Die Welt ist schlecht genug! Ich würde sie abschaffen
Oh, da denkt mal wirklich jemand lösungsorientiert.
Zum Thema:
Radio ohne Nachrichten ist lineares Spotify. Damit machen sich die Sender aus meiner Sicht selbst überflüssig.
So so. Und was ist mit Moderationen, mit (musik)journalistischen Inhalten, mit Hörerinteraktion und so weiter? Braucht man alles nicht mehr? Wenn Radioprogramme nur noch aus Musik und Nachrichten bestehen, ist es relativ egal, ob man erst die Nachrichten oder die Musik abschafft, denn faktisch hat ein solcher Sender sich dann bereits selbst abgeschafft. Damit nimmt man dem Radio nämlich exakt das, was es ausmacht und ihm die Möglichkeit böte, auch im Zeitalter der Streamingdienste und Podcasts überleben zu können: Seine Seele. Das sind nämlich alles Dinge, die einem in genau dieser Art nur das Radio bieten kann. Nachrichten, Wetter und Verkehrsinfos kann man sich auch im Internet holen und mittels Musikstreaming ist man lange nicht mehr von den Ideen eines Musikredakteurs abhängig, sondern kann ganz nach Belieben das hören, was einem am besten gefällt, aber einen richtigen Menschen im Studio, der etwas zu erzählen hat und (sich mit dem Hörer) unterhalten kann, den bekommt man so nicht.
Die eigentliche Frage ist doch gar nicht, ob man noch Nachrichten senden sollte oder nicht. Die Frage ist, ob der stündliche Rhythmus tatsächlich noch zu jeder Tageszeit angebracht ist.
Ja, genau das ist die eigentlich richtige Fragestellung. Nachrichten sind natürlich gut geeignet, um eine gewisse Struktur in den Sendeablauf zu bringen und gerade in Magazinstrecken dürfen sie von mir aus gern jede Stunde gesendet werden. Gerade zum Abend hin, wenn es vielleicht auch die eine oder andere Spezialsendung gibt (auch das ist einer der Trümpfe des Radios), müssen, ja sollen Nachrichten vielleicht nicht zu jeder vollen Stunde reingrätschen und die eigentlich zusammenhängende Sendung "zerreißen".
Natürlich haben es öffentlich-rechtliche Sender oder große private Anbieter mit mehreren Programmen da noch etwas einfacher, oder hätten es zumindest in der Theorie, wenn sie dem Hörer auch mal häufiger zumuten würden, ein anderes Programm aus der Senderfamilie einzuschalten. Es ist gar nicht mal so ewig lang her (weniger als 40 Jahre) da war es gar nicht so selten, dass die Nachrichten nur auf manchen Programmen liefen und andere ihre laufende Sendung einfach fortsetzten. Speziell bei Kulturwellen gibt es das ja auch heute noch immer mal wieder.
In diesem Zusammenhang denke ich schon, dass man als ÖR-Sender eigentlich zu jeder Stunde Nachrichten anbieten sollte, das ist man dem Gebührenzahler schuldig. Für mich ist es allerdings fraglich, ob das wirklich auf allen Programmen der Anstalt gleichzeitig sein muss. Warum könnte beispielsweise der HR Herrn Reinke nicht einfach auch um 10:00 oder 11:00 Uhr seine samstägliche Musiksendung fortsetzen lassen? Es gibt doch genügend andere Wellen, die der geneigte Hörer einschalten kann, wenn es ihm nach Nachrichten gelüstet. Und dafür kann dann hr1 Nachrichten senden, wenn gerade irgendwas bei hr2 läuft, das durch Nachrichten nur unnötig unterbrochen würde. So könnte man sich doch vielleicht einigen.
Nochmal etwas anders sieht es dagegen bei Sendern aus, die keine Flottenstrathegie fahren (können). Hier finde ich schon, dass man tagsüber regelmäßig Nachrichten senden sollte, in den Randzeiten kann aber auch durchaus darauf verzichtet werden, zumal wenn es sich wie bei den meisten Privatstationen nur umm eine Alibiveranstaltung handelt, die von irgendwo zugekauft wird.
Übrigens: Demnächst darf ich mit etwa 20 anderen jungen, radiointeressierten Menschen (ja, sowas gibt es tatsächlich noch) gut drei Wochen lang ein bisschen Radio spielen. Nachrichten gibt es bei uns von 07:00 bis 19:00 Uhr stündlich, anschließend folgen Talk- und Musikspezialsendungen. Da gibt es dann keine Nachrichten mehr. Einerseits ist das natürlich der Personaldecke geschuldet, die für einen 24-Stündigen aktuellen Dienst natürlich etwas zu dünn wäre, andererseits aber eben auch genau dem von mir beschriebenen Umstand, die Sendungen nicht unnötigerweise in ihrem Verlauf zu stören. Das halte ich für einen ziemlich brauchbaren Kompromiss.