meine Erfahrung und branchenunabhängig. Je stärker Leute wirtschaftlich unsicheren Zeiten entgegen gehen, um ihren Job bangen müssen, Arbeitsplätze abgebaut werden, outgesoucrt wird usw., desto mehr wird gerne zum Instrument des Mobbings gegriffen. Das ist unter jüngeren, karrierebewußten Kollegen noch stärker verbreitet als unter erfahreneren, älteren Kollegen. Dies zu erkennen und gegenzusteuern ist eine - wenn nicht die wesentliche ! - Aufgabe einer Führungskraft oder besser gesagt eines Coaches eines Teams - denn nichts ist zermürbender, zerstörender und gefährlicher für jedes Unternehmen, jeden Sender etc. als Mobbing. Der Hörer oder der Kunde merkt es nämlich genau, wenn es mit der Chemie und dem Betriebsklima zwischen den Kollegen nicht stimmt. Leider ist dieses Phänomen ziemlich stark in deutschen Unternehmen verbreitet. Für mich ist das Arbeitsklima fast die halbe Miete eines Jobs.
 
Jasemine, ich hoffe, Du sprichst nicht aus Erfahrung. Man könnte es anhand Deines letzten Satzes annehmen.

Viele Systeme, die mir bekannt sind, sind so jederzeit offen zugänglich, dass der eigentlich einstellbare Passwortschutz nur in der Theorie existiert. Leider.

Dennoch erschreckend, wie viele Radiomenschen persönlich von diesem Thema betroffen sind. Bei manchen frage ich mich wirklich, wie die Menschen in 10 Jahren aussehen - psychisch gesehen.

@ MatthiasW.
bzgl. "branchenunabhängig": Beim Radio kommt eben noch das Thema "in der Öffentlichkeit stehen" dazu. Jeder will gerne positiv in der Öffentlichkeit stehen. Daher m.E. nach in der Radiobranche besonders stark verbreitet.
 
Zitat Jasemine: Dummerweise wird Mobbing nicht von allen Führungskräften wirksam bekämpft, sondern teilweise sogar als Mittel zur Mitarbeitersteuerung eingesetzt.

Da hast du wohl leider recht. Meine Erfahrungen mit der Radioszene: zynisch, inhuman, Mobbig wird nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. Statt "positiver Berstärkung" wird auf den großen Motivator "Angst" gesetzt. Da haben die Leute in der Führungsetage wohl auch ihren Anteil. Vielleicht auch der einzige Weg an die Spitze. Nur leider ein Zeichen von kleingeistigem Horizont. PR muss zuerst nach Innen, auf das Unternehmen selbst gerichtet sein. Wenn aber die Unternehmenskultur von Hackordnung und Stutenbissigkeit geprägt ist, stimmt auch etwas mit der Außendarstellung nicht. Und das merkt der Kunde ziemlich schnell. Mal ganz abgesehen davon, dass für interne Kämpfe viel Energie verschwendet wird, die besser für das übergeordnete Unternehmensziel aufgewendet werden sollte. Aber dieses muss man auch erst einmal formulieren können. :D Hat schon mal ein privater Sender mit McKinsey zu tun gehabt? Die hätten (nach meiner Beobachtung) in der Szene ein großes Betätigungsfeld ...

Gruß postit
 
Ist das nicht ein wunderbarer Beweis dafür, dass Vorgesetzte nicht deshalb Vorgesetzte sind, weil sie wirklich etwas besser können? Ich glaube, viele Vorarbeiter sind sich der Tatsache, dass ihre Besserstellung auf Zufällen beruht, durchaus bewusst. Und aus menschlicher Unzulänglichkeit wird zum Mobbing gegriffen, um die Stellung zu verteidigen. Denn mit fachlicher Kompetenz geht es ja oft nicht. Das ist für meine Begriffe das eigentliche Problem vieler Radiosender: Die Hierarchie ist nicht natürlich und zwangsläufig, sondern durch Zufälligkeiten entstanden, hält also einer Kompetenzanalyse nicht stand. Und das sorgt eben für Unzufriedenheit oben und unten. Ein Grund ist sicherlich die Unfähigkeit, bessere Fähigkeiten Anderer einfach anzuerkennen - eine unangenehme Eigenschaft, die sich immer breiteren Einfluss verschafft. Überlegenheit Anderer anzuerkennen erfordert Größe - aber Große arbeiten üblicher Weise nicht beim Radio.
 
Dann arbeite ich offenbar im Paradies. Schön für mich. Ich wollte auch bloß mal kurz anmerken, dass ich es sehr amüsant finde, ausgerechnet in diesem Forum über das Thema "Mobbing" zu lesen. Und natürlich sind wir alle die Guten. *stänker*
 
ich habe in meinem arbeitsleben schon in einigen branchen gearbeitet und feststellen dürfen, daß "mobbing" wohl tatsächlich überall vorkommt. tendenz steigend. hat offenbar etwas mit dem immer strenger werdenden gesellschaftlichen klima zu tun (hat mir zumindest mal ein experte so erklärt): die ideale werden immer unerreichbarer, die jobs immer weniger, die ansprüche steigen, da muss halt der nachbar über die klinge springen.

wir medienleute sind da in einer besonderen rolle: wir tragen zu den gesellschaftlichen idealbildern bei (tv sicher mehr als radio) und boxen gleichzeitig untereinander mit besonders harten bandagen. deswegen schaffe ich im urlaub so gern die bunte welt aus radio, tv, zeitungen und internet für ein paar tage ab. das klärt die birne.
 
Es ist ja nicht nur so, dass die Führungskräfte versagen beim Verhindern von Mobbing. Oft mobben sie selber. Es ist ja billiger, einen Mitarbeiter rauszumobben, als ihm eine Abfindung zu bezahlen. Mir sind auf jeden Fall in der letzten Zeit sehr glaubwürdige Beispiele von Kollegen erzählt worden, wo Arbeitsplatzabbau kostensparend vom Chef per Mobbing versucht wurde.

übrigens ist Mobbing auch ein Phänomen von öffentlich-rechtlichen Anstalten, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Dort nennt man das Flurfunk oder es kommt in der guten alten Form der Intrige einher. Das Resultat ist immer das selbe.
 
Mobbing im Radio oder der Krieg um die heile Welt.
Was wir sind, ist selten, was wir vermitteln. Das ist mal generell so, weil die Welt nicht gar so heil ist, wie wir sie oft machen. Aber wenn's dann nach innen wirklich Krieg wird, dann lässt sich das nach außen immer schwerer vermitteln. Da ist es dann wahrlich besser, mehr Musik zu spielen, als einen den Tränen nahen Moderator lachend Belanglosigkeiten sprechen zu lassen.
Ich frage mich da beim Lesen dieses Threads und ein wenig der Hexe folgend, wenn wir schon soviel böses Mobbing erlebt haben und der Chef nicht einschreitet, vielleicht sogar fördert, was macht ihr dagegen? Wie arbeitet ihr für ein gutes Betriebsklima?
db
 
Warum Mobbing?

Sicher ist die Frage zu stellen, warum mobbt der ein oder andere.
Ein Vorgestetzter, der die dementsprechende soziale Kompetenz mitbringt hat mit Mobbing wenig Probleme. Er bergrüßt es sogar, wenn der ein oder andere Mitarbeiter evtl. mehr weiss als er selbst. Er lässt sich beraten und vermittelt so dem Mitarbeiter, dass dieser wichtig ist und dass er ihn braucht und schätzt. Dies wiederum motiviert den Mitarbeiter usw.

Nur wenn dem Vorgesetzten selbst Erfahrung fehlt, wenn er einfach nicht in der Lage ist ein Team zu führen, wenn er in jeder Person die evtl. erfolgreich ist einen Konkurenten sieht, dann erlebt man oft, dass ein solcher Vorgesetzter diesen Mitarbeiter nicht an Seite akzeptiert und eben "wegmobbt". Anstatt das Wissen, das Talent oder die größere Erfahrung für sich und somit dem Unternehmensziel zu nutzen, bekommen diese Menschen Panik und haben Angst um ihren Arbeitsplatz.
Wenn es sich so abspielt wie oben beschrieben, ist die Angst berechtigt. Solche "Vorgesetzte" gibt es zu viele "in diesem , unserem Lande". Und sie sind auf Dauer Einzelkämpfer und werden die gesteckten Ziele nicht erreichen.
Kooperativ miteinander umgehn sollte das Ziel eines jeden Unternehmens sein. Es geht, gerade in der "Radioszene" nur, wenn ein Team funktioniert.
Und Team muss heissen, ALLE und nicht nur die, die dem "Vorgesetzten" nach dem Mund reden!;) ;) ;)
 
@ db

Auch Chefs sind Menschen mit menschlichen Schwächen wie Eitelkeit und Überforderung. Eine explosive Mischung. Den Idealchef, der souverän das Potential seiner Mitarbeiter erkennt und nutzt und diese in ihrer Entwicklung fördert, habe ich beim Radio noch nicht erlebt. "Menschliche Größe"? "Soziale Kompetenz"? "Führungsqualitäten"? Auch in der Führungsetage herrscht die Kultur des "hire and fire", damit werden die Vorgesetzten in ständiger Alarmbereitschaft und Unsicherheit gehalten. Das Betriebsklima wird von der Kultur des Unternehmens bestimmt (wenn man darunter die Summe aller kollketiven Vorstellungen von einer gesellschaftliche Gruppierung versteht). Diesen kollektiven Vorstellungen kann sich ein Individuum kaum entziehen, auch wenn es durchaus in der Lage ist, Mißstände zu erkennen. Wenn das Betriebsklima nicht stimmt, ist das für mich immer ein Anzeichen für das Versagen des Leitwolfs.

@ Hexe
Das freut mich tatsächlich für dich. Aber auch im Paradies lauern Schlangen und ähnliches Gewürm.

Gruß postit
 
Schon richtig, postit, der Fisch stinkt vom Kopf her und auch der PD ist nur ein Mensch, der nicht jeden Tag alles im Blick haben kann. Dennoch ist es ja meist so, dass jeder in seinem Arbeitsbereich einen gewissen Einfluss hat. Moderatoren, Nachrichtenredakteure, Produzenten etc. Wer es schafft, mit seinen direkten Kollegen die Hetze, das Getuschel und Heruntermachen zu minimieren, der schafft zumindest in diesem Bereich ein besseres Arbeitsklima als ggf. in der Gesamtmannschaft. Damit revolutioniert man nicht das komplette Betriebsklima, aber eben das direkte Umfeld arbeitet stressfreier.
Und, postit, dein Verweis auf bösartiges Gewürm im Garten Eden ist sehr fein. Hexe, ehrlichen Glückwunsch!!! :):):)
db
 
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